Gemeindezentrum Am Fennpfuhl

Gemeindezentrum Am Fennpfuhl
Das evangelische Gemeindezentrum Am Fennpfuhl.

Das evangelische Gemeindezentrum Am Fennpfuhl ist ein kleiner Kirchenkomplex im Berliner Bezirk Lichtenberg. Es handelt sich um einen eingeschossigen Bau mit achteckigem Spitzdach und angebauten Gemeinderäumen und Wohnungen, der im Jahr 1984 eingeweiht wurde. Die Gemeinde Am Fennpfuhl umfasst etwa 2600 Mitglieder (Stand September 2009) und gehört zum Kirchenkreis Lichtenberg-Oberspree der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.[1]

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das gegliederte Gebäudeensemble liegt an der Ecke Weißenseer Weg/Paul-Junius-Straße am Rand des Fennpfuhlparks neben einem historischen Schulgebäude aus dem Jahr 1912. Es trägt die Adresse Paul-Junius-Straße 75. Sowohl die niedrigen Bauten mit ihren Naturmaterialien als auch die wegemäßige Erschließung im Umfeld sind in die Parklandschaft eingepasst.

Entstehung des Gemeindezentrums

Nachdem ein großer Teil des Wohngebietes um den Fennpfuhl zu Beginn der 1970er-Jahre entstanden war, begannen Mitarbeiter der zuständigen Pfarr- und Glaubensgemeinde 1974 mit einer aktiven Gemeindearbeit in dem Gebiet, vor allem durch Besuche und Gesprächskreise in Privatwohnungen. Im Jahr 1976 wurde für das entstehende Neubaugebiet um den Fennpfuhl eine eigene Kirchengemeinde aus der Muttergemeinde ausgegründet. Diese traf sich zunächst in Räumen der Pfarr- und Glaubens-Gemeinde, der Alten Pfarrkirche Lichtenberg am Loeperplatz und einer nahegelegenen Gemeindebaracke, sowie auch weiter in Privatwohnungen. Als die DDR erstmals seit den Nachkriegsjahren Kirchenbauten in Neubaugebieten genehmigte, legte der Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR 1976 ein Sonderbauprogramm für zunächst zehn Kirchen auf, dessen Finanzierung zu großen Teilen von der Evangelischen Kirche der Bundesrepublik übernommen wurde. Eine der Kirchen dieses Programms war das Gemeindezentrum Am Fennpfuhl, das dann Anfang der 1980er-Jahre geplant und gebaut wurde. Nach der Ablehnung mehrerer ungeeigneter Baugrundstücke durch die Kirchenleitung wurde schließlich das Gelände am Rand des Fennpfuhlparks bereitgestellt. Der Architekt Horst Göbel aus der Bauakademie der DDR entwarf einen Gebäudekomplex aus einem achteckigen Kirchenhauptraum mit einem großräumigen vorgelagerten Eingangsbereich. An dieses Foyer sind weitere Räume angeschlossen, von denen einige durch verschiebbare Zwischenwände an verschiedene Nutzungen angepasst werden können. Die Grundsteinlegung für den Kirchenneubau erfolgte am 25. April 1982, die Bauarbeiten führte der VEB Kreisbetrieb Schwarzenberg aus dem Erzgebirge aus. Der neue Kirchenbau wurde nach mehr als zweijähriger Bauzeit am 8. September 1984 eingeweiht. Etwa 10 Prozent der entstandenen Kosten wurden durch Spenden der Gemeindemitglieder gedeckt.[2]

Bauliche Gliederung und Ausstattung

Der Kirchenhauptraum im Weihnachtsschmuck am 2. Januar 2009.

Der Hauptraum des Gemeindezentrum, der Gottesdienst- oder Feierraum, bildet mit seinem achteckigen Grundriss und dem zeltartigen Kupferdach den markantesten Teil im nordöstlichen Bereich des Gebäudes. Er wird durch klare ungefärbte Fenster mit Tageslicht versorgt. Blickfang im Innern ist ein großes Kreuz aus naturbelassenem Holz, das den Raum zu umarmen scheint, vor einer mit Klinkern verkleideten Backsteinwand. Der Raum kann mit Stühlen für bis zu 200 Besucher ausgestattet und mittels Schiebewänden um zwei anliegende Räume vergrößert werden. Altartisch, Lesepult und 12 Leuchter sind aus dem gleichen Holz wie das große Kreuz gearbeitet, ebenso die Jesusdarstellung und der Apostelfries im Foyer. Diese Gegenstände stammen aus der Werkstatt des Bildhauers Friedrich Press, der sich auf Sakralkunst konzentrierte. Das spitz zulaufende Dach des Feierraums ist innen mit Holz verkleidet und außen mit Kupferblechen gedeckt. Einen Glockenstuhl oder Turm gibt es nicht.

Geöffnete Orgel im Gottesdienstraum.

Seit dem Jahr 1992 verfügt das Gemeindezentrum über eine Orgel, die von einer Schule aus Schwalbach am Taunus gebraucht gekauft wurde. Dieses kompakte Kirchenmusikinstrument wurde von der Orgelbaufirma Gebr. Hillebrand aus Isernhagen hergestellt; es verfügt über 422 Pfeifen, 6 Register, ein Manual und ein Pedal.

Apostelfries im Eingangsbereich.
Christusdarstellung von Friedrich Press.

Im Foyer befindet sich eine von Press ausgeführte biblische Darstellung, bestehend aus dem Apostel- oder Jüngerfries und der Christusplastik, die nach dem Motto „Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen“ (Joh. 20,20) in einfachsten Formen aus dunkel gebeiztem kanneliertem Fichtenholz gefertigt wurde. Der Fries zeigt grob stilisiert die 12 Jünger vor einer weiß verputzten Wand. Die Figuren sind zwar individuell gestaltet, jedoch nicht durch übliches Zubehör wie Heiligenscheine, Schlüssel oder ähnliches gekennzeichnet. Sie blicken alle in eine Richtung – dahin, wo mit vier fast quadratischen Holzteilen ein Jesusbild den Kirchenbesucher zum genauen Betrachten animiert. Ein freundliches Gesicht, eine erhobene Hand mit dem Wundmal der Kreuzigung, ein quer ausgestreckter Arm und ein vereinfachter Rumpf bilden in der Gesamtheit ebenfalls ein Kreuz.

Um das Foyer gruppieren sich ein Wintergarten und weitere Gemeinde- und Funktionsräume, die ein Atrium mit kleiner Bepflanzung umschließen. Im südlichen Teil des Ensembles schließt sich ein Wohnhaus mit zwei Wohnungen an. Auf dem Flachdach des größten Gebäudeteils befindet sich eine 1998 in Betrieb genommene Photovoltaikanlage, die eine elektrische Leistung von etwa 10 kW erreichen kann. Die Finanzierung erfolgte durch 72.000 Euro aus Eigenspenden und einem Zuschuss von 32.000 Euro von der Bewag. Im Jahr 2002 wurde mit dem Einbau von elektronisch steuerbaren Heizkörpern in den Räumlichkeiten begonnen, und die Fassade des Wohnhauses erhielt eine Wärmedämmung.[3]

Abgesetzt von dem gegliederten ursprünglichen Gebäudekomplex steht ein einzelnes flaches Haus, das 1995 nachträglich gebaut wurde. Es dient als Jugend- und Freizeitstätte für benachteiligte Jugendliche.[3]

Öffentliches Auftreten der Gemeinde und Ausstellungen im Gebäude

Die Fennpfuhlgemeinde mischte und mischt sich auch in Politik ein. Beispielsweise übergab die Gemeindeleitung 1983 ein Schreiben an das ZK der SED, in dem die Nachrüstung der Staaten des Warschauer Pakts mit Mittelstreckenraketen verurteilt wurde.[3] In der Zeit der Wende trat die Kirche am Fennpfuhl am 23. Oktober 1989 durch eine gemeinsame Pressekonferenz oppositioneller Bürgergruppen in ihren Räumen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit. 150 Gedächtnisprotokolle von Betroffenen der Übergriffe von Staatssicherheit und Volkspolizei gegen Demonstranten und Unbeteiligte am 7. und 8. Oktober 1989 in Berlin wurden Journalisten aus mehreren Ländern ausgehändigt.[4] 1995 wurde dem Französischen Konsulat eine Unterschriftenliste gegen die Fortsetzung der französischen Atombombenversuche zugeleitet.[3]

Die Räume des Gemeindezentrums, vor allem der Wintergarten, werden seit langem für Ausstellungen der verschiedensten Art bereitgestellt. Es gab bereits Gemäldeausstellungen, Reisefotoberichte, Bastelarbeiten und Ausstellungen zu Umweltthemen zu sehen. Im Jahr 2005 fand eine Ausstellung gegen rechte Gewalt unter der Thematik „Motiv.Rechts II“ statt.[5]. Im Herbst 2009 wurden Malereien des Ecuadorianers Christian Conejo de la Torre gezeigt.[6]

Die Räumlichkeiten dienen einmal wöchentlich als Ausgabestelle für die Aktion Laib und Seele, einer Aktion der Berliner Tafel, der Kirchen und des rbb.[7] In regelmäßigen Abständen finden hier Blutspendeaktionen statt.[3]

Gemeindepartnerschaften

Ehemalige Kirche der niederländischen Partnergemeinde
Kirche der englischen Partnergemeinde

Bereits kurz nach ihrer Gründung knüpfte die evangelische Gemeinde am Fennpfuhl Kontakte mit der Trinitatis-Gemeinde in Münster (Westfalen), die später in feste Partnerschaftsbeziehungen übergingen.[8] 1987 wurden von der Gemeindeleitung Vereinbarungen mit der Protestantse Gemeente Borger aus den Niederlanden sowie 1996 mit der St. Margaret’s Church aus Barming in England zur Zusammenarbeit geschlossen.[9] Weitere Partnerschaften bestehen oder bestanden mit Gemeinden in Mönchengladbach und Anröchte.[3]

Gemeindearbeit

Die Gemeinde Am Fennpfuhl arbeitet heute eng mit der Gemeinde Alt-Lichtenberg, der ehemaligen Muttergemeinde, zusammen. Nahezu alle Gruppen treffen sich gemeinsam. Die Gemeindekirchenräte tagen zusammen, auch die Öffentlichkeitsarbeit wird gemeinsam organisiert. Ökumenische Kontakte gibt es zu den katholischen Gemeinden in den Ortsteilen des Bezirks Lichtenberg, vor allem zur St.-Mauritius-Gemeinde.

Literatur

  • Ernst Badstübner, Sibylle Badstübner-Gröger, Martin Dettloff: Kirchen in Berlin: Von St. Nikolai bis zum Gemeindezentrum „Am Fennpfuhl“. Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1987, ISBN 3374001718.
  • 20 Jahre Kirche Am Fennpfuhl. Hrsg.: Ev. Kirchengemeinde „Am Fennpfuhl“. Berlin 2004.

Weblinks

 Commons: Evangelisches Gemeindezentrum am Fennpfuhl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Liste von Kirchen im Bereich der EKBO
  2. Helmut Wilhelm, Werner Friederich: Evangelische Kirchengemeinde Am Fennpfuhl (Flyer), ca. 2000
  3. a b c d e f 20 Jahre Kirche Am Fennpfuhl, ...
  4. Bilder der Revolution - die Brutalität von Stasi und Volkspolizei wird öffentlich gemacht. In: Berliner Zeitung vom 23. Oktober 2009
  5. Bericht über Aktivitäten „gegen rechts“ im Bereich Fennpfuhl auf einer privaten Homepage; abgerufen am 13. Oktober 2009
  6. Information zur Bilderausstellung von Christian de la Torre; abgerufen am 14. Oktober 2009
  7. Information des „radio berlin brandenburg“; abgerufen am 14. Oktober 2009
  8. Infos zur Partnergemeinde in Münster: abgerufen am 13. Oktober 2009
  9. Informationen zu bestehenden Partnerschaften; abgerufen am 13. Oktober 2009
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