Berentzen

Berentzen
Berentzen-Gruppe Aktiengesellschaft
Logo der Berentzen-Gruppe Aktiengesellschaft
Rechtsform Aktiengesellschaft
ISIN DE0005201636
Gründung 1758
Sitz Haselünne, Deutschland

Leitung

Mitarbeiter ca. 487 (2009)[1]
Umsatz ca. 173, Mio. Euro (2009, ohne Branntweinsteuer)[1]
Branche Nahrungs- und Genussmittelindustrie
Website www.berentzen-gruppe.de

Die Berentzen-Gruppe Aktiengesellschaft ist ein börsennotiertes mittelständisches Unternehmen mit Hauptsitz in Haselünne, das nach 250 Jahren in Familienhand seit 2008 mehrheitlich dem Finanzinvestor Aurelius AG gehört. Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit sind Herstellung und Vertrieb von Spirituosen und alkoholfreien Getränken. Die Gruppe beschäftigt knapp 500 Mitarbeiter an sechs Standorten in Deutschland, Tschechien und der Slowakei.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ehemalige Kornbrennerei Berentzen in Haselünne

Die Kornbrennerei Berentzen 1758–1988

Die heutige Berentzen-Gruppe geht auf mehrere Familienunternehmen zurück. Das älteste, die Kornbrennerei „I. B. Berentzen“ („J. B. Berentzen“), wurde 1758 von Ratsherr Johann Bernhard Tobias Berentzen (* 2. April 1718, † 18. Dezember 1798) im emsländischen Haselünne gegründet. Damals gab es bereits 25 weitere „Fuselbrenner“ in Haselünne, wie aus dem Protokoll einer gerichtlichen Visitation des Jahres 1758 hervorgeht.

Die markenrechtliche Sicherung des Familiennamens erfolgte 1898 durch die Eintragung des Kornbrand „Berentzen vom alten Faß“ als Marke. 1958 gelang durch die Gründung der Emsland-Getränke GmbH der Einstieg in den Vertrieb alkoholfreier Getränke. Im Jahr 1960 konnte die Pepsi-Cola-Konzession für Deutschland erworben werden. Heute ist das Tochterunternehmen Vivaris größter deutscher PepsiCo-Konzessionär.

Einen Durchbruch in der Unternehmensgeschichte markierte die Einführung des Apfelkorns (Mischgetränk aus Weizenkorn und Apfelsaft) im Jahr 1976 durch die Brüder Friedrich und Dr. Hans Berentzen. Berentzen Apfelkorn gilt als erfolgreichste Neueinführung einer Spirituose in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg und wird seit 1979 auch in das Ausland exportiert.

Gründung der Berentzen-Gruppe und Börsengang

1988 entstand die Berentzen-Gruppe durch Fusion mit der Weinbrennerei Pabst & Richarz und wurde zum zweitgrößten Spirituosenunternehmen Deutschlands. Die Wurzeln von Pabst und Richarz liegen im 19. Jahrhundert: 1861 begann Wilhelm Josef Richarz in Königswinter, Wein zu brennen; 1898 gründete Hermann Pabst in Düsseldorf eine Weinhandlung, der später eine Brennerei folgte. Die beiden Familienunternehmen schlossen sich 1969 zusammen.

1994 wagte die Berentzen-Gruppe als bis dahin einziger deutscher Spirituosenhersteller einen Börsengang. In der Folge kaufte Berentzen zahlreiche Unternehmen der Spirituosenbranche, darunter Strothmann (1996) und Dethleffsen (1999). Während sich die stimmberechtigten Stammaktien in den Händen der Eigentümerfamilien befanden, erwarben zahlreiche Anleger an der Börse die stimmrechtslosen Vorzugsaktien. In der Region waren die Aktien auch als „Eintrittskarte“ zu den Hauptversammlungen beliebt, welche bis 2005 in Festzelten in Haselünne stattfanden und auf denen die Produkte des Hauses großzügig ausgeschenkt wurden.

Nach anfänglichen Kurserfolgen büßte die Aktie jedoch gegenüber ihrem Allzeithoch von 1996 (über 35 Euro) bis 2003 (3 Euro) über 90 % ihres Wertes ein. Trotz mehrerer Umstrukturierungen, verschiedener Wechsel an der Unternehmensspitze und einer Übernahme hat sich die Aktie bis 2009 nicht von diesem Kursrutsch erholen können.

Probleme gab es vor allem im Kerngeschäft Spirituosen. Innerhalb von zehn Jahren schrumpfte der Inlandsumsatz in diesem Bereich trotz zwischenzeitlicher Zukäufe und dem Erwerb von Lizenzmarken von über 200 Mio. Euro im Jahr 1996 auf nur noch 104 Mio. Euro im Jahr 2006. Der Konzernumsatz (ohne Branntweinsteuer) betrug im Jahr 2006 nur noch 180 Mio. Euro. Davon entfielen gut ein Viertel auf alkoholfreie Getränke.

Rückzug der Eigentümerfamilien

2006 schied Dr. Jan Berentzen aus dem Vorstand aus. Erstmals lag das operative Geschäft nun in den Händen eines familienfremden Managements.[2] 2007 kündigte Berentzen einen Konsolidierungskurs an. Mit einer umfangreichen Marketingkampagne sollte die Position des Unternehmens auf dem insgesamt rückläufigen Spirituosenmarkt in Deutschland gestärkt werden. Das erste Umsetzungsjahr 2007 schloss mit einem Verlust von 11,8 Mio. Euro ab.

Im Sommer 2008, dem Jahr des 250-jährigen Bestehens des Unternehmens, zogen sich die bisherigen Eigentümerfamilien Berentzen, Pabst, Richarz und Wolff aus dem Unternehmen zurück und verkauften etwa 75 % der Stammaktien an eine Tochtergesellschaft des Münchner Finanzinvestors Aurelius AG.[3] Infolge eines Übernahmeangebotes nach WpÜG wechselten bis Ende 2008 weitere Stammaktien und ein Teil der Vorzugsaktien[4] zu Aurelius. Vor diesem Hintergrund wurde das 250jährige Firmenjubiläum im Jahr 2008 nicht gefeiert.

Im Geschäftsjahr 2008 entstand ein Verlust von 22,5 Mio. Euro. Die vom neuen Eigentümer bestellte Geschäftsleitung beschloss Sanierungsmaßnahmen, darunter eine Verschlankung der Verwaltung, Ausgliederung von Vertrieb, Marketing und Logistik und die Schließung der Destillerie am historischen Standort in der Haselünner Altstadt. Die Spirituosenherstellung wurde von dort an den bestehenden Standort Minden verlagert. Nach wie vor befindet sich in Haselünne die Verwaltung und eine Abfüllanlage für Softdrinks und Mineralwasser.

Seit 1. April 2009 sind zwei bedeutende Importmarken, der spanische Likör Licor 43 und Linie Aquavit aus Norwegen, nicht mehr im Vertrieb von Berentzen. Die Hersteller hatten die Verträge nach dem Verkauf an Aurelius gekündigt. Für das Geschäftsjahr 2009 wurde, bei weiter rückläufigem Umsatz vor allem im Bereich Spirituosen (minus 22 % bezogen auf die Menge an 0,7l-Flaschen), erstmals seit mehreren Jahren wieder ein Jahresüberschuss ausgewiesen.[1]

Eigentümer

Das Grundkapital von knapp 25 Millionen Euro verteilt sich auf je 4,8 Millionen nennwertlose Inhaber-Stammaktien und ebenso viele Vorzugsaktien. Die Stammaktien und damit alle Stimmrechte wurden bis 2008 von mehreren Eigentümerfamilien gehalten. Seit 3. September 2008 sind etwa 80 % von ihnen im Besitz der BGAG Beteiligungs GmbH, einer Tochter der Münchener Beteiligungsgesellschaft Aurelius AG. Die Vorzugsaktien werden an der Börse gehandelt und befinden sich nach wie vor überwiegend (2009: 73 %[1]) in Streubesitz, darunter Mitarbeiter des Unternehmens und Anleger aus der Region, weitere knapp 13 % kontrolliert Aurelius. Im Frühjahr 2009 lebten die Stimmrechte der zuvor stimmrechtslosen Vorzugsaktien gem. § 140 Abs. 2 Satz 1 Aktiengesetz wieder auf.

Insgesamt wurden dem Vorstandsvorsitzenden der Aurelius AG, Dr. Dirk Markus, im Jahr 2009 knapp 53 % des Grundkapitals und damit derselbe Anteil an Stimmrechten zugerechnet.[1]

Tochterunternehmen und Beteiligungen

Zur Berentzen-Gruppe gehören folgende Unternehmen (soweit nicht anders angegeben: Beteiligung zu 100%):[1]

  • Haselünne: Kornbrennerei Berentzen GmbH, Berentzen Distillers International GmbH, Der Berentzen Hof GmbH, Strothmann Spirituosen Verwaltung GmbH, Vivaris Getränke GmbH & Co. KG, Vivaris Getränke Verwaltung GmbH; Winterapfel Getränke GmbH, Die Stonsdorferei W. Koerner GmbH & Co. KG
  • Flensburg: DLS Spirituosen GmbH, Rumhaus Hansen GmbH & Co. KG
  • Norden: Doornkaat AG
  • Minden: LANDWIRTH's GmbH, Pabst & Richarz Vertriebs GmbH
  • Berlin: Mampe Markenvertrieb GmbH, Puschkin International GmbH
  • Harbarnsen: Freiherr v. Cramm Brennereigut Harbarnsen GmbH (48 %)
  • Grüneberg: Grüneberger Spirituosen und Getränkegesellschaft mbH
  • Slapnice und Brna (Tschechische Republik): Berentzen Distillers CR, spol. s.r.o.
  • Bratislava (Slowakei): Berentzen Distillers Slovakia s.r.o.
  • Jelenia Gora (Polen): Sechsämtertropfen G. Vetter Spolka z o.o.
  • London (Großbritannien): Double Q Whiskey Company Ltd., London

Produkte und Marken

Die bekanntesten Eigenmarken der Gruppe sind Berentzen und Puschkin. Weiterhin stellt Berentzen norddeutsche Erzeugnisse wie Weizenkorn und Bommerlunder her und vertreibt als Importeur auch internationale Lizenzmarken. Das Tochterunternehmen Vivaris produziert alkoholfreie Getränke (z.B. Mineralwasser und Softdrinks), die überwiegend in der Region abgesetzt werden.

Die Fruchtspirituosen des Unternehmens werden aus Weizenkorn gewonnen und haben einen Alkoholgehalt zwischen 15 und 20 % . Sie werden in verschiedenen Geschmacksrichtungen produziert, darunter Apfel, Saurer Apfel, Plum (Pflaume), Wildkirsch, Grüne Birne, Johannisbeer, Hofkirsch, Herber Zwetsch, Roter Apfel, Melone und Maracuja. Weitere Produkte sind der Berentzen Traditionskorn (32 % Vol.), der Berentzen Doppelkorn (38 % Vol.) und der in Eichenfässern gereifte Berentzen Edelkorn (38,5 % Vol.). Im Sortiment befinden sich auch Sahneliköre (Großmutters Vanille Geheimnis und Großmutters Schoko Geheimnis, je 19 % Vol. und seit April 2008 auch Karamell und Milch-Kaffee mit je 17 % Vol.). Seit 2005 wird der in den 1960er Jahren hergestellte Lufthansa Cocktail (Orangen-Aprikosenlikör mit 30 % Vol.) wieder produziert. Im November 2009 stellte Berentzen zwei Wodka-Infusionen (Limone und Brombeere) vor, die unter der Marke Berentzen B2 zunächst in Clubs und Szenebars erhältlich sein sollen.

Weitere Marken der Gruppe sind:

Zu den internationalen Lizenzmarken, deren Vertriebsrechte Berentzen für Deutschland besitzt, gehören:

Alkoholfreie Getränke aus dem Produktsortiment sind:

  • Mineralwässer (Emsland-Quelle, Grüneberg-Quelle, Märkisch Kristall, St. Ansgari)
  • Wellness-Drinks und Sportgetränke der Marke Vivaris
  • Pepsi Cola
  • Energy-Drink Quixx

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Geschäftsbericht 2009, aufgerufen am 2. April 2010.
  2. Durchgreifen mit Demut, in: Handelsblatt vom 23. Oktober 2006, aufgerufen am 2. April 2010.
  3. Pressemitteilung der Berentzen-Gruppe vom 4. September 2008, aufgerufen am 2. April 2009.
  4. Ad-hoc-Mitteilung
47.3776777777788.5265444444445

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