Feierabendparlament

Feierabendparlament

Ein Feierabendparlament beziehungsweise Halbtagsparlament ist ein Parlament, dessen Mitglieder entweder ehrenamtlich arbeiten oder einer anderen Hauptbeschäftigung zum Verdienst des Lebensunterhalts nachgehen. Plenumssitzungen finden meist nachmittags oder in den Abendstunden statt. Die Vergütung der Abgeordneten ist meist niedriger als in Vollzeit-Parlamenten.[1]

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es mit der Bremer Bürgerschaft und dem Berliner Abgeordnetenhaus zwei Feierabendparlamente auf Länderebene.[2] Die Hamburger Bürgerschaft hatte bis 1996 nur ehrenamtliche Abgeordnete. Seit einer Änderung der Verfassung ist das Ehrenamt und die Aufwandsentschädigung abgeschafft und durch ein Entgelt und Vereinbarkeit des Mandats mit einer Berufstätigkeit ersetzt worden.[3] Statt der Aufwandsentschädigung von monatlich 1920 DM bekamen die Abgeordneten ein Entgelt von 4000 DM zuzüglich einer Aufwandsentschädigung von 600 DM.[4] Bis 1990 war der Landtag Schleswig-Holsteins ein Feierabendparlament, ebenso wie der Landtag von Baden-Württemberg bis zur Änderung in der 15. Legislaturperiode ab 2011.

Nach der Gründung der Bundesrepublik kam diese Art von Parlament auf Länderebene häufiger vor. Heute kommen immer wieder Forderungen nach einer Rückkehr zu ehrenamtlichen Abgeordneten auf. Der Bund der Steuerzahler forderte eine solche 2005 in Niedersachsen und begründete seine Forderung mit der gesunkenen Bedeutung der Landesparlamente, Kosteneinsparungen und Verzerrungen im politischen Wettbewerb.[5] Auf kommunaler Ebene (Bezirkstag, Kreistag, Gemeinderat) kommen Feierabendparlamente häufig vor.

Griechenland

Bis zur Einführung der Unvereinbarkeit mit einer weiteren Erwerbstätigkeit 2001 war auch das nationale, griechische Parlament Vouli ton Ellinon ein Feierabendparlament. Im Gegenzug wurden die Diäten der Abgeordneten erhöht und kostenlose Büros zur Verfügung gestellt.[6]

Vereinigte Staaten

In den Vereinigten Staaten sind die meisten Parlamente der Einzelstaaten – im Gegensatz zur Bundesebene – als Feierabendparlamente konzipiert. Die Tagungen werden auf wenige Wochen im Jahr konzentriert.[7]

Schweiz

Die meisten Mitglieder in beiden Kammern des schweizerischen Parlaments (Ständerat und Nationalrat) sowie in den Parlamenten auf Kantons- und Gemeindeebene gehen neben ihrer Ratstätigkeit noch einem Beruf nach.[8] In der Schweiz werden diese Legislativen als Milizparlament oder Halbberufsparlament bezeichnet.[9]

Einzelnachweise

  1. Uwe Andersen, Wichard Woyke: Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, S. 317
  2. Bericht des Vorstandes der Bremischen Bürgerschaft, 2. Dezember 2008, S. 6
  3. Oskar Niedermayer et al. 2008: Parteien und Parteiensysteme in den deutschen Ländern, S. 233
  4. Uwe Bahnsen: Abschied für eine Hamburgensie, in Die Welt, 22. Mai 1996
  5. Bdst: Rückkehr zum ehrenamtlichen MdL – Landtage nicht länger als Berufsparlamente, 23. März 2005
  6. Peter A. Zerkavis/Gustav Auernheimer 2009: Das politische System Griechenlands, in: Wolfgang Ismayr: Die politischen Systeme Westeuropas S. 826
  7. Birgitt Oldopp 2005: Das politische System der USA, S. 33f
  8. Marco Schroeder: Langfrist- und Querschnittsthemen in der Schweiz in EURES: Switzerland S. 17
  9. Parlamentswörterbuch der Schweizerischen Bundesversammlung

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