- Luigi Berlinguer
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Luigi Berlinguer (* 25. Juli 1932 in Sassari, Sardinien) ist ein italienischer Rechtshistoriker und Politiker (PD, ursprünglich PCI). Seit der Europawahl 2009 ist er Mitglied des Europäischen Parlaments in der Fraktion S&D. Zuvor war er unter anderem von 1985 bis 1994 Rektor der Universität Siena und von 1996 bis 2000 italienischer Bildungsminister. Luigi Berlinguer ist ein Cousin von Enrico Berlinguer.
Inhaltsverzeichnis
Laufbahn
Karriereanfang bis 1968
Nach einem Studium der Rechtswissenschaft, das er 1955 mit Bestnote beendete, war Berlinguer ab 1959 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Sassari tätig und forschte unter anderem über Domenico Alberto Azuni und die Geschichte des See- und Handelsrechts. Zugleich engagierte er sich schon während seines Studiums politisch. Ab 1952 war er Vorsitzender der Federazione giovanile comunista, der Jugendorganisation der Kommunistischen Partei Italiens (PCI); 1956 wurde er in das sardinische Provinzialparlament, 1963 in das italienische Parlament (Camera dei deputati) gewählt. Hier war er unter anderem im Ausschuss für Verfassungsfragen tätig, wo er sich vor allem für eine Schul- und Universitätsreform einsetzte.
Wissenschaftliche Laufbahn 1968 bis 1993
1968 schied Berlinguer aus dem Parlament aus, um eine Professur für die Exegese der italienischen Rechtsquellen an der Universität Sassari zu übernehmen. Von 1969 bis 1970 war er an der Universität Siena, kehrte dann aber nach Sassari zurück, wo er einen Lehrstuhl übernahm. 1972 wurde er Dekan der Juristischen Fakultät, wo er sich für die Einführung eines neuen Studiengangs in Politikwissenschaft einsetzte.
1973 nahm Berlinguer erneut einen Ruf nach Siena an, wo er den Lehrstuhl für die Exegese der italienischen Rechtsquellen sowie ab 1988 auch für italienische Rechtsgeschichte übernahm und ein neues Institut für Politikwissenschaft gründete, das er von 1984 bis 1987 leitete. Von 1975 bis 1982 war er Abgeordneter der PCI im Regionalparlament der Toskana. Zudem leitete er von 1971 bis 1984 die Zeitschrift Democrazia e diritto, in der er sich für eine Verwaltungsreform einsetzte. Aufgrund dieser Erfahrung war er 1982 bis 1985 auch Vorsitzender der parteiinternen Kommission für die Reform der öffentlichen Verwaltung.
1985 wurde Berlinguer zum Rektor der Universität Siena gewählt, ein Amt, das er bis 1994 beibehielt. Ab 1986 war er zudem Mitglied der Ministeriellen Kommission für Hochschulentwicklung, ab 1989 Generalsekretär der italienischen Hochschulrektorenkonferenz. In diesen Ämtern übte er Einfluss auf die Modernisierung und Europäisierung des italienischen Hochschulsystems und der Erweiterung der Hochschulautonomie aus. Zugleich setzte er seine wissenschaftliche Tätigkeit fort und publizierte mehrere Werke, die sich nun vor allem mit politikwissenschaftlichen und rechtspolitischen Fragen beschäftigten.
Politische Laufbahn ab 1993
1993 gab Berlinguer die Leitung der Universität Siena auf, um italienischer Hochschul- und Forschungsminister im Kabinett von Carlo Azeglio Ciampi zu werden, trat allerdings nur wenige Tage nach Amtsantritt aus Protest gegen eine Parlamentsentscheidung im Zusammenhang mit der Affäre Mani pulite zurück. Bei den Wahlen 1994 gewann er als Spitzenkandidat der Liste der Linksdemokraten (der Nachfolgepartei der PCI) in der Toskana einen Sitz in der Camera dei deputati, der er bis 2001 angehörte. Nachdem er zunächst bis 1996 Mitglied im Ausschuss für Verfassungsfragen war, war er von 2000 bis 2001 Vorsitzender des Ausschusses für Europapolitik.
Von 1996 bis 2000 war Berlinguer in den Regierungen unter Romano Prodi sowie unter Massimo D'Alema italienischer Bildungsminister. Dabei setzte er sich für umfangreiche Reformen der italienischen Bildungs- und Forschungslandschaft ein, um der zunehmenden internationalen Vernetzung und der Bedeutung der Bildung für die Wirtschaft gerecht zu werden. 1997 setzte er eine weitreichende Schulreform durch, die als Berlinguer-Reform bekannt wurde. Dabei wurden unter anderem verschiedene Schultypen zusammengefasst und eine Art Berufsschule als Alternative zur regulären Schulbildung eingeführt. Die Reform war allerdings umstritten, da sie nach Ansicht der Kritiker zu höheren Abbrecherquoten führte, da Schüler die reguläre Schule verließen, ohne tatsächlich ihre Ausbildung in der Berufsschule fortzusetzen; 2003 wurde das italienische Schulsystem daher erneut grundlegend reformiert. 1999 unterzeichnete Berlinguer zusammen mit dem deutschen, französischen und britischen Bildungsminister die Sorbonne-Erklärung, die den Bologna-Prozess zur Schaffung eines Europäischen Hochschulraums vorbereitete.
2001 wurde Berlinguer in den Senato della Repubblica gewählt, in dem er dem Bildungs- und dem Europaausschuss angehörte. Im Folgejahr wurde er zudem vom Parlament als Mitglied des Consiglio Superiore della Magistratura, des Selbstverwaltungsorgans der italienischen Justiz, gewählt, dem er bis 2006 angehörte. Dabei setzte er sich insbesondere für die Gründung des europäischen Netzwerks der juristischen Selbstverwaltungsorgane ein, dessen erster Präsident er von 2004 bis 2007 war.
Bei der Europawahl in Italien 2009 wurde Berlinguer als regionaler Spitzenkandidat des Partito Democratico, der Nachfolgepartei der Linksdemokraten, in das Europäische Parlament gewählt. Hier ist er stellvertretender Vorsitzender im Rechtsausschuss sowie Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu Indien.
Auszeichnungen
Berlinguer wurde mit mehreren Ehrendoktorwürden ausgezeichnet, unter anderem von der Universität Toronto, der Universidad Nacional de La Plata, der Universität Paris V, der Universidad de Buenos Aires und der Università degli studi Roma Tre. Zudem erhielt er mehrere politische Ehrungen, unter anderem den Verdienstorden der Italienischen Republik (1992), das deutsche Bundesverdienstkreuz (1998) und den Orden der französischen Ehrenlegion (2005).
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