- Beobachtungsuhr
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Eine Beobachtungsuhr, auch B-Uhr oder Deckuhr [1] genannt, ist eine tragbare Uhr in Taschenuhrformat, die für navigatorische Zwecke bestimmt war. Beobachtungsuhren mussten ein amtliches Zertifikat besitzen.[2][3]
Ähnliche Uhren standen bis etwa 1970 auch in der Astrometrie und Astrogeodäsie im Einsatz, wo sie die Vermittlung zwischen Messinstrument und Zeitzeichensignal übernahmen und Arbeitsuhren genannt wurden.
Inhaltsverzeichnis
Kriterien
Der Bau dieses Uhrentypus, der als tragbare Präzisionsuhr vor allem für Navigationszwecke angesetzt wurde, musste folgende Kriterien erfüllen:
- Qualitativ hochwertiges Uhrwerk
- Hochwertige Hemmung
- Kompensation des Gangreglers
- Großes Zifferblatt, klare Anzeige
Geschichte
Um 1780 begann die Ära der leistungsfähigen Seechronometer. Diese Uhren waren wegen der Lageempfindlichkeit des Hemmungssystems, kardanisch aufgehängt, stationär, bevorzugt im Schwerpunkt eines Schiffes untergebracht.
Notwendigkeit der Entwicklung
Einige Gründe die die Entwicklung einer tragbarer Präzisionsuhr beschleunigten:[4][5][6]
- Vor dem Antreten der Seereise musste das Seechronometer zunächst im Hafen, dessen Längengrad bekannt war, mit der dortigen Zeit synchronisiert werden. Dazu musste vom nächsten Observatorium, wo genaue Zeitmessung auf astronomischer Basis durchgeführt wurden, diese Zeit zum Schiff gebracht werden. Die in der Sternwarte aufgestellte Präzisionspendeluhr war natürlich ortsfest. Für den „Zeittransport“ zwischen dem Observatorium und dem Schiff brauchte man ganggenaue, tragbare Uhren kleinen Formats. Das Chronometer durfte weder gestellt noch reguliert werden. Es wurde daher in einem Buch nur die Differenz zwischen dem Seechronometer und der an Bord gebrachten Zeit eingetragen.
- Der Vorgang der Längenbestimmung an Bord war nicht einfach. Eine ganggenaue tragbare Uhr kleinen Formats war notwendig besonders für die Seeleute, die nicht allein auf den fest eingebauten Schiffschronometer angewiesen waren, sondern mit Hilfe der „Deckuhr“ oder „Beobachtungsuhr“ an verschiedenen Stellen an „Deck“ Berechnungen und Messungen, also die „Beobachtungen“, zur Bestimmung der Position des Schiffs durchführen konnten.
- Ebenfalls verlangten die zahlreichen, in dieser Zeit stattfindenden Forschungsexpeditionen nach genaugehenden, tragbaren Uhren zur genauen geographischen Orts- und Zeitbestimmung.[7] Diese Uhren wurden Taschenchronometer oder Präzisionstaschenuhren genannt. Alexander von Humboldt benutzte auf seiner amerikanischen Forschungsreise (1799–1804) einen Taschenchronometer von Breguet.[8]
Die Entwicklung dieses Uhrentypus steht deshalb in engstem Zusammenhang mit den eigentlichen Seechronometern und die Beobachtungsuhren wurden von den gleichen Uhrmachern oder Firmen hergestellt.
Siehe auch: Astronomische Navigation, Längenproblem (Historisch), Längenuhr
Klassifizierung der Uhren
In der erste Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die größte Anzahl von B-Uhren für militärische Zwecke gefertigt.
Aus dieser Zeit kann man Beobachtungsuhren in drei Untergruppen eingliedern:[9]
- Chronometeruhren (Taschenchronometer)
- Deckuhren
- Präzisionsuhren
Die Tabelle zeigt die Klassifizierung der Uhren in drei Europäischen Ländern.
Beobachtungsuhr Deutsches Reich England Frankreich 1. Chronometeruhr B–Uhr
I.KlasseChronometer Watch
H.S.2Chronomètre de Bord
Montre de Torpilleur2. Deckuhr B–Uhr
II.KlasseDeck Watch
H.S.3Compteur 3. Präzisionsuhr B–Uhr
III.KlasseDeck Watch
H.S.4Compteur Beobachtungsuhren waren bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs weit verbreitet und wurden auch danach im Bereich der Kriegsmarinen weiter eingesetzt. Der Niedergang der B-Uhr kam erst in der zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts durch die Erfindung der Quarzuhr, deren Ganggenauigkeit gleich um drei Zehnerpotenzen besser wurde. Die B-Uhr als Navigationsinstrument verlor dadurch ihre Daseinsberechtigung. Heutzutage verwenden Schiffe zur Navigation GPS (Global Positioning System), doch sind Mittel für die Positionsbestimmung mit astronomischen Methoden (also Tabellen und Geräte) weiterhin vorgeschrieben.
Bis heute werden für Sammler und Liebhaber Beobachtungsuhren von verschiedenen Herstellern gefertigt.[10] Dadurch hat sich der Begriff „Beobachtungsuhr“ von der Taschenuhr auch auf die Armbanduhr ausgedehnt.[11]
Aufbau
Werk
Beobachtungsuhren aus dem 20. Jahrhundert zeigen die ganze Palette der technischen Entwicklung im Uhrenbau. Die Uhrwerke waren sehr präzise gefertigt und waren in der Regel auf 16 - 22 Steine gelagert. Die vorherrschende Hemmung ist die Ankerhemmung. Bei Englischen Uhren die Spitzzahnankerhemmung, bei allen anderen die Schweizer Ankerhemmung. Mit Uhren die Chronometerhemmung oder Tourbillon hatten, wurde nur experimentiert. Der Gangregler ist immer hervorragender Qualität und temperaturkompensiert.
Zifferblatt
Klare Ablesbarkeit der Indikationen und Zahlen war immer Bestandteil der Spezifikationen. Bis zum 2. Weltkrieg bevorzugte man römische Zahlen, später arabische. Für Beobachtungsuhren, die statt Seechronometer eingesetzt werden sollten, wurde auch eine Gangreserveanzeige gefordert.[12]
Gehäuse
Gehäuse für Beobachtungsuhren sind generell schlicht, solide und funktionell. Sie sind für die Funktion der Uhr modifiziert, z.B. verlängerte Drücker für die Zeigereinstellung, weglassen des Glases usw. Die meisten Uhren aus dem 20. Jahrhundert besitzen Gehäuse aus Nickellegierungen oder aus Edelstahl. Silbergehäuse wurden nur selten eingesetzt.
Kasten
Mit dreiteiligem Holzkasten, wie ein Seechronometer wurden nur Amerikanische Beobachtungsuhren ausgestattet. Andere Beschaffungstellen begnügten sich mit einfachen Holzkästen, gepolstert, oder mit Messingdosen.
Lieferanten der Beobachtungsuhren [13]
Die Beschaffungspolitik der einzelnen Staaten war recht unterschiedlich. Bei allen wurde allerdings an technisch unnötiger Ausstattung gespart. Die Beschaffungsbehörden kauften Präzision und Genauigkeit und nicht die Schönheit.
Deutschland
- Cortèbert – Schweiz
- International Watch Company – Schweiz
- LACO (Lacher & Co.) – Deutschland
- Lange & Söhne [14] – Deutschland
- STOWA – Deutschland
- Wempe – Deutschland
- Ulysse Nardin – Schweiz
- Vacheron & Constantin – Schweiz
Trotz großer Anstrengungen blieb Deutschland auf Uhren aus der Schweiz angewiesen.
Vereinigte Staaten von Amerika
- Maurice Ditisheim – Schweiz
- Elgin National Watch Co. – USA
- Hamilton Watch Company – USA
- Hornby – England
- L. Leroy – Frankreich
- Longines – Schweiz
- Patek Philippe – Schweiz
- Roskell – England
- South Bend Watch Co. – USA
- Ulysse Nardin – Schweiz
- Vacheron & Constantin – Schweiz
- Waltham Watch Co. – USA
- Zenith – Schweiz
Sowjetunion
- Erste Moskauer Uhrenfabrik – UdSSR
- GUB – DDR
Frankreich
- J. Auricoste
- Breguet – Schweiz
- P. Buhrè – Frankreich
- International Watch Company– Schweiz
- L. Leroy – Frankreich
- E. Thomas
- Ulysse Nardin – Schweiz
England
- Alexander & Son – Coventry
- Ashley – Clerkenwell, London
- Austin & Williams
- Baird – London
- Birch & Gaydon – London
- Brockbank & Atkins – London
- Buckney – London
- Carley & Clemens – London
- George Carley – London
- Connor
- Cuthbert – Glasgow
- Cribb – London
- Erhardt – Birmingham
- Elgin National Watch Co. – USA
- Dent – London
- French – London
- Frodsham – London
- Golay & Son – London
- Glover – London
- Goddard & Co. – London
- Hamilton Watch Co. – USA
- Halford – London
- Hall – Louth
- Hall Bros. – Liverpool
- Hamilton & Inches – Edinburgh
- Hammersley – London
- Hughes & Sohn
- Isaac – London
- Iversen – Bergen, Norwegen
- Johannsen & Co. – London
- Kendal & Dent – London
- Keys – London
- Lilley & Son – London
- L. Leroy – Frankreich
- Longines – Schweiz
- Lindquist – London
- Lister – Newcastle
- Lockwood
- Lund & Blockley – London
- Kullberg – London
- Kunzler – Birmingham
- Mc Kabe – London
- MacKay & Chisholm – Edinburgh
- Matthews – London
- Thomas Mercer – London
- Milne – Manchester
- Murray & Strachan – London
- Newsome & Co. - Coventry
- Northern Golrsmith Ltd. – Newcastle
- Ollivant & Botsford – Manchester
- Page & Keen – Plymouth
- Parkinson & Frodsham – London
- Player & Son – Coventry
- Philips – London
- Pennington & Son – Camberwell
- Poole – London
- Porthouse – London
- Reid & Son – Newcastle
- Ritchi & Son – Edinburgh
- Roberts – London
- Roberts & Son – Bradford
- Roberts – Liverpool
- Sims
- Smith & Son – London
- Smith & Rait Player – Glasgow
- Selfe – Greenwich
- Snow & Ashworth
- Sorley – Glasgow
- Spiegelhalter & Son
- Stanley – Cambourne
- Taylor
- Thornloe – Clerkenwell
- Usher & Cole – Clerkenwell
- Wales & McCulloch – London
- Webb – London
- Wright & Craighead – London
- Yeomans – Coventry
- International Watch Company – Schweiz
- Ulysse Nardin – Schweiz
- Zenith – Schweiz
Einzelnachweise
- ↑ PocketWatch: Deckuhr
- ↑ Lukas Stolberg: Lexikon der Taschenuhr; Klagenfurt 1995; S.36
- ↑ Gerhard König: Die Uhr : Geschichte, Technik, Stil; Koehler und Amelang; Berlin, Leipzig ; 1991; ISBN 3-7338-0065-6; S.279
- ↑ Johann Gottlieb Geißler: Der Uhrmacher oder Lehrbegriff der Uhrmacherkunst; Leipzig 1797; Achter Theil; S.150f
- ↑ Hans von Bertele: Marine- und Taschenchronometer: Geschichte, Entwicklung, Auswirkungen. Callwey, München 1981, ISBN 3-7667-0512-1, S. 110f.
- ↑ Bobby Schenk: Astronavigation; Delius Klasing; Bielefeld 1994; ISBN 3-7688-0259-0
- ↑ PocketWatch: Beobachtungsuhr
- ↑ Horst Hassler: Zeit und Zeitbestimmung auf See Vortrag (PDF)
- ↑ Steffen Röhner: Militär–Taschenuhren; Callwey München 1992; ISBN 3-7667-1048-6
- ↑ Poljot: Beobachtungsuhr
- ↑ uhren-schmuck.de: Die Neuinterpretation der wissenschaftlichen Beobachtungsuhr
- ↑ Lange Uhren GmbH: Die Zeppelin-Beobachtungsuhr
- ↑ Tony Mercer: Chronometer Makers of the World; Robert Hale 2004; ISBN 9780719803406
- ↑ watch-wiki: A. Lange & Söhne Beobachtungsuhr Kaliber 48
Weblinks
- Literatur von und über Beobachtungsuhr im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- watch-wiki: Beobachtungsuhr / B-Uhren
- National Maritime Museum, Greenwich: Deck watch (englisch)
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