- Charles Frédéric Gerhardt
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Charles Frédéric Gerhardt (* 21. August 1816 in Straßburg; † 19. August 1856 ebenda) war ein elsässischer Chemiker. Gerhardt war ein organischer Chemiker, er erkannte, dass die bislang benutzten Summenformeln in der organischen Chemie falsch waren, er verbesserte die Typentheorie (Typen: Wasserstoff, Halogenwasserstoff, Ammoniak, Wasser), er erkannte, dass sich die Siede- und Schmelzpunkte von organischen Verbindungen durch jede zusätzliche Methylengruppe gleichmäßig ändern.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Gerhardt studierte ab 1831 an der polytechnischen Schule in Karlsruhe, 1833 in Leipzig bei Erdmann, in Gießen bei Justus von Liebig und in Dresden.
Ab 1834 arbeitete er in der väterlichen Bleiweißfabrik. Er ging nach einem Streit mit seinem Vater zum Militär. Durch Geld von deutschen Freunden (vermutlich auch von Liebig) konnte er sich vom Militärdienst freikaufen, seinem Vater Geld übermitteln und bei Liebig in Gießen forschen (1836-1837). 1838 wurde er durch Vermittlung von Liebig Assistent bei Jean-Baptiste Dumas und César-Mansuète Despretz in Paris. Durch den befreundeten Auguste André Thomas Cahours wurde er anschließend Assistent im Laboratorium von Eugène Chevreul im Pariser botanischen Garten Jardin des Plantes. 1841 promovierte er, bestand die Lizentiatprüfung und wurde 1844 Titularprofessor für Chemie in Montpellier. 1844 lernte er auch Auguste Laurent kennen, mit dem er bis zu dessen Tod 1853 befreundet blieb. Aus Geldmangel kam die Ehe mit einer Frau aus Montpellier nicht zustande. Gerhardt heiratete 1844 schließlich Jane Sander, die Tochter eines Schotten.
1848 verließ er Montpellier und gründete in Paris seine École de chimie pratique („Schule für praktische Chemie“). 1855 wurde er Professor für Chemie an der École Polytechnique in Straßburg.
Wissenschaftliche Leistungen
Gerhardt hatte im Alter von achtzehn Jahren bereits Gesteinsproben auf Silikat untersucht.
Atomgewichte, Äquivalente
Im Jahr 1842 veröffentlichte er eine Abhandlung über chemische Äquivalente, die im Gegensatz zur Lehrmeinung stand.[1] Damals lagen die Äquivalentgewichte für die Atome C = 6, O = 8, S = 16, Ca = 20. Da Wasserstoff noch als einatomiges Gas angesehen wurde, stellte Gerhardt Abweichungen beim Avogadroschen Gesetz für organischen Molekülen in der Gasphase fest. Er nahm an, dass organische Moleküle im Gas zwei Volumenteile benötigen würden. Ferner schrieb Gerhardt, dass ein Großteil aller älteren Formeln für organische Moleküle falsch sei, die Formeln müssten halbiert werden. Vor 1845 gebrauchte Gmelin die Summenformeln C2O4 (Kohlendioxid), S2O4 (Schwefeldioxid), für Anilinhydrochlorid gab August Wilhelm von Hofmann (1842) die Formel C12H14N2 + H2Cl2 an.
Gerhardt forderte die Atomgewichte C = 12, O = 16, S = 32.[2] Da Gerhardt den Begriff des Äquivalents falsch gebrauchte und auch für Metalloxide falsche Atomgewichte ansetzte, wurden seine Ideen von anderen Chemikern abgelehnt.
Durch eine Ausarbeitung von Auguste Laurent, der Wasserstoff, Sauerstoff, Chlor, Stickstoff als zweiatomige Gase betrachtete und diese zweiatomigen Gase als Moleküle bezeichnete, konnten die Dichten, die Molekülmassen und Summenformeln von organischen Molekülen richtig bestimmt werden.
Die richtige Schreibweise für Summenformeln bürgerte sich erst ab 1850 in Zeitschriften und Büchern ein.
Resttheorie, Basizitätsgesetz, Typentheorie
In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zur Theorie der Reaktionen von organischen Stoffen unterstützte Gerhardt die Kerntheorie von Laurent. Er ergänzte die Kerntheorie bezüglich der Resttheorie. Bei Abspaltungen aus organischen Molekülen, die im Kohlenstoff-Kern konstant bleiben, treten stabile anorganische Verbindungen wie Wasser, Ammoniak, Chlorwasserstoff, Kohlendioxid aus. Die Atomkomplexe des Kohlenstoffs (die Reste) bleiben dabei intakt. Da noch keine exakten Strukturformeln für organische Moleküle bekannt waren, ging Gerhardt davon aus, dass die abgespaltenen Reste im engen Verband im Molekül im Zusammenhang stehen. Er nahm also mehrere Formeln für ein Molekül an.
Gerhardt erkannte auch, dass das austretende Element bei einer chemischen Reaktion dem eintretenden Element in stöchiometrischer Menge entsprechen muss (z. B. Umsetzung von Ethanol zu Ethylbromid, Restgruppe: Wasser, Eintrittsgruppe: Bromid). Neben der Substitution erkannte er auch bei der Addition gesetzmäßige Zusammenhänge. Bei der Einwirkung von Schwefelsäure oder Salpetersäure auf organische Verbindungen (z.B. Alkohole, Kohlenwasserstoffe) konnte er veränderte Eigenschaften dieser Stoffe nachweisen. Diese Erkenntnisse führten zum sogenannten Basizitätsgesetz. Die Basizität gepaarter Verbindungen ist gleich der Summe der Basizitäten sich paarenden Körper, weniger eins. Die Basizität war damals mit der Zahl der abspaltbaren Wasserstoffatome einer Säure identisch. Schwefelsäure hatte die Basizität von zwei. Bei Verbindung zu einer organischen Sulfonsäure lag die Basizität der Sulfonsäure nur noch bei eins.
In seiner Typentheorie, die eine Ergänzung der Ideen von Jean Baptiste Dumas war, vertrat Gerhardt die Auffassung, dass es vier Typen geben müsste: Wasserstoff (H-H), Halogenwasserstoff (H-Cl), Wasser (H-O-H), Ammoniak (NH3). Durch Ersatz eines Wasserstoffatoms lassen sich vier Typen von Verbindungen ableiten. Durch Verdopplung einzelner Typen lassen sich auch gemischte Typen erzeugen.
Analysen und Synthesen
Mit Cahours entdeckte Gerhardt 1841 im Kümmelöl den organischen Stoff Cymol, das Dumas bereits im Jahr 1832 aus Kampfer synthetisiert hatte. Im Jahr 1842 entdeckte Gerhardt das Chinolin im Chinin. 1843 stellte Gerhardt das Acetanilid aus Acetylchlorid und Anilin her. Er synthetisierte nun viele weitere Anilide, d.h. Amide die als Aminogruppe das Anilin enthalten. Beim Erhitzen von Salicylsäure finden Gerhardt und Laurent das Hydroxyphenyl, das sie Phenol nennen. Die Salicylsäure konnte von ihm auch acetyliert werden, so dass Acetylsalicylsäure entstand. 1849 synthetisieren Laurent und Gerhardt aus Phenol und Phosphorpentachlorid das Chlorbenzol. 1852 entdeckt Gerhardt wasserfreie Säuren, die Säureanhydride, in der organischen Chemie. Im gleichen Jahr prägte Gerhardt den Begriff Acetyl als er das Acetylchlorid aus Kaliumazetat und Phosphortrichlorid dargestellt hatte. Mit dem Acetylchlorid konnten nun viele Amide, Diamide in der organischen Chemie hergestellt werden.
Zusammen mit Laurent vertrat Gerhardt die Auffassung, das Atome auch in organischen Molekülen verschiedene Wertigkeiten besitzen und Stoffumsetzungen in chemischen Gleichungen auszudrücken sind.
Gerhardt führte 1843 den Begriff der Homologen Reihe ein.
Gerhardt hat auch ein Lehrbuch für Organische Chemie geschrieben.
Literatur
- Prof. Max Bloch: Gerhardt und Laurent, In: Das Buch Der Grossen Chemiker von Günther Bugge, Band 2, Verlag Chemie, Weinheim 1974, S. 92 ff. , ISBN 3-527-25021-2
Literaturstellen
Weblinks
- Digitalisierte Werke von Gerhardt - SICD der Universitäten von Strasbourg
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