13. Sinfonie (Haydn)

13. Sinfonie (Haydn)
Joseph Haydn
Joseph Haydn.jpg
Sinfonie Nr. 13 in D-Dur
Hob: I:13
Entstehungsjahr: 1763
Schaffensperiode: Esterházy
AD: ca. 20 min
Besetzung
Streicher
Solo: Cello
Flöte
2 Oboen
4 Hörner
Continuo: Fagott, Cembalo
Sätze
1. Allegro molto
2. Adagio cantabile
3. Menuet
4. Allegro molto
Sinfonien Joseph Haydns

Die Sinfonie Nr. 13 D-Dur komponierte Joseph Haydn im Jahr 1763.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Die Sinfonie Nr. 13 zeichnet sich durch folgende Besonderheiten aus:

  • Verwendung von vier (anstatt zwei) Hörnern (ebenso wie die Sinfonien Nr. 31, Nr. 39 und 72);
  • Auftreten eines Solo-Cellos im 2. Satz und einer Solo-Flöte im Trio des Menuetts;
  • polyphone Technik im Finalsatz (Fugato).

Ebenfalls sicher 1763 entstanden die Sinfonien Nr. 12 und 40, letztere mit einer „richtigen“ Fuge als Schlusssatz.

Zur Musik

Besetzung: Flöte, zwei Oboen, vier Hörner in D, zwei Violinen, Viola, Cello, zudem im 2. Satz ein Solo-Cello, Kontrabass. Zur Verstärkung der Bass-Stimme wurden damals auch ohne gesonderte Notierung Fagott und Cembalo (sofern im Orchester vorhanden) eingesetzt, wobei über die Beteiligung des Cembalos in der Literatur unterschiedliche Auffassungen bestehen.[1]

Aufführungszeit: ca. 19–21 Minuten.

Im Autograph ist nachträglich eine Paukenstimme mit dickerer Feder und in hellerer brauner Tinte als die übrige Partitur eingetragen. Die Bezeichnung „Timpano“ zu Beginn des Werkes sowie Schlüssel, Taktvorschreibung, Taktstriche, Schluss-Striche und die Wiederholungszeichen sind nicht von Haydn geschrieben. Im Breitkopf-Katalog des Jahres 1767 wird bei der Anführung dieser Sinfonie keine Paukenstimme erwähnt. Sie ist entgegen Haydns Praxis in transponierendem C-G notiert. Daher und weil eine Besetzung von vier Hörnern die Hinzuziehung von Pauken nicht notwendig erscheinen lässt, glaubt Landon (1963)[2], dass die Paukenstimme nicht von Haydn vorgesehen war. – Andererseits war die Verwendung der (oft separat notierten) Pauken entsprechend der damaligen Praxis auch oft von der Verfügbarkeit im jeweiligen Orchester abhängig. In einigen Stimmenabschriften ist, wohl aus ebendiesen lokalen Gegebenheiten, die Besetzung auf zwei Hörner und zwei Trompeten geändert.[2] Ein Beispiel für eine Einspielung mit Pauken gibt die Philharmonia Hungarica, eines ohne Pauken die Academy of Ancient Music.

Das, was später als typische Sonatensatzform bekannt werden sollte, war zum Zeitpunkt der Komposition noch in Entwicklung begriffen. Dies ist bei den hier benutzten, entsprechenden Begriffen zu berücksichtigen..[3] – Die hier vorgenommene Gliederung der Sätze ist als Vorschlag zu verstehen. Je nach Standpunkt sind auch andere Abgrenzungen und Deutungen möglich.

1. Satz: Allegro molto

D-Dur, 4/4-Takt, 87 Takte
Der Satz beginnt mit einem fanfarenartigen Ostinato-Motiv der Streicher im Unisono-Forte, das über orgelpunktartig ausgehaltenen Akkorden der Bläser bis Takt 9 fortgesponnen wird. Webster[4] lobt „die unvergessliche Eröffnung der Symphonie“ als „eines der eindrucksvollsten und klangstärksten Gebilde in Haydns Gesamtwerk.“ Für den weiteren Satzaufbau ist insbesondere die auftaktartige Sechzehntel-Figur zur 3. Zählzeit von Bedeutung:

Haydn-symph-13-opening.png Nach einem kurzen Überleitungsabschnitt mit Echo im Piano (Takt 9–14) folgt das 2. Hauptmotiv, das aus dem ersten abgeleitet ist: Sechzehntel-Aufttaktfigur und Intervallschritte aufwärts / abwärts in Vierteln bzw. Achteln. Dieses Motiv erscheint im Dialog zwischen der 1. Violine und der Flöte. Die Takte 14/15 werden dabei wiederum echohaft im Piano wiederholt (Takt 19/20). Die folgende Forte-Passage (Takt 21 ff.) besteht aus virtuosen Sechzehntel-Läufen über eine Oktave in parallel geführten Violinen und Flöte, die lediglich durch eine Synkopenfigur in Takt 28–30 unterbrochen wird. Die Exposition endet in Takt 34 und wird einmal wiederholt.

Die Durchführung verarbeitet beide Hauptmotive: Zunächst das Anfangsmotiv im Bass über Streichertremolo (Takt 35–41), dann (Takt 42 ff.) das 2. Hauptmotiv, nun aber ohne Dialog mit der Flöte. Dabei moduliert Haydn u. a. nach fis-Moll und G-Dur.

Die Reprise beginnt in Takt 62 mit dem 1. Hauptmotiv entsprechend dem Satzanfang– überraschenderweise und sehr effektvoll nun aber im Piano! Als „Ausgleich“ wird kurz darauf eine aufsteigende Hornfanfare im Forte nachgeschoben (Takt 68–70). Der Abschnitt mit dem 2. Hauptmotiv kommt nun ohne „Echo“ im Piano aus, ansonsten ist die Reprise ähnlich der Exposition gestaltet. Durchführung und Reprise werden nicht wiederholt.[5]

Der Anfang des Satzes erinnert insbesondere in Einspielungen mit Pauken an einer feierliche barocke Intrade, während die virtuosen Sechzehntel-Läufe für die Violinen und die Flöten sowie die Echos und der Dialog zwischen Violine und Flöte eine „frische“ Komponente geben.

2. Satz: Adagio cantabile

G-Dur, 4/4-Takt, 31 Takte, nur Streicher mit zusätzlichem Solo-Cello
Der durchweg im Piano gehaltene Satz basiert auf einer sanglichen Melodie für Solo-Cello und deren Fortspinnung. Die begleitenden Streicher führen lediglich einfache, die Grundharmonie stützende Akkorde aus.

Der Satz ist in zwei jeweils wiederholte Teile gegliedert (Takt 1–12 und Takt 13–31), wobei Takt 13–21 etwas an eine Durchführung und Takt 22 ff. an eine Reprise im Sinne der Sonatensatzform erinnern.

Vermutlich hat Haydn diesen Satz für den am 1. Juni 1761 engagierten Cellisten Joseph Weigl geschrieben.[6] Gemäß der damals üblichen Praxis hatte der Solo-Cellist wahrscheinlich auch einen gewissen Spielraum zur Improvisation.

3. Satz: Menuet

D-Dur, 3/4-Takt, mit Trio 84 Takte
Das auftaktlose Menuett beginnt mit einem absteigenden D-Dur – Akkord im Forte-Unisono. Es hat einen höfisch-tänzerischen Charakter mit typischen Wechseln von Forte und echoartigem Piano.

Das Trio in G-Dur für Solo-Flöte und Streicher ist durch fallende, gebrochene Akkorde für die Flöte gekennzeichnet.

4. Satz: Allegro molto

D-Dur, 2/4-Takt, 170 Takte
Der Satz stellt eine Mischung aus (früher) Sonatensatzform und Fuge dar (ähnlich z. B. bei der Sinfonien Nr. 3). Das Hauptmotiv des Satzes basiert auf der dritten Zeile des gregorianischen Hymnus Pange lingua, die unter Haydns Zeitgenossen durch das Lehrbuch „Gradus ad Parnassum“ von Johann Joseph Fux bekannt wurde und z. B. auch Wolfgang Amadeus Mozart in der Missa brevis KV 192 sowie im Schlusssatz der Sinfonie KV 551 verwendete:

Haydn-symph-13-last-mvmt.png Die Exposition (Takt 1–61) könnte man wie folgt strukturieren:

  • Vorstellung des Fugenmotivs in den Violinen, Piano, Kontrapunkt im Bass aus Achtelbewegung (Takt 1–4);
  • Einwurf der Bläser mit einer kontrastierenden Forte-Fanfare mit Synkope und fallendem, gebrochenem Akkord („Fanfarenmotiv“, Takt 4/5);
  • 2. Auftritt des Fugenmotivs ähnlich Takt 1–4, aber eine Terz höher (Takt 6–9);
  • dreifache Wiederholung des Fanfarenmotivs im Forte: in den Bläsern, den Streichern und dann zusammen;
  • 3. und 4. Auftritt des Fugenmotivs (Takt 15–22): zunächst in D-Dur im Bass mit gut hörbarem Kontrapunkt-Motiv (Takt 15–18); anschließend in A-Dur parallel in 2. Oboe, 3. und 4. Horn sowie 2. Violine (Kontrapunkt hier aus gebrochenen Akkorden in laufender Achtelbewegung);
  • Fortspinnung der gebrochenen Akkorde vom Kontrapunkt des letzten Motivdurchlaufs (Takt 24–28) sowie ein „Auspendeln“ mit Synkopen im Unisono der Streicher (Takt 29–32).
  • neues Motiv mit gebrochenem Akkord in Sechzehnteln, Wechsel von A-Dur und E-Dur (Takt 33–40);
  • Synkopenpassage (Takt 42–50);
  • 5. Auftritt des Fugenmotivs in Flöte und 1. Violine, A-Dur, Piano, unterlegt von einem „Trommelbass“ auf A (Takt 51–54);
  • Schlussgruppe im Forte mit Akkorden in abgesetzter Achtelbewegung.

In der Durchführung (Takt 62–104), durchweg im Forte, wird das Fugenmotiv durch alle Instrumente geführt mit einer Variante des Kontrapunkt-Motivs von Takt 1ff. Anfangs ist noch das Fanfarenmotiv zwischengeschaltet. Über Modulationen werden erreicht: A-Dur, D-Dur, G-Dur, e-Moll sowie fis-Moll. Der letzte Durchlauf in fis-Moll (Takt 89–92) kommt ohne Kontrapunkt aus. Die Rückführung zur Reprise erfolgt über eine Achtelfigur analog Takt 23 ff.

Die Reprise (Takt 105 ff.) beginnt zunächst wie die Exposition, nach der dreifachen Wiederholung der Fanfare folgt jedoch bereits der Synkopenabschnitt analog Takt 29 ff. Der ausgelassene Auftritt des Fugenmotivs wird dafür in Form einer Engführung in den Streichern (Takt 145–151) sowie parallel in Flöte, Oboe und Violine (Takt 152–155) „nachgereicht“. Takt 160 ff. sind dann wieder entsprechend der Exposition gestaltet mit einem letzten Auftritt des Fugenmotivs in Flöte und 1. Violine (analog Takt 51 ff., nun aber in der Tonika D-Dur statt in A-Dur) sowie der Schlussgruppe mit abgesetzten Akkorden. Exposition sowie Durchführung und Reprise werden jeweils einmal wiederholt.

Einzelnachweise

  1. Die Haydn-Festspiele Eisenstadt (http://www.haydn107.com/index.php?id=21&pages=besetzung, Stand September 2009), schreiben hierzu: „Haydn setzte, außer in London, für seine Symphonien höchstwahrscheinlich kein Tasteninstrument ein. Diese Ansicht, die von früheren Meinungen abweicht, wird heute unter Musikwissenschaftlern weithin anerkannt.“
  2. a b Christa Landon: Haydn Symphony No. 13. Ernst Eulenburg Ltd. No. 563, London / Zürich 1963 (Vorwort und Revisionsbericht zur Taschenpartitur)
  3. bspw. benutzt Walter (Michael Walter: Haydns Sinfonien. Ein musikalischer Werkführer. C. H. Beck-Verlag, München 2007, ISBN 978-3-406-44813-3) die Begriffe „erster Teil“, „zweite Hauptperiode“ und „Reprise“.
  4. James Webster: Hob.I:13 Symphonie in D-Dur. Website des Projektes „Haydn 100&7“ der Haydn-Festspiele Eisenstadt, siehe unter Weblinks
  5. gemäß Eulenburg-Partitur, jedoch Wiederholung bspw. in den Aufnahmen mit der Philharmonia Hungarica und der Academy of Ancient Musik
  6. Ludwig Finscher: Joseph Haydn und seine Zeit. Laaber-Verlag, Laaber 2000, ISBN 3-921518-94-6

Weblinks, Noten


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