Edwin Redslob

Edwin Redslob
Edwin Redslob, 1929

Edwin Redslob (* 22. September 1884 in Weimar; † 24. Januar 1973 in Berlin) war ein deutscher Kunsthistoriker und Universitätsrektor.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Seine Kindheit und Jugend verbrachte Edwin Redslob in Weimar, das zu den wichtigsten Kunstzentren seiner Epoche zählte. Als Sohn des Kunstprofessors Ernst Redslob kam er hier bereits früh mit der künstlerischen Avantgarde in Berührung. Ab 1901 studierte er Kunst- und Literaturwissenschaften in Weimar und Heidelberg, 1906 promovierte er mit einer Arbeit über die fränkischen Epitaphien des 14. und 15. Jahrhunderts. Nach einem Praktikum am Germanischen Nationalmuseum Nürnberg war er ab 1909 am Suermondt-Museum in Aachen tätig und trat dem Sonderbund Westdeutscher Kunstfreunde und Künstler bei. Durch seine engen Kontakte zur Avantgarde gelang ihm der Aufbau einer Sammlung mit Werken von August Macke, Heinrich Nauen, Emil Nolde, Ernst Ludwig Kirchner und anderen Malern der Künstlergruppe Die Brücke, die alle auf den Ausstellungen des Sonderbundes zwischen 1910 und 1912 in Düsseldorf und Köln hervorgetreten waren.

1911 ging Redslob nach Bremen und wurde Mitarbeiter der dortigen Kunsthalle. Ein Jahr später wurde er als Museumsdirektor an das Erfurter Museum versetzt, von 1919 bis 1920 leitete er die Staatsgalerie Stuttgart.[1] Am 1. September 1920 wurde Redslob zum Generaldirektor aller württembergischen Museen und zum Reichskunstwart ernannt, der in der Zeit der Weimarer Republik für alle staatlichen Kunst- und Kulturfragen des Deutschen Reiches zuständig war. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten wurde Redslob am 1. März 1933 von Reichsinnenminister Frick in den Ruhestand versetzt.[2]

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Redslob 1945 Mitgründer der Berliner Tageszeitung Der Tagesspiegel und 1948 Mitinitiator der Gründung der Freien Universität Berlin (FU), die er 1949/50 als Rektor leitete. Claude Lanzmann schrieb in seiner 2009 erschienenen Autobiografie „Le lièvre de Patagonie“ (= „Der patagonische Hase“), er habe Redslob durch einen Artikel über die Freie Universität, den er Anfang Januar 1950 in Ostberlin veröffentlicht hatte,[3] zum Rücktritt vom Rektorat gezwungen. Mit dem Artikel war ein Gedicht Redslobs abgedruckt worden, das dieser angeblich Emmy Göring gewidmet habe, mit der er vom Film und seiner Arbeit als Reichskunstwart vor 1933 her befreundet war.[4] Dem widerspricht jedoch Redslobs Biograf Christian Welzbacher: Redslob habe das Gedicht nicht für Emmy Göring direkt, sondern für die Kopenhagener Porzellanmanufaktur verfasst, die Emmy Göring mit einer Geschirrgarnitur beschenkt habe. Redslob habe seine Amtszeit im Sommer 1950, ein gutes halbes Jahr nach Lanzmanns Artikel, regulär beendet.[5]

Ehrungen

Grab Redslobs und seiner Frau und Tochter auf dem Dahlemer St.-Annen-Kirchhof

1952 wurde Edwin Redslob das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Eine um 2001 neu angelegte Straße in der Nähe der Freien Universität Berlin und der Staatlichen Museen in Berlin-Dahlem wurde nach ihm benannt.

Sein Grab, ein Ehrengrab des Landes Berlin, befindet sich auf dem St.-Annen-Kirchhof in Berlin-Dahlem.

Werke

  • Garten der Erinnerung, Hamburg 1928
  • Goethes Leben, Berlin 1932
  • Ein Jahrhundert verklingt, Breslau 1935
  • Die Welt vor hundert Jahren, Leipzig 1940
  • Des Reiches Straße, Leipzig 1940/41
  • Des Jahres Lauf, Leipzig, Insel Verlag 1943 (Insel-Bücherei 99/3)
  • Charlotte von Stein, Leipzig 1943
  • Bekenntnis zu Berlin, Berlin 1964

Literatur

  • Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 475.
  • Biogramm in: Thomas Leiberg: Der St. Annen-Kirchhof in Berlin-Dahlem. Stapp Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-87776-423-1, S. 44–45.
  • Nadine Rossol: Performing the Nation in Interwar Germany. Sport, Spectacle and Political Symbolism, 1926–36. Palgrave Macmillan, Basingstoke u. a. 2010, ISBN 978-0-230-21793-5.
  • Christian Welzbacher: Edwin Redslob. Biografie eines unverbesserlichen Idealisten. Matthes & Seitz, Berlin 2009, ISBN 978-3-88221-734-6.
  • Christian Welzbacher (Hrsg.): Der Reichskunstwart. wtv-Campus, Weimar 2010, ISBN 978-3-941830-04-2.

Weblinks

 Commons: Edwin Redslob – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gerhard Lemmens (Vorw.): Haus Wylerberg. Ein Landhaus des Expressionismus von Otto Bartning. Architektur und Kulturelles Leben 1920−1966, Nijmeegs Museum Commanderie van Sint-Jan‘, 1988, S. 23
  2. http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2009-2-022
  3. Berliner Zeitung 6. Januar 1950 vergleiche Neuveröffentlichung
  4. Bert Rebhandl, in: Berliner Zeitung, 19. Januar 2009 [1] und Claude Lanzmann, Berliner Lektion, in: Sinn und Form 4/2009
  5. Christian Welzbacher am 7. Januar 2010 in „Die Zeit“ Nr. 2, S. 42.

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