Fritz Kühn

Fritz Kühn
Fritz Kühn, 1953

Fritz Kühn (* 29. April 1910 in Berlin-Bohnsdorf; † 31. Juli 1967 in Berlin) war ein deutscher Kunstschmied, Fotograf, Bildhauer und Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Fritz Kühn berät sich mit einem Kollegen über die Gestaltung des Eingangsportals für die Komische Oper Berlin, 1966
Fritz Kühn mit Ehefrau und dem Dortmunder Bürgermeister Dietrich Keuning, 1966

Er wurde als Sohn des Schmiedes Arthur Kühn geboren. Nach seiner Schulausbildung absolvierte Fritz Kühn ab 1924 zunächst eine Lehre als Werkzeugmacher. Gleichzeitig begann er zu fotografieren. Sein Vater eröffnete 1926 in Berlin-Weißensee eine eigene Schmiede. Fritz Kühn lernte 1927 den Unternehmer Karl Schmidt kennen, der seine Selbstständigkeit förderte. 1937 legte Kühn die Schmiedemeisterprüfung ab und eröffnete eine eigene Atelier-Werkstatt in Berlin-Bohnsdorf auf einem umgebauten Gutshof.[1] 1938 erschien Kühns erstes von zwölf Kunst- und Fachbüchern Geschmiedetes Eisen im Wasmuth-Verlag. Fritz Kühn war verheiratet und 1942 wurde sein Sohn Achim geboren.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges baute Kühn seine zerbombte Werkstatt in Bohnsdorf mit Hilfe seiner Gesellen wieder auf und kümmerte sich um Aufträge beim Wiederaufbau bedeutender Berliner Gebäude. So fertigte seine Werkstatt, in der er auch wieder Lehrlinge ausbildete, beispielsweise neue Treppengeländer für das damalige Zeughaus, schmiedete Treppengeländer sowie Innen- und Außengeländer für die Staatsoper.[1]

1947 veröffentlichte er seine erste fotografische Arbeit, 10 Jahre Kunstschmiede Fritz Kühn, in der Kühns Verbundenheit zum Werkstoff Eisen zum Ausdruck kommt. Bemerkenswert ist die Entwicklung eines speziellen Oberflächen-Behandlungsverfahrens für Eisenerzeugnisse, das Fachleute mit „dem Tachismus von Yves Klein oder der informellen Malerei von Emil Schumacher vergleichen“.[1] Seine Kunstwerke fanden schnell internationale Anerkennung. Die DEFA drehte 1954 mit Fritz Kühn einen Film mit dem Titel Lebendiges Eisen über dessen Werk.

Werke Kunst am Bau (Auswahl)

Brunnen am Strausberger Platz
Der A-Teppich
Fassade des Centrum-Warenhauses in Suhl, November 1999
  • 1952–1954: geschmiedete Leuchter und Treppengitter für das Berliner Zeughaus. Je Leuchter: Höhe mit Aufhängung 3 Meter, Durchmesser 1,70 Meter, Gewicht ca. 200 kg.[2]
  • 1955: Wandplastik am Deutschen Theater Berlin
  • 1958: Siemens-Gedenkwand in Berlin-Siemensstadt, Entwurf Bernhard Heiliger
  • 1958: eine Gitterskulptur, die aus einer Röntgenaufnahme des menschlichen Brustkorbs abstrahiert ist; ausgestellt bei der Weltausstellung in Brüssel im bundesdeutschen Pavillon[1]
  • 1958: Bekrönung für den Turm der Gedenkstätte Buchenwald
  • 1961: Altarkreuz und Leuchter der Gethsemanekirche[3],
  • 1964: Brüstungsgitter und Standleuchter in der Sankt-Hedwigs-Kathedrale in Berlin
  • 1964: Fischbrunnen in Magdeburg
  • 1965: A-Portal der Berliner Stadtbibliothek, 4,00 × 6,00 m, Buchstabe „A“ in 117 Varianten in neun Reihen übereinander
  • 1965: Brunnen im Innenhof des Café Moskau, 2,50 m hoch
  • 1965: Wandgestaltung im alten Ratssaal des Hagener Rathauses, 5,60 × 22,40 m (heute eingelagert).
  • 1966: Kupferverkleidung und 3 Eingangstüren für die Komische Oper Berlin, à 2,50 × 2,00 m sowie[4]
  • 1966: Wandrelief Lindenblätterwald an der ehemaligen Polnischen Botschaft, Unter den Linden 72–74, 3,70 × 10,50 m
  • 1967: Schwebender Ring des Brunnens auf dem Strausberger Platz, Höhe 5,00 m, bestehend aus getriebenen Kupferplatten in Diamantquaderung
  • 1967: Metallfassade für das Centrum Warenhaus in Suhl (Entwurf; im Oktober 2006 Abriss der Fassade und Umbau zu einem Einkaufszentrum); einige Teile waren als Exponat für das Museum vorgesehen, wurden jedoch während der Bauarbeiten aus dem Lagerraum gestohlen.[5]
  • 1968: Kupferreliefarbeit über die Entwicklung des mathematischen und technischen Denkens am Haus der Statistik am Alexanderplatz in Berlin (Entwurf 1967), Ausführung von seinem Sohn Achim Kühn

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Sehen und Gestalten. Natur und Menschenwerk, Leipzig 1951.
  • Gottes harte Herrlichkeit. Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1966.
  • Geschmiedetes Gerät. 4. Aufl. Wasmuth, Tübingen, ISBN 3-8030-5017-0.
  • Eisen und Stahl – Werkstattbuch der Schmiedekunst. Augustus-Verlag, Augsburg 1989. ISBN 3-8043-2715-X.

Würdigungen

  • 1954 erhielt Fritz Kühn den Nationalpreis der DDR, 3. Klasse, für seine gestalterische Tätigkeit im Bereich Kunst-am-Bau der Nachkriegsarchitektur in Berlin und weiteren Städten.
  • 1964 ernannte das Ministerium für Kultur der DDR Fritz Kühn zum Professor. 1958 und 1966 war er mit bedeutenden Werken an den Weltausstellungen in Brüssel und Montreal beteiligt. Ihm wurde 1969 eine Gedenkausstellung in den Museen des Louvre gewidmet. Nach dem Tod führte sein Sohn Achim Kühn die Atelier-Werkstatt erfolgreich weiter.
  • Die DDR-Regierung erklärte 1983 das Lebenswerk von Fritz Kühn zum nationalen Kulturgut.
  • 1999 wurde in Berlin-Bohnsdorf eine Straße nach ihm benannt.
  • 2004 gründete sich die Fritz-Kühn-Gesellschaft e.V., die den umfangreichen Nachlass des universellen Künstlers für eine dauerhafte Präsentation in einem zu bauenden Museum auf dem Gelände der Atelier-Werkstatt aufbereiten möchte. Finanzierungs-Probleme verhinderten bisher die Umsetzung. Kleine Erfolge wie die Veranstaltung eines Sonderkonzerts, deren Eintrittsgelder für den Museumsbau gespendet wurden, oder die Zusage des zuständigen Bezirksamtes Treptow-Köpenick, einen Kulturwissenschaftler und einen Haustechniker zur Aufbereitung des Nachlasses einzusetzen[6], sind inzwischen zu verzeichnen. Zwei studentische Diplomarbeiten – eine aus der Hochschule Zwickau im Jahr 2006[7] und eine Arbeit der Fachhochschule Berlin, Fachbereich Architektur, 2008 – lieferten erste Gebäudeentwürfe für das Museum.[8]
  • 2008 wurde die ehemalige Linden-Oberschule in Berlin-Bohnsdorf nach ihm benannt.
  • Im Mai 2010 eröffnete in der Galerie Alte Schule Adlershof (Dörpfeldstraße 56) eine Ausstellung ausgewählter Werke von Fritz Kühn.[1]

Literatur

  • Günter Hanisch: Fritz Kühn in Memoriam. 1910–1967. Sein Schaffen für die Kirche. Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1987, ISBN 3-374-00173-4
  • Andreas Krase, Ulrich Domröse (Hrsg.): Fritz Kühn, das photographische Werk 1931–1967. Nicolai, Berlin 1998. ISBN 3-87584-728-8.

Weblinks

 Commons: Fritz Kühn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e Ingeborg Ruthe: „Der unideologische Universalist“ in: Berliner Zeitung vom 11. Mai 2010; Seite 21
  2. Information des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen über die Leuchter des Zeughauses mit Abbildungen; abgerufen am 11. Mai 2010
  3. Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-I. Henschelverlag, Berlin 1984; S. 398
  4. Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-I. Henschelverlag, Berlin 1984; S. 195
  5. Schau ich weg von dem Fleck … Kunstklau in Suhl. Langfinger nahmen die Fassadenreste vom Centrum mit. Die sollten eigentlich ins Museum. In: SHLS, Kultur lokal vom 13. Oktober 2007
  6. Finanzen für das Fritz-Kühn-Museum in: Der Grünauer vom August 2009
  7. Entwurf zum Fritz-Kühn-Museum, 2006; Preis des BDA; abgerufen am 11. Mai 2010
  8. Diplomprüfungsübersicht; online

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