Reinhold Felderhoff

Reinhold Felderhoff
"Diana" im Kolonnadenhof der Museumsinsel Berlin

Reinhold Carl Thusmann Felderhoff (* 25. Februar[1] 1865 in Elbing (Westpreußen); † 18. Dezember 1919 in Berlin) war ein deutscher Bildhauer der Berliner Bildhauerschule.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ausbildung und Werdegang

Reinhold Felderhoff trat 1880 in die Berliner Akademie ein und studierte hier bis 1884 unter anderem bei Fritz Schaper. Seit 1884 lernte er als Meisterschüler im Atelier von Reinhold Begas. Im Jahre 1885 ging er dank eines Stipendiums für ein Jahr nach Rom auf und setzte anschließend sein Studium bei Begas bis 1888 fort. Bereits ab 1887 wirkte er in Berlin als selbständiger Bildhauer. Dabei fertigte er anfangs überwiegend Porträt- und Grabplastiken an und nahm zudem an Bildhauer-Wettbewerben teil. Den ersten Staatsauftrag erhielt für das Berliner Zeughaus, für das er Generalsbüsten modellierte. 1890 und 1891 folgte ein weiterer Rom-Aufenthalt. Anschließend unterstützte er die Arbeiten am Nationaldenkmal, die sein Meister Begas leitete, und erhielt 1897 für seine Beteiligung eine Ordensauszeichnung.

dto., Detail
Relief nach dem Siegesallee-Standbild, 1909, Berlin-Mariendorf

1895 gewann Felderhoff den ersten Kaiserpreis zur Ergänzung der Antiken. Er wurde Mitglied der Berliner Secession und 1913 der Akademie der Künste, die ihn 1917 zum Professor ernannte.
Reinhold Felderhoff ist auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf beigesetzt.

Vom Historismus zur Moderne

Viel Beachtung fand 1893 das Modell Felderhoffs für Albrecht den Bären, mit dem er sich am Wettbewerb um die Fischerbrückendenkmäler beteiligt hatte. Zwar erhielt auf ausdrücklichen Wunsch von Kaiser Wilhelm II. Johannes Boese (1856–1917) den Zuschlag, doch förderte der Name, den er sich beim Kaiser gemacht hatte, seine spätere Verhandlung um einen Auftrag für dessen Monumentalboulevard Siegesallee. Zudem diente ihm sein Modell als Prototyp für seine dort zwischen 1897 und 1900 ausgeführte Figur des Brandenburger Markgrafen Johann II..

Felderhoff kehrte – im Gegensatz beispielsweise zum Meisterschüler August Kraus – relativ früh der neobarocken Bildhauerschule und dem dekorativen Pathos seines Meisters Begas den Rücken und galt mit seinen schlichten, formal strengen Arbeiten manchem Zeitgenossen als mäßige Begabung (Adolf Rosenberg). Als einziger der 27 Siegesallee-Bildhauer verzichtete er auf den historisierenden Stil zugunsten einer großflächigen, modernen Auffassung.[2]

Zu Felderhoffs besten Arbeiten zählt das Bronzestandbild der Diana von 1898, das 1900 auf der Pariser Weltausstellung gezeigt wurde und anschließend in der Nationalgalerie Berlin Platz fand. Die Figur wurde in unterschiedlichen Darstellungen, Repliken oder Abgüssen vielfach nachgebildet.

Ausgewählte Werke

Gruppe Markgraf Johann II. für die Siegesallee

Auftrag ohne Bewerbung

Die Siegesallee-Aufträge waren in der Berliner Bildhauerschule wegen der Bezahlung und des Renommees überaus begehrt; um einen Auftrag zu erhalten, „verleugneten die meisten [Bildhauer] ihre künstlerische Überzeugung [...].[3] Reinhold Felderhoff erhielt seinen Auftrag ohne Bewerbung. Sein Schwager Robert Baerwald hatte den Zuschlag für die Denkmalgruppe 15 mit Kurfürst Friedrich I. bekommen und verstarb noch vor Beginn der Arbeiten. Daraufhin verhandelte Felderhoff mit dem Kaiser um den Nachfolgezuschlag. Den erhielt dann zwar Ludwig Manzel, aber Felderhoff bekam den Auftrag für die Denkmalgruppe 6 mit Markgraf Johann II. (1237 (?) – 10. September 1281), dem die historische Kommission der Siegesallee unter Leitung von Reinhold Koser die beiden Nebenfiguren Graf Günther I. von Lindow und Ruppin (? – 1284) sowie den Berliner Fernhändler und Ratsmann Konrad Belitz (? {Ersterwähnung 1288} – 1308) zuordneten. Die künstlerische Gesamtleitung der Monumentalallee lag bei Felderhoffs Meister Reinhold Begas.

Ausführung

Bei der Gestaltung des Markgrafen (Mitregent) hatte Felderhoff völlig freie Hand. Bildvorlagen gab es nicht und das einzige figürliche Merkmal aus der Märkischen Fürstenchronik, die den Askanier als klein von Statur, tüchtig und kräftig charakterisierte, konnte er wegen der vorgeschrieben Einheitshöhe der Statuen nicht umsetzen. Der durch den Historismus gesetzte Zwang zur Individualisierung trieb bei den Bildhauern teilweise skurrile Blüten. Der eher ebenfalls moderne August Kraus modellierte eine seiner Nebenfiguren nach Heinrich Zille und Walter Schott soll im ersten Brandenburgischen Markgrafen, Albrecht dem Bären, seine eigene Physiognomie verewigt haben.

Felderhoff verzichtete als einziger Bildhauer auf eine Individualisierung des Standbilds. Er schuf eine typisierte, ruhig und ernst zu Boden blickende Kriegerfigur, „die den Typ des Mahnmals vorwegnimmt.[4] Da Johann II. als Mitregent nicht sonderlich im Blickpunkt des Interesses stand, sahen die konservativen Kritiker über die im Sinne des Historismus verfehlte Arbeit hinweg, übersahen aber auch viele fortschrittliche Kunstkritiker die Qualität der Arbeit. Erstaunlich ist, dass Kaiser Wilhelm II. die moderne Auffassung der Figur akzeptierte. Nach Begutachtung des Modells hatte er zwar Änderungen befohlen, dabei die Gesamtkonzeption jedoch offensichtlich nicht in Frage gestellt; welche Änderungen angeordnet waren, ist unbekannt.

Die Figur, die den Markgrafen gestützt auf ein großes Schild mit dem Wappen des Hauses Ballenstedt zeigt, hat in der leichten Neigung des Hauptes ein weiteres Darstellungselement, das neben Felderhoff nur wenige Siegesallee-Kollegen nutzten. Die Neigung ermöglichte dem nach oben schauenden Betrachter, das Gesicht unverkürzt zu sehen.

Stralauer Fischer

Eines der letzten größeren Werke Reinhold Felderhoffs war der „Stralauer Fischer“ von 1916 für das neue Rathaus Treptow (Neue Krugallee/Ecke Bulgarische Straße) in Berlin. Die zwei Meter hohe Skulptur aus Marmor auf einem 1,50 Meter hohen Sockel aus Granit steht seit 1925 in dem Fischerbrunnen, den Felderhoff als rechteckiges Bassin entworfen hatte. Der als Aktfigur modellierte athletische Fischer zieht leicht nach vorn gebeugt kraftvoll ein Netz empor. – Der Fischerbrunnen steht unter Denkmalschutz.[5]

Historischer Hintergrund der Figur sind die Stralauer Fischer und ihr berühmter „Stralauer Fischzug“, der seit 1574 alljährlich ab dem 24. August, dem Bartholomäustag, stattfand. Der Zug beging in einer Festwoche das Anfischen nach der jährlichen Schonzeit zwischen Ostern und Bartholomäus, die Kurfürst Johann Georg von Brandenburg in einem Edikt vom 22. Februar 1574 verfügt hatte. Am 23. August 1873 verbot der Stralauer Amtsvorsteher das Fest, da es in immer wüstere Saufgelage und Schlägereien ausartete. 1923 und 1986 bis 1988 lebten die Feierlichkeiten nochmals kurzzeitig auf.

Werke (Auswahl)

„Stralauer Fischer“ von 1916, am Rathaus Treptow
Relief Johann II. im Stadtbild, Eckhaus Markgrafenstraße / Mariendorfer Damm, im Hintergrund das Ullsteinhaus
Relief für die (ehemalige) Kaiser-Wilhelm-Akademie, Invalidenstraße
Grabtempel Wilhelm Kühn, Südwestkirchhof Stahnsdorf, Detail
Diana im Wröhmännerpark an der Neuendorfer Straße (Spandau) 52° 32′ 31″ N, 13° 12′ 24″ O52.54185413.206755
Berlin
  • 1890–1901: Felderhoff unterstützte Reinhold Begas bei der künstlerischen Ausgestaltung des Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals an der Schloßfreiheit.
    Das Denkmal überstand beide Weltkriege ohne größere Schäden, wurde dann aber 1949/50 zusammen mit dem Stadtschloss auf Befehl des Staatsratsvorsitzenden der DDR, Walter Ulbricht, abgebrochen.
  • 1892: Isaak August Dorner, Büste für die Berliner Universität Bild
  • 1893: Niobidengruppe (Relief des Nationaldenkmals ?)
  • 1898/1899: Wilhelm Conrad Röntgen-Standbild (Sitzbildnis) auf der Potsdamer Brücke (nach 1945 eingeschmolzen)
  • 1895: Die Eitelkeit, Statue für die Garderobe des Reichstagsgebäudes
  • 1895: Apostel Markus, Statue für die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche
  • 1898/1910: Jagdgöttin Diana, Statuette, Bronzestandbild, Repliken:
    • Als Statuette erstmals auf der Berliner Kunstausstellung 1898 gezeigt. Eine Fassung der Statuette kaufte die Nationalgalerie Berlin und zeigte sie 1900 auf der Pariser Weltausstellung. Am 26. Juni 1922 gestohlen gilt diese Fassung als verschollen.
    • Standbild 1910: Lebensgroßes Standbild, gegossen von der Bleigießerei H. Noack in Berlin-Friedenau, Ankauf durch die Nationalgalerie. Unter der Inventarnummer B I 300 noch immer dort.
    • 1917 leicht verkleinerte Replik der lebensgroßen Bronzestatue in Marmor, 1918 bis 1928 ausgestellt in der Nationalgalerie. Bei einem Transport beschädigt von der Stadt Brandenburg angekauft und im Theaterpark aufgestellt, möglicherweise hier abgebildet (dann ist allerdings entweder das Bild seitenverkehrt oder die Replik)
    • Datum ? weitere/r Bronzeguss/Bronzegüsse, möglicherweise ebenfalls von der Gießerei Noack. 1927 Aufstellung im „Kleinen Lustgarten“ in Felderhoffs Geburtsstadt Elbing Bild. 1934 angeblich als Dauerleihgabe an den Regierungspräsidenten in Schleswig-Holstein.[6]. Unter nicht geklärten Umständen in den Besitz des Reichsjägermeisters Hermann Göring gelangt, der diese Plastik auf seinem Besitz Carinhall aufstellen ließ. Nach dem Zweiten Weltkrieg in der Zitadelle Spandau. Seit 1963 im Wröhmännerpark an der Neuendorfer Straße in Spandau.
  • 1900: Denkmalgruppe 6 mit dem Standbild des Markgrafen Johann II. von Brandenburg und den Assistenzbüsten des Grafen Günther I. von Lindow und Ruppin und des Berliner Ratsherrn Konrad Belitz in der Siegesallee (siehe Textausführung oben)
  • 1901: Geheimrat F. G. Gaus, Büste für die Landwirtschaftliche Hochschule
  • 1904: Tiergarten, zwei große Steinbänke mit Jagdmotiven für den Hubertusbrunnen (zerstört) von Cuno von Uechtritz-Steinkirch im Mittelpunkt des Großen Sterns, umgeben von vier bronzenen Jagdgruppen (von Fritz Schaper, Wilhelm Haverkamp, Karl Begas und Max Baumbach, davon noch drei an anderer Stelle erhalten). Die Siegessäule gelangte erst 1938/39 auf den Großen Stern.
  • 1911: Mutter mit Kind, Bronze, Höhe 215 cm, seit 1976 im Brosepark Niederschönhausen
  • 1916: Stralauer Fischer (Fischerbrunnen), Marmor, heute Neue Krugallee 4/ Ecke Bulgarische Straße (siehe Textausführung oben)
Weitere Städte

Fußnoten

  1. Laut Uta Lehnert weist die Meldekarte im Staatlichen Archiv Gdansk den 25. Februar 1865 als Geburtsdatum aus, und nicht, wie sonst angegeben, den 25. Januar. Siehe Uta Lehnert: Der Kaiser und die ..., S. 370, 393 Anm. 9; siehe dazu auch mail vom Felderhoff-Enkel auf der Disk-Seite
  2. Uta Lehnert: Der Kaiser und die ..., S. 370f
  3. Uta Lehnert: Der Kaiser und die ..., S. 76
  4. Uta Lehnert: Der Kaiser und die ..., S. 224
  5. Kulturdenkmal Fischerbrunnen von 1916
  6. Berliner Zeitung vom 22. Februar 1995, Jagdgöttin Diana wird jetzt geputzt Textarchiv online

Literatur

  • Peter Bloch, Sibylle Einholz, Jutta von Simson (Hrsg.): Ethos und Pathos. Die Berliner Bildhauerschule 1786–1914. Katalog. Berlin 1990.
  • Kurt Hoffmann: Ein Brahms-Denkmal für Hamburg? Zur Geschichte des Modells von Reinhold Felderhoff. In: Martin Meyer (Hrsg.): Brahms-Studien. Band 13. Brahms-Gesellschaft, Tutzing 2002.
  • Uta Lehnert: Der Kaiser und die Siegesallee. Réclame Royale. Reimer, Berlin 1998, ISBN 3-496-01189-0.

Weblinks

 Commons: Reinhold Felderhoff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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