Der Herzogin Garten

Der Herzogin Garten

Der Herzogin Garten ist eine historische Gartenanlage in Dresden, die seit Kriegsende brach liegt und in den kommenden Jahren erneuert werden soll.

Blick aus dem Dresdner Stadthaus in der Wilsdruffer Vorstadt über der Herzogin Garten; im Hintergrund v. r. n. l.: Erlweinspeicher, Haus der Presse (grünes Hochhaus) und Yenidze, links der Schützenplatz mit Schießhaus und Volkshaus

Inhaltsverzeichnis

Name

Der Herzogin Garten ist ein sogenannter Sächsischer Genitiv und bedeutet einfach „Garten der Herzogin“, wobei sich „der“ auf „Herzogin“ und nicht auf „Garten“ bezieht. „Der Herzogin“ ist ein substantivisches Attribut, das dem Substantiv „Garten“ vorangestellt ist. Diese etwas antiquierte Konstruktion wird heute teilweise nicht mehr verstanden und zum „Herzogingarten“ umgedeutet. Dabei wird der den Genitiv anzeigende weibliche bestimmte Artikel „der“ weggelassen und so der Name des Gartens verfälscht. Der korrekte Name geht unter anderem aus der Schreibung des Straßenschildes „An der Herzogin Garten“ hervor.

Straßenschild An der Herzogin Garten mit dem für das Gelände typischen undurchdringlichen Dickicht

Lage

Der Herzogin Garten befindet sich in der Wilsdruffer Vorstadt im Stadtzentrum Dresdens, direkt am Westrand der Inneren Altstadt. Umschlossen wird er durch die Straßen Ostra-Allee im Nordosten, Hertha-Lindner-Straße im Südosten, Am Queckbrunnen und Am Schießhaus im Südwesten und An der Herzogin Garten im Nordwesten. Die Ostra-Allee war hierbei in historischer Zeit die einzige Verbindung zwischen dem Wilsdruffer Tor und Ostra. Der Herzogin Garten liegt nur etwa 500 m nordwestlich des Altmarkts, der historischen Stadtmitte. In seiner Umgebung stehen der direkt östlich benachbarte Zwinger, das Stadthaus, das Schießhaus und der Königliche Marstall. In der Vergangenheit lag der Herzogin Garten knapp außerhalb des Wallrings der Stadtfestungsanlagen.

Geschichte

Im Jahre 1535 erwarb der spätere Kurfürst Moritz von Sachsen vom herzoglichen Rat Georg von Komerstadt den sogenannten Baumgarten zu Klein-Ostra.[1] Seit 1550 bestand in diesem Bereich, der in unmittelbarer Nähe des später als der Herzogin Garten bekannten Geländes liegt, ein Vorwerk des Schlosses. Der Nachfolger von Moritz, Kurfürst August, ließ nordwestlich dieses sogenannten Vorwerkes Klein-Ostra, das nicht für die von ihm geplante große kurfürstliche Gutswirtschaft zur Versorgung Dresdens ausreichte, bereits ab 1568 ein neues, größeres Vorwerk errichten, das heute als Ostragehege bekannt ist. Das ältere und kleinere Vorwerk riss man um 1573, auch durch Hochwasserschäden bedingt, wieder ab.[2] Um 1591 ließ Kurfürst Christian I. in direkter Nachbarschaft des alten Vorwerks einen Garten für seine Frau Sophie anlegen. Von dieser Herzogin von Sachsen leitet sich der Name des Gartens ab. Er blieb in der Folgezeit im Besitz der Wettiner.

Um 1700 begann die am Nordwestende des Gartens errichtete Dresdner Glashütte, die unter der Oberaufsicht von Tschirnhaus stehende Ostrahütte, mit der Produktion.[3] Sie nutzte die Wasserkraft aus dem Weißeritzmühlgraben, der damals auch der Herzogin Garten passierte.[4] Unter August dem Starken verlegte man wenige Jahrzehnte später die Orangerie aus dem Zwinger in der Herzogin Garten. Diese kurfürstliche Sammlung seltener südlicher Gewächse wurde im Laufe der Jahre beträchtlich vergrößert. Johann Heinrich Seidel, seit 1771 Adjunkt an der Herzogin Garten, seit 1778 Kurfürstlich-Sächsischer und später königlicher Hofgärtner,[5] beherbergte hier im Jahre 1806 etwa 4300 Pflanzenarten- und Sorten. Dabei handelte es sich um eine der damals größten Sammlungen dieser Art überhaupt.[6] Unter anderem diese Tatsache verhalf dem Dresdner Gartenbau in dieser Zeit zu Weltruhm. Bis ins 19. Jahrhundert befanden sich in der Herzogin Garten Gewächshäuser, die der Anzucht und Pflege höfischer Zierpflanzen dienten.

Noch in erkennbarem Zustand sind der Schriftzug Orangerie und das sächsische Staatswappen erhalten.

Im Jahre 1841 errichtete man unter der Leitung des Architekten Otto von Wolframsdorf (1803 - 1849) ein neues Neorenaissance-Orangeriegebäude aus Sandstein. Wolframsdorf war parallel zu Gottfried Semper königlicher Hofbaumeister und fertigte einige interessante Gegenentwürfe zu dessen Arbeiten an.[7] Im Fall von der Herzogin Garten setzte er sich gegen Semper durch, der im Rahmen seines Forumsplans von 1837 ebenfalls eine Orangerie am Zwinger erdacht hatte.[8][9] Das im Stil der italienischen Frührenaissance ausgeführte Wolframsdorfsche Orangeriegebäude war 114 m lang, 15 m breit und 8 m hoch. Es hatte 22 hohe Stichbogenfenster auf seiner dem Garten zugewandten Südostseite und eine reich gegliederte Fassade, die mit Marmorinkrustationen akzentuiert war.[10] Genutzt wurde das Gebäude auch zur Überwinterung der wärmeliebenden Zierbäume des Zwingers.[11] Die Fläche des Gartens, der ursprünglich in stadtauswärtiger Richtung wesentlich weiter reichte,[12] wurde währenddessen aus städtebaulichen Gründen immer weiter eingeschränkt.[13]

In der Südostecke des Gartens befanden sich um 1900 zwei damals recht bekannte Dresdner Gebäude. Dem Postplatz näher lag das 1870 eröffnete Gewerbehaus des Dresdner Gewerbevereins, dessen für 2.000 Personen Platz bietender Saal die erste Spielstätte der Dresdner Philharmonie war, die damals noch Gewerbehauskapelle hieß.[14] Nordwestlich benachbart war das Logenhaus für die beiden Freimaurerlogen Zu den drei Schwertern und Asträa zur grünenden Raute und Zum Goldenen Apfel.[15] Noch weiter stadtauswärts, an der Ostra-Allee unmittelbar nach dem Orangeriegebäude, lag das stattliche Gründerzeithaus Hotel und Restaurant Herzogin Garten. Das Museum für Tierkunde und Völkerkunde, damals auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Zwinger untergebracht, erhielt im Jahre 1920 zusätzliche Depot- und Sonderausstellungsräume im Orangeriegebäude in der Herzogin Garten. Als die gesamte Gartenanlage und mit ihr auch das Orangeriegebäude bei den Luftangriffen im Februar 1945 zerstört wurden, gingen dem Museum auch bedeutende Großobjekte verloren.[16] Das Gelände verwahrloste im Anschluss an den 2. Weltkrieg, da ein Wiederaufbau nicht vorgesehen war. Die Wettiner wurden nach Kriegsende kurzerhand enteignet, erhielten den Besitz in den 1990er Jahren aber wieder zurück.

Nach der Wende stand zunächst der Neubau einer Kunsthalle an der Herzogin Garten zur Debatte. Nach Plänen von Frank Stella sollten kugel- beziehungsweise napfkuchenförmige Bauwerke errichtet werden. In Anbetracht der Tatsache, dass dieses Vorhaben in direkter Nachbarschaft zum Zwinger vielen Bürgern und Politikern als zu futuristisch und respektlos erschien, ging es in einer jahrelangen Diskussion unter. Der Investor Rolf Hoffmann wandte sich in Richtung Berlin ab.[17][18] [19] [20] Somit blieb das Gelände für mehr als ein weiteres Jahrzehnt unverändert. In der Zwischenzeit wurden auch Pläne für ein Architektur- beziehungsweise Museumszentrum erarbeitet.[21]

Blick über die Ostra-Allee auf das erhaltene Portal des ehemaligen Orangeriegebäudes

Aktueller Zustand

Der Herzogin Garten ist nach wie vor eine nur teilweise umzäunte Brache, in der Bäume und Sträucher wild wachsen. Auffällig ist vor allem eine Reihe aus Pyramidenpappeln in der Mitte des Areals. Umso verwunderlicher ist die jahrzehntelange Vernachlässigung des Geländes, wenn man bedenkt, dass sich direkt auf der anderen Straßenseite der Ostra-Allee mit dem Zwinger eines der weltberühmtesten Barockbauwerke befindet, zu welchem der Herzogin Garten nunmehr im krassen Gegensatz steht. An den prächtigen Vorkriegszustand des Gartens erinnert nur noch ein Rest der Kopffassade des Orangeriegebäudes zur Ostra-Allee zu. Vom Gebäudeschmuck sind die Nischenfiguren Pomona und Flora von Ernst Hähnel erhalten geblieben.[11] Im Lapidarium in der Zionskirchen-Ruine lagern außerdem Teile des alten Kunstguss-Zauns, der in Lauchhammer hergestellt worden war.[22] An der Südwestseite des Areals bestehen noch alte Einfriedungsmauern.[23]

Planungen

In der Vergangenheit standen die Pläne immer im Zwiespalt zwischen einer historischen Rekonstruktion und der modernen Neugestaltung des Geländes. Seit mehreren Jahren existiert nun ein städtebauliches Konzept der Stadt Dresden für der Herzogin Garten. Dieses sieht entlang der Ostra-Allee die Errichtung einer 10.000 Quadratmeter großen privaten, aber öffentlich begehbaren Gartenanlage in Anlehnung an die historische Situation vor. Auf der Fläche des Orangeriegebäudes soll unter Einbeziehung des noch vorhandenen Giebels ein Bauwerk entstehen, das die Maße des alten Gebäudes wiederaufnimmt und auch an dessen ehemalige Nutzung anknüpft. Für die Westseite des Brachlandes ist an den dort anliegenden Straßen der Neubau von Häusern geplant, die stadtkerntypisch genutzt werden und den Garten abschließen. An der Kreuzung Hertha-Lindner-Straße/Ostra-Allee ist in einem im Sommer 2007 verabschiedeten vorhabenbezogenen Bebauungsplan ein Hotelneubau vorgesehen.[24] Dessen Äußeres wird nach dem aus einem Wettbewerbsverfahren ermittelten Entwurf des Dresdner Architekturbüros Prof. Höhne/Fitschen ausgeführt.[13] Die Wettiner, denen das Nachbargrundstück gehört, hatten gegen den Bau Bedenken geäußert.[25] Das Vier-Sterne-Hotel, dessen Baubeginn Anfang 2008 geplant ist,[26] wird 199 Zimmer haben, darunter 7 Suiten. Das Gesamtinvestitionsvolumen für das Gebäude, das im Herbst 2009 eröffnen soll, beträgt 26,5 Millionen Euro.[27][28] Ein drittes, etwa 1.800 m² großes Grundstück im Areal an der Herzogin Garten steht derzeit noch zum Verkauf.[29][30]

Außerdem sollen im Verlauf des Jahres 2008 An der Herzogin Garten vier mit Sandstein verkleidete, viergeschossige und luxuriöse Stadthaus-Eigenheime entstehen, die im Erdgeschoss mit Parkplätzen oder Gewerbeflächen sowie mit Dachterrassen ausgestattet werden.[31][32][33]

Siehe auch

Blüherpark, eine weitere historische Dresdner Gartenanlage, die zur Zeit umgestaltet wird

Einzelnachweise

  1. dresden-und-sachsen, Friedrichstadt
  2. dresden-und-sachsen, Wilsdruffer Vorstadt
  3. Tschirnhaus-Gesellschaft
  4. weisseritzmuehlgraben
  5. baumschule seidel
  6. kamelienschloss
  7. denkmalpflege sachsen
  8. google books
  9. google books
  10. Gilbert Lupfer (Hrsg.): Architekturführer Dresden. Berlin 1997, ISBN 3-496-01179-3
  11. a b dresden und sachsen, orangerie
  12. deutsche fotothek
  13. a b minnemedia
  14. Michael Schmidt: Spaziergang durch das alte Dresden in Ansichtskarten um 1900 - die Pirnaische Vorstadt, die Seevorstadt und die Wilsdruffer Vorstadt. Dresden 2007, ISBN 3-9804637-2-9
  15. Jürgen Helfricht: Traumwege durch das alte Dresden. Husum 2007, ISBN 978-3-89876-270-0
  16. voelkerkunde dresden
  17. dresden-lexikon
  18. zeit
  19. morgenpost
  20. books google
  21. htw dresden
  22. neumarkt dresden
  23. das neue dresden
  24. dresdner amtsblatt, s. 14
  25. dresden-fernsehen
  26. dresden
  27. zahrtsmedia
  28. gbi
  29. minnemedia - drittes Grundstück
  30. immowelt
  31. sz-online
  32. columbus-bauprojekt
  33. das neue dresden

Literatur

  • Lintel, Hiltrud: Der Herzogin Garten Dresden - vom kurfürstlichen Pomeranzengarten zum öffentlichen Lust-Garten. Hannover, Universität, Institut für Grünplanung und Gartenarchitektur, Diplomarbeit 1995.
  • Mészáros, Jana: An der Herzogin Garten. Dresden, Technische Universität, Institut für Landschaftsarchitektur, Fachbereich Pflanzenverwendung, Diplomarbeit 2003.

Weblinks

51.05444444444413.73

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