Rudolf Wagner (Politiker)

Rudolf Wagner (Politiker)

Rudolf Wagner (* 18. Juli 1911 in Duliby bei Stryj in Galizien[1]; † 27. April 2004) war ein deutscher Historiker, Vertriebenenfunktionär und bayerischer Landespolitiker.

Leben

Mit seinen Eltern übersiedelte er nach dem Ersten Weltkrieg in das ehemalige Kronland, die Bukowina, welche nach 1918 durch Rumänien annektiert geworden war. Nachdem er seinen Militärdienst in der rumänischen Armee absolviert hatte, wurde er von der deutschen Volksgruppenführung der Bukowinadeutschen 1934 zum Studium nach Marburg geschickt, wo er auch Mitglied des NS-Studentenbundes wurde.[2] Er war ebenfalls Mitglied der NSDAP.[3]

Wagner promovierte 1938 über Die ukrainisch-reformatorische Bewegung in Ostgalizien. Ihre völkischen, geistesgeschichtlichen und philosophischen Grundlagen. Er nahm 1938 eine Stelle am Wannsee-Institut, einer Dienststelle des Reichssicherheitshauptamtes, in Berlin an und wurde Mitglied der SS.[4] Er gehörte der Umsiedlungskommission an, die 1940 die Bukowinadeutschen in Westpolen ansiedelte. Von Dezember 1940 bis März 1941 war er als Unterscharführer dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD (BdS) in Paris unterstellt und absolvierte im April 1941 den 14. Führerlehrgang der SS.[2] Von Mai bis November 1941 war er dem BdS in Belgrad zugeteilt,[4] wo er die Aufgabe hatte, Emigranten, Saboteure, Terroristen, Kommunisten und Juden nach der militärischen Niederlage Jugoslawiens „sicherzustellen“.[2] Nach einer schweren Kriegsverletzung kehrte er 1944 ins Reichssicherheitshauptamt zurück.[3]

Wagner war u. a. gemeinsam mit dem ehemaligen SS-Sturmbannführer Erik von Witzleben und Walter von Keudell, Unterzeichner der Charta der deutschen Vertriebenen 1950. Er gab nach dem Krieg die Zeitschrift Der Buchenlanddeutsche (später: Südostbote) heraus. Wagner wurde am 9. Oktober 1949 Sprecher der Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen und zog ins Präsidium des Bundes der Vertriebenen (BdV) ein. Er wurde nach dem Krieg für den BHE in den Bayerischen Landtag gewählt, wo er von 1954 bis 1958 Abgeordneter war. Er lehrte an der Münchner Hochschule für politische Wissenschaften und war Ehrendoktor der Nationaluniversität Czernowitz.[5] Wagner, der „grauen Eminenz der Bukowiner“, gelang es seine Verstrickung in der NS-Zeit zu verheimlichen.[3]

Am 2. September 2000 wurde ihm zusammen mit Herbert Hupka, Friedrich Walter und Rudolf Wollner die Ehrenplakette des Bundes der Vertriebenen verliehen. Auf der Gedenkfeier des BdV am Folgetag anlässlich des 50. Jahrestags der Unterzeichnung der Charta der Vertriebenen bezeichnete die Vorsitzende Erika Steinbach Wagner als „Mann der ersten Stunde“[6] und Bundeskanzler Gerhard Schröder würdigte ihn als den damals letzten noch lebenden Unterzeichner der Charta.[2][7]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.welt.de/print-welt/article374682/Politik_statt_Rache_Rudolf_Wagner_und_die_Charta_der_Vertriebenen.html
  2. a b c d Erich Später: „Gez. NSDAP, SA und SS“, in: konkret, Heft 04 2004.
  3. a b c Peter Carstens: Bis zur Harmlosigkeit verstrickt, Frankfurter Allgemeine, 20. Februar 2010
  4. a bBuchenland-Deutscher mit dunkler Vergangenheit“, Münchner Merkur, 27. Dezember 2006
  5. Luzian Geier: „Buchenländer, wie es in viele Büchern steht“, Nachruf
  6. Erika Steinbach: Zehn Jahre Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Bund der Vertriebenen, Bonn 2008 Seite 14 (40 Seiten pdf)
  7. Buchenland-Deutscher mit dunkler Vergangenheit. Münchener Merkur, 27. Dezember 2006, abgerufen am 24. August 2010.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Rudolf Wagner — ist der Name folgender Personen: Rudolf Wagner (Mediziner) (1805–1864), deutscher Anatom und Physiologe Rudolf Wagner (Musiker) (1884–1959), österreichischer Musiker Rudolf Wagner (Brauereibesitzer) (1908–1981), deutscher Unternehmer Rudolf… …   Deutsch Wikipedia

  • Wagner (Familienname) — Wagner ist ein deutscher Familienname. Herkunft und Bedeutung Berufsname vom Beruf des Wagners (Wagenmachers). Varianten Im niederdeutschen Raum verbreitete Varianten sind Wegner und Wegener. Daneben gibt es noch die Varianten Wahner, Wehner und… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Wilhelm Wagner (Politiker) — Friedrich Wilhelm Wagner (* 28. Februar 1894 in Ludwigshafen am Rhein; † 17. März 1971 ebenda) war ein deutscher Jurist und Politiker (SPD). Er war von 1961 bis 1967 Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Otto Wagner (Politiker) — Otto Heinrich Ludwig Wagner (* 4. Oktober 1877 in Reichenhausen, Kreis Bad Salzungen; † 1. Dezember 1962 in Jena) war ein deutscher Politiker. Leben Otto Wagner, der einer Leineweberfamilie entstammte, widmete sich nach abgelegtem Abitur einem… …   Deutsch Wikipedia

  • Rudolf Hennig (Abgeordneter) — Rudolf Hennig (* 11. März 1895 in Danzig; † wahrscheinlich 11. Oktober 1944 im KZ Sachsenhausen) war ein deutscher Handwerker und Politiker (KPD). Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Literatur 3 …   Deutsch Wikipedia

  • Rudolf Albert Scharping — (* 2. Dezember 1947 in Niederelbert, Westerwald) ist ein deutscher Politiker (SPD) und Sportfunktionär. Rudolf Scharping Juni 2005 Er war von 1991 bis 1994 Ministerpräsident des Landes …   Deutsch Wikipedia

  • Rudolf Kinder — (lit. Rudolfas Kinderis, * 17. Februar 1881 in Prenen; † 13. März 1944 in Ostpreußen) war ein Politiker der deutschen Minderheit in Litauens Hauptstadt Kaunas. Die Abgeordneten des Seimas 1926 …   Deutsch Wikipedia

  • Wagner [2] — Wagner. Gelehrte: 1) Moriz, Reisender und Naturforscher, Bruder von W. 4), geb. 3. Okt. 1813 in Bayreuth, gest. 30. Mai 1887 in München, kam als Kaufmann nach Algerien, studierte dann 1833–1836 in Erlangen und München Naturwissenschaften,… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Rudolf Gradinger — (* 13. Juni 1923 in Wien; † 23. August 2004 in Fürstenfeld) war ein österreichischer Politiker (ÖVP) und Fernmeldetechniker. Gradinger war von 1961 bis 1964 Abgeordneter zum Burgenländischen Landtag und von 1971 bis 1979 Abgeordneter zum… …   Deutsch Wikipedia

  • Rudolf Pechel — (* 30. Oktober 1882 in Güstrow; † 28. Dezember 1961 in Zweisimmen, Kanton Bern, Schweiz) war ein deutscher Journalist und Widerstandskämpfer gegen das NS Regime. Inhaltsverzeichnis 1 Ausbildung und erste Berufsjahre …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”