Kondominat Umstadt

Kondominat Umstadt

Das Kondominat Umstadt war ein Kondominat, über das die Kurpfalz und die Grafen von Hanau-Lichtenberg, später die Kurpfalz und die Landgrafschaft Hessen und folgend die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, gemeinsam die Herrschaft ausübten. Es lag im Bereich der heutigen Stadt Groß-Umstadt in Südhessen.

Inhaltsverzeichnis

Übersicht

Das Gebiet des Kondominats Umstadt hatte folgende Landesherren im Kondominat:

Zeitraum Herren 1 Herren 2 Herren 3 Herren 4 Bemerkungen
741(743)-766(?) Patronatsrecht Bistum Würzburg erstaunlicherweise 822 in einer Königsregeste nochmals bestätigt, obwohl damals schon dem Kloster Fulda zuerkannt[1]
766-1255 Herrschaft: Kloster Fulda Schenkung Pippin des III. an das Kloster [2]
ab Mitte 12. Jhh.-1255 Herrschaft: Kloster Fulda davon Hälfte als Lehen an Katzenelnbogen davon Hälfte als Lehen an Hagen-Münzenberg Beginn des Kondominiums
1255-1374 Herrschaft: Kloster Fulda davon Hälfte Eigenbesitz Kloster Fulda davon Hälfte Lehen an Herrschaft Hanau Hanau ist Erbfolger der Münzenberger, durch Ehe der Adelheid von Münzenberg mit Reinhard I. von Hanau. Das Katzenelnbogener Lehen verliert sich in der Geschichte
1374-1390 Herrschaft: Kloster Fulda davon Hälfte Besitz Kloster Fulda verpfändet an Herrschaft Hanau davon Hälfte als Lehen an Herrschaft Hanau 1390: Fulda verkauft an die Kurpfalz (Einlösung erst 1427, bis dahin ungeteiltes Pfand der Herrschaft Hanau)
1390-1427 Herrschaft Hanau ungeteiltes Pfand der Herrschaft Hanau, da Kloster Fulda seinen verpfändeten Anteil nicht auszahlt und die Kurpfalz nicht an das Kloster Fulda bezahlt
1427-1504 Herrschaft: Kurpfalz davon Hälfte Eigenbesitz Kurpfalz davon Hälfte als Lehen an Herrschaft Hanau (ab 1429 Grafschaft Hanau)
1504-1521 Herrschaft: Landgrafschaft Hessen 1504 in der Bayrischen Fehde erobert
1521-1567 Hälfte Kurpfalz Hälfte Landgrafschaft Hessen 1521: Grafschaft Hanau scheidet aus, wird mit 12.000 fl. und mehreren Ortschaften aus der Zent Umstadt, nämlich Harpertshausen, Kleestadt, Langstadt und Schlierbach abgefunden.[3]; 1549-1570 Hessischer Anteil an die Kurpfalz für 20.000 fl. verpfändet
1567-1626 Hälfte Kurpfalz ein Viertel Landgrafschaft Hessen-Darmstadt ein Viertel Landgrafschaft Hessen-Kassel durch Erbteilungen der Landgrafschaft Hessen; wohl 1567 lt. Testament der Hessen-Darmstadt'sche Anteil an die Herren von Diez - aber schon 1577 zurück gefallen[4] Die Zehnteinkünfte dienten bis 1603 dem letzten der Grafen von Dietz zur Versorgung in seiner Gefangenschaft. 1593-1594 verpfändet dann die Kurpfalz seine Hälfte für 20.000 fl. an Hessen-Darmstadt [5]
1626-1648 Herrschaft: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt Eroberungen in Folge des Dreißigjährigen Krieges
1648-1650 Hälfte Kurpfalz ein Viertel Landgrafschaft Hessen-Darmstadt ein Viertel Landgrafschaft Hessen-Kassel Wiedereinsetzungen nach dem Westfälischen Frieden
1650-1668 Hälfte Kurpfalz ein Viertel Landgrafschaft Hessen-Darmstadt ein Achtel Landgrafschaft Hessen-Kassel ein Achtel Hessen-Rheinfels tw. wird auch 1666 als Datum genannt[6] [7]
1668-1705 Hälfte Kurpfalz drei Achtel Landgrafschaft Hessen-Darmstadt ein Achtel Landgrafschaft Hessen-Kassel Rückgewinnung durch Gebietstausch, tw. wird auch 1708 als Datum genannt[8] [9]
1705-1803 Hälfte Kurpfalz Hälfte Landgrafschaft Hessen-Darmstadt Rückgewinnung durch Gebietstausch
ab 1803 ungeteilte Herrschaft: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt (ab 1806 Großherzogtum Hessen) Reichsdeputationshauptschluss von Anfang 1803, letzter Akt des untergehenden Heiligen Römischen Reiches und aufbauend auf dem im Juni 1802 zwischen Frankreich und Österreich vereinbarter Entschädigungsplan, der auf dem 1801 geschlossenen Friedensvertrag von Lunéville (Art. 7) fußte.
Ende des Kondominiums

Entstehung

741/743 erlangt das damals neugegründete Bistum Würzburg Patronatsrechte über Kirche (und Region)(Schenkung durch Karlmann), 766 bekommt das Kloster Fulda den Besitz der Umstädter Mark (Schenkung durch Pippin den Jüngern). Ein durch das Kloster Fulda zu gleichen Teilen vergebenes Lehensrecht an Katzenelnbogen und Münzenberg, gelingt nur den Münzenbergschen Nachfolgern Hanau zu allodisieren. Die Lehensrechte der katzenelnbogener werden späterhin nicht mehr erwähnt. Als Konrad IV. von Hanau sich 1373 für seine Wahl zum Fürstabt des Klosters Fulda hoch verschulden musste, hatte das gleich nach seinem Regierungsantritt in Fulda die Konsequenz, dass er versuchte, die eingegangenen Schulden aus dem Reichsstift Fulda zu refinanzieren. Schon 1374 verpfändet er deshalb die Burg Otzberg, die Stadt Hering und das Amt Umstadt für 23.875 Gulden an seinen Neffen, Ulrich IV. von Hanau. Dieser hatte schon die Hälfte von Umstadt als Lehen und damit jetzt auch kurzzeitig die andere Hälfte als Pfand. Kurfürst Ruprecht I. von der Pfalz erwarb dann 1390 von der Abtei Fulda deren Auslösungsrecht für das Pfand gegenüber Hanau, soweit es das Amt Umstadt betraf. Die Auslösung dieser Hälfte des Pfandes fand dann aber erst 1427 statt. Damit entstand ein Kondominat zwischen Hanau und der Pfalz in dem die Kurpfalz zwar Umstadt als Ganzes, aber Hanau wie unter dem Kloster Fulda die Hälfte der Stadt als Lehen besitzt. In einigen Orten (siehe nachfolgende Aufstellung) hatte die Kurpfalz aber nur die Zehnt inne, die übrigen Rechte lagen bei Hanau. Auf Seiten der Pfalz wurde das Gebiet auch als Oberamt Umstadt bezeichnet.

Bestand

Zu dem Gebiet des Kondominats gehörten (um 1521) folgende Orte[10]:

  • Brensbach
  • Der Hof, heute Ortsteil, Dorndiel: hier gehörte nur die Zehnt der Kurpfalz, alle anderen Rechte lagen bei Hanau; im Vergleich von 1521 schied Hanau hier aus.
  • Groß-Umstadt: Hauptort
  • Groß-Zimmern
  • Der Grünhecker Hof, heute Teil des Ortsteils Klein-Umstadt
  • Habitzheim
  • Harpertshausen: hier gehörte nur die Zehnt der Kurpfalz, alle anderen Rechte lagen bei Hanau; 1521 ging auch die Zehnt an Hanau-Lichtenberg
  • Hassenroth: 1521 dem Amt Otzberg der Kurpfalz zugesprochen
  • Der Hof Hausen
  • Heubach: 1521 dem Amt Otzberg der Kurpfalz zugesprochen
  • Kleestadt: hier gehörte nur die Zehnt der Kurpfalz, alle anderen Rechte lagen bei Hanau; 1521 ging auch die Zehnt an Hanau-Lichtenberg
  • Klein-Umstadt
  • Langstadt: hier gehörte nur die Zehnt der Kurpfalz, alle anderen Rechte lagen bei Hanau; 1521 ging auch die Zehnt an Hanau-Lichtenberg
  • Lengfeld: 1521 wieder dem Amt Otzberg der Kurpfalz zugesprochen
  • Nauses (gemeint ist wohl Ober-Nauses): 1521 dem Amt Otzberg der Kurpfalz zugesprochen
  • Nieder-Kainsbach
  • Ober-Klingen und Nieder-Klingen: 1521 dem Amt Otzberg der Kurpfalz zugesprochen
  • Raibach
  • Richen
  • Schaafheim: etwa seit dem 14. Jahrhundert (vorher Zent Ostheim), hier gehörte nur die Zehnt der Kurpfalz, alle anderen Rechte lagen bei Hanau. In dem Vergleich von 1521 ging dann auch die Zehnt von Schaafheim an Hanau-Lichtenberg
  • Schlierbach: hier gehörte nur die Zehnt der Kurpfalz, alle anderen Rechte lagen bei Hanau; 1521 ging auch die Zehnt an Hanau-Lichtenberg
  • Semd
  • Spachbrücken
  • Unrode: 1521 dem Amt Otzberg der Kurpfalz zugesprochen, im Dreißigjährigen Krieg wüst gewordenes Dorf, ehemals nahe Wiebelsbach gelegen,
  • Waldamorbach
  • Wiebelsbach: 1521 dem Amt Otzberg der Kurpfalz zugesprochen
  • Zeilhard

Umstrukturierung

1504 eroberte Landgraf Wilhelm II. von Hessen, der Mittlere, im Landshuter Erbfolgekrieg und im Auftrag des römisch-deutschen Königs Maximilian I. das Gebiet. Da in der Auseinandersetzung die Pfalz und die mit ihr verbündete Grafschaft Hanau-Lichtenberg unterlagen, hielt Wilhelm II. von Hessen das Gebiet zunächst besetzt und es dauerte bis zum Reichstag zu Worms 1521, um die Verhältnisse neu zu ordnen: Das Ergebnis war erneut ein Kondominat, diesmal zwischen der Landgrafschaft Hessen und der Kurpfalz, denen je die ideelle Hälfte des Kondominats zustand. Hanau schied aus der Gemeinschaft aus, erhielt dafür 12.000 Gulden und mehrere Ortschaften aus dem Kondominat, nämlich Harpertshausen, Kleestadt, Langstadt und Schlierbach. Der hessische und der pfälzische Anteil waren im 16. Jh. zeitweilig verpfändet, zeitweilig hatte auch die Pfalz den hessischen Anteil als Pfand inne. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Amt 1626 vom Kaiser an Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt als Kriegsbeute verschenkt. Ein Vertrag von 1650 stellte die alten Kondominatsverhältnisse wieder her.

Auflösung

1803 übernahm die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, das spätere Großherzogtum Hessen, das ehemalige Kondominat insgesamt.

Literatur

  • Archiv für Hessische Geschichte und Alterthumskunde, 3. Band, Darmstadt, 1844, S. 126 ff.
  • Willi Alter (Hrsg.): Pfalzatlas. Textband I. Speyer: Pfälzische Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 1964, S. 426.
  • Regenerus Engelhard: Erdbeschreibung der Hessischen Lande Casselischen Antheiles mit Anmerkungen aus der Geschichte und aus Urkunden erläutert . Teil 2. Cassel 1778. ND 2004, S. 806ff.
  • Ludwig Ewald: Historische Übersicht der Territorialveränderungen der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und des Großherzogthums Hessen . Darmstadt 1862, S. 452-456.
  • Peter Füßler: Die Mark Umstadt im Frühmittelalter. In: Der Odenwald. Zeitschrift des Breuberg-Bundes 33/3, 1986, S. 83–89.
  • Kreissparkasse für den Landkreis Dieburg in Groß-Umstadt (Hrsg.): Der Landkreis Dieburg. Landschaft, Geschichte, Kunst, Verwaltung, Wirtschaft. Zum 125jährigen Bestehen. 1960.
  • Magistrat der Stadt Groß-Umstadt (Hrsg.:): Ein Umstädter erzählt – Heimatforscher Georg Füßler und sein Umstadt. Geiger-Verlag, 1995.
  • Christian Leonhard Leucht: Europäische Staats-Canzley, Bd. 72-92.
  • Fried Lübbecke: Hanau Stadt und Grafschaft , S. 72ff
  • Johannes Sommer (Hrsg.): Dreizehn Jahrhunderte Kirche in Groß-Umstadt. Mit Beiträgen von H. M. Balz, Chr. Borck, J. Courtin, F. Krebs, M. Reith, S. Scholz, J. Sommer u. S. Volp. Königstein i. Ts. 1993 (= Die Blauen Bücher), ISBN 3-7845-5802-X.
  • F. P. Wundt: Umständliche Beschreibung des zwischen Churpfalz und Hessendarmstadt gemeinschaftlichen Oberamtes Umstadt. In: Vorlesungen der Churpf. physikalischökonomischen Gesellschaft in Heidelberg IV,2. Mannheim 1789.

Einzelnachweise

  1. Urkunde Kaiser Ludwig des Frommen vom 19. Dezember 822, indem er zwei andere Urkunden an das Bistum Würzburg mit Kirchen und Landschenkungen durch seine Vorgänger Karlmann und Pippin III., vgl. Regnum Francorum Online Urkunde WUB 087, 822-12-19 und Karolingische Schenkungen an das Bistum Würzburg bestätigt
  2. z.B. in Marianne Schalles-Fischer: Pfalz und Fiskus Frankfurt, Frankfurt am Main, 1969, S. 37 - Urkundenbuch Kloster Fulda, Nr. 43
  3. Ein Umstädter erzählt – Heimatforscher Georg Füßler und sein Umstadt, Hrg.: Magistrat der Stadt Groß-Umstadt, Geiger-Verlag, 1995
  4. L. Ewald Historische Übersicht der Territorial-Veränderungen der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und des Großherzogthums Hessen, Darmstadt, 1862, S. 4
  5. Johann Wilhelm Christian Steiner: Alterthümer und Geschichte des Bachgaus im alten Maingau. Wailandt, Aschaffenburg 1821. S. 131-133
  6. D. A. Friderich Büsching Neue Erdbeschreibung - Siebender Theil - welcher vom deutschen Reich den westphälischen, chur=rheinischen und ober=rheinischen Kreis enthält Schaffhausen, 1770, S. 1094
  7. Beiträge zur Statistik des Großherzogthums Hessen, 1. Band, Darmstadt, 1862, S. 44
  8. D. A. Friderich Büsching Neue Erdbeschreibung - Siebender Theil - welcher vom deutschen Reich den westphälischen, chur=rheinischen und ober=rheinischen Kreis enthält Schaffhausen, 1770, S. 1113
  9. Beiträge zur Statistik des Großherzogthums Hessen, 1. Band, Darmstadt, 1862, S. 44
  10. Johann Wilhelm Christian Steiner: Alterthümer und Geschichte des Bachgaus im alten Maingau. Wailandt, Aschaffenburg 1821. S. 131
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