- Christophe-Philippe Oberkampf
-
Christophe-Philippe Oberkampf (eigentlich Christoph Philipp Oberkampf; * 11. Juni 1738 in Wiesenbach, heute zu Blaufelden im Landkreis Schwäbisch Hall; † 4. Oktober 1815 in Jouy-en-Josas bei Versailles) war ein französischer Tuchfabrikant und Textildrucker deutscher Herkunft.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Bereits Oberkampfs Vater Philipp Jakob Oberkampf (1714-1781) war als Färber und Kattundrucker mit der Familie in die Schweiz gezogen und betrieb eine Indienne-Manufaktur in Aarau, später in Othmarsingen bei Lenzburg; auch andere Familienmitglieder waren in diesem Gewerbe tätig.
Schon als Elfjähriger wird Christophe-Philippe nach Basel und Mülhausen im Elsass zu Kattunfabrikanten in die Lehre geschickt.
1758 geht er gemeinsam mit seinem Bruder Friedrich nach Paris, wo beide zunächst als Graveure arbeiten. Bereits vierzehn Monate später wird er Leiter einer Indienne-Fabrik in Jouy-en-Josas bei Versailles, die er 1759 mit einem französischen Teilhaber als Sarrazin-Demaraize, Oberkampf & Co übernimmt. Die Firma wird nach und nach ausgebaut und von einer Manufaktur zu einer maschinell betriebenen Fabrik umgestellt.
Die Firma nimmt einen stetigen Aufschwung und umfasst bereits 1764 eine Fläche von rund 18.000 m²; 1774 arbeiten rund 900 Arbeiter für Oberkampf. Durch ständigen Austausch mit Experten in der Schweiz, dem Elsass und England, wohin er häufig reist, und ständige Verbesserungen an den Farben und Maschinen, hat Oberkampf bald den Ruf eines der besten Fabrikanten für bedruckte Baumwolltuche in Europa; die berühmtesten Textildesigner ihrer Zeit arbeiten für ihn, viele der Entwürfe befinden sich heute im Musée de la mode et du textile in Paris.
Als Deutscher und Protestant zweifacher Außenseiter im katholischen Frankreich fügt sich Oberkampf dennoch gut in die französische Gesellschaft ein: In erster Ehe heiratet er die Tochter eines Pariser Weinhändlers, in zweiter Ehe eine Reederstochter aus Caen; seit 1770 ist er französischer Staatsbürger. 1783 wird die Firma „königliche Manufaktur“, Oberkampf 1787 von Ludwig XVI. in den Adelsstand erhoben.
1789 zahlt er seinen Teilhaber aus und besetzt Schlüsselpositionen in der Firma nach und nach mit Familienmitgliedern, die er schrittweise zu Teilhabern macht. Sein Bruder Friedrich besitzt bereits seit 1769 eine eigene Indienne-Fabrik im nahe gelegenen Corbeil. Sein Neffe Samuel Widmer betreibt seit 1791 ein chemisches Labor in Paris, das führend wird auf dem Gebiet der synthetischen Pigmentherstellung.
Die Jahre der Französischen Revolution schaden Oberkampf nicht: Da er seine Arbeiter immer angemessen entlohnt, loyal behandelt und dem Ort Wohlstand gebracht hatte, aber auch durch politische Wendigkeit, kommen er und sein Unternehmen unversehrt durch die Wirren der Zeit.
Er kann seine Fabrikanlagen sogar noch ausdehnen und durch eine Baumwollspinnerei - die erste in Frankreich überhaupt - und eine Weberei in Essonnes ergänzen. So wird er in den Tagen der von Napoleon verhängten Kontinentalsperre von englischen Produkten wie Baumwolle wirtschaftlich unabhängig. Zeitweise beschäftigt Oberkampf rund 2000 Arbeiter.
1790 wird er Bürgermeister von Jouy-en-Josas, unter Napoleon Bonaparte 1800 Mitglied des Generalrates des Départements Seine-et-Oise. Eine Ernennung zum Senator lehnt er allerdings ab.
Napoleon, der ein Faible für erfolgreiche Aufsteiger und Außenseiter - wie er auch einer war - hatte, besucht Oberkampf mehrfach in Jouy-en-Josas und heftet ihm persönlich das Kreuz der Ehrenlegion an. 1806 erhält der Fabrikant auf der Nationalausstellung in Paris eine Goldmedaille, 1809 einen Preis für das „nützlichste Industrieunternehmen in Frankreich.“
Mit dem Untergang Napoleons beginnt auch der Abstieg der Firma Oberkampf: Der alternde Firmenpatriarch kann das Unternehmen nicht mehr zusammenhalten und schreibt zunehmend rote Zahlen. Nach seinem Tod 1815 und dem Freitod seines Nachfolgers Samuel Widmer kommt die Firma in fremde Hand und wird nach dem Bankrott 1844 endgültig geschlossen. Zentrum der französischen Indienne-Produktion wird Rouen in der Normandie.
Nachwirken
Oberkampf gilt in der wirtschaftshistorischen Forschung als einer der Wegbereiter der Zeit des Übergangs vom Manufaktur- zum Fabrikwesen.
In Paris sind eine Straße und eine Métro-Station nach ihm benannt. Die Stadt Jouy-en-Josas ehrte ihn mit einer Büste. Begraben ist er im Garten seines Hauses, wo sich heute das Konservatorium der Stadt befindet. Im städtischen Museum ist ihm ein eigener Saal mit Original-Stoffmustern gewidmet.
Bis heute ist in Frankreich Toile-de-Jouy (Jouystoff) ein Synonym für hochwertig bedruckten Baumwollstoff und in der Erinnerung eng mit dem Namen Oberkampf verbunden.
Literatur
- Stanley D. Chapman, Serge Chassagne: European textile printers in the eighteenth century. A study of Peel and Oberkampf. Heinemann Educational Books, London 1981, ISBN 0-435-32170-6
- Serge Chassagne: Le coton et ses patrons en France (1760-1840). l'école des haute-etudes en sciences sociales, Paris 1991, ISBN 2-7132-0968-4
- Ders.: Die Familie Oberkampf. In: Robert Uhland (Hrsg.): Lebensbilder aus Schwaben und Franken 14 (1980), ISBN 3-17-005790-1, S. 143-165
- Ders.: Oberkampf. Un entrepreneur capitaliste au Siècle des Lumières. Aubier Montaigne, Paris 1980, ISBN 2-7007-0176-3
- Alain Dewerpe, Yves Gaulupeau: La fabrique des prolétaires. Les ouvriers de la Manufacture d'Oberkampf à Jouy-en-Josas (1760–1815). Presses de l'École Normale Supérieure, Paris 1990, ISBN 2-7288-0150-9
- P. Hochstätter: Christoph Philipp Oberkampf. Fabrikant zu Jouy. Vaihingen 1859
- Alfred Labouchère: Oberkampf. Hachette, Paris 1884
- Eduard Schmidt-Weissenfels: Oberkampf und die Zeugdruckerei. In: Ders.: Zwölf Färber. Biographisch-novellistische Bilder der bemerkenswerthesaten Zunftgenossen (Deutsche Handwerker-Bibliothek; Bd. 19). Verlag Abenheim, Berlin 1882, S. 143-154
- Michel Sementéry: Oberkampf. Sa famille et sa descendance. Ed. Christian, Paris 1990, ISBN 2-86496-041-2 (formal falsche ISBN)
- August Wintterlin: Oberkampf, Christoph Philipp. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 24, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 94 f.
- Bernard Vogler: Oberkampf, Christoph Philipp. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, S. 389 f.
Weblinks
Wikimedia Foundation.