KZ-Außenlager Hailfingen-Tailfingen

KZ-Außenlager Hailfingen-Tailfingen
KZ-Außenlager Hailfingen-Tailfingen
48.5401378.863263
Außenlager (Deutschland)
Außenlager
Außenlager

Das KZ-Außenlager Hailfingen-Tailfingen war von November 1944 bis Februar 1945 eine Außenstelle des KZ Natzweiler-Struthof.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Sportplatz Tailfingen

Das Gelände des ehemaligen Militärflugplatzes liegt zwischen Gäufelden-Tailfingen und Hailfingen.

Nachtjägerflugplatz und KZ-Außenlager

1938 wurde mit dem Bau eines Militärflugplatzes begonnen. Er war als sog. Einsatzhafen I geplant, sollte aber ab 1944 als Fliegerhorst ausgebaut werden. Im Mai 1944 war er einsatzbereit. Die Bauarbeiten wurden durch verschiedene Firmen unter der Bauleitung der Organisation Todt durchgeführt. Eingesetzt waren ab 1942 u. a. sowjetische und französische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Ab September 1944 kamen zusätzlich etwa 350 Zwangsarbeiter aus Athen hinzu, von Februar bis März 1945 weitere 200 – 400 britische Kriegsgefangene.[1] Zur Fortsetzung der Arbeiten wurde am 25. September 1944 der Flugplatz Hailfingen ein Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof. Jedoch erst am 19. November 1944 traf ein Transport von 601 jüdischen Häftlingen aus dem KZ Stutthof bei Danzig ein. Deren Namen und Sterbedaten wurden im zentralen Nummernbuch des KZ Natzweiler festgehalten.[2]

Arbeits- und Lebensbedingungen

Die jüdischen Häftlinge wurden in einem umzäunten Hangar untergebracht. Die Häftlinge mussten in nahegelegenen Steinbrüchen Zwangsarbeit verrichten. Sie wurden zu Rodungsarbeiten und zum Ausbau der Start- und Landebahn und zum Bau von zwei Rollwegen eingesetzt. Weiterhin zur Beseitigung von Blindgängern.

Verbleib der Häftlinge und Toten

Aufgrund der katastrophalen Arbeits- und Lebensbedingungen starben dort nachweislich mindestens 186 Menschen. Anfangs wurden die Toten ins Krematorium nach Reutlingen und Esslingen gebracht, später in einem Massengrab auf dem Gelände verscharrt.

Mitte Februar 1945 wurden die Bauarbeiten abgebrochen und der Platz geräumt. Ein Transport ging nach Vaihingen an der Enz. Mindestens 48 der 111 Häftlinge, die am 13. Februar dorthin transportiert wurden, starben in den Wochen bis zum 6. April 1945. Die SS schaffte die Häftlinge, die sie für transportfähig hielt, wenige Tage vor der Befreiung von dort ins Außenlager des Konzentrationslagers Dachau nach Allach. Von dort wurden viele Häftlinge auf sogenannte Evakuierungsmärsche geschickt, die für viele Gefangene den Tod zur Folge hatten.

Ein letzter Transport verließ Hailfingen am 14. Februar 1945. Die bis dahin in Hailfingen gebliebenen 296 Häftlinge wurden nach Dautmergen deportiert; von ihnen starben dort nachweislich neun. Bis zur Befreiung starben in den nachfolgenden Lagern nachweislich 84 Gefangene. Von 267 Häftlingen sind inzwischen Todesdatum und Todesort bekannt. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die tatsächlichen Opferzahlen weit höher liegen. Das Schicksal von etwa 200 Häftlingen ist bis heute ungeklärt. Von 124 jüdischen Häftlingen weiß man, dass sie überlebt haben.

Am 2. Juni 1945 wurden die Toten des Massengrabes geborgen. Die Bewohner der umliegenden Ortschaften wurden mit den Toten konfrontiert und zum Teil von französischen Besatzungssoldaten misshandelt. Zwei Männer starben an den Folgen der Misshandlungen.

Am Tag darauf wurden 73 tote KZ-Häftlinge in Tailfingen beigesetzt. Zu ihrer Ehre wurden die Särge auf Militärlastwagen geladen und zum Friedhof Tailfingen gefahren, wo im Auftrag der französischen Besatzung ein Holzkreuz aufgestellt wurde.

Verbleib des Geländes

Informationstafel, 1988/1989
Mahnmal
Mahnmal - Detail

Das Gelände wurde nach dem Krieg als Gokart-Bahn und für Windhund-Rennen genutzt. Es wurde auch eine Wiederherstellung als Zivilflugplatz erwogen, aber nie durchgeführt.

Reste der Anlage wurden gem. § 2 des Denkmalschutzgesetzes als archäologisches Kulturdenkmal ausgewiesen, 2007 auf der Gemarkung Tailfingen, 2008 auf der Gemarkung Hailfingen. Da die Start- und Landebahn als „Geschützter Grünbestand“ ausgewiesen ist, ist sie verwildert und mit Wald bedeckt. Aufgrund der Tatsache, dass auf dem Gelände bis zum Jahr 2010 nur eine Hinweistafel steht, war dieses Außenlager bisher wenig präsent.

Auf dem Tailfinger Friedhof haben die Söhne von Ignac Klein in den 1960er Jahren einen Grabstein errichtet.[3]

1986 wurde die Grabstätte auf dem Tailfinger Friedhof neu gestaltet.

Als KZ-Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen wurde am 6. Juni 2010 am westlichen Ende des ehemaligen Flugplatzes ein Mahnmal für alle KZ-Haftlinge eingeweiht und im Tailfinger Rathaus eine Ausstellungs- und Dokumentationsstelle eingerichtet. Dafür entstand Ende 2008 ein Dokumentarfilm Das KZ-Außenlager Hailfingen/Tailfingen von Bernhard Koch in Zusammenarbeit mit Gegen Vergessen – Für Demokratie. Außerdem erschien 2008 im Metropol Verlag (Berlin) die Schrift Jeder Mensch hat einen Namen – Gedenkbuch für die 600 jüdischen Häftlinge des KZ-Außenlagers Hailfingen/Tailfingen von Volker Mall und Harald Roth.

Literatur

  • Dorothee Wein / Volker Mall / Harald Roth: Spuren von Auschwitz ins Gäu. Das KZ-Außenlager Hailfingen / Tailfingen. Verein Gegen Vergessen für Demokratie e.V. Sektion Böblingen / Herrenberg / Tübingen (Hrsg.). Markstein Verlag für Kultur- und Wirtschaftsgeschichte. Filderstadt 2007, ISBN 978-3-935129-31-2.
  • Dorothee Wein / Volker Mall / Harald Roth: Hailfingen, in : Benz/Distel (Hrsg.), Der Ort des Terrors, Bd. 6, C.H. Beck, München 2007, S. 99-103, ISBN 978-3-406-52966-6 (formal falsche ISBN)
  • Volker Mall / Harald Roth: "Jeder Mensch hat einen Namen" - Gedenkbuch für die 600 jüdischen Häftlinge des KZ-Außenlagers Hailfingen/Tailfingen, Metropol-Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-940938-39-8.

Weblinks

 Commons: KZ-Außenlager Hailfingen-Tailfingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. haGalil: [1] – Ein Bildungsangebot zur jüdischen Geschichte, Kultur und Religion sowie zur Schoah, Antisemitismus und Rechtsextremismus
  2. zeitreise-bb.de: [2] – Lebenserfahrungen, Kultur und Geschichte der Menschen im Landkreis Böblingen
  3. Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation, Bd.I, Bonn 1995, S. 36f., ISBN 3-89331-208-0

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