Chronologie des Wasserbaus an der Hamburger Unterelbe

Chronologie des Wasserbaus an der Hamburger Unterelbe
Lovis Corinth: Blick auf den Köhlbrand, 1911
Die noch nicht verlegte Köhlbrandmündung mit der Insel Maakenwerder, rechts Kaisers Loch, später Maakenwerder Hafen, heute südliche Elbtunnel-Einfahrt

Die Chronologie der Wasserbaumaßnahmen an der Hamburger Unterelbe vermittelt eine Übersicht über die größten Sturmfluten, die wichtigen Eingriffe in den Flussverlauf der Unterelbe für den Ausbau des Hamburger Hafens und die dazugehörigen Verwaltungsakte der Hamburger Behörden seit dem 12. Jahrhundert.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die Mündung der Elbe hat die Besonderheit, dass sie sowohl ein Delta bildet, das von Geesthacht bis Hahnöfersand reicht, als auch einen Trichter (Ästuar), der sich von Blankenese bis Brunsbüttel auf 2,5 Kilometer Breite öffnet. Der gesamte Mündungsbereich bis zur Staustufe Geesthacht ist tideabhängig. Das Stromspaltungsgebiet ist geprägt durch die einst mäandernden Flussläufe der Elbe und deren Zuflüsse Bille und Alster, die die niedrigen Marschlande überspülten und Flussinseln bildeten, natürlich begrenzt ist es am nördlichen Ufer durch die Geesthänge von Lauenburg bis Hamburg-St. Georg und von Hamburg-Neustadt bis Wedel, im Süden durch die Schwarzen Berge. Der Hauptstrom der Elbe teilte sich an der Bunthäuser Spitze, dem südlichen Ende der Elbinsel Wilhelmsburg, in Norder- und Süderelbe und lief nach fünfzehn Kilometern beim Mühlenberger Loch wieder zusammen. Die Inseln innerhalb der Flussarme veränderten durch Ablagerungen und Eindeichungen einerseits und zerstörerische Sturmfluten oder Wasserbaumaßnahmen andererseits ihre Lage, Form und Landmasse. So bestand um 1100 vom heutigen Georgswerder bis Finkenwerder die zusammenhängende Insel Gorieswerder, die bis in das 14. Jahrhundert durch mehrere Sturmfluten zerrissen wurde. Wilhelmsburg hingegen entstand vom 17. bis zum 19. Jahrhundert aus der Zusammendeichung einer Vielzahl kleiner Inseln.

Unter diesen geografischen Bedingungen ging die Entwicklung des Hamburger Hafens einher mit wasserbaulichen Maßnahmen, bei denen die niedrigliegenden Marschen und Flussinseln zum Schutz und zur Landgewinnung eingedeicht, und die weit verzweigten Flussläufe von Bille, Alster und Elbe für die Schifffahrt reguliert wurden. Für die Aufsicht über das Fahrwasser, eine hinreichende Wassertiefe und den Schiffsverkehr wurde 1555 eigens die Düpe-Kommission gegründet, (Düpe ist das niederdeutsche Wort für Wassertiefe), eine Behörde aus der im 19. Jahrhundert das Amt Strom- und Hafenbau hervorging, wiederum die Vorgängerin der heute zuständigen Hamburg Port Authority.

Zeittafel

wann wo was
1164 Elbegebiet Julianenflut: Zerstörung der frühen Hamburger Hafenanlagen in der Alsterschleife bei der Neuen Burg
1235 Alster / Altstadt die Alster wurde am Reesendamm mit einem Damm von der Bergstraße bis zum Gänsemarkt für den Betrieb einer Mühle gestaut
1248 Elbegebiet Allerkindleinsflut: Finkenwerder und Altenwerder werden von der Insel Gorieswerder getrennt
1258 Bille / Mündung die Billemündung wurde mit der Alster verbunden, um die Strömung im Hafen zu erhöhen
1344 Elbe / Kirchwerder Absperrung der Gose Elbe beim Kiebitzbrack
1394 Elbegebiet / Mündung Hamburg erwirbt das Amt Ritzebüttel an der Elbmündung
1395 Elbegebiet Hamburg erwirbt die Elbinseln Ochsenwerder und Moorwerder
1412 Elbegebiet Cäcilienflut: Hahnöfersand wird vom Festland getrennt, Deichbrüche auf Gorieswerder
1437 Elbe / Altengamme Absperrung der Dove Elbe bei Altengamme
1443 Bille / Bergedorf ein Schleusengraben leitete den Hauptstrom der Bille von Bergedorf nach Curslack zur Dove-Elbe
1548 Verwaltung Düpe-Kommission gegründet, Zuständig für die Vertiefung des Fahrwassers und die Kennzeichnung der Fahrrinne
1549 Norderelbe / Grasbrook erster Durchstich des Grasbrook, damals Elbinsel
1559 Norderelbe Durchstich Grandeswerder, einstige dem Grasbrook benachbarte Insel, später Baakenwerder und Baakenhafen
1568 Norderelbe Durchstich Spadenländer Busch, heute: Spadenländer Busch in Wilhelmsburg, westlich der Elbe - Spadenland in den Marschlanden, östlich der Elbe
1570 Elbegebiet Allerheiligenflut: Deichbrüche im Alten Land und in den Vier- und Marschlanden
1604 Norderelbe Abschluss des Durchstichs Grasbrook
1620 Altona Altona wird als Teil der bis dahin schauenburgischen Herrschaft Pinneberg dänisch
1625 Elbegebiet Fastnachtsflut: Deichbrüche im Alten Land und in Hamburg
1814 Verwaltung die Düpe-Kommission geht in die Schiffahrts- und Hafendeputation über
1818 - 1825 Niederelbe erste Elbvertiefung auf - 3,5 m KN
1825 Elbegebiet Februarflut 1825: Pegel St. Pauli: NN + 5,24 m
1844 - 1888 Oberhafen / Altstadt Begradigung des Wasserlaufs und des Stadtdeichs
1850 - 1862 Niederelbe zweite Elbvertiefung auf - 4,8 m KN
1855 Elbegebiet Januarsturmflut 1855: Deichbrüche im Alten Land, Wilhelmsburg, in den Vier- und Marschlanden;
Pegel St. Pauli: NN + 5,11 m
1863 Verwaltung die Schiffahrts- und Hafendeputation geht in die Strom- und Hafenbau über
1868 Norderelbe / Köhlbrand 1. Köhlbrandvertrag: Begradigung und Befestigung der Norderelbe, Ausbaggerung des Köhlbrands
1874 - 1875 Norderelbe / Billwerder Durchstich Kaltehofe und Abtrennung Billwerder Bucht, der ehemalige Flussverlauf ist in der Billwerder Bucht noch nachvollziehbar
1896 Niederelbe 2. Köhlbrandvertrag: „Stromkorrektionen“ und „Stromregulierung“, Elbvertiefung bei Nienstedten,
1908 Süderelbe / Köhlbrand 3. Köhlbrandvertrag: Verlegung der Köhlbrandmündung um 600 Meter stromabwärts, weitere Vertiefung des Köhlbrands, Begradigung der Süderelbe, Verlängerung der Bunthäuser Spitze um 400 Meter
1909 - 1910 Niederelbe dritte Elbvertiefung auf - 7,5 m KN
1922 - 1937 Niederelbe vierte Elbvertiefung auf - 9,5 m KN
1950 - 1952 Norderelbe / Marschlande Abdichtung der Dove Elbe und Gose Elbe durch die Tatenberger Schleuse
1957 - 1959 Niederelbe / Geesthacht Errichtung des Stauwerks Geesthacht zur Aufrechterhaltung des Wasserstandes
1957 - 1964 Niederelbe fünfte Elbvertiefung auf - 10,5 m KN
1962 Elbegebiet Sturmflut 1962: Deichbrüche im Alten Land, an der Süderelbe, in Wilhelmsburg,
Pegel St. Pauli: NN + 5,70 m
1962 Süderelbe Abdeichung der Alten Süderelbe zwischen Altenwerder und Moorburg
1964 - 1969 Niederelbe sechste Elbvertiefung auf - 11,5 m KN
1974 - 1978 Niederelbe siebte Elbvertiefung auf - 13,0 m KN
1976 Elbegebiet Erste Januarflut 1976: Pegel St. Pauli: NN + 6,45 m (die bis heute höchste Sturmflut an nahezu allen Pegeln der deutschen Nordseeküste)
1998 - 1999 Niederelbe achte Elbvertiefung auf - 14,9 m KN
2001 - 2003 Süderelbe / Niederelbe Aufschüttung des Mühlenberger Lochs
seit 2002 Niederelbe ursprünglich für 2007 - 2010 geplante Elbvertiefung auf - 15,9 m KN, Verzögerungen im Planfeststellungsverfahren
2005 Verwaltung die Behörde Strom- und Hafenbau geht in die Hamburg Port Authority über

Karten

Karte des Hamburger Elbgebiets um 1567

Hauptartikel: Elbkarte
Hamburger elbgebiet 1567 nach lorich.jpg
Die gesamte Karte von Melchior Lorichs ist einen Meter hoch und zwölf Meter lang.

Nach einer Karte von 1568 des Melchior Lorichs, erstellt im Auftrag des Hamburger Senats im Verlauf eines Prozesses vor dem Reichsgericht um die Rechte an der Elbe. Die Städte Harburg, Stade, Buxtehude und Lüneburg klagten gegen die Stadt Hamburg auf ihr Recht auf freie Schifffahrt. Hier ein Ausschnitt aus einer Kopie (Nachzeichnung von Eugen Schuback) aus dem Jahr 1845.[1] Die Darstellung der Norderelbe ist gegenüber der Süderelbe stark vergrößert.

Im östlichen Teil der Karte die Vier- und Marschlande: zu sehen sind die bereits vollzogenen Abdeichungen der Gose Elbe und Dove Elbe, sowie die Anlage des Schleusengrabens zwischen Bille und Dove Elbe südlich von Bergedorf. Der Stadt Hamburg vorgelagert sind die Elbinseln Grasbrook, der von Flussarmen durchzogen aber noch nicht in den Großen und den Kleinen Grasbrook geteilt ist, und Grandeswerder. Zwischen Norder- und Süderelbe bestehen eine Vielzahl von Inseln, die erst um 1700 zusammengedeicht werden und aus denen der spätere Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg entsteht. Im westlichen Teil der Inselgruppe ist die Einmündung der Süderelbe abgebildet, mit diversen Flussarmen, unter anderem dem Köhlbrand, und den darin gelegenen Inseln Finkenwerder, Altenwerder und weitere.

Karte des Hamburger Elbgebiets nach 1680

Hamburger elbgebiet 1680 nach visscher.png

Ausschnitt aus einer Karte von Nicolaes Visscher, in Süd-Nord-Ausrichtung.

Dargestellt ist insbesondere die Eindeichung der Elbinseln, der Hauptarm der Norderelbe verläuft zwischen den Inseln Stillhorn und Veddel einerseits und Kirchdorf und Reiherstiegland andererseits. Der Durchstich des Grasbrooks ist bereits erfolgt, das Hauptwasser der Norderelbe aber verläuft noch südlich des Kleinen Grasbrooks. Der Ablauf der Süderelbe ist durch die Eindeichungen auf den Köhlbrand konzentriert.

Karte des Elbgebiets um 1790

Hamburg 1790 große karte varendorf.jpg

Aufgenommen in den Jahren 1789 bis 1796 unter der Direktion des Majors Gustav Adolf von Varendorf durch Offiziere des Schleswigschen Infanterieregiments.

Die Norderelbe verläuft nun zwischen dem Billwärder Ausschlag, Entenwerder sowie dem Großen Grasbrook am nördlichen Ufer und Kaltehofe, Peute, Veddel und dem Kleinen Grasbrook südlich. Der Kleine Grasbrook liegt vor der nunmehr zusammengedeichten Insel Wilhelmsburg. Im westlichen Teil sind die Inseln Finkenwerder und Altenwerder zusammengeschoben, der Hauptstrom der Süderelbe ist in den Köhlbrand geleitet, der Mündungsarm der Süderelbe ist als Alte Süderelbe deutlich verkleinert.

Karte des Elbgebiets 1915

Hamburger elbgebiet 1915.jpg

Ausschnitt aus einer Karte der Geographischen Anstalt Wagner & Debes, Leipzig.

Mit dem Durchstich zwischen Kaltehofe und Peute ist der Verlauf der Norderelbe begradigt, der auf dieser Karte noch mit Dove Elbe bezeichnete Verlauf ist abgedeicht und wird zur Billwerder Bucht. Die Peute, die Veddel, der Kleine Grasbrook sowie Steinwerder sind von Hafenanlagen durchzogen. Der Große Grasbrook ist in das Stadtgebiet einbezogen und ebenfalls mit Hafenanlagen sowie mit Bahngleisen belegt. Der Köhlbrand ist nun der Hauptabfluss der Süderelbe und sein Mündungsbereich elbabwärts verlegt. Waltershof und die Dradenau sind noch nicht bebaut. Die in Finkenwerder eingezeichneten vier Hafenbecken sind in dieser Form zwar geplant, aber nicht realisiert worden.

Luftaufnahme des Elbgebiets 2002

Hamburger elbgebiet 2002.jpg

Satellitenaufnahme. Im östlichen Teil zu erkennen ist die abgedeichte Billwerder Bucht, die Dove Elbe mündet hinter der Tatenberger Schleuse in die Norderelbe. Mittig links der begradigte Köhlbrand, westlich davon Waltershof mit dem tiefen Einschnitt des Hafenbeckens. Am westlichen Bildrand Finkenwerder, das mit Altenwerder eine Landfläche bildet, und der abgedeichtem Köhlfleet, sowie als kleiner Wasserlauf erkennbar die Süderelbe, ebenfalls vollständig abgedeicht.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Auf Titelseite und in: Lichtwark-Heft Nr. 70. Verlag HB-Werbung, Hamburg-Bergedorf, 2005. ISSN 1862-3549

Literatur

  • Jörgen Bracker: Hamburg. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wendemarken einer Stadtgeschichte, Hamburg 1988, ISBN 3-8225-0043-7
  • Arnold Kludas, Dieter Maass, Susanne Sabisch: Hafen Hamburg. Die Geschichte des Hamburger Freihafens von den Anfängen bis zur Gegenwart, Hamburg 1988, ISBN 3-8225-0089-5

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