FRM2

FRM2

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Forschungsreaktor München II
Der Forschungsreaktor München II (rechts)

Der Forschungsreaktor München II (rechts)

Lage
Forschungsreaktor München II (Deutschland)
DEC
Forschungsreaktor München II
Koordinaten 48° 15′ 57″ N, 11° 40′ 33″ O48.26583333333311.6758333333337Koordinaten: 48° 15′ 57″ N, 11° 40′ 33″ O
Land: Deutschland
Daten
Eigentümer: Freistaat Bayern
Betreiber: TU München
Baubeginn: 1. August 1996
Inbetriebnahme: 2. März 2004
Reaktortyp: Schwimmbadreaktor
Thermische Leistung: 20 MW
Neutronenflussdichte: 8 × 1014 n/(cm2 s)
Website: Infoseite bei der TU München
Stand: 1. Februar 2009

Die Forschungsneutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (auch FRM II, Forschungsreaktor München II, benannt nach dem deutschen Kernphysiker Heinz Maier-Leibnitz) in Garching bei München ist mit einer Nennleistung von 20 MW der derzeit (2008) leistungsstärkste deutsche Forschungsreaktor.[1] Der FRM II wird als "Zentrale Wissenschaftliche Einrichtung", die keiner Fakultät zugeordnet ist, von der Technische Universität München (TUM) betrieben. Die erzeugten Neutronen werden hauptsächlich für die Grundlagenforschung in Physik, Chemie, Biologie und Materialwissenschaft verwendet.[2]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Grundsatzentscheidung für den Neubau eines Forschungsreaktors wurde vorbereitet, als 1985 Pläne zum Bau einer nationalen Spallationsneutronenquelle scheiterten.[3] 1981 wurde mit Vorstudien für einen Kompaktkern für eine neue Mittelflussquelle begonnen, ab 1984 standen Projektmittel zur Verfügung. 1989 bis 1992 erfolgte die Begutachtung, zuletzt durch den Wissenschaftsrat, der den Bau des FRM II mit hoher Priorität empfahl.[4]

Die Entscheidung zum Bau des FRM II wurde von verschiedenen Seiten aus verschiedenen Gründen kritisiert. Seit Erteilung der 1. Teilerrichtungsgenehmigung am 29. April 1996 wurde jede einzelne Genehmigung gerichtlich angefochten;[5] alle Einsprüche wurden letztinstanzlich abgewiesen.[6] Ein von Gegnern initiierter Bürgerentscheid, mit dem eine knappe Mehrheit der Garchinger ihre Stadtverwaltung aufforderte, gegen die Inbetriebnahme des Reaktors einzutreten, hatte keine nachhaltige Wirkung.[7] Nach Ausreizen aller gesetzlichen Prüfungsmöglichkeiten musste der damalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin (der die Bundesaufsicht über das eigentlich für den Vollzug des Atomrechts zuständige Land Bayern ausübte) 2003 letztlich die 3. Teilerrichtungsgenehmigung, die im Wesentlichen aus der Betriebsgenehmigung besteht, abzeichnen.[8]

Neben Sicherheitsbedenken (Austritt von Strahlung oder Kernschmelze) wurde vor allem die besondere Gefährdung durch die Nähe (etwa 10 km) zum Münchner Flughafen genannt.[9] Um dieser Gefährdung zu begegnen, wurde die Reaktorhalle mit einer 1,8 Meter dicken Betonwand und -decke gebaut. Nachdem die Bauentscheidung gefallen war, konzentrierte sich die Kritik auf die Verwendung von hochangereichertem und damit im Prinzip atomwaffentauglichen Uran. Die derzeit gültige Betriebsgenehmigung enthält die Auflage, mittelfristig auf einen noch zu entwickelnden Brennstoff umzustellen, der durch noch höhere chemische Urandichte einen niedrigeren nuklearen Anreicherungsgrad ermöglicht.[8] [10] Derzeit wird dazu insbesondere an Uran-Molybdän-Verbindungen geforscht.

Der Reaktor wurde von der Siemens AG gebaut und kostete über 400 Millionen Euro. Er wurde am 2. März 2004 erstmals angefahren und erreichte am 24. August 2004 die Nennleistung von 20 MW. Im April 2005 wurde er formell von Siemens an die TU München übergeben und anschließend in den Routinebetrieb überführt.[8]

Baulichkeiten

FRM I (Atomei) und FRM II im Hintergrund

Der Reaktor liegt auf dem Campus der TUM in unmittelbarer Nähe seines Vorgängers, des ersten deutschen Forschungsreaktors FRM-I (in Betrieb 1957-2000). Der unter Denkmalschutz stehende markante Kuppelbau des FRM-I, bekannt geworden als „Garchinger Atomei“, ist nun Teil der Neutronenleiterhalle des FRM II.

Baulich besteht der FRM II aus dem Reaktorgebäude, einer Experimentierhalle, einer Neutronenleiterhalle und Nebengebäuden mit Büros, Werkstätten und Laboren. Das Reaktorgebäude enthält den eigentlichen Kernreaktor sowie die um diesen herum liegende "Experimentierhalle" mit verschiedenen Einrichtungen, die über Strahlrohre mit Neutronen versorgt werden. Die Leiterhalle wird über Neutronenleiter mit Neutronen versorgt.

Ein zusätzliches Gebäude, das Industrielle Anwenderzentrum (IAZ) auf dem Gelände des FRM II, wird von der radiochemischen Industrie zur Herstellung von Radiopharmaka genutzt. Hauptmieter ist derzeit (2008) die ITM Isotopen Technologien München AG.

Anlagensicherheit

Der FRM II verfügt nach Aussagen des Betreibers über die umfassendsten Sicherheitseinrichtungen für Forschungsreaktoren weltweit. Neben einer ständigen Bewachung und strenger Kontrollen auch der eigenen Mitarbeiter wurde insbesondere Wert auf eine inhärente Sicherheit gelegt: Bedingt durch die Konstruktion des Brennelementes geht die Anlage auch bei lediglich theoretisch denkbaren Störungen aufgrund der physikalischen Gesetze von selbst in einen stabilen Betriebszustand über.[11] Dazu kommen aktive Sicherheitseinrichtungen wie fünf magnetisch an Federn aufgehängte Abschaltstäbe aus Hafnium, die bei Unregelmäßigkeiten im Betrieb sofort in die Nähe des Brennelementes geschossen werden und den Reaktor abschalten (Reaktorschnellabschaltung). Selbst im Falle eines Verlustes des Regelstabes (s. Abschnitt "Kerntechnik") würden vier der fünf Stäbe ausreichen, um den Reaktor sicher abzuschalten.[12]

Insbesondere nach dem 11. September 2001 wurden nochmals Berechnungen durchgeführt, die die Sicherheit des FRM II hinsichtlich des Absturzes schneller Militärmaschinen, großer Verkehrsflugzeuge und eines Kerosinbrandes bestätigen. Vor der Erteilung der Betriebsgenehmigung wurde von unabhängigen Gutachtern eine Vielzahl möglicher und auch nur theoretisch denkbarer Unfälle untersucht, so dass die Sicherheit der Anlage letztendlich von der zuständigen Aufsichtsbehörde belegt wurde.[13]

Hinsichtlich der Bedenken bezüglich einer erhöhten Strahlendosis im Umfeld des FRM II ergaben Messungen und Berechnungen für die bewohnte Umgebung eine zusätzliche effektive Strahlendosis, die weniger als 0,01% der Belastung durch natürliche Radioaktivität beträgt. Auch das Lüftungssystem des FRM II ist ein geschlossenes System, in dem die Luft über Filter gereinigt wird. Lediglich ein geringer Bruchteil wird an die Umgebung abgegeben; dieser wird ebenfalls gefiltert, die Abgabe gemessen und dokumentiert. Über die Webseite des Bayerischen Landesamtes für Umwelt können diese von jedem online verfolgt werden.[14] Die hohen Sicherheitsauflagen für den Reaktor sind ein Grund dafür, dass die TU München auf dem Garchinger Campus als einzige deutsche Hochschule eine eigenständige Universitätsfeuerwehr unterhält.

Kerntechnik und Kühlung

Das Reaktorkonzept folgt Grundideen, die erstmals um 1970 am 55-MW-Hochflussreaktor des Instituts Laue-Langevin (ILL) in Grenoble umgesetzt wurden. Innovativ ist am FRM II vor allem die Verwendung einer dichteren Uranverbindung. Diese Verbindung war ursprünglich entwickelt worden, um existierende Forschungsreaktoren ohne unverhältnismäßige Leistungseinbußen von hoch- auf niederangereichertes Uran umzustellen. Am FRM II ermöglicht die Kombination einer hohen chemischen Urandichte mit einer hohen nuklearen Anreicherung einen besonders kompakten Reaktorkern und dadurch ein besonders hohes Verhältnis von Neutronenfluss zu thermischer Leistung. Wie alle anderen Hochleistungsforschungsreaktoren wird also auch der FRM II mit HEU (highly enriched uranium) betrieben.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Reaktoren kommt der FRM II daher mit einem einzigen Brennelement aus, das nach einer Zykluszeit von derzeit 60 Tagen gewechselt werden muss. Die Brennstoffzone des Elementes ist etwa 70 cm hoch und enthält 8 kg spaltbares Uran-235. Das Uran liegt als Uransilicid-Aluminium-Dispersionsbrennstoff vor. Im Brennelement sind die 113 jeweils 1,36 mm dicken Brennstoffplatten evolventenförmig gekrümmt. Zwischen den in einer Aluminium-Magnesium-Legierung verpackten Brennstoffplatten fließt in 2,2 mm breiten Spalten das Kühlmittel. Nach außen hin wird dabei weniger dichter Brennstoff verwendet als im Inneren (Urandichte 1,5 g/cm³ statt 3,0 g/cm³) um durch höheren Neutronenfluss und damit einhergehend höheren Spaltdichten bedingte thermische Spitzen zu vermeiden. Die Brennstoffplatten besitzen ein für Forschungsreaktoren typisches Cladding von 0,38 mm Dicke und sind damit so angelegt, dass die Spaltprodukte im Brennstoff verbleiben. Der Brennstoff selbst hat eine Dicke von 0,60 mm.

Evolventenförmig gekrümmte Brennstoffplatte, wie sie im Brennelement des FRM II zum Einsatz kommt. Die Längsstriche markieren den Plattenrahmen und die Grenze zwischen den beiden Brennstoffzonen.

Das Brennelement ist in einem mit Schwerwasser gefülltem Moderatortank untergebracht. Schweres Wasser zeichnet sich gegenüber normalem Wasser durch eine deutlich geringere Absorption von Neutronen bei nur unwesentlich schlechterem Moderationsverhalten aus. Gekühlt wird das Brennelement mit leichtem Wasser. Bei der Maximalleistung von 20MW erwärmt sich das Kühlwasser damit von 37 °C auf maximal 53 °C. Geregelt wird der Reaktor mit einem sich im Brennelement befindlichen Regelstab aus Hafnium mit Beryllium-Folger [1]. Der Regelstab ist durch eine Magnetkupplung mit dem Antrieb verbunden. Wird diese gelöst, so wird der Regelstab sowohl durch die Schwerkraft als auch durch die Strömung des Kühlwassers in seine untere Endposition gedrückt, was den Reaktor instantan abschaltet.

Brennelement des FRM II mit seinen 113 evolventenförmigen Brennstoffplatten (Ansicht von unten).

Der Moderatortank befindet sich im 700 m³ fassenden Reaktorbecken, das mit entsalztem Wasser gefüllt ist. Bedingt durch die umschlossene Bauweise kann so am FRM II von außerhalb des Moderatortanks nur eine geringe Tscherenkow-Strahlung beobachtet werden.

Neutronenstatistik

Die oben beschriebene Anordnung bedingt, dass 72,5% der erzeugten Neutronen die Spaltzone mit dem Leichtwasserbereich verlassen und so das Maximum des Neutronenflusses nicht im Brennelement selbst sondern außerhalb, 12 cm von der Oberfläche des Brennelementes entfernt im Moderatortank, zu finden ist. In diesem Bereich enden einige der Strahlrohre, die damit nicht direkt auf den Kern zeigen sondern an ihm vorbei. Vorteil dieser Technik ist ein besonders reines Spektrum, das nur sehr wenig durch intermediäre und schnelle Neutronen gestört wird. Auch die Gammastrahlung im Strahlrohr wird so deutlich reduziert. Der Neutronenfluss beträgt hier etwa 8 × 1014 n/cm2 s, also etwa 800 Billionen Neutronen pro Sekunde und Quadratzentimeter. Bedingt durch die zahlreichen Einbauten im Moderator erniedrigt sich dieser Fluss im Mittel auf 6,4 × 1014 n/cm2 s. An den eigentlich Experimentstandorten am Ende der Neutronenleiter beträgt die Flussdichte noch bis zu 1010 n/cm2 s. Diese Flussdichten sind mit denen des ILL vergleichbar. Im Flussmaximum des Moderatortankes sind auch weitere Elemente untergebracht: Die kalte Quelle liefert besonders langwellige Neutronen, die heiße Quelle kurzwelligere Neutronen. Eine am Rand des Moderatortankes angebrachte, ausfahrbare Konverterplatte erzeugt schnelle Spaltneutronen für die medizinische Bestrahlungseinrichtung (entsprechend einer Temperatur von etwa 10 Milliarden °C) [2].

Von 100 Neutronen, die im Kern produziert werden gelangen wie bereits erwähnt etwa 72,5 ins Schwerwasser, von denen wiederum rund 34,8%, entsprechend etwa 25,2% der ursprünglich vorhandenen Neutronen, wieder vom D2O in die Brennstoffzone zurück reflektiert werden. Diese Neutronen sind schnell oder epithermisch. Im H2O werden sie dann zusammen mit den 27,5 bereits dort verbliebenen Neutronen auf thermische Energien abgebremst. Durch Absorption gehen dabei rund 18,4 Neutronen verloren, zum Teil auch im Brennstoff, was zu 22,2 neuen Spaltneutronen führt. Die übrigen 34,3 Neutronen erzeugen durch Spaltung 47,4 neue Neutronen - der Rest geht in anderen Absorptionsprozessen verloren.

18,3% der ursprünglichen Neutronen diffundieren als thermische Neutronen vom D2O in die Brennstoffzone zurück. Sie führen über Spaltung zu 30,5 neuen Neutronen.

Insgesamt werden im FRM II bei Normalbetrieb rund 1,54 × 1018 Neutronen pro Sekunde produziert. Bildlich gesprochen wären das 13,4 g reiner Neutronen pro Brennelement.

Kühlung

Der FRM II wird mit drei Kühlkreisläufen betrieben [3]. Das primäre System nutzt das Beckenwasser und verzeichnet einen Durchfluss von etwa 1000 m³/Std., also etwa 280 l/s, entsprechend einer Geschwindigkeit von 17 m/s in den 2,2 mm breiten Kühlkanälen zwischen den Brennstoffplatten. Das Sekundärsystem ist ein geschlossener Wasserkreislauf. Das tertiäre System besteht aus Nasskühlaggregaten, hier wird die Wärme an die Atmosphäre abgeführt. Zusätzlich zu den 20 MW thermischer Leistung des Kerns sind etwa 4 MW Leistung der Betriebskomponenten abzuführen.

Im Primärkühlkreislauf sorgen vier Pumpen für den nötigen Durchlauf, von denen jeweils zwei Pumpen zu einem Strang zusammengefasst sind. Bereits drei Pumpen reichen aus um den Kern bei voller Nennleistung ausreichend zu kühlen. Im Falle einer Reaktorabschaltung werden drei Nachkühlpumpen zugeschaltet, die Beckenwasser durch den Kern pumpen. Diese Pumpen werden drei Stunden nach der Abschaltung wieder abgeschaltet, dann reicht die natürliche Konvektion zur Abfuhr der Restwärme des Kernes aus. Bereits eine dieser Pumpen genügt zur sicheren Abfuhr der Nachwärme. Zudem sind die Pumpen an einen Notstromdiesel angeschlossen, so dass auch ein kompletter Netzausfall überbrückbar ist. Auch im hypothetischen Szenario eines Ausfalls aller drei Pumpen würde der Kern nicht schmelzen, da zu wenig Restwärme vorhanden wäre. Darüber hinaus ist das System so ausgelegt, dass im Falle eines Ausfalles aller Pumpen das Beckenwasser die komplette Nachwärme des Brennelementes aufnehmen könnte, ohne zu sieden.

In den Sekundärkreislauf wird neben der Wärme des Primärkühlkreislaufs auch die Abwärme anderer Betriebskomponenten eingekoppelt.

Nutzung

Der FRM II ist optimiert für Neutronenstreuexperimente an Strahlrohren und Neutronenleitern. Daneben gibt es Einrichtungen für Materialbestrahlungen, medizinische Bestrahlungen und kernphysikalische Experimente.

Die Experimentiereinrichtungen werden nicht vom FRM II selbst betrieben, sondern von verschiedenen Lehrstühlen der TU München sowie von anderen Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die zu diesem Zweck Außenstellen auf dem Gelände des FRM II unterhalten. Vertretene Institute sind die Max-Planck-Gesellschaft, die Leibniz-Gemeinschaft und die Helmholtz-Gesellschaft. Letztere stellt mit dem Jülich Center for Neutron Science des Forschungszentrums Jülich mit über 30 Mitarbeitern die größte solche Außenstelle. Etwa 2/3 der Messzeit jedes Instrumentes stehen Gastwissenschaftlern aus aller Welt zur Verfügung. Insgesamt sind 30% der Kapazität für kommerzielle Nutzung vorgesehen.

Instrumentierung

Die Instrumente am FRM II sind zum Großteil Spektrometer und Diffraktometer. Dazu kommen zwei Radiographie- und Tomographieanlagen, mehrere Bestrahlungseinrichtungen sowie eine Positronenquelle.

Ultrakalte Neutronen

Am FRM II ist der Aufbau einer Anlage zur Erzeugung ultrakalter Neutronen (UCN) geplant. In gefrorenem Deuterium (D2) werden die Neutronen bis auf eine Energie von etwa 250 neV herabgekühlt. Sie wird primär zum Studium fundamentaler Eigenschaften des Neutrons genutzt werden.

Kalte Neutronen

Etwa 50% der Experimente am FRM II verwenden kalte Neutronen, d.h. Neutronen mit einer durchschnittlichen Energie von weniger als 5 meV. Die Kalte Quelle ist ein mit etwa 16 l flüssigem, etwa 25 K kaltem Deuterium gefüllter Zusatzmoderator, der im Schwerwassertank des FRM II platziert ist. Um die Aufheizung durch Wärmeleitung, Gammastrahlung und Neutronenstöße zu kompensieren, hat die kalte Quelle einen eigenen Kühlkreislauf. Der Deuterium-Bereich ist mit Schutzgas umhüllt, um auch bei Fehlfunktionen den Kontakt zwischen Deuterium und Luft zu unterbinden. In der Kalten Quelle beträgt die Flussdichte kalter Neutronen etwa 9,1 × 1013 n/cm2s [15]. Folgende Experimente arbeiten mit kalten Neutronen:

  • RESEDA: Neutronenresonanzspinecho (Spektrometer)
  • SANS-1: Kleinwinkelstreuung (Small angle neutron scattering, Diffraktometer)
  • KWS-1, -2, -3: Kleinwinkelstreuung (Diffraktometer)
  • REFSANS: Reflektometer für die Analyse von weichen und flüssigen Grenz- und Oberflächen (Diffraktometer)
  • TOFTOF: Hochauflösendes Flugzeitspektrometer (Spektrometer)
  • J-NSE: Jülich Neutron Spin Echo Spectrometer (Spektrometer)
  • MEPHISTO (Kern- und Teilchenphysik)
  • N-REX+: Neutronen-Röntgen-Kontrast-Reflektometer (Diffraktometer)
  • PGAA: Prompte Gamma-Strahl Aktivierungsanalyse (Bestrahlung)
  • MARIA: Magnetic Reflectometer with high Incident Angle (im Aufbau)
  • SPHERES: Rückstreuspektrometer (Spektrometer)
  • DNS: Diffuse Neutronenstreuung (Spektrometer)
  • MIRA: Reflektometer für große Wellenlängen
  • PANDA: Dreiachsenspektrometer (Spektrometer)
  • ANTARES: Radiographie und Tomographie (Radiographie)

Thermische Neutronen

Thermische Neutronen haben eine mittlere Energie von etwa 25meV, entsprechend der Temperatur des Moderators.

  • STRESS-SPEC: Eigenspannungs- und Texturdiffraktometer (Diffraktometer)
  • TRISP: Neutronen-Resonanz-Spinecho-Dreiachsenspektrometer (Spektrometer)
  • PUMA: Dreiachsenspektrometer mit Polarisationsanalyse und Multi-Analysator-Detektor (Spektrometer)
  • RESI: Einkristalldiffraktometer (Diffraktometer)
  • SPODI: Strukturpulverdiffraktometer (Diffraktometer)

Heiße Neutronen

Die heißen Neutronen entstammen der Heißen Quelle (~2400 °C, Moderator: 14 kg Graphit). Sie werden hauptsächlich für Strukturuntersuchungen an kondensierter Materie eingesetzt. Diese Neutronen haben eine Energie zwischen 0,1 eV und 1 eV. Die Heiße Quelle ist im Moderatortank in der Nähe des Flussmaximums untergebracht. Die Aufheizung des Graphits erfolgt durch Gammastrahlung, weniger auch durch Neutronen aus dem Reaktorkern. Die Quelle ist gegen die Umgebung durch einen Doppelwandigen Zirkalloy-Behälter mit eingelagertem Isolierfilz isoliert, so dass die Temperatur an der Aussenseite nur etwa 100 °C beträgt. Die letztendliche Temperatur resultiert aus dem thermischen Gleichgewicht zwischen Aufheizung und Wärmeabgabe an die Umgebung.

  • HEIDI: Heißes Einkristalldiffraktometer (Diffraktometer)

Spaltneutronen

Die Strahlkonverteranlage (SKA) zur Erzeugung der Spaltneutronen besteht aus zwei zusammen 498g U-235 enthaltenden Platten, die durch Einfang thermischer Neutronen und anschließende Spaltung schnelle Spaltneutronen (Energie: 0,1MeV - 10MeV) erzeugen. Die Platten befinden sich am Rand des Moderatortankes und haben eine Nennleistung von 80kW. Sie können bei Bedarf aus dem Neutronenfeld gezogen werden um einem unnötigen Abbrand (Verlust durch Spaltung) des Urans vorzubeugen.

  • MEDAPP: Medizinische Bestrahlungsanlage (Neutronentherapie, Bestrahlung)
  • NECTAR: Neutronen Computer Tomographie und Radiographie Anlage (Radiographie)

Positronenquelle

Die Positronenquelle NEPOMUC ist die weltweit stärkste Quelle für monoenergetische Positronen (Stand 3/2008). Sie erzeugt etwa 9 · 108 moderierte Positronen pro Sekunde. Zur Erzeugung der Positronen werden thermische Neutronen in Cadmium eingefangen, wodurch harte Gammastrahlung bis zur Maximalenergie von 9 MeV entsteht. Durch Absorption dieser Gammastrahlung in Platinfolien werden durch Paarbildung Positronen (Antimaterie) und Elektronen (Materie) erzeugt. Im Platin werden primär erzeugte Positronen auf Umgebungstemperatur moderiert und können nach Diffusion zur Folienoberfläche ins Vakuum emittiert werden. Die so moderierten Positronen werden auf eine Energie von 1 keV beschleunigt und magnetisch geführt [16]. Über eine Strahlweiche gelangt der monoenergetische Positronenstrahl zu verschiedenen Experimenten [17]:

  • CDBS: Koinzidenzdopplerspektroskopie[18]
  • PAES: Positronen-Annihilations induzierte Auger-Elektronen-Spektroskopie[19]
  • SPM: Scanning Positron Microscope (planned)
  • PLEPS: Pulsed Low Energy Positron System
  • Ein offener Strahlplatz für zusätzliche Experimente: Derzeit Erzeugung des negativ geladenen Positroniumions.

Bestrahlungsanlagen

Zu den oben genannten Experimenten kommen die Bestrahlungsanlagen im Inneren des Moderatortankes zur Erzeugung radioaktiver Isotope, zur Neutronenaktivierungsanalyse (NAA) oder zur Dotierung von Silizium:

\mathrm{{}^{30}Si\ + n \longrightarrow {}^{31}Si + \gamma}
\mathrm{{}^{31}Si\ \stackrel{\beta^-,\ 2,62\,Std.} \longrightarrow\ {}^{31}P}.

Das so gewonnene dotierte Silizium ist sehr homogen dotiert.

Anwendungen

Die oben genannten Instrumente decken ein breites Anwendungsspektrum ab, sowohl hinsichtlich der Forschung als auch der industriellen Nutzung.

  • Bestrahlungen von Materialien
  • Erzeugung radioaktiver Quellen, beispielsweise für die medizinische Behandlung (Radiopharmaka) oder für Dichtemessungen
  • Neutronenaktivierungsanalyse zur Identifikation der Bestandteile einer Probe
  • Siliziumdotierung zur Herstellung gleichmäßig dotierter Siliziumkristalle
  • Radiographie und Tomographie (zerstörungsfrei)
  • Durchleuchtung technischer (bewegter) Objekte
  • 3D-Rekonstruktion des inneren Aufbaus von Objekten
  • Oberflächen- und Defektanalyse (mit Positronen)
  • Eigenspannungsanalyse in Fertigungstechnologie, Bauteilfertigung und Materialentwicklung
  • Texturbestimmung nach Walz- und Umformprozessen

Einzelnachweise

  1. http://www.bfs.de/de/kerntechnik/ereignisse/standorte/karte_fr.html/#tabelle
  2. http://portal.mytum.de/forschung/zentren/frm_ii
  3. Sozialdemokratischer Pressedienst.(1985), H. 110 [13.06.1985], S. 1, http://library.fes.de/spdpd/1985/850613.pdf
  4. http://www.kunstministerium.bayern.de/forschung/frm2_artikel.html
  5. http://www.asamnet.de/oeffentl/bi/220803a.htm
  6. http://www.frm2.de/Pressemitteilungen/presse%2004-15.htm
  7. http://www.gruene-ml.de/kv/presse-ansicht.php?id=4
  8. a b c http://www.frm2.tum.de/fileadmin/stuff/information/documents/RedeHerrmann.pdf
  9. Google Maps
  10. http://www.frm2.tum.de/technik/plenarvortrag/index.html
  11. http://www.frm2.tum.de/technik/reaktor/inhaerente-sicherheitsmerkmale/index.html
  12. http://www.frm2.tum.de/technik/reaktor/aktive-sicherheitsmerkmale/abschaltsystem/index.html
  13. http://www.rskonline.de/downloads/frmii.pdf
  14. http://inters.bayern.de/kfue/station_kfue.htm
  15. http://www.frm2.tum.de/technik/sekundaere-strahlquellen/kalte-quelle/index.html
  16. http://www.frm2.tum.de/wissenschaft/kern-amp-teilchenphysik/nepomuc/index.html
  17. http://e21.frm2.tum.de/index.php?id=207
  18. http://e21.frm2.tum.de/index.php?id=cdbs
  19. http://e21.frm2.tum.de/index.php?id=paes

Wenn nicht anders genannt: Offizielle Webpräsenz.

Weblinks


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