Drospirenon

Drospirenon
Strukturformel
Struktur von Drospirenon
Allgemeines
Freiname Drospirenon
Andere Namen

6β,7β;15β,16β-Dimethylen-3-oxo- 17α-pregn-4-en-21,17-carbolacton

Summenformel C24H30O3
CAS-Nummer 67392-87-4
PubChem 68873
ATC-Code
DrugBank DB01395
Kurzbeschreibung

weißes bis fast weißes Pulver [1]

Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Gestagene

Verschreibungspflichtig: Ja
Eigenschaften
Molare Masse 366,49 g·mol−1
Schmelzpunkt

201,3 °C [2]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser, leicht löslich in Dichlormethan, löslich in Aceton und Methanol, wenig löslich in Ethanol [1]

Sicherheitshinweise
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]
keine Einstufung verfügbar
H- und P-Sätze H: siehe oben
EUH: siehe oben
P: siehe oben
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [1]

T
Giftig

N
Umwelt-
gefährlich
R- und S-Sätze R: 22-40-51/53-60-61-64
S: 22-36/37-45-57-59-60-61
LD50

500–2000 mg·kg−1 (Ratte p.o.) [1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Drospirenon ist ein synthetisch hergestellter Arzneistoff aus der Gruppe der Gestagene, welcher von Bayer HealthCare hergestellt und als wirksamer Bestandteil von Antibabypillen wie Yasmin vertrieben wird.

In seinen pharmakologischen Eigenschaften ist Drospirenon dem natürlich vorkommenden Hormon Progesteron sehr ähnlich und hat wie dieses antiandrogene und antimineralocorticoidee Eigenschaften. Orale Kontrazeptiva („Antibabypillen“) mit Drospirenon als gestagene Komponente können durch die antiandrogene Wirkung zur Therapie bei unreiner Haut (Akne) eingesetzt werden und tragen dazu bei, das Hauterscheinungsbild zu verbessern. Durch die antimineralkortikoide Aktivität kann einer Gewichtszunahme und anderen Symptomen, die eine Folge von Flüssigkeitseinlagerung darstellen (z. B. Brustspannen) vorgebeugt werden.[4]. Kritik an diesem Wirkstoff besteht insbesondere in der Annahme eines erhöhten Thromboserisikos (s.u.), das im Zusammenhang mit der entwässernden und damit blutverdickenden Wirkung bei Einnahme von Drospirenon enthaltenden oralen Kontrazeptiva postuliert wurde.

Chemisch leitet sich Drospirenon vom Aldosteronantagonist Spironolacton ab.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliches

Wiechert und Mitarbeiter synthetisierten bereits 1976 Drospirenon bei der Schering AG. Allerdings dauerte es rund 25 Jahre, bis dessen pharmakologisches Potential vollständig erkannt und der Arzneistoff im Jahre 2000 auf den Markt gebracht wurde.[5]

Thromboserisiko

Ovulationshemmer („Antibabypillen“), die Drospirenon enthalten, wurden in mehreren klinischen Studien hinsichtlich des Thromboserisikos untersucht. Die Frage kann derzeit noch nicht als abschließend geklärt betrachtet werden.

Die thromboseauslösende Wirkung von Drospirenon wird schon seit längerer Zeit vermutet. In einer bereits 2003 im British Medical Journal veröffentlichte Arbeit [6] wurden Fälle von 17, 28, 35 und 45 Jahre alten Frauen beschrieben, welche ohne Vorliegen weiterer Risikofaktoren nach Einnahme von Drospirenon-enthaltenden Präparaten entweder schwere Thrombosen in Gliedmaßen erlitten oder (in einem Fall) spontan verstarben, wobei als Todesursache Lungenembolie festgestellt wurde. „Die Zeit“ berichtete 2010 unter Bezugnahme auf diese Arbeit und einem aktuellen Lungenembolie-Fall von Klagen gegen Bayer HealthCare, den Hersteller von Drospirenon. Dieser ist nach mehreren durch den Wirkstoff hervorgerufenen Todesfällen seit Jahren mit starker Kritik konfrontiert.[7] Bis April 2010 waren lt. „Die Zeit“ 1750 Klagen gegen Bayer HealthCare in den USA bekannt, außerdem mehrere in Deutschland und der Schweiz. In diesem Zusammenhang wird in der „Zeit“ außerdem erwähnt, dass Yasmin das weltweit meistverkaufte hormonelle Kontrazeptivum ist und Drospirenon als Hauptwirkstoff das umsatzstärkste Produkt von Bayer HealthCare darstellt. (Siehe auch Weblinks zum Thema, s.u.)

In epidemiologischen Studien aus Holland und Dänemark vom August 2009 wurde erneut über ein erhöhtes Thromboserisiko im Zusammenhang mit dem Wirkstoff Drospirenon berichtet. Das Risiko stieg dabei mit zunehmendem Alter der Frau und höherem Östrogengehalt der Pille.[8] Zwei im Jahre 2010 veröffentlichte Untersuchungen kamen jedoch zu dem Schluss, dass Drospirenon in Antibabypillen das Risiko von venösen oder arteriellen Thrombosen nicht stärker erhöht als der Wirkstoff Levonorgestrel (älteres Gestagen der 2. Generation) und anderen älteren Gestagenen.[9] Eine dieser Studien[10] wurde 2010 von Jürgen Dinger (seit 2005 Managing Director des ZEG Berlin) als Erstautor veröffentlicht, der von 1989 bis 2005 beim Drospirenon-Hersteller Schering AG und bei Jenapharm (beide heute Bestandteile von Bayer HealthCare) beschäftigt war und überdies ab 1997 einen Vizepräsidentenposten bei der Schering AG innehatte.[11]

Aktuell sind allein in den USA rund 7.000 Klagen gegen BAYER anhängig. [12]

Ende Mai 2011 reichte erstmals auch eine deutsche Geschädigte Klage gegen die Bayer AG ein [13]

Herstellung

Die vielstufige hochkomplexe Synthese geht von 5-Androsten-3β-ol-17-onacetat aus.[14]

Handelsnamen

  • Kombination mit Ethinylestradiol: aida (D), Aliane (A), Petibelle (D), Yasmin (D, A, CH, US), Yasminelle (D, A, CH), YAZ (D, A, CH, US), Yirala (A)
  • Kombination mit Estradiol: Angeliq (D, A, CH, US)

Literatur

  • Krattenmacher, R. (2000): Drospirenone: pharmacology and pharmacokinetics of a unique progestogen. In: Contraception 62(1):29–38. PMID 11024226

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Datenblatt DROSPIRENONE CRS beim EDQM, abgerufen am 19. Mai 2010..
  2. The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 585, ISBN 978-0-911910-00-1.
  3. In Bezug auf ihre Gefährlichkeit wurde die Substanz von der EU noch nicht eingestuft, eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  4. Drug Safety Mail 2010-096 der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft mit Bezug auf eine Bewertung der europäische Arzneimittelbehörde (EMA)
  5. R. Wiechert, D. Bittler, U. Krebs, J. Casals-Stenzel, W. Losert, Deutsches Patent Nr. 2652761 (Priorität: 1976).
  6. van Grootheest K, Vrieling T., Thromboembolism associated with the new contraceptive Yasmin. BMJ. 2003 Feb 1;326(7383):257, PMID 12560278.
  7. Klagen gegen Bayer, Die Zeit, Nr. 31 vom 29. Juli 2010.
  8. Swissmedic bestätigt erhöhtes Embolie-Risiko.
  9. N. Sehovic, K. P. Smith: Risk of venous thromboembolism with drospirenone in combined oral contraceptive products. In: Ann Pharmacother 44, 2010, S. 898–903, PMID 20371756.
  10. J. Dinger, A. Assmann, S. Möhner, T. D. Minh: Risk of venous thromboembolism and the use of dienogest- and drospirenone-containing oral contraceptives: results from a German case-control study. In: J Fam Plann Reprod Health Care 36, 2010, S. 123–129, PMID 20659364.
  11. http://www.zeg-berlin.de/new_sites/dinger.html Lebenslauf Jürgen Dinger.
  12. Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung am 29. April 2011
  13. Klage gegen BAYER-Konzern eingereicht
  14. Bernd Schäfer: Naturstoffe der chemischen Industrie, Elsevier GmbH, 1. Auflage (2007) S. 361−362, ISBN 978-3-8274-1614-8.
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