Admiral Tegetthoff (Schiff)

Admiral Tegetthoff (Schiff)

Die S/X Admiral Tegetthoff war ein nach Admiral Wilhelm Freiherr von Tegetthoff benanntes Segelforschungsschiff mit Hilfsantrieb. Es ist untrennbar mit der „Österreich-Ungarischen Nordpolexpedition“ (auch „Weyprecht-Payer-Polarexpedition“, offiziell „Polarexpedition Admiral Tegetthoff“) verbunden, die mit diesem Schiff durchgeführt wurde. Der Zusatz S/X ist eine Werftbezeichung.

Inhaltsverzeichnis

Schiffsdaten

Die Tegetthoff vom Eis besetzt

Das Schiff war eine eisgängige, hölzerne Schonerbark mit einer kohlenbetriebenen Dampfmaschine (sogenannter Auxiliar-Segler mit markantem Schornstein hinter dem Großmasten) als Hilfsantrieb, verstärktem Rumpf und spezieller Rumpfform zur Vermeidung der Eispressung. Das Schiff wurde unter der Baunummer 41 auf der Joh. C. Tecklenborg- Werft in Geestemünde (Bremerhaven) im August 1871 fertiggestellt.[1] Die Jungfernreise war ihre einzige Fahrt - die Expedition ins Nordpolarmeer über Tromsø. Sie war 300 BRT / 230 NRT groß, hatte 520 t Tragfähigkeit. Ihre Länge über alles (Lüa) betrug 38,39 m (44,81 m mit Klüverbaum), die Breite 7,30 m und der Tiefgang 3,47 m. Sie führte vier Rahsegel (einfache Bram- und Marssegel), drei Schratsegel (Großschratsegel, Großtoppsegel, Besan- und Besantoppsegel), zwei Stagsegel (zwischen Großmast und Fockmast) und drei Vorsegel. Sie führte drei Rettungsboote mit sich.

Expeditionsverlauf

Am 13. Juni 1872 machte sich eine österreichisch-ungarische Polarexpedition unter dem Kommando von Kapitän Carl Weyprecht (in Österreich heute stets Karl Weyprecht), Expeditionsleiter Julius von Payer, 19 Mann Besatzung und acht Schlittenhunden nebst Polarausrüstung auf den Weg ins Nordpolarmeer. Der Fahrt ging über Tromsø in Norwegen, wo der Eismeister Kapitän Elling Olaf Carlson an Bord genommen wurde.

Weyprechts Anlass, mit dem eisgängigen Segler Admiral Tegetthoff von Bremerhaven in die Barentssee (Arktis) zu fahren, war ein folgenschwerer Irrtum. Nach einer Vorerkundung im Jahre 1871 war Weyprecht zu der Ansicht gekommen, ein offenes – also zeitweise eisfreies – Polarmeer existiere, über das man am Nordpol vorbei nach Japan fahren könne. Das Schiff, mit dem die Expeditionstruppe ihre Reise in diese lebensfeindliche Zone startete, war ein eigens nach Weyprechts Plänen gebauter Segler mit Hilfsantrieb, der in der Lage war, sowohl zu segeln als auch mit einer Dampfmaschine zu manövrieren.

Das Schiff wurde im Winter oft von den extremen Temperaturen heimgesucht und von den herannahenden Eismassen an der Weiterfahrt gehindert. Die Mannschaft versuchte vergeblich, das Schiff wieder freizulegen. Als das Meer im polaren Sommer wieder teilweise geschmolzen war, bemerkte der Kapitän, dass sich im Winter eine gewaltige Eisscholle unter das Schiff geschoben hatte. So trieb die Admiral Tegetthoff den gesamten Polarsommer nach Norden. Dabei stießen die Expeditionsteilnehmer 1873 auf einen Archipel, den sie nach Kaiser Franz Joseph I.Franz-Joseph-Land“ nannten.

Die enormen Leistungen und Entbehrungen der 24 beteiligten Seeleute aus Istrien und Dalmatien (teils kroatischer, teils italienischer Abstammung), Ungarn, Böhmen und Österreich sollten jedoch noch nicht ihr Ende haben. Einen weiteren Winter noch mussten die Expeditionsteilnehmer im Eis ausharren. In dieser Zeit beschloss der Geograph von Payer, mit 2 Begleitern eine zusätzliche Schlittenexpedition in den Norden zu unternehmen, um den 82. nördlichen Breitengrad zu überschreiten. Nach 17 Tagen erreichten sie am 12.April 1874 auf 82°50' den nördlichsten Punkt des Archipels, und so waren er und seine Männer weiter in den Norden vorgedrungen als je ein Mensch zuvor.

Das Verlassen der Tegetthoff, aus Die Gartenlaube (1875)

Als der nächste Polarsommer das Eis wieder zum Schmelzen brachte, waren sie gezwungen, ihre Rückreise zum Schiff anzutreten, um nicht auf den Inseln verharren zu müssen. Mit sehr viel Glück gelang ihnen dies. Als der Kapitän die Vorräte knapp werden sah und sie den nächsten Winter nicht überstehen konnten, beschloss er, das Schiff aufzugeben und die gefährliche Rückreise über das unberechenbare Schollenfeld anzutreten. Im Mai 1874 verließen sie die Admiral Tegetthoff. Die Beiboote wurden mit den restlichen Vorräten beladen und die beschwerliche Reise zu Fuß auf nach Süden zur Eiskante angetreten. Dieses Vorhaben war sehr riskant, da nie zuvor eine Polarexpedition zu Fuß dem ewigen Eis entkommen war. Maschinist Ota Kříž starb während der Expedition am 16. März 1874 an Lungentuberkulose und wurde an der Küste der Wilczek-Insel in der vermutlich nördlichsten Grabstätte der Welt beigesetzt.

Die Entscheidung des Kapitäns, das im Eis gefangene Schiff zu verlassen und zu Fuß den Marsch über das Packeis zurück nach Sibirien anzutreten, führte zu einer der spektakulärsten Mannschaftsleistungen der internationalen Polarforschungsgeschichte. Über drei Monate waren die Männer unterwegs, bis sie am 24. August 1874 vor der sibirischen Küste vom russischen Fischereischoner Nikolaj in einer Bucht der Insel Nowaja Semlja an Bord genommen und gegen Bezahlung so rasch wie möglich nach Vardø nahe dem Nordkap verbracht wurden (3. September 1874). Von dort konnte die Reise zwei Tage später mit dem Vollschiff Finnmarken nach Hamburg angetreten werden.

Arved Fuchs fand bei seinen Nordpolexpeditionen ein Schriftstück dieser Expedition unter einer Steinpyramide. Eine Analyse des Bundeskriminalamts bewies, dass es tatsächlich aus der Feder der beiden Expeditionsleiter stammt. Heute befindet sich das Dokument im Deutschen Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven.

Anlässlich der Polarexpedition Tegetthoff brachte die österreichische Münzanstalt am 8. Juni 2005 ein 900er Feinsilber-20-Euro-Stück heraus.

Literatur

  • Carl Weyprecht: Die Nordpol-Expeditionen der Zukunft und deren sicheres Ergebniß, Hartleben's Verlag, Wien, 1876
  • Otto Krisch: Das Tagebuch des Maschinisten Otto Krisch. Leykam-Verlag, Wien, 1973 (Hrg. Egon Reichart)
  • Otto Krisch: Tagebuch des Nordpolfahrers Otto Krisch. Wallishauser'sche Verlagsbuchhandlung, Wien, 1875
  • Christoph Ransmayr: Die Schrecken des Eises und der Finsternis. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/Main, 1987
  • Christoph Höbenreich: EXPEDITION FRANZ JOSEF LAND. In der Spur der Entdecker nach Norden. Expeditionsbildband über die Payer-Weyprecht-Gedächtnisexpedition 2005, die österreichisch-ungarische Nordpolarexpedition 1872-1874 und die Polarreise des Eisbrechers Kapitan Dranitsyn 2006, Verlag Frederking-Thaler, 2007, ISBN 978-3-89405-499-1
  • Andreas Pöschek: Geheimnis Nordpol. Die Österreichisch-Ungarische Nordpolexpedition 1872-1874. Wien 1999 (als PDF zum Herunterladen)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Werftnachweis im Baunummernverzeichnis der Tecklenborgwerft

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