Hans Schweighart

Hans Schweighart

Johann Hans Schweighart (* 12. Juli 1894 in Allach bei München; † 1. Juli 1934 im KZ Dachau) war ein deutscher Fememörder und SA-Führer.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Jugend, Erster Weltkrieg und Nachkriegszeit

Schweighart war der Sohn eines Volksschullehrers. Nachdem er krankheitsbedingt das Gymnasium in der 8. Klasse verlassen hatte, trat er in die Bayerische Armee ein, aus der er im April 1914 als Unteroffizier entlassen wurde. Sein Plan, das Abitur nachzumachen und Medizin zu studieren, kam aufgrund des Ausbruches des Ersten Weltkriegs nicht mehr zustande. Stattdessen nahm er von 1914 bis 1918 am Krieg teil, in dem er 1916 zum Leutnant der Reserve befördert wurde. Nach Kriegsende gehörte Schweighart einige Wochen lang einer Abwicklungsstelle an, aus der er aufgrund von Konflikten mit den Arbeiter- und Soldatenräten ausschied. Am 1. Mai 1919 trat er in das Freikorps Epp ein. Anschließend wurde er in das bayerische Schützenregiment 41 aufgenommen, aus dem er im Oktober 1919 wegen Offiziersabbaus im Zusammenhang mit den Versailler Friedensbestimmungen entlassen wurde. Im November 1919 wurde er Mitglied des Freikorps Berthold im Baltikum, aus dem er aber wegen Differenzen mit Berthold wieder entlassen wurde. Ebenso schied er nach kurzer Zeit aus der Brigade Loewenfeld aus.

Nach einem längeren Lazarettaufenthalt in Hamburg kehrte Schweighart im Mai 1920 nach München zurück. Ohne einen höheren Schulabschluss oder eine reguläre Berufsausbildung fiel es ihm schwer, im zivilen Leben Fuß zu fassen: Er behalf sich, indem er allerlei Gelegenheitsaufgaben im Umfeld seiner Freunde aus dem Kreis der extremen politischen Rechten in Süddeutschland übernahm. Von Mai bis August 1920 arbeitete er im Referat für auswärtige Angelegenheiten des Bayerischen Ordnungsblocks. Zur selben Zeit war er in Waffenbergungsaktionen im Auftrag der Heim- und Reichswehr sowie in private Waffenschiebereien verwickelt. Außerdem betätigte er sich als Nachrichtenmann für das Münchener Wehrkreiskommando, das er mit Berichten über mögliche Waffenverräter und über Hitler-Veranstaltungen versorgte. Im Jahr 1920 arbeitete Schweighart zeitweise in dem Gerätelager der Reichswehr, für das damals der Hauptmann Ernst Röhm, der spätere Stabschef der SA, zuständig war, den er spätestens bei dieser Gelegenheit kennenlernte. Im selben Jahr beteiligte Schweighart sich an Waffentransporten, die von jungen Leuten aus dem Umfeld des so genannten Ordnungsblocks im Auftrag von Otto Braun durchgeführt wurden. Nach einer kurzen Beschäftigung bei seinem Freund German Böhm war er seit Anfang September 1920 ohne ständige Arbeit.

Tatsächliche und vermeintliche Verwicklungen in Fememorde

Am 6. Oktober 1920 ermordete Schweighart in München im Zuge eines so genannten Fememordes das neunzehnjährige Dienstmädchen Maria Sandmayr, weil diese gedroht hatte, beim Entwaffnungskommissar des Reiches ein verstecktes Waffenlager der Freikorpsbewegung auf dem Schloss ihres ehemaligen Dienstherren anzuzeigen. Sein Komplize bei der Tat, die durch Erdrosseln begangen wurde, soll sein Freund Otto Braun gewesen sein. Obwohl er offiziell als dringend tatverdächtig gesucht wurde, gelang es Schweighart mit Hilfe der von Ernst Pöhner geführten Münchener Polizei, die mit der völkischen Rechten sympathisierte, nach Österreich zu fliehen. Zu diesem Zweck hatte die Polizei ihm einen falschen Pass ausgestellt. In Österreich war Schweighart erneut in Waffengeschäfte verwickelt. Außerdem pflegte er enge Kontakte zu den Führern der österreichischen Heimwehren.

Erst mehr als ein Jahr nach der Ermordung Sandmayers konnte Schweighart im Dezember 1921 in Innsbruck verhaftet werden. Ein Verfahren gegen ihn kam nach seiner Auslieferung nach Bayern nicht mehr zustande: Grund hierfür waren zum einen die anhaltende Protektion durch die Münchener Polizei und zum anderen, dass die ebenfalls mit der völkisch-nationalistischen Rechten sympathisierende Staatsanwaltschaft die Einleitung eines Hauptverfahrens gegen ihn mit der fragwürdigen Begründung ablehnte, dass „eine volle [!] Aufklärung nach dem Ergebnis der Voruntersuchung nicht zu erwarten“ sei.[1]

Am 22. Dezember 1922 wurde Schweighart demzufolge wieder auf freien Fuß gesetzt. Auf Vermittlung von Ernst Röhm und Franz von Epp erhielt er eine Anstellung als Forstbediensteter bei Herzog Wilhelm Ludwig am Tegernsee, wo er nach Polizeiberichten nur wenige Stunden am Tag arbeitete und sich sonst amüsierte. Hofmann knüpft an den Umstand, dass Schweighart trotz des geringen Lohnes, den er für seine geringe Tätigkeit empfing, ein komfortables Leben führen konnte, die Folgerung, dass dieser weiterhin finanzielle Unterstützung von politischen Gesinnungsgenossen erhielt.[2]

Am 11. Juli 1924 wurde Schweighart erneut in Untersuchungshaft genommen, die aber schließlich außer Verfolgung gesetzt wurde. Anschließend arbeitete er bis zum Januar 1926 bei der Automobilvertretung von German Böhm. Im selben war wurde er wegen des Verdachtes 1921 den SPD-Politiker Karl Gareis ermordet zu haben, wiederum in Untersuchungshaft genommen. Nach seiner Freilassung verliert sich Schweigharts Spur für einige Jahre. 1932 ist er als Verkaufsleiter der Ford Autovertriebsgesellschaft nachweisbar.

Karriere in der NS-Bewegung und Tod

Um 1931 schloss Schweighart sich der Sturmabteilung (SA), der Parteiarmee der NSDAP, an, in der er als Duzfreund von Ernst Röhm rasch Karriere machte. Indizien sprechen dafür, dass er bis 1932 die Münchener Polizei als Spitzel mit Informationen über Partei-Interna versorgte.[3] Kurz nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ im Frühjahr 1933 wurde Schweighart als „Adjutant der SA“ in den Stab seines alten Freundes Franz von Epp aufgenommen, der nun Reichsstatthalter in München war. Nachdem er Epps Stab vom 10. April bis zum 15. Dezember 1933 angehört hatte, wechselte Schweighart als Adjutant in den Stab von Röhm.[4]

Am Morgen des 30. Juni 1934 wurde Schweighart zusammen mit Röhm und einigen Angehörigen seines Stabes im Rahmen der als Röhm-Putsch bekannt gewordenen politischen Säuberungswelle der Nationalsozialisten vom Frühsommer 1934 in Bad Wiessee verhaftet und ins Münchener Gefängnis Stadelheim verbracht. Nachdem Röhm dort am Abend des 1. Juli in seiner Zelle erschossen worden war, wurde Schweighart zusammen mit den SA-Führern Edmund Paul Neumayer, Erich Schieweck und Max Vogel ins Konzentrationslager Dachau überführt und dort am frühen Abend von einem SS-Erschießungskommando exekutiert.

Einzelnachweise

  1. Hoffmann: Verräter, S. 142.
  2. Ulrike Claudia Hoffmann: Verräter verfallen der Feme! Fememorde in Bayern in den zwanziger Jahren, S. 140.
  3. Andreas Dornheim: Röhms Mann für Ausland. Politik und Ermordung des SA-Agenten Georg Bell. Lit, Münster 1998, ISBN 3-8258-3596-0, S. 124.
  4. Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Bd. 28, S. 128.

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