Heiner Friedrich

Heiner Friedrich

Heiner Friedrich (* 14. April 1938 in Stettin) ist ein deutscher Kunsthändler, Galerist und Museumsgründer. Er war Initiator der Dia Art Foundation.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Heiner Friedrich wurde als Sohn des Metallwarenfabrikanten Harald Friedrich geboren. Er wuchs zuerst in Berlin, anschließend in der Beschaulichkeit des oberbayrischen Kirchberg auf. Zuerst interessierte er sich für Literatur. Er lernte durch seine erste Frau Six Friedrich 1962 den gleichaltrigen Franz Dahlem kennen, der ihn für die zeitgenössische Kunst begeisterte. Am 23. Juli 1963 eröffnete er mit Dahlem und seiner Frau Six in München die Galerie Friedrich & Dahlem. In Ausstellungen zeigt er die zu dieser Zeit unbekannten Minimal-, Land-Art- und Konzeptkünstler Joseph Beuys, Sigmar Polke, Gerhard Richter, Donald Judd, Michael Heizer, Cy Twombly, Walter De Maria und Andy Warhol.[1] [2]

München

In ihren Räumen in der Maximilianstraße 15, dann auch in einer neu gegründeten Filiale in Köln, präsentieren Heiner Friedrich und Franz Dahlem einem erstaunten Publikum – erstmals in Deutschland – einen Earth Room, einen Galerieraum, den Walter De Marias mit 50 cbm Erde angefüllt hatte (1968). Erstmals waren bei Friedrich & Dahlem 1964 die skripturaen „Kritzelzeichnungen” Twomblys[3] und die aus handelsüblichen Neonröhren entstehende Lichtkunst von Dan Flavin zu sehen (1968).[4] Im Juli 1964 fand eine Ausstellung mit vierzehn Bildern von Gerhard Richter statt.[5] Die aus verbogenen, lackierten Autoblechteilen geformten Schrottskulpturen von John Chamberlain, heute im Bestand vieler Museen, wurden in Deutschland erstmal von den beiden Galeristen gezeigt. Die aus rostigen, quadratischen Stahlplatten in serieller Reihung ausgelegten Bodenskulpturen Carl Andres sind heute im Bestand des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt am Main. „Baselitz, Polke und Palermo, damals noch unbekannt und praktisch unverkäuflich, zählten ebenfalls fest zum Galerieprogramm […]”[6]

1966 schied Dahlem aus der gemeinsamen Galerie aus und beriet den Darmstädter Kunstsammler Karl Ströherl, doch arbeiten die beiden Freunde weiterhin eng zusammen. Die Galeristen konnten Ströher für die Arbeiten von Joseph Beuys interessieren und stellten den ersten Kontakt zwischen Ströher und Beuys her. Durch Dahlems Beharrlichkeit und Friedrichs Draufgängertum wurden für die Sammlung Ströher fast alle in der Beuys-Ausstellung 1967 im Museum Mönchengladbach gezeigten Arbeiten erworben oder durch Beuys als Zugabe geschenkt, wodurch der Därmstadter Block Beuys (heute: Hessisches Landesmuseum Darmstadt) entstand. 1969 überzeugten sie Franz Meyer, den Block Beuys unter dem Titel Werke aus der Sammlung Ströher im Kunstmuseum Basel auszustellen.[7]

Dahlem und Friedrich waren die Initiatoren bei einem weiteren Großaquisition Ströhers: Anfang der 1960er Jahre legte sich der New Yorker Immobilienmakler Leon Kraushaar aus Lawrence, Long Island, eine umfangreiche Pop-Sammlung zu. Nach seinem Tod im September 1967 beschloss Kraushaars Witwe, die inzwischen erheblich im Wert gestiegene Sammlung mit über 160 Objekten komplett zum Verkauf anzubieten. Die beiden Münchner Galeristen flogen mit Ströher nach New York und machten den Erwerb perfekt. Die Sammlung umfasste sechs Bilder von Roy Lichtenstein, 21 Objekten von Claes Oldenburg, sechs Bildern und Objekte von Andy Warhol, 15 Bildern von James Rosenquist, 7 Bilder von Tom Wesselmann und weitere Arbeiten anderer amerikanischer Künstler, unter anderen von Jasper Johns und Walter De Maria. Dieser Teil der Ströher-Sammlung befindet sich heute im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt.[8]

1969 konnte Friedrich eine Ausstellung seines Hauskünstlers Franz Erhard Walther unter dem Titel Tagebuch im Museum of Modern Art, New York platzieren.

Einen Vorschlag Friedrichs, im Rahmen des Kunstprogramm zu den der Olympischen Spiele 1972 einen Vertikalen Erdkilometer von Walter De Maria zu installieren, wurde von der Münchner Stadtverwaltung abgelehnt. Die fruchtlosen Auseinandersetzungen mit den Behörden und die Erschöpfung, die sich durch den sich im monatlichem Rhythmus wiederholenden Ausstellungsbetrieb einstellte, ließen Friedrich alle Verbindungen und Verpflichtungen zu München auflösen. Kurz nach dem Scheitern der De-Maria-Installation flog er nach New York und ließ sich dort nieder.[9] Das Projekt des Vertikalen Erdkilometers wurde erst 1977 auf der Documenta 6 verwirklicht.

New York

Im gleichen Jahr eröffnete er in New York City, 141 Wooster Street in SoHo die Galerie Heiner Friedrich neu und blieb auch seinen Künstlern treu. Die erste Ausstellung war wieder Walther De Maria und dem Earth Room gewidmet, der sich als feste Installation unter dem Titel The New Yorker Earth Room seit 1977 in den Räumen befindet. Er wollte ”[…] dem hochtourig laufenden Ausstellungsbetrieb, in dem eine Schau die nächste jagte, […] etwas Bleibendes entgegensetzen.”[10]

1974 gründete Friedrich mit der Kunsthistorikerin Helen Winkler und seiner späteren Frau Philippa de Menil (* 1947 in Houston),[11] in New York die Dia Art Foundation, ein Projekt, das Friedrichs Konzeption dauerhaft sichern, die Künstler seines Kreises mäzenatisch unterstützen, Werke sammeln und Ausstellungen veranstalten sollte. Philippa de Menil war die Tochter und jüngstes Kind des texanischen Kunstsammlerpaares John und Dominique de Ménil, die mit den Aktien des Ölunternehmens Schlumberger Ldt. Milliadäre geworden waren. Philippa war die Tante des früh verstorbenen Künstlers Dash Snow.

Mit Friedrichs Ideen und Verbindungen und dem nie versiegenden Geld der De Menils entwickelte sich die Institution rasch zu einem New Yorker Großbetrieb im Kunstgeschäft. Gefördert wurden, neben dem Aufbau der Sammlung und den Ausstellungen, vor allem Projekte, „die wegen ihres Charakters oder ihrer Größe” nach kommerziellen Gesichtspunkten nicht zu verwirklichen waren.[12]

Für Walter De Maria wurde ein 75 Quadratkilometer großes Gelände bei Quemado in New Mexico gekauft um sein Installation Lightning Field mit 400 Edelstahlstäben zu errichten. Der minimalistischen Musiker und Komponist La Monte Young konnte in New York in einem Gebäude seine Klang-Architektur Dream House aufbauen. Als größte Projekte finanzierte die Dia Art seit 1977 Donald Judds Museum of the Pecos, zu dem, neben mehrerer Gebäuden in Marfa, Texas, 140 Hektar Weideland gekauft wurde, sowie James Turrells Land Art- und Lichtprojekt Roden Crater in Flagstaff, Arizona, wo ein 4,8 km² großes Gelände mit einem Krater erworben wurde.

1984 kam die Dia Art wegen des Kursverfalls der Schlumberger-Aktien in finanzielle Bedrängnis, Häuser und Bilder der Sammlung wurden verkauft, Unterstützungen und Projekte eingestellt. Die Künstler fühlten sich hintergangen, Judd drohte mit einer Klage. Heiner und Philippa Friedrich verloren ihre Position in der Geschäftsführung.[13]

Das Maximum

Auf einem 2500 m² großen Gelände im bayrischen Traunreut, in den ehemaligen Fabikhallen seines Vaters, eröffnete Friedrich 2011 mit unter dem Titel Das Maximum ein privates Kunstmuseum. In den Hallen werden Werke von Georg Baselitz, der deutschen Malerin Maria Zerres, von John Chamberlain, Walter de Maria, Andy Warhol und Imi Knoebel gezeigt. Sein Kollege Franz Dahlem ist beratend tätig. [14]

Heiner und Philippa Friedrich wohnen und arbeiten in New York.

Editionen

  • Georg Baselitz: Eine Woche. Mappe mit sieben Kaltnadelradierungen, Auflage 52 Exemplare, 1972

Literatur

  • Six Friedrich, Franz Dahlem (Bearb.): Sammlung 1968 Karl Ströher. Franz Dahlem, Galerie-Verein München, Neue Pinakothek, Haus der Kunst, Westflügel, München 1968

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Michael Kimmelman: The Dia Generation. In: The New York Times Magazine, 6. April 2003
  2. Lisa Zeit: Mann mit Mission und Vision - Der Galerist Heiner Friedrich wird siebzig Jahre alt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. April 2008
  3. Twombleys Serie hatte den Titel The Artist in the Northern Climate
  4. Der Titel von Flavins Lichtinstallation: Primary Structures.
  5. Dietmar Elger: Gerhard Richter, Maler, DuMont, Köln, 2002, S. 83
  6. Brita Sachs: Er brachte den Minimalismus nach München. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 31. Juli 2011
  7. Dieter Koepplin: Zum Ausstellen, Sammeln und Vermitteln des Werkes von Joseph Beuys. In: Joseph Beuys in Basel, Museum für Gegenwartskunst der Öffentlichen Kunstsammlung Basel und der Emanuel Hoffmann-Stiftung, Basel 2003, ISBN 3-7204-0150-2, S. 6
  8. Jean Christophe Ammann, Christmut Präger: Museum für Moderne Kunst und Sammlung Ströher, Schriften zur Sammlung des Museums für Moderne Kunst Frankfurt am Main, 1991, S. 37, S. 81
  9. Laura Weissmüller: Kein Wort zur Kunst. In: Süddeutsche Zeitung vom 8. Juli 2011
  10. KUNST: Zeit der Blindheit. In Der Spiegel 7/1985 vom 18. November 1985
  11. Das Paar heiratete 1978. Friedrich soll Philippa bereits Ende der 1960er Jahre auf einer Party in Los Angele kennen gelernt haben
  12. Grace Glueck: To Get His Museum, Opening in '92. In: The New York Times vom 3. Oktober 1989
  13. KUNST: Zeit der Blindheit. In Der Spiegel 7/1985 vom 18. November 1985
  14. Laura Weissmüller: Kein Wort zur Kunst. In: Süddeutsche Zeitung vom 8. Juli 2011

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