Richtlinie 2009/28/EG (Erneuerbare-Energien-Richtlinie)

Richtlinie 2009/28/EG (Erneuerbare-Energien-Richtlinie)
Flagge der Europäischen Union
Basisdaten der
Richtlinie 2009/28/EG
Titel: Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 23. April 2009
zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG
Kurztitel:
(nicht amtlich)
Erneuerbare-Energien-Richtlinie
Rechtsnatur: Richtlinie
Geltungsbereich: Europäische Union
Rechtsmaterie: Energierecht
Veröffentlichung: ABl. EG
L 140/16 vom 5. Juni 2009
Inkrafttreten: 25. Juni 2009
Verabschiedung: 23. April 2009
In nationales Recht
umzusetzen bis:
5. Dezember 2010
Art. 13 Abs. 4 (Nutzungspflicht bei Gebäuden) 31. Dezember 2014
Umgesetzt durch: Teilbereich Biomasse: Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung; Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (Deutschland)
Bitte beachten Sie den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung!

Mit der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EG), vollständig Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG [1] wurden für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verbindlich der von ihnen jeweils bis zum Jahr 2020 zu erreichende Anteil von erneuerbaren Energien an der von ihnen verbrauchten gesamten Energie mit dem Ziel festgelegt, dass bis zu diesem Jahr in der gesamten EU der Anteil von erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bei mindestens 20 % liegen wird.

Inhaltsverzeichnis

Anlass

Der Richtlinie waren Verhandlungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten zum Europäischen Klimapaket vorangegen. Auslöser waren die Beschlüsse des Europäischen Rats aus dem Jahre 2007 zu einer integrierten Energie- und Klimapolitik. Mit der Richtlinie wird nunmehr zum ersten Mal ein gemeinschaftsrechtlicher Rahmen für die Verwendung von erneuerbaren Energien in den drei Energiebereichen Strom, Wärme/Kälte und Verkehr geschaffen. Die bisher geltenden Richtlinien 2001/77/EG für Strom und 2003/30/EG zu den Biokraftstoffen wurden mit der EE-Richtlinie aufgehoben. Ihre Zuständigkeit zum Erlass der EE-Richtlinie stützt die EU sowohl auf ihre Umweltkomptenz (Art. 175 Abs. 1 EGV) als auch auf ihre Binnenmarktkompetenz (Art. 95 EGV). [2]

Zielvorgaben bei den Anteilen am Gesamtenergieverbrauch

Die Richtlinie setzt für jedes Mitgliedsland gesondert den Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Endenergieverbrauch (Art. 5 Richtlinie) fest, der von dem Mitgliedsland 2020 erreicht werden muss, für Deutschland mit 18 %, damit sich in der gesamten EU der Anteil dann auf 20 % beläuft. Die den Mitgliedsländern auferlegten Quoten sind im Hinblick auf den bis zum Erlass der Richtlinie erreichten Stand unterschiedlich hoch. Diese Quoten sind verbindlich, das heißt bei Nichterreichen der Ziele kann die EU Sanktionen gegen die betroffenen Mitgliedstaaten verhängen. Für den Verkehrsbereich wurde zudem festgesetzt, dass innerhalb des Gesamtziels in jedem Mitgliedstaat mindestens 10 % der verbrauchten Energie aus erneuerbaren Energien stammen muss.

Die verbindlichen nationalen Ziele und den auf das Jahr 2005 bezogenen Ist-Zustand kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden.

Nationale Anteile an Erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch
Quelle EE-EG-Richtlinie[3]
EU Mitgliedstaaten Anteil 2005 Zielwert Anteil 2020
Belgien 2,2 % 13 %
Bulgarien 9,4 % 16 %
Dänemark 17 % 30 %
Deutschland 8,5 % 18 %
Estland 18 % 25 %
Finnland 28,5 % 38 %
Frankreich 10,3 % 23 %
Griechenland 6,9 % 18 %
Irland 3,1 % 16 %
Italien 5,2 % 17 %
Lettland 32,6 % 40 %
Litauen 15 % 23 %
Luxemburg 0,9 % 11 %
Malta 0,0 % 10 %
Niederlande 2,4 % 14 %
Österreich 23,3 % 34 %
Polen 7,2 % 15 %
Portugal 20,5 % 31 %
Rumänien 17,8 % 24 %
Schweden 39,8 % 49 %
Slowenien 16 % 25 %
Slowakische Republik 6,7 % 14 %
Spanien 8,7 % 20 %
Tschechische Republik 6,1 % 13 %
Ungarn 4,3 % 13 %
Vereinigtes Königreich 1,3 % 15 %
Zypern 2,9 % 13 %

Fördermodelle

Innerhalb der EU stehen sich bei der Stromerzeugung seit Anbeginn zwei Fördermodelle gegenüber. Das ist einmal das deutsche, mittlerweile von der Mehrheit der Mitgliedstaaten übernommene Einspeisungsmodell des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes, zum anderen das im Vereinigten Königreich und Dänemark angewandte Quotenmodell, nach dem den Verbrauchern bestimmte Quoten von Strom aus erneuerbaren Energien zur Nutzung zugewiesen werden, die diese aber auch durch den Erwerb von grünen Zertifikaten (für entsprechend erzeugten Strom) erfüllen können. Viele Jahre hatte die EU das Quotenmodell favorisiert, da das deutsche Einspeisungsmodell sich bei der Förderung auf im fördernden Staat erzeugten Strom beschränkt, während das Quotenmodell auch Strom, der in anderen Mitgliedstaaten aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde, zum Zertifikathandel zulässt. Später stützte die Kommission beide Modelle in der Absicht, dass sie mit einander konkurrieren sollten. Auch in der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie werden beide Modelle weiterhin zugelassen. Jedoch wird nunmehr auch ausdrücklich die Notwendigkeit einer dauerhaften Absicherung der Modelle durch die Richtlinie zum Ziel erklärt (Erwägungsgrund 25), um im Hinblick auf die Förderung Investionssicherheit zu gewährleisten. Damit dürfte für das ursprüngliche deutsche Einspeisungsmodell auch der letzte Zweifel an einer gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit beseitigt sein.[4]

Allgemeine Maßnahmen

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die zur Erreichung der Zielvorgaben erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, wozu neben Förderregelungen auch Maßnahmen zur Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern gehören. Die Bestimmungen des EG-Vertrags über das Verbot von Beihilfen (Art. 87 EGV) werden dahingehend eingeschränkt, dass die Mitgliedstaaten ihre Förderung auch auf inländisch erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien beschränken dürfen (Art. 3 Abs. 2 Richtlinie). Jeder Mitgliedstaat muss einen nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energien bis zum 30. Juni 2010 verabschieden und der EU vorlegen. Bleibt ein Land hinter den Zielen seines Aktionsplans für zwei Jahre zurück, muss es einen angepassten Aktionsplan vorlegen, der Maßnahmen zur Einhaltung der Ziele anführt. Gemeinsame Projekte zwischen Mitgliedstaaten und mit Drittländern sind vorgesehen. Bei Projekten mit Drittstaaten kann unter bestimmten Voraussetzungen auch erst nach dem Stichtag von 2020 erzeugte Elektrizität z.B. bei der Berechnung zur Erfüllung der Zielvorgaben herangezogen werden (Art. 9 Abs. 3 Richtlinie), wie bei den Großprojekten zur Nutzung von Solarenergie in der Sahara.

Einzelmaßnahmen

Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, ihre einschlägigen Verwaltungsverfahren zu vereinfachen sowie effizienter zu machen und dabei Genehmigungsverfahren bei kleineren Projekten und gegebenenfalls für dezentrale Anlagen zur Produktion von Energie aus erneuerbaren Energien auch durch einfache Mitteilung zu ersetzen (Art. 13 Abs. 2 lit. f Richtlinie).

Bis zum 31. Dezember 2014 müssen die Mitgliedstaaten sowohl für Neubauten als auch für bestehende Gebäude, soweit dort größere Renovierungsarbeiten durchgeführt werden, ihre Vorschriften so anpassen, dass für die Wärme- oder Kälteversorgung ein Mindestmaß an Energie aus erneuerbaren Energien genutzt wird (Art. 13 Abs. 4 Richtlinie). In Deutschland gilt dies nach dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz bislang nur für Neubauten (mit Ausnahme von Baden-Württemberg, wo sich die Nutzungspflicht unter bestimmten Voraussetzungen auch auf Altbauten erstreckt).

Die Mitgliedstaaten haben die geeigneten Schritte zu ergreifen, um die Netze für die Aufnahme von Strom aus erneuerbaren Energien auszubauen, deren vorrangigen oder garantierten Netzzugang zu kostendeckenden Preisen zu gewährleisten und den aufgenommenen Strom zu übertragen und zu verteilen. Von den Übetragungs- und Verteilernetzbetreibern kann die Übernahme der bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien anfallenden Mehrkosten verlangt werden (Art. 16 Richtlinie). In Deutschland sind diese Vorgaben im Wesentlichen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz bereits erfüllt.

Ziele im Verkehrssektor

Zur Berechnung des Endenergieverbrauchs im Verkehrssektor werden nur Otto- und Dieselkraftstoffe und im Straßenverkehr und Schienenverkehr verbrauchte Biokraftstoffe und Elektrizität berücksichtigt. Bei der Berechnung der Mengen, mit denen bis zum Jahr 2020 mindestens 10 % des Endenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien gedeckt werden müssen, werden alle Arten von Energie aus erneuerbaren Quellen, die bei allen Verkehrsträgern verbraucht werden, zugrundegelegt. Bei Fahrzeugen mit Elektroantrieb im Straßenverkehr wird der Verbrauch von Elektrizität, die aus erneuerbaren Energien gewonnen ist, mit dem 2,5-fachen Energiegehalt bei den Berechnungen berücksichtigt (Art. 3 Abs. 4 lit. c) Richtlinie). In Deutschland bestimmt das Biokraftstoffquotengesetz in Verbindung mit § 37a Abs. 3 BImSchG bislang, dass der Anteil des aus erneuerbaren Energien gewonnenen Biokraftstoffes bis zum Jahr 2015 8 % der gesamten in den Verkehr gebrachten Kraftstoffe betragen muss. Die bisher die Verwendung von Biokraftstoffen regelnde Richtlinie 2003/30/EG wurde aufgehoben und durch diese Regelungen der Erneuerbare-Energien-Richtlinie ersetzt.

Nachhaltigkeitsanforderungen an Biomasse

Für die Herstellung von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen werden unabhängig davon, ob die nachwachsenden Rohstoffe innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft angebaut werden, hieraus gewonnene Energien im Rahmen der Vorgaben und Anforderungen der Richtlinie nur berücksichtigt, wenn sie zu einer Minderung der Treibhausgasemissionen von mindestens 35 % betragen; der Prozentsatz steigt ab 2017 auf 50 % an. Ebenfalls dürfen nur solche Rohstoffe verwandt werden, die aus einem nachhaltigen Anbau stammen, wofür unter dem Gesichtspunkt des Natur- und Umweltschutzes detaillierte Vorgaben gemacht werden. So werden Rohstoffe aus Primärwäldern, wie Regenwaldgebieten, ausgeschlossen. Schließlich wird die Kommission verpflichtet, alle zwei Jahre über die Folgen der verstärkten Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen sowohl in den Mitgliedstaaten als auch in Drittländern im Hinblick auf den Natur- und Umweltschutz und die Arbeits- und Sozialbedingungen der davon betroffenen Bevölkerung zu berichten. In Deutschland wurde diesen Vorgaben für den Bereich der Stromherstellung bereits durch die Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung vom 29. Juli 2009 entsprochen. Analog dazu wurde die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung vom 30. September 2009 (BGBl. I 3182) erlassen.[5]

Einzelnachweise

  1. Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG
  2. Lehnert-Vollprecht: Neue Impulse von Europa, die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU, ZUR 2009, 301-316, 308
  3. Anlage 1 zur Richtlinie 2009/28/EG vom 23. April 2009
  4. Lehnert-Vollprecht: Neue Impulse von Europa, die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU, ZUR 2009, 301-316, 312
  5. Verordnung über Anforderungen an eine nachhaltige Herstellung von Biokraftstoffen (Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung -Biokraft-NachV) vom 30. September 2009 BGBl. I 3182

Literatur

  • Wieland Lehnert- Jens Vollprecht: Neue Impulse von Europa, die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU, ZUR 2009, 301-316
  • Christina Ringel – Christia Bitsch: Die Neuordnung der Erneuerbaren Energien in Europa, NVwZ 2009, 807-811
  • Andreas Klemm: Vorgaben aus Brüssel: Das Europarechtsanpassungsgesetz Erneuerbare Energien im Überblick, REE 2011, 61-67


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