Fehrbelliner Platz

Fehrbelliner Platz
Eingangsgebäude des U-Bahnhofs Fehrbelliner Platz. Im Hintergrund der ehemalige Hauptsitz der Nordstern-Versicherung am Fehrbelliner Platz 2, heute Sitz von Teilen der Berliner Senatsverwaltung

Der Fehrbelliner Platz ist ein Verkehrsknotenpunkt im Ortsteil Wilmersdorf des Berliner Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf. Er liegt am Kreuzungspunkt des Hohenzollerndamms mit der Brandenburgischen Straße. Benannt wurde er nach der Schlacht bei Fehrbellin von 1675, in der die Truppen des Großen Kurfürsten die schwedische Invasionsstreitmacht unter ihrem Oberbefehlshaber Carl Gustav Wrangel zum Rückzug aus der Mark Brandenburg zwangen.

Nachdem 1920 durch die Bildung von Groß-Berlin die bis dahin selbstständige Stadt Berlin-Wilmersdorf eingemeindet wurde, machten die gegenüber dem Berliner Zentrum vergleichsweise niedrigen Bodenpreise den verkehrsgünstig liegenden Stadtplatz für flächenintensive Verwaltungsneubauten attraktiv. Der seit 1913 bestehende U-Bahn-Anschluss wertete den Standort zusätzlich auf.

Inhaltsverzeichnis

Projektierung

Der bis in die 1920er Jahre weitgehend unbebaute Fehrbelliner Platz war als großer hufeisenförmiger Stadtplatz projektiert worden. In einiger Entfernung waren bereits einige Verwaltungsgebäude entstanden, als sich die Stadt entschloss, den Wildwuchs zwischen Villenvorort und Gründerzeitquartier einzudämmen. Vor diesem Hintergrund wurde 1934 ein Wettbewerb zur „Herstellung eines der schönsten und in seiner Einheitlichkeit vielleicht großartigsten Plätze Deutschlands“ ausgeschrieben. Sieger war Otto Firle mit seinem Halbkreisschema, das abgesehen von den Straßenüberbauungen weitgehend verwirklicht wurde. Die durch angenäherte Traufhöhen optisch in Bezug zueinander stehende Platzrandbebauung hat Ensemblecharakter und betont die Hufeisenform des Platzes, der sich nach Norden zum Preußenpark hin öffnet. Die Verwaltungsgebäude Fehrbelliner Platz 1 bis 4 weisen typische Merkmale der Architektur im Nationalsozialismus auf.

Bauten

Weimarer Republik

Die Konzeption nach dem Ersten Weltkrieg sah schon eine Hufeisenform des Platzes vor, allerdings mit wesentlich größerem Radius. Aus dem vorangegangenen Jahrzehnt gab es auch noch das nie realisierte Projekt, den Bogen nach Norden (zum Preußenpark hin) durch ein repräsentatives Rathaus für das damalige Deutsch Wilmersdorf zu schließen.

Als erstes Gebäude dieses Plans entstand in der Weimarer Republik zwischen 1921 und 1923 der Hauptsitz der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte nach Plänen von G. Reuter. Es hat einen rechteckigen Grundriss und gruppierte sich zunächst um zwei Innenhöfe, wurde später mehrfach nach Nordwesten erweitert. Das Verwaltungsgebäude wurde im Zweiten Weltkrieg kaum beschädigt. Bis heute steht die Anschrift „Ruhrstraße 2“ für die deutsche Sozialversicherung.[1] Die Seitenflügel liegen auf der Ruhrstraße und der Westfälischen Straße. Die dazwischen liegende Hauptfront bildete die nordwestliche Seite der Randbebauung des „großen Hufeisens“. Ein Neubau der BfA aus den 1970er Jahren vor der alten Hauptfront passt heute die Platzkontur dem verkleinerten Hufeisen an.

1931 wurde nach Entwürfen des Architekten Emil Fahrenkamp an der Südseite des Hohenzollerndamms das Hauses für den Deutschen Versicherungskonzern gebaut. Der Rundbogen zum Fehrbelliner Platz (heute: Julius-Morgenroth-Platz) zeigt noch die ursprünglich vorgesehene Größe des Platzes. Zunächst wurde dieser Bogenflügel und der Flügel an der Brienner Straße gebaut, später über Hohenzollerndamm 174–177 und Mansfelder Straße erweitert und der Block geschlossen. Ab 1935 wurde es von der Deutschen Arbeitsfront (DAF) als „Schatzamt“ genutzt. Ein weiterer Bau für die DAF (Fehrbelliner Platz 4) vervollständigte später wieder das Kreissegment auf dem jetzt verkleinerten Platz.

Das Wohnhaus in der Spitze zwischen Ruhrstraße und Hohenzollerndamm trat im Stadtbild auffallend hervor, weil man die Obergeschosse zu einer russisch-orthodoxen Kirche mit Zwiebeltürmen umgebaut hatte. Sie wurde von den durch die Russische Revolution vertriebenen Emigranten genutzt, die sich zum Teil noch auf große Vermögenswerte stützen konnten. 1938 wurde in unmittelbarer Nähe am Hoffmann-von-Fallersleben-Platz als Ersatz die Christi-Auferstehungs-Kathedrale errichtet.

Mit den drei genannten Bauten war bereits vor 1933 der große Bogen auf der Westseite des Platzes geschlossen worden.

Zeit des Nationalsozialismus

Am Fehrbelliner Platz 1 wurde auf rautenförmigem Grundriss an der nordöstlichen Ecke zum Hohenzollerndamm 1935/1936 nach Entwurf des Architekten Philipp Schaefer ein Verwaltungsgebäude für die Rudolf Karstadt AG erbaut. Dessen mit Natursteinplatten verkleidete Fassade ist durch zu Vierergruppen zusammengefasste Fenster gegliedert. Dieser Komplex setzte sich ursprünglich weiter nach Osten bis an die Sächsische Straße fort, wurde aber im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört. Gegenwärtig wird es vom Landesverwaltungsamt Berlin genutzt.

Nordstern-Versicherung am Fehrbelliner Platz 2 (von Otto Firle)

Der ehemalige Hauptsitz der Nordstern-Versicherung am Fehrbelliner Platz 2 beherbergt heute Teile der Berliner Senatsverwaltung und wurde als Südost-Segment der Randbebauung im typischen Architekturstil der NS-Zeit ausgeführt. Das Konzept für das 1934 begonnene und 1936 fertiggestellte Projekt stammt von Otto Firle. In dem T-förmigen Stahlskelettbau ist der Hauptzugang mittig angeordnet und wird durch ein weit auskragendes, auf zwei massiven Fahnenmasten ruhendes Vordach betont. Die mit Naturstein verkleidete Fassade wird zeittypisch durch hervortretende Fensterlaibungen gegliedert.

An den Bau der Nordstern-Versicherung schließt sich auf der anderen Seite der Brandenburgischen Straße am Fehrbelliner Platz 3 die von Ludwig Moshamer entworfene ehemalige „Reichsgetreidestelle“ an. Moshamer orientierte sich an den Vorgaben Firles, gliederte das Gebäude axial und setzte den Haupteingang in die Platzfront. Dafür fiel bei ihm die mit Naturstein verkleidete Schauseite mit Fensterlaibungen und Gesimsen aus Muschelkalk um einiges edler aus. Die platzabgewandten Fronten wurden dagegen lediglich verputzt. Der von 1935 bis 1938 errichtete fünfgeschossigen Bau sollte durch eine Überbauung der Brandenburgischen Straße mit der Nordstern-Versicherung verbunden werden. Heute ist hier das Bundesinstitut für Berufsbildung untergebracht.

Britischer Briefkasten am Rathaus

Das heutige Rathaus Wilmersdorf wurde von 1941 bis 1943 am Fehrbelliner Platz 4 als letzter Gebäudekomplex in der NS-Zeit im neuklassizistischen Stil zur Erweiterung des benachbarten Sitzes der Deutschen Arbeitsfront (DAF) errichtet. Den Entwurf fertigte der Architekt Helmut Remmelmann. Dem Äußeren des konventionell gemauerten und verputzten Bauwerks ist deutlich die Materialknappheit des Zweiten Weltkriegs anzusehen. Das Innere fiel mit seinem kreisrunden, säulengesäumten Ehrenhof etwas großzügiger aus. Der Architekt orientierte sich dabei an dem von 1919 bis 1924 in Kopenhagen erbauten Polizeipräsidium. Zusammen mit dem schon vor 1933 entstanden Nachbargebäude der DAF am Hohenzollerndamm 174 bildet er ein großes Kreissegment der verkleinerten Platzkontur.

Neben den Gebäuden mit Postanschrift Fehrbelliner Platz setzt sich die Bebauung in gleichem Stil nahtlos fort: Nördlich des Fehrbelliner Platz 5 in der Spitze zwischen der Brandenburgischen und der Westfälischen Straße steht noch ein weiteres Gebäude mit zeittypischen Kolossalfiguren neben dem Eingang, 1936–1938 vom Architekten Herbert Richter für den „DAF-Versicherungsring“ gebaut.

Der Gesamtkomplex reicht bis an die Mansfelder, Sächsische und Pommersche Straße.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Im Norden des Gebäudes Fehrbelliner Platz 1 schließt sich das 1955 nach Entwurf der Architekten Werry Roth und Richard von Schuberth fertiggestellte Hochhaus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in der Württembergischen Straße an.

Das nach Entwurf der Architekten Jan und Rolf Rave von 1970 bis 1973 am Fehrbelliner Platz 5 für die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte errichtete und heute von der Deutschen Rentenversicherung genutzte Bürohaus wurde als sechsgeschossiger kubischer Bau in Höhe und Proportionen der vorhandenen Platzbebauung angeglichen. Die Fassade ist mit Sichtbetonecken und dazwischen liegenden Fensterbändern gegliedert. In das Erdgeschoss wurde eine Einkaufspassage integriert.

Der Eingangspavillon des in den Jahren 1968 bis 1972 nach Plänen des Architekten Rainer G. Rümmler grundlegend umgebauten U-Bahnhofs Fehrbelliner Platz bildet in Gestaltung und Farbgebung einen bewussten Kontrast zu den Verwaltungsbauten aus der Zeit des Dritten Reiches. Neben der Funktion als Eingangshalle schließt der Bau eine Bushaltestelle, einen Kiosk sowie einen Gastronomiebetrieb ein. Auffällig ist der Uhrenturm mit Verkehrsbeobachtungsraum, dem der Komplex den Beinamen „Bohrinsel“ verdankt.

Die Gebäude Nr. 1–4, an der Westfälischen Straße sowie der U-Bahnhof stehen unter Denkmalschutz.

Preußenpark

Nördlich des Fehrbelliner Platzes erstreckt sich zwischen der Brandenburgischen und der Württembergischen Straße der nach Entwurf des Gartenarchitekten Richard Thieme 1904 als Preußenplatz angelegte und 1920 ebenfalls nach Plänen von Thieme umgestaltete Preußenpark.

Skulpturengruppe Die Sieben Schwaben

Skupturengruppe
Die Sieben Schwaben

Zwischen den Gebäuden Fehrbelliner Platz 1 und 2 wurde 1978 auf dem Mittelstreifen des Hohenzollerndamms die aus Eisenstahlblechen geschweißte und verzinkte Skulpturengruppe Die Sieben Schwaben des Bildhauers Hans-Georg Damm aufgestellt.

Literatur

  • Wolfgang Schäche: Der Fehrbelliner Platz. Identitätsprobleme zwischen Verkehrsknoten und Verwaltungszentrum. In: Berlin in Geschichte und Gegenwart. 1990, ISSN 0175-8446, S. 132–158.
  • Harald Bodenschatz, Hans Stimmann; Institut für Stadt- und Regionalplanung der TU Berlin in Verbindung mit dem Kulturhaus Wilmersdorf e. V. (Hrsg.): Der Fehrbelliner Platz – Fragmente einer durch das III. Reich gezeichneten Geschichte. 2. Auflage. Berlin 1983.
  • Markus Sebastian Braun (Hrsg.): Berlin. Der Architekturführer. Quadriga, München 2001, ISBN 3-88679-355-9.
  • Rolf Bothe (Hrsg.): Berlin in der Malerei vom 17. Jh. bis zur Gegenwart. Nicolai und Arenhövel, Berlin 1987, ISBN 3-87584-212-X, S. 350 (Ausstellung im Berlin-Museum, 19. September–1. November 1987).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Impressum der DRV-Website
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