- Brunnenheiligtum
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Die Nuraghenkultur der Bronzezeit errichtete auf Sardinien Heiligtümer an Brunnen- bzw. Quellen, deren ital. Bezeichnung "Pozzo sacro" (plur. Pozzi sacro) lautet. Wie die meisten Inseln des Mittelmeeres litt (und leidet) Sardinen in der Vorzeit zumindest zeitweise unter Wasserarmut.
Inhaltsverzeichnis
Sardinien
Auf Sardinien sind etwa 50 Wasserkultorte bekannt. Die Einstufung als Heiligtümer ergibt sich aus gefundenen Votivgaben, die den Orten einen hohen Wasserreichtum zusprechen. Ihre typologisch-bauliche Gestaltung ist relativ einheitlich. Von einem für kultischen Handlungen genutzten Vorraum führen zwischen 5 und 25 Stufen zum Wasser, oder wie im Falle von Funtana Coberta, Is Pirois und Kukkuru Nuraxi zu einer tieferliegenden (bzw. völlig unterirdischen) Tholos, von der aus man Wasser aus den bis zu 15 m tiefer reichenden Brunnenschächten schöpfen konnte. Einen brunnenartigen Unterbau, dessen Bestimmung allerdings ungeklärt ist, hat auch der archaische Nuraghe Is Paras. Bei den Quellheiligtümern Su Lumarzu und Su Tempiesu gibt es eine etwas veränderte, aber ähnliche Architektur.
Typologie
Eine dreigeteilte Typologie der Architektur besteht während der gesamten Periode. Das Beherrschen der Statik ist erstaunlich. Die Planung der Monumente erfordert gute Kenntnisse in Mathematik, Physik und Technik.
1. Typ Zyklopische Mauer; Der Bau ist aus nur grob zugearbeiteten Quadern erstellt. Die Korrektheit der Arbeit wird nicht gleich wahrgenommen.
2 Typ Mauers Opus isodomum. Die bearbeiteten und in geraden Schichten verlegten Steine ergeben eine gute Struktur und Symmetrie.
3. Typ polygonale Mauern Die polygonalen Mauern bilden keine Schichtfolge. Sie zu errichten erfordert eine meisterhafte Arbeitsqualität.
Zu den besterhaltenen (bzw. restaurierten) größeren Brunnenanlagen gehören: Sa Testa und Milis bei Olbia, Predio Canopoli bei Perfugas, das Hypogäum San Salvatore bei Cabras, Santa Anastasia (Sardara) in Sardara, Santa Cristina bei Paulilatino, Santa Vittoria, Sos Nurattolos bei Buddusò und Serra Niedda bei Sorso. Dass einige dieser Anlagen moderne Namen tragen, belegt die Fortdauer des Wasserkultes in christlichem Gewand. Ein fein gearbeiteter, aber etwas andersartiger Brunnen, ein Gigantengrab und ein Rundtempel (Capanna circolare) liegt beim Nuraghen Noddule bei Bitti.
Portugal
In Portugal heißen eisenzeitlich Bauten in Megalithtechnik, die für Wasser- bzw. Brunnenheiligtümer angesehen werden Pedra Formosa und sind in einigen baulichen Details in gewisser Weise den Portalstellen der sardischen Gigantengräber ähnlich. Pedra Formosa bedeutet schöner Stein. Das Heiligtum besteht aus Kammern und Wasserbecken. Bekannt sind die Pedra Formosa von Briteiros (von F. Martins Sarmento im 19. Jh. ergraben), Sanfins (beide als Höhenkultplatz), Freixo und Santa Maria de Galegos sowie das besonders schön verzierte Monument in Vila Nova de Famalicão.
Sonstige
In Großbritannien und Irland ersetzen noch heute verehrte (ggf. mit Mauern gefasste) Heilige Quellen die mediterranen Baulichkeiten des Wasserkultes. Auf den trockenen schwedischen Inseln Gotland (Bro Opferquelle) und Öland (St. Elufs Källa) sind ebenfalls Anzeichen für einen Wasserkult zu finden.
In Amerika werden besonders die Maya und Nasca-Kultur mit Wasser- oder Brunnenkulten (Cenote) in Verbindung gebracht.
In Deutschland entsteht im Jahr 803 an der Stelle des heutigen Mindener Domes die erste Kathedralkirche. Deren Hauptaltar und die aller folgenden Domkirchen wurden über einem vorchristlichen Brunnenheiligtum errichtet, an welches der alte Name der Stadt Minden - Mimthum, Minithum in einer urkundlichen Nachricht aus dem Jahre 798 erinnert. [1]
Literatur
- Paolo Melis: Nuraghenkultur 2003. ISBN 88-7138-276-5
- Abreu Nunes: Monumentos tipo Pedra Formosa: uma interpretação. Jornadas Arqueológicas 5: 217-228. A.
- Juergen E. Walkowitz: Das Megalithsyndrom. 2003. ISBN 3-930036-70-3
Weblinks
http://www.ilportalesardo.it/archeo/sardara.htm
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