Ernst Wilhelm Bohle

Ernst Wilhelm Bohle
Ernst Wilhelm Bohle auf der Anklagebank im Nürnberger Prozess

Ernst Wilhelm Bohle (* 28. Juli 1903 in Bradford, Großbritannien; † 9. November 1960 in Düsseldorf) war von 1933 bis 1945 Leiter der NSDAP/AO, der Auslands-Organisation der NSDAP.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ernst Wilhelm Bohle wurde als Sohn des nach England ausgewanderten College-Lehrers und Ingenieurs Hermann Bohle (1877–1943) geboren. 1906 kam er nach Kapstadt, wo sein Vater eine Professur für Elektrotechnik angetreten hatte (siehe Universität Kapstadt), und besuchte dort eine höhere Schule. Er studierte in Köln und Berlin Politikwissenschaft und Betriebswirtschaftslehre und schloss im Dezember 1923 an der Handelshochschule Berlin als Diplom-Kaufmann ab. Während seines Studiums wurde Bohle 1922 Mitglied in der Berliner Burschenschaft Gothia. Am 14. November 1925 heiratete er Gertrud Bachmann. Bohle war von 1924 bis 1930 als Niederlassungsleiter und Agent im Import-Export-Geschäft für verschiedene Unternehmen im Rheinland beschäftigt und gründete und leitete danach eine große Autozubehörfirma in Hamburg von 1930 bis Juni 1933.

Am 1. März 1932 trat Bohle der NSDAP bei (Mitglieds-Nr. 999.185) und am 13. September 1933 schloss er sich der SS an (Mitglieds-Nr. 276.915), wobei er im Rang eines Brigadeführers aufgenommen wurde. Am 20. April 1937 wurde Bohle zum SS-Gruppenführer und am 21. Juni 1943 zum SS-Obergruppenführer befördert.

Im Dezember 1931 wurde er Assistent von Hans Nieland, dem Leiter der „Auslands-Organisation (AO)“ der NSDAP, zunächst zuständig für Süd- und Südwestafrika, später für Nordamerika. Diese Organisationseinheit war am 1. Mai 1931 in Hamburg gegründet worden und der NS-Reichsorganisationsleiter Gregor Strasser hatte Nieland zu ihrem Chef ernannt. Nachdem Nieland am 8. Mai 1933 von diesem Amt zurücktrat (weil er inzwischen Chef der Hamburger Polizeibehörde und später Mitglied der Hamburger Landesregierung geworden war), betraute man Ernst Wilhelm Bohle mit der Leitung der NSDAP-Auslands-Organisation im Rang eines Gauleiters. Joseph Goebbels bezeichnet ihn in seinem Tagebuch am 7. November 1935 als „eine(n) unserer fähigsten Leute“. Bohles Vater Hermann war von 1932 bis 1934 Landesgruppenleiter der NSDAP/AO in der Südafrikanischen Union und seit 1938 Präsident der in Berlin ansässigen Deutsch-Südafrikanischen Gesellschaft.

Vom 12. November 1933 bis zum Ende des „Dritten Reiches“ war er Mitglied des Reichstages für den Wahlbezirk Württemberg. Seit dem 3. Oktober 1933 gehörte er zum Stab des „Stellvertreters des Führers“ Rudolf Heß. Als dieser Stab 1937 ins Auswärtige Amt eingegliedert wurde, übernahm man Bohle als Staatssekretär. Diesen Rang bekleidete er bis 1945.

Im Sommer 1945 war Bohle zusammen mit anderen Größen der NSDAP und der Wehrmacht im luxemburgischen Bad Mondorf im Kriegsgefangenenlager Nr. 32 (Camp Ashcan) interniert bis das Lager in den Monaten August und September 1945 aufgelöst wurde.

Am 11. April 1949 wurde Bohle in einem der Nürnberger Nachfolge-Prozesse, dem so genannten Wilhelmstraßen-Prozess, zu fünf Jahren Haft verurteilt, jedoch schon am 21. Dezember 1949 vom amerikanischen Hochkommissar John Jay McCloy wieder begnadigt. Anschließend war er in Hamburg als Kaufmann tätig.

Ernst Wilhelm Bohle gab in der Nachkriegszeit den Anstoß zur Neugründung einer Organisation, die sich für den Ausbau zwischenstaatlicher Wirtschaftsbeziehungen zur Südafrikanischen Union einsetzte. Über verschiedene Zwischenstufen, zu denen ab Anfang 1950 „Südafrikanische Studiengesellschaften“ in Hamburg, München, Stuttgart und Düsseldorf gehörten (der Düsseldorfer Kreis wurde vom ehemaligen „Reichspressechef“ Otto Dietrich geleitet), entstand 1965 wieder die Deutsch-Südafrikanische Gesellschaft (DSAG).

Robert Kempner widmete Bohle aus Anlass dessen Todes einen kurzen „Nachruf“, den er näher im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg bei der Bearbeitung von Gnadengesuchen kennengelernt hatte; einer der wenigen, die ausdrücklich die Untaten von Nazi-Deutschland bereut hatten, und um Verzeihung bat.

Auszeichnungen

Literatur

  • Helge Dvorak: Biografisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I Politiker, Teilband 1: A-E. Heidelberg 1996, S. 117-118.
  • Emil Ehrich: Die Auslands-Organisation der NSDAP. Junker & Dünnhaupt, 1937 - 32 S. - (Schriften der Deutschen Hochschule für Politik: 2, Der organisatorische Aufbau des Dritten Reiches; 13)
  • Frank-Rutger Hausmann: Ernst-Wilhelm Bohle. Gauleiter im Dienst von Partei und Staat. (Reihe: Zeitgeschichtliche Forschungen Band 38) Duncker & Humblot, Berlin 2009 ISBN 978-3-428-12862-4 (Print), 978-3-428-52862-2 (E-Book)
  • Louis de Jong: The German fifth column in the Second World War. Übersetzt aus dem Niederländischen von C. M. Geyl. - Rev. ed. - London: Routledge, 1956. - 308 S.: Landkarten. - (Niederländ. Originaltitel: De duitse vijfde colonne in de tweede wereldoorlog)
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. - Aktualisierte Ausg. - Frankfurt a.M.: S. Fischer, 2005. - 732 S. - ISBN 3-596-16048-0
  • Tammo Luther: Volkstumspolitik des Deutschen Reiches 1933 - 1938: die Auslanddeutschen im Spannungsfeld zwischen Traditionalisten und Nationalsozialisten. - Stuttgart: Steiner, 2004. - 217 S. - (Historische Mitteilungen: Beiheft; Bd. 55). - (Zugl.: Kiel, Univ., Diss., 2002) ISBN 3-515-08535-1
  • Donald M. McKale: The swastika outside Germany. Kent State Univ. Press, Kent, Ohio 1977 ISBN 0-87338-209-9
  • ders.: Ernst Wilhelm Bohle, Chef der Auslandsorganisation (AO) in: Die braune Elite Band 2: 21 weitere biographische Skizzen Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG) Darmstadt 1999 (4. aktual. Aufl.) ISBN 3534144600 (S. 26 - 39)
  • Jürgen Müller: Nationalsozialismus in Lateinamerika. Die Auslandsorganisation der NSDAP in Argentinien, Brasilien, Chile und Mexiko 1931 - 1945. Akademischer Verlag Heinz, Stuttgart 1997 - 566 S.: Ill. - (Reihe: Historamericana, 3) ISBN 3-88099-672-5 (Zugl.: Heidelberg, Univ., Diss., 1995)
  • Wolfgang Reith: 50 Jahre Unterstützung fürs Südliche Afrika. Gastbeitrag zum 50-jährigen Jubiläum des Düsseldorfer Kreises der Deutsch-Südafrikanischen Gesellschaft. Neuss, 3. September 2005

Weblinks


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