CryoSat

CryoSat

CryoSat (späterhin wegen des nachfolgenden CryoSat-2 als CryoSat-1 bezeichnet) war ein Forschungssatellit, der die Kryosphäre der Erde vermessen und insbesondere das Volumen der Eismassen in der Arktis und Antarktis erfassen sollte. Nach dem Start erreichte der Satellite aber wegen eines fehlerhaften Steuerungsalgorithmus seine Umlaufbahn nicht und stürzte ins Nordpolarmeer. CryoSat war die erste der Earth Explorer Missions innerhalb des Living Planet Programme der Europäischen Weltraumorganisation (ESA). Von dieser Mission erhoffte sich die Wissenschaft zusätzliche Erkenntnisse über die Veränderung des Klimas der Erde. Ziel war es, die genauen Oberflächenhöhen der Landeismassen in Grönland und in der Antarktis zu vermessen. Außerdem sollte erstmals aus dem Weltraum die Dicke des schwimmenden Meereises erfasst werden. Geplant war eine Lebensdauer von mindestens drei Jahren.

Die Gesamtkosten der Mission inklusive der Trägerrakete, der Betriebskosten und der Datenauswertung wurden von der ESA mit 136 Millionen Euro beziffert, davon 70 Millionen Euro für den Satelliten allein.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

Der 650 kg schwere und 4,60 × 2,34 × 2,20 Meter große Satellit wurde bei EADS Astrium gebaut. Seine Hauptnutzlast bestand aus dem Radarhöhenmesser SIRAL (SAR/Interferometric Radar Altimeter) mit zwei Antennen von 1,14 × 1,25 Metern Größe, welche mit 25 Watt Leistung auf einer Frequenz von 13,575 GHz arbeiten.[1] SIRAL sollte bei seinen Messungen eine vertikale Auflösung von 1 bis 3 cm und eine horizontale Auflösung von etwa 300 Meter erreichen. Dabei sollten Radiosignale mit einem Intervall von 50 µs gesendet und wieder erfasst werden. Für die unterschiedlichen Anwendungsgebiete (Land- und Meereis) sind dabei drei verschieden Operationsmoden vorgesehen. Diese sind konventioneller puls-begrenzter Betrieb, Synthetik-Apertur-Mode und Zwei-Kanal-SAR/interferometrischer Betrieb, wobei beim SAR-Mode eine bessere Unterscheidung von Eis und Wasser und der interferometrische Betrieb eine genauere Bestimmung der Neigung der Eisoberfläche und ihrer Höhe ermöglicht. Zusätzlich befand sich der Radioempfänger DORIS (Doppler Orbit and Radio Positioning Integration by Satellite) und ein kleiner Laser-Retroreflektor zur exakten Positionsbestimmung des Satelliten an Bord. Zur Kommunikation war eine X-Band-Antenne für wissenschaftliche Daten (Onboard-Speicherkapazität des Solidstate-Rekorders 256 GBits) und eine S-Band-Wendelantenne für Telemetrie und Steuerung vorhanden. Zur Navigation und Lageregelung dienen drei Star Tracker Kameras, Magnetometer und Magnetfeldsteuerungen sowie Kaltgaslageregelungstriebwerke von je 10 Millinewton Schub. Die Energieversorgung sollte durch an der Satellitenoberfläche fest angebrachte Galliumarsenid-Solarzellen mit je 800 Watt und Lithiumionen-Akkumulatoren mit 60 Ah erfolgen. CryoSat sollte in einem 720 Kilometer hohen polaren Orbit mit einer Neigung von 92° arbeiten, optimiert für die Beobachtung der Polargebiete. Das Europäische Raumflugkontrollzentrum der ESA in Darmstadt sollte den Betrieb des Satelliten gewährleisten.

Missionsverlauf

Der Start des Satelliten erfolgte am 8. Oktober 2005 um 15:02 Uhr UTC von Plessezk aus mit einer russischen Rockot-KM-Trägerrakete. Nach anfänglich perfektem Start trennte sich die Bris-KM-Oberstufe der Rakete nicht von der zweiten Stufe, so dass der Kopfteil der Rakete zusammen mit dem Satelliten im Nordpolarmeer (Lincolnsee zwischen Grönland und Nordpol) niederging. Ursache war ein Programmfehler. Die Steuerung sah vor, die zweite Stufe abzuschalten, nachdem die dritte Stufe gezündet hatte, während die dritte Stufe erst zünden sollte, nachdem die zweite nicht mehr feuerte. Folglich blieben beide Stufen bis zum Ausbrennen der zweiten Stufe gekoppelt. Die dadurch verursachte Kursabweichung führte zum Abbruch des Starts und Verlust des Satelliten.

CryoSat-2

Cryosat-2 im Test bei IABG in Ottobrunn

Nach dem Fehlschlag beschlossen die Mitgliedsstaaten der ESA Ende Februar 2006, wegen der Bedeutung des Projektes eine Ersatzmission durchzuführen; der ursprünglich angestrebte Starttermin dafür war Oktober 2009. Der weitgehend baugleiche, allerdings um einige redundante Systeme ergänzte Satellit wurde Anfang September 2008 bei Astrium in Immenstaad bei (Friedrichshafen) fertiggestellt und zu mehrmonatigen Tests, wie auch schon bei CryoSat geschehen, an die IABG in Ottobrunn übergeben. Als Trägerrakete kam diesmal eine Dnepr-Rakete zum Einsatz.[2] Der zuletzt geplante Starttermin im Dezember 2009 musste wegen Überlastung der Startbasis in Baikonur auf 2010 verschoben werden.[3] Nachdem der Starttermin schon auf den 25. Februar festgelegt war, wurde er aufgrund von Problemen der Trägerrakete auf April verschoben.[4][5]

Am 1. April 2010 wurde CryoSat-2 auf die Trägerrakete montiert und in den Folgetagen startbereit gemacht.[6] Der Start aus einem unterirdischen Raketensilo erfolgte am 8. April 2010 um 13:57 Uhr UTC.[7] Nach 17 Minuten Flugzeit wurde die erfolgreiche Trennung des Satelliten von der Oberstufe bestätigt. Zuvor zog die Oberstufe die Nutzlast hinter sich her, wodurch die Nutzlastverkleidung nach hinten weggleiten konnte. Dadurch wird der vorgesehene Orbit genauer erreicht als bei anderen Trägersystemen.

Laut einer ESA-Meldung vom 13. April 2010 stimmt die Satelliten-Flugbahn und erste Radartests sind einwandfrei verlaufen. Am 20. Juli 2010 wurden erste Datensätze veröffentlicht[8], die die einwandfreie Funktion bestätigen; bereits zuvor wurden Vergleichsmessungen mit Daten aus Flugzeugen, die unter der Satellitenbahn herflogen, durchgeführt.

Die Mission ist auf drei Jahre ausgelegt.[9] CryoSat-2 sammelte Daten u.a. über die Dicke der arktischen Eisschicht, die von der ESA im Juni 2011 veröffentlicht wurden.[10]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. ESA: The CryoSat System – The satellite and its radar altimeter by Guy Ratier, Richard Francis & Constantin Mavrocordatos
  2. CryoSat ready for launch: Media Day at IABG/Munich. ESA, 4. September 2009, abgerufen am 18. September 2009 (englisch).
  3. CryoSat: green light for launch campaign. ESA, 20. November 2009, abgerufen am 23. Dezember 2009 (englisch).
  4. Peter B. de Selding: Launcher Concern Delays ESA’s Cryosat-2 Mission. Space News, 19. Februar 2010, abgerufen am 22. Februar 2010 (englisch).
  5. http://www.esa.int/esaCP/SEMAZZCKP6G_Germany_0.html
  6. CryoSat-2 installed in launch silo. ESA, 1. April 2010, abgerufen am 4. April 2010 (englisch).
  7. ESA-Eissatellit CryoSat 2 erfolgreich gestartet. ESA, 8. April 2010, abgerufen am 8. April 2010 (deutsch).
  8. Scientists recieve first CyroSat-2 data. ESA, 20. Juli 2010, abgerufen am 30. Juli 2010 (englisch).
  9. Deutschlandfunk
  10. Neue Eisdickekarte der Arktis veröffentlicht esa.int, abgerufen am 23. Juni 2011

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