Novum (Unternehmen)

Novum (Unternehmen)

Die Novum Handelsgesellschaft war ein Außenhandelsunternehmen der DDR. Im Auftrag der SED organisierte sie Geschäfte zwischen volkseigenen Betrieben und Unternehmen im westlichen Ausland.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Wirken

Die am 31. Mai 1951 in Ost-Berlin gegründete Handelsgesellschaft diente zunächst dem Zweck, für die DDR Waren am Wirtschaftsembargo westlicher Staaten vorbei zu besorgen.[1] Später war sie als Teil des Bereichs Kommerzielle Koordinierung[2] für die Beschaffung westlicher Devisen verantwortlich. Hierfür organisierte sie Geschäfte zwischen DDR-Betrieben und Firmen in der Bundesrepublik, Österreich und der Schweiz. In den knapp 40 Jahren ihres Bestehens erwirtschaftete das Unternehmen hohe Provisionsgewinne. Auf einige Konten der Novum hatte nur die DDR Zugriff, ein Großteil der Novum-Erlöse floss in die Staatskasse der DDR oder diente zur Finanzierung von Spionageoperationen des Ministeriums für Staatssicherheit.[3]

Zur Wende verfügte die Novum GmbH über ein Vermögen von rund einer halben Milliarde DM auf Konten in Österreich und der Schweiz.[4]

Juristische Auseinandersetzungen nach 1990

Nach dem Auffinden von Treuhanderklärungen vom 16. März 1978 sowie aus dem Jahr 1983, die die SED-Firma VOB Zentrag als Novum-Inhaber benannte, übernahm im Januar 1992 die Treuhandanstalt die Verwaltung der Novum GmbH und ließ die Konten der Firma einfrieren.[5][3]

Hieraufhin verklagte die Geschäftsfrau Rudolfine Steindling die Treuhand-Nachfolgerin Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin. Sie gab an, mit dem Erwerb von Novum-Anteilen seit April 1983 Alleingesellschafterin der Novum im Auftrag der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) gewesen zu sein und erhielt am 12. Dezember 1996 in erster Instanz Recht.[6]

In zweiter Instanz stellte das Oberverwaltungsgericht jedoch fest, dass die Novum GmbH nicht - wie von der Klägerin angegeben - im Besitz der KPÖ stand, sondern auf Grund von Treuhandvereinbarungen zum SED-Vermögen zu zählen ist.[7] So entschied das Gericht, dass Novum ab 1983 nur zum Schein von Steindling geführt wurde, um SED-Vermögen ins Ausland zu transferieren.[8] Damit fiel das verbliebene Guthaben von 255 Millionen Euro der Bundesanstalt zu.[9] Die Revision war unter anderem deshalb möglich geworden, weil ein Anwalt der Novum Informationen über die Fälschung bzw. Vernichtung von Beweismaterialien geliefert hatte, mit dem Ziel die ausgelobte Belohnung für das Auffinden von SED-Parteivermögen zukassieren.[10] Weitere Revisionen wurden nicht zugelassen.[11] Vor Inkrafttreten des Urteils wurden hohe Geldbeträge von Firmenkonten überwiesen, sodass nur ein Teil des Vermögens sichergestellt werden konnte. Man einigte sich in einem Vergleich auf die Zahlung von 106 Millionen Euro sowie den Erlösen aus Rücklagen, sodass die Bundesanstalt insgesamt 120 Millionen Euro erhielt, welche an die neuen Bundesländer ausgezahlt wurden.[12]

Am 27. März 2010 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich die Unicreditbank Austria zur Zahlung von 230 Millionen Euro an die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Diese hatte geklagt, da die Bank Steindling Anfang 1992 umgerechnet rund 128 Mio. Euro aus dem Novum-Besitz ausgezahlt hatte, obwohl sich die Firma zu diesem Zeitpunkt bereits unter Verwaltung der Treuhand befand.[13] Die Richter urteilten, dass die Banker bei der Auszahlung fahrlässig gehandelt habe und die entsprechende Summe nebst 5% Zinsen p. a. daher von der Bank zu ersetzen seien.[14] Über einen Berufungsantrag der Bank Austria ist noch nicht entschieden.[15]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Novum-Prozess: Die „rote Fini“ arbeitete für die SED. In: Die Welt, 24. September 2003.
  2. Liste der KoKo-Firmen in: DDR-Lexikon.
  3. a b Für die Rote Fini war Novum eine KPÖ-Firma - Widersprüchliche Aussage im Millionenprozess. In: Berliner Zeitung, 9. April 2003
  4. Rotgeld. In: Der Tagesspiegel, 27. November 2001
  5. Drucksache 15/1777 (PDF), Deutscher Bundestag, S. 10.
  6. Vgl. Urteil des Verwaltungsgericht Berlin vom 12. Dezember 1996 (VG 26 A 789.92).
  7. Vgl. Urteil des Oberverwaltungsgericht vom 23. September 2003 (OVG 3 B 12.96 Novum).
  8. Alexander Smoltczyk: Die Stimme von drüben. In: Der Spiegel. Nr. 3, 2003, S. 63 (online).
  9. Der Bundesrepublik steht das Novum-Vermögen zu In: Wirtschaftswoche.
  10. SED-Parteigelder: Durchgesehen und bereinigt. In: Der Spiegel. Nr. 48, 2001 (online).
  11. Vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Oktober 2004 (BVerwG 6 B 6.04).
  12. Vgl. MDR: Ost-Länder erhalten 120 Millionen aus SED-Vermögen.
  13. Vgl. Tagesschau 27. März 2010: Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich: Bank soll SED-Millionen zurückzahlen (nicht mehr online verfügbar).
  14. Causa Novum: DDR-Tarnfirma bringt Bank Austria unter Druck. In: Der Standard, 1. April 2010
  15. Fall Novum: Bank Austria beruft im Streit um DDR-Millionen. In: Der Standard, eingesehen am 13. Juni 2010.

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