Fremskrittspartiet

Fremskrittspartiet
Parteilogo
Fremskrittspartiet logo.png
Basisdaten
Gründungsjahr: 1973
Gründungsort: Oslo, Norwegen
Vorsitzende: Siv Jensen
1. Stellv. Vorsitzender: Per Sandberg
2. Stellv. Vorsitzender: Per Arne Olsen
Generalsekretär: Geir Mo
Mitglieder: 24 000 (2006)
Parteigliederung: Regionalverbände,
Ortsverbände
Internet: www.frp.no

Die Fremskrittspartiet (Abkürzung FrP; deutsch die Fortschrittspartei) ist eine politische Partei des rechten Spektrums in Norwegen, die sich als „liberalistische Volkspartei“ bezeichnet.[1] Von Politologen wird sie mit rechtspopulistischen Parteien wie der FPÖ und der niederländischen Lijst Pim Fortuyn verglichen.[2][3]

Ihren Anfängen nach ist die 1973 gegründete FrP eine rechte Protestpartei. Obwohl die Partei nach den Parlamentswahlen 2005 die zweitstärkste Fraktion im Storting stellte, halten manche Sozialwissenschaftler die Bezeichnung als Protestpartei immer noch für gerechtfertigt;[4][5] von der Partei selbst wird sie nicht zurückgewiesen.[6] Fraglich ist, ob die Partei den Rechtsextremen zugeordnet werden kann.[2] Im Zuge einer komparatistischen Analyse rechter Parteien in Europa ist die FrP trotz eines Flügels aus „neorassistischen Populisten“[7] als „gemäßigt nationalistisch und fremdenfeindlich“ sowie als „eher systemkonform“[3] klassifiziert worden. Manche Sozialwissenschaftler bezeichnen diese Ausrichtung als „Rechtsextremismus light“.[8][9]

Inhaltsverzeichnis

Programmatik

Die FrP setzt sich für die Begrenzung der Immigration, Ausweisung krimineller Ausländer und freie Marktwirtschaft ein. Wirtschaftspolitisch orientiert sich die Partei u. a. am Thatcherismus. Weitere Programmpunkte sind:

  • Privatisierung staatlicher Unternehmen[10]
  • Steuersenkungen[11] und Vereinfachung des norwegischen Steuersystems
  • engere Partnerschaft mit Israel und den USA
  • Bekenntnis zur „christlich-abendländischen Tradition“ sowie dem „in der christlichen Weltanschauung verwurzelten kulturellen Erbe“
  • Reduzierung staatlicher Sozialprogramme[11]
  • Privatisierung des Bildungssystems und Einführung eines Bildungsgutscheinmodells
  • Unabhängigkeit der norwegischen Zentralbank von politischer Einflussnahme
  • Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen (Die Partei bestreitet, dass der Klimawandel vom Menschen verursacht wird.[12])

Geschichte

Anfang der 1970er Jahre kam es in Norwegen zu einer Zäsur im Parteiensystem. Durch Spaltungen und Neugründungen entstanden neue politische Parteien, eine davon war die Fremskrittspartiet.[13] Ursprünglich hieß die Partei ALP (Anders Langes parti til sterk nedsettelse av skatter, avgifter og offentlige inngrepAnders Langes Partei für eine starke Senkung von Steuern, Abgaben und staatlichen Interventionen). Der Gründer wandte sich damit vor allem gegen den sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaat, die keynesianistische Wirtschaftspolitik und den angeblich mangelnden Widerstand der Konservativen gegen eben diese Aktivitäten. Ein früherer Agent des südafrikanischen Apartheidregimes behauptet, die Partei sei anfänglich von der Regierung Südafrikas finanziert worden.[14]

Anders Lange setzte sich stark für das Apartheidregime Südafrikas ein, galt in den 1930er Jahren als Anhänger Hitlers und war ab 1929 Sekretär der Fedrelandslaget, die 1936 Hitler und Mussolini für den Friedensnobelpreis nominiert hat. Während des Zweiten Weltkrieges zeigte sich Anders Lange trotzdem als ein entschiedener Gegner der deutschen Besatzung und wurde von den Okkupanten kurzfristig interniert. Nachdem Anders Lange 1974 verstarb, erhielt die Partei zur nächsten Stortingswahl 1977 ihren heutigen Namen.

War die Gründungsphase der Partei vor allem vom Charakter als Protestpartei gekennzeichnet, nahm die Fortschrittspartei in den 80er Jahren zunehmend fremdenfeindliche Parolen in ihr Programm auf. Beobachter stellten für dieses neue Phänomen den Begriff des organisierten Rassismus gegen den des nicht anwendbaren Rechtsextremismus. Indem die Partei Ängste vor einer Überflutung Norwegens mit Migranten weckte, sollten vorhandene Voruteile in der Bevölkerung weiter gestärkt und Ängste vor sozialer Deklassierung geweckt werden.[15] Zu den Kommunalwahlen 1987 gelang es der FrP ihre bisherigen Mandate zu verdoppeln. Dieser Erfolg beruhte vor allem auf der Ausnutzung rassistischer Vorurteile gegen Immigranten. Der Schock über diesen fremdenfeindlichen Wahlsieg führte dazu, dass der norwegische König Olav V. zu mehr Toleranz gegenüber den neuen Landsleuten aufrief.[16]

1994 kam es zu einer Spaltung der Partei, wobei jüngere, liberal eingestellte Mitglieder die Partei verließen.

Bei den Wahlen zum Storting, dem norwegischen Parlament, erreichte die FrP 2001 14,6 % der Stimmen und war Umfragen im Jahre 2002 zufolge sogar auf dem Weg, die stärkste Partei Norwegens zu werden. Die Mitte-Rechts-Minderheitsregierung unter Kjell Magne Bondevik war von 2001 bis 2005 auf die Stimmen der Fortschrittspartei angewiesen, wodurch ihr Vorsitzender Carl Ivar Hagen großen Einfluss in der norwegischen Politik und Öffentlichkeit gewann. National gesinnte Medien nannten ihn deshalb auch „König Carl“.

Seit der Stortingwahl 2005 ist die FrP mit 22,1 % der Stimmen die zweitgrößte Partei im norwegischen Parlament.

Demographische Aufstellung der FrP

Als die norwegische Arbeiterpartei zwischen 1985 - 1989 eine Kampagne zur Beteiligung und Einbindung von Frauen in die Politik initiierte, zogen nach und nach alle anderen Parteien mit und erhöhten den Anteil von Frauen in ihrem Abgeordnetenpool. Ausschließlich die FrP verweigerte sich dieser Politik. War die Partei 1985 nur mit zwei Abgeordneten vertreten, erang sie bei der Wahl zum Storting 1989 bereits 22 Mandate. Hatte die Arbeiterpartei von 1981 - 1989 ihren Frauenanteil von 33 % auf 51 % erhöht und das norwegische Parlament 1989 einen Anteil von 40 % weiblichen Geschlechts, so waren 1989 lediglich 2 von 22 Mandatsträgern der FrP weiblich, dies entsprach einem Anteil von 4,5 %. Ein Großteil der FrP-Wählerbasis hatte nach dem damaligen Forschungsstand ein traditionelles Geschlechterrollenverständnis. Überwiegend wählten Männer die Partei (1985: 69 %; 1989: 65 %)[17][18] Nach der Parlamentswahl 2009 waren 24,4 % der FrP-Abgeordneten weiblich. Unter anderem stellte die Partei die jüngste Parlamentarierin der Legislaturperiode, Mette Hanekamhaug.

Parteivorsitzende

Nach dem Rücktritt Hagens zum 6. Mai 2006 wurde die bisherige Vize-Vorsitzende Siv Jensen an die Parteispitze gewählt. Sie trat auch als Spitzenkandidatin der FrP bei der nächsten Parlamentswahl im Jahr 2009 an.

Wahlergebnisse zum Storting 1973–2009

Wahljahr  % Sitze
1973 (ALP) 5,0 % 4
1977 1,9 %
1981 4,5 % 4
1985 3,7 % 2
1989 13,0 % 22
1993 6,3 % 10
1997 15,3 % 25
2001 14,6 % 26
2005 22,1 % 38
2009 22,9 % 41

ALP: Anders Langes parti

2001: 2 Abgeordnete traten aus Fraktion aus

Einzelnachweise

  1. Fremskrittspartiet: „Fremskrittspartiets prinsipper“ (Prinzipien der Fortschrittspartei): „Fremskrittspartiet er et liberalistisk folkeparti.“ (deutsch: „Die Fortschrittspartei ist eine liberalistische Volkspartei“
  2. a b Frank Decker: Wenn die Populisten kommen, in: Die Zeit, Nr. 44/2000
  3. a b Melanie Haas, Oskar Niedermayer, Richard Stöss (Hrsg.): Die Parteiensysteme Westeuropas, VS-Verlag, Wiesbaden 2006, S. 528
  4. Dieter Roth: Empirische Wahlforschung, VS-Verlag, Wiesbaden 2008, S. 188
  5. Svein Tore Marthinsen: Tenk om FrP lykkes, in: Aftenposten, 14. August 2009
  6. Publikation des Artikels von Svein Tore Marthinsen auf der offiziellen Website der Partei www.frp.no, 2009 (aufgerufen am 13. September 2009
  7. Melanie Haas, Oskar Niedermayer, Richard Stöss (Hrsg.): Die Parteiensysteme Westeuropas, VS-Verlag, Wiesbaden 2006, S. 538
  8. Melanie Haas, Oskar Niedermayer, Richard Stöss (Hrsg.): Die Parteiensysteme Westeuropas, VS-Verlag, Wiesbaden 2006, S. 527, 535
  9. Richard Stöss: Rechtsextremismus im Wandel, Berlin 2005, S. 192, 214
  10. In Norway, the Left Can 'Bribe' Voters with Oil Money, in: Der Spiegel, 16. September 2009. Darin: "the populist Progress Party which campaigned on a platform of tax cuts, privatization and restricting immigration" (ebda.)
  11. a b Peter Goodspeed: Goodspeed Analysis, in: National Post, 13. November 2010
  12. Marianne Ryghaug: Obstacles to Sustainable Development: the Destabilization of Climate Change Knowledge, S. 157–166, in: Sustainable Development, Vol. 19, Nr. 3 (Mai/Juni 2011), S. 162
  13. Arthur H. Miller und Ola Listhaug: Political Parties and Confidence in Government: A Comparison of Norway, Sweden and the United States, S. 357–386, in: British Journal of Political Science, Vol. 20, Nr. 3 (Juli 1990), S. 364
  14. Eschel M. Rhoodie: The Real Information Scandal. Atlanta und Pretoria: 1983
  15. Gabrielle Nandlinger: Rechtsextremismus als internationales Problem – Die Situation in den westeuropäischen Staaten, S. 144–154, in: Kurt Bodewig, Rainer Hesels und Dieter Mahlberg (Hg.): Die schleichende Gefahr – Rechtsextremismus heute, Essen 1990, S. 153
  16. Dennis L. Thomson: Comparative Policy Towards Cultural Isolationists in Canada and Norway, S. 433–449, in: International Political Science Review / Revue internationale de science politique, Vol. 13, Nr. 4, Resolving Ethnic Conflicts. La solution des conflits ethniques (Oktober 1992), S. 439
  17. Richard E. Matland: Institutional Variables Affecting Female Representation in National Legislatures: The Case of Norway, S. 737–755, in: The Journal of Politics, Vol. 55, Nr. 3 (August 1993), S. 750
  18. Richard E. Matland: Institutional Variables Affecting Female Representation in National Legislatures: The Case of Norway, S. 737–755, in: The Journal of Politics, Vol. 55, Nr. 3 (August 1993), S. 749

Weblinks

 Commons: Fremskrittspartiet – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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