Berlin-Weißensee

Berlin-Weißensee

Weißensee
Ortsteil von Berlin

Berlin Brandenburg Buch Karow Wilhelmsruh Rosenthal Blankenfelde Niederschönhausen Heinersdorf Blankenburg Französisch Buchholz Pankow Prenzlauer Berg Weißensee Stadtrandsiedlung MalchowWeißensee auf der Karte von Pankow
Über dieses Bild
Koordinaten 52° 33′ 0″ N, 13° 28′ 0″ O52.5513.466666666667Koordinaten: 52° 33′ 0″ N, 13° 28′ 0″ O
Fläche 7,93 km²
Einwohner 47.538 (30. Juni 2011)
Bevölkerungsdichte 5995 Einwohner/km²
Postleitzahlen 13086, 13088
Ortsteilnummer 0302
Verwaltungsbezirk Pankow

Weißensee ist ein Ortsteil im Bezirk Pankow von Berlin, hervorgegangen aus einem im 13. Jahrhundert gegründeten eigenständigen Ort. Von der Eingliederung zu Groß-Berlin im Jahr 1920 bis zur Verwaltungsreform 2001 gab es einen eigenständigen Bezirk Weißensee.

Bis zur Auflösung im Jahre 2000 war der Bezirk Weißensee der bevölkerungsärmste Bezirk Berlins, da 1985 aus dem Stadtbezirk Weißensee der Ortsteil Hohenschönhausen als eigener Stadtbezirk ausgegliedert wurde. Am 1. Januar 2001 wurden die drei bis dahin eigenständigen Bezirke Weißensee, Pankow und Prenzlauer Berg zum neuen Verwaltungsbezirk Pankow fusioniert. Der ehemalige Bezirk Weißensee umfasste neben dem namensgebenden Ortsteil Weißensee auch die Ortsteile Heinersdorf, Blankenburg und Karow. Wenn vom Berliner Ortsteil Weißensee gesprochen wird, so liegt die Betonung korrekterweise auf der dritten Silbe des Wortes und nicht auf der ersten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

13. Jahrhundert

Weißensee wurde um 1230 als Straßendorf an der mittelalterlichen Heerstraße von Berlin über Weißensee, Malchow und Bernau nach Oderberg gegründet. Das Dorf Weißensee entstand im 13. Jahrhundert aus dem Dorf Wittenze um den Weißen See (der zu dieser Zeit noch Großer See genannt wurde) herum. Seine Existenz geht auf eine Nebenurkunde über eine Verpfändung an Conradus von Widense (vermutlich der erste Lehnschulze des Dorfes) aus dem Jahre 1242 zurück. An einer Handelsstraße, die Böhmen und Sachsen mit der Ostsee verband, wurde das Dorf Anfang des 13. Jahrhundert gegründet. Der fischreiche See bildete die Erwerbsgrundlage der ersten Bewohner. Sie siedelten sich am Ostufer des Sees an. Reste der in dieser Zeit gebauten frühgotischen Kirche sind noch heute an der Pfarrkirche Weißensee zu sehen. Katharina von Alexandrien ist die Schutzheilige dieser Pfarrkirche. Das Wappen von Weißensee bezieht sich auf das Rad, mit dem sie gerädert, und auf das Schwert, mit dem sie gevierteilt wurde. Gegenüber der Kirche befand sich ein Lehnschulzenhof. Der Ort dehnte sich mit seinen Bauern- und Kossätenhöfen in einer Länge von 500 Meter beiderseits der Dorfstraße aus.

14. Jahrhundert

Dorfkirche Weißensee

In einer Urkunde aus dem Jahre 1313 wurde das Dorf Weißensee zum ersten Mal erwähnt, als dem Heilig-Geist-Hospital in Berlin Rechte über vier Hufen aus Wittense ( niederdeutsch: Heller See) veräußert wurden. 1376 ließ der in Prag residierende Kaiser Karl IV. Weißensee wie alle Dörfer seines Herrschaftsbereichs in das „Landbuch der Mark Brandenburg“ eintragen. Im 14. Jahrhundert waren vorrangig Berliner Bürger Eigentümer oder Pächter des Dorfes.

15. bis 18. Jahrhundert

1486 belehnte Kurfürst Johann Cicero den Berliner Gewandschneider Thomas von Blankenfelde mit einem Bauernhof und machte ihn zum ersten Gutsherrn von Weißensee.

Um 1540 wurde in Weißensee ein Rittergut eingerichtet, das in der Folgezeit mehrere Male geteilt wurde und häufig seinen Besitzer wechselte. Während des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) wurde Weißensee mehrmals besetzt, so 1636 und 1639 von den Schweden. Nach dem Ende des Krieges lebten in Weißensee nur noch drei Familien. Erst 30 Jahre später wohnten hier wieder 143 Menschen.

Carl Gottlob von Nüßler vereinigte 1745 die getrennten Güter und errichtete am Südufer des Sees ein schlichtes Gutshaus.

„Weißensee, ein Dorf, 1 Meile von Berlin, dem Hrn. von Schenkendorf gehörig. Es ist daselbst ein sehr schöner Garten, dem die angenehme Lage an dem großen See, von dem das Dorf den Namen hat, noch mehr Reiz gibt […] Es gehet von Berlin dahin eine Allee […]“

Friedrich Nicolai: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, und der umliegenden Gegend. 1786.

19. Jahrhundert

Noch 1798 verlief die Bernauer Chaussee weitab von Weißensee an der Westseite des Weißen Sees. Ab 1804 begann man mit dem Bau der „Provinzial-Chaussee“ Berlin–Weißensee– Bernau. Allerdings reichten die Mittel für diese Straße nur bis Weißensee. Erste wirtschaftliche Impulse kamen mit dem Brennen von Kartoffelschnaps durch den 1817 von Johann Heinrich Leberecht Pistorius patentierten Brennapparat.

20. Jahrhundert

Ehemaliger Bezirk Berlin-Weißensee

Aus dem Gutsbezirk Weißensee wurde, bedingt durch das finanzielle Engagement der Hamburger Unternehmerfamilie Schön unter Führung von Gustav Adolf Schön, 1880 die Landgemeinde Neu-Weißensee, die bis 1900 bereits auf über 30.000 Einwohner wuchs.

1905 erfolgte die Vereinigung des Barnim-Dorfes Weißensee mit der Landgemeinde Neu-Weißensee zur Gemeinde Weißensee. Zur gemeinsamen Beantragung des Stadtrechtes wurden Infrastrukturen wie eine Städtischer Friedhof, ein Krankenhaus, Schulen geschaffen. Die Erteilung des Stadtrechtes wurde jedoch vom zuständigen Landrat abgelehnt. 1910 suchte die Gemeinde erneut um das Stadtrecht nach, dies wurde aber wiederum abgelehnt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Weißensee 1920 zusammen mit den umliegenden Gemeinden Hohenschönhausen, Malchow, Falkenberg und Wartenberg sowie den Gutsbezirken Falkenberg, Malchow und Wartenberg zum 18. Verwaltungsbezirk von Groß-Berlin vereinigt. Verwaltungstechnisch wurden 21 Ortsbezirke geschaffen, die nach Straßen unterteilt waren. Hinzu kamen 4 Schiedsmannsbezirke und 16 Bereiche mit Armen- und Waisenräten.[1]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Weißensee ein Teil des sowjetischen Sektors.

Ab 1950 erhielt die Verwaltungseinheit die offizielle Bezeichnung Stadtbezirk Berlin-Weißensee. Am 1. Januar 1986 wurde nach umfangreichen Wohnungsneubauten Hohenschönhausen als eigenständiger Stadtbezirk ausgegliedert. Gleichzeitig wurden dabei die Ortsteile Blankenburg, Heinersdorf und Karow aus dem Stadtbezirk Pankow dem Stadtbezirk Weißensee zugeordnet.

Mit der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 kam Weißensee mit allen anderen Ost-Berliner Stadtbezirken in die Verwaltung des wiedervereinigten Berlins und wurde in Anpassung an die Verwaltungsstruktur des Landes Berlin zum Bezirk Weißensee von Berlin.

21. Jahrhundert

Kreuzpfuhl in Berlin-Weißensee, gesehen von der Woelckpromenade. Links mittig der Turm der Kirchenruine am Mirbachplatz.

Die bezirkliche Selbstständigkeit der Nachwendezeit wurde mit der Bezirksreform von 2001 aufgehoben. Damit wurde Weißensee gleichgeordnet neben den eher dörflichen Ortsteilen zum Ortsteil Weißensee im Bezirk 3. Prenzlauer Berg, Weißensee und Pankow von Berlin. 2004 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung den kürzeren Namen Bezirk Pankow von Berlin. Weißensee wird seitdem als ein Ortsteil von Pankow geführt, es hat die Ortsteilnummer 0302.

Politik

Wappen des damaligen Bezirks Weißensee (1992)

Als eigenständiger Bezirk wurde Weißensee von 1921 bis zur Bezirksfusion 80 Jahre lang von eigenen Bezirksbürgermeistern geführt, zuletzt von 1990 bis 2001 von Gert Schilling (SPD). Seit der Bezirksfusion ist der Bezirksbürgermeister von Pankow auch für den Ortsteil Weißensee zuständig. Der Bezirksbürgermeister wird von der Bezirksverordnetenversammlung gewählt. Die Bezirksverordneten werden nicht in Direktwahlkreisen, sondern in einer bezirksweiten Liste gewählt. SPD, Linke, CDU und FDP sind in Weißensee mit eigenen Ortsverbänden vertreten.

Industrie

Zwischen 1898 und 1906 wurden in mehreren Etappen die Ruthenberg'schen Fabrikanlagen errichtet. Es waren von Werkstätten und Lagerräumen umschlossene Höfe, die sich zwischen der Langhansstraße und der Lehderstraße im Karree zwischen Behaimstraße und der Roelckestraße erstreckten. Man kann sie zu Recht als Vorläufer der heute neu wiederentdeckten Gewerbehöfe bezeichnen. Die Mieter bekamen auch Strom, Gas und Wärme geliefert. Die einzigen beiden höheren, nämlich vierstöckigen Gebäude in der Lehderstraße 16–19 beherbergten eine Goldleistenfabrik.

Um weitere Industriebetriebe im Norden Berlins anzusiedeln, wurde beschlossen, eine Industriebahn zu bauen. Sie sollte Friedrichsfelde im Osten mit dem Tegeler Hafen im Westen verbinden und berührte auch Weißensee. Nach ihrer Eröffnung 1908 konnten nun auch Großbetriebe hier tätig werden.

Filmindustrie und Filmtheater

Berliner Gedenktafel am Haus Berliner Allee 249 in Weißensee
Das am Antonplatz verbliebene Kino Toni und Verkehr auf der Ausfallstraße (B 2) nach Berlin-Mitte, 2005

In der Zeit zwischen 1913 und 1929 wurden in Weißenseer Filmstudios zahlreiche Filme produziert, so auch Das Cabinet des Dr. Caligari. Zahlreiche Produktionsfirmen verlegten ihren Sitz nach Weißensee. 1929 eröffnete in der Gustav-Adolf-Straße das Kino Delphi. Allein um den Antonplatz gab es sieben weitere Kinos, von dem allein das Toni verblieben ist. Der Regisseur Michael Verhoeven erwarb es 1992, ließ es sanieren und um einen kleineren Vorführraum (Tonino) erweitern.[2] 2010 war hier eine Berlinale-Spielstätte.[3] Die seit September 2010 ausgestrahlte ARD-Fernsehserie Weissensee wurde unter anderem in Weißensee produziert.

Verkehr

Am 1. November 1873 fuhr der erste Pferdeomnibus vom Berliner Alexanderplatz nach Weißensee, allerdings gab das Unternehmen wegen der schlechten Straßen nach kurzer Zeit wieder auf. 1877 wurde eine Pferdebahnlinie der Neuen Berliner Pferdebahn auf dieser Strecke in Betrieb genommen. Deren Verlauf ist heute die älteste erhaltene Trasse der Berliner Straßenbahn.

Die 1872 eröffnete Ringbahn erhielt 1875 einen Bahnhof Weißensee, den heutigen S-Bahnhof Greifswalder Straße, der allerdings im Ortsteil Prenzlauer Berg und 1 km von der Grenze Weißensees entfernt liegt.

1901 wurde die Straßenbahn vom Alexanderplatz nach Weißensee auf elektrischen Betrieb umgestellt. Die seit 1892 bestehende Zweitlinie vom Zentrum über die Prenzlauer Allee durch die Langhansstraße wurde ebenfalls elektrifiziert. Für die Trabrennbahn wurde eine direkte Linie vom Ringbahnhof zum Eingang der Rennbahn eingerichtet und einige Jahre betrieben. Später erst wurde eine Strecke durch die Schönstraße ausgeführt.

1929 war geplant, das wachsende Weißensee an das U-Bahn-Netz anzuschließen. Auf dem U-Bahnhof Alexanderplatz wurden auf den heutigen Bahnsteigen der Linie U 5 bereits Gleise für den Anschluss der Linie nach Weißensee angelegt. Der Plan kam allerdings 1935 am Königstor in Friedrichshain mit den Kriegsvorbereitungen zum Erliegen. Das Ende des Projektes rettete die alte Dorfkirche vor der Zerstörung, da an dieser Stelle eine Station entstehen sollte.

Heute fährt die MetroTram-Linie M4 auf dieser Trasse vom Hackeschen Markt bis nach Falkenberg beziehungsweise zur Zingster Straße durch die Berliner Allee im Fünf-Minuten-Takt. Ergänzt wird diese Linie durch die West-Ost-Verbindung der MetroTram-Linie M13 vom Rudolf-Virchow-Krankenhaus im Wedding zum Bahnhof Warschauer Straße in Friedrichshain.

Ortslagen in Weißensee

Der alte Ortskern / Berliner Allee

Die heutige Berliner Allee existierte in ihrem Verlauf bereits seit dem Mittelalter. Hier verlief ein Fernhandelsweg von Berlin nach Norden. Im Dorf Weißensee war es die Dorfstraße. 1880 mit der Bildung der Gemeinde Neu-Weißensee wurde der heutige südliche Abschnitt als Königschaussee bezeichnet. Der Abschnitt im Dorfkern Weißensee erhielt ab 1880 die Bezeichnung Berliner Straße. Beide Abschnitte wurden 1910 zusammengelegt und in Berliner Allee umbenannt. Am 13. Juni 1953 erfolgte eine Umbenennung in Klement-Gottwald-Allee, nach dem tschechoslowakischen Politiker Klement Gottwald. Nach der Wende am 1. September 1991 wurde der alte Name Berliner Allee wiederhergestellt.

Komponistenviertel

Während es viele Immobilienspekulanten Berlins nach Westen zog, erwarb 1872 der Hamburger Kaufmann Gustav Adolf Schön das Gut Weißensee für 700.000 Taler, das er parzellierte und dann stückweise weiter veräußerte. Ernst Gäbler errichtete mit seiner „Gesellschaft für Mittelwohnungen“ südöstlich der Königschaussee das Französische Viertel, ein Wohngebiet das heute Komponistenviertel genannt wird.

Das Komponistenviertel liegt südöstlich der Berliner Allee und erhielt seinen Namen, da die meisten der dortigen Straßen seit 1951 nach Komponisten benannt sind. Das Viertel ist ein Komplex von Mehrfamilienhäusern, der bis an den Jüdischen Friedhof reicht. Es hat den Charakter einer nicht-innerstädtischen Gründerzeitbebauung.[4]

Gründerviertel

Die nordwestlich der Berliner Allee liegenden Flächen wurden entlang der Langhansstraße bebaut. Bis an das damalige Berliner Stadtgebiet heran wurden dabei an der Streustraße Gewerbebauten von der Gemeinde eingerichtet, die den dort siedelnden Gewerben die Einheit von Wohnen und Arbeit boten.

Munizipialviertel

Weißenseer Gründerarchitektur im Munizipialviertel von Carl James Bühring (Paul-Oestreich-Straße)

Anfang des 20. Jahrhunderts setzten umfangreiche Wohnungsbauprojekte ein, da viele Berliner in den Vorort Weißensee zogen. Als Munizipialviertel wird der Bereich am Kreuzpfuhl bezeichnet. Mit der Errichtung des Gemeindeforums am Kreuzpfuhl erhielt um 1910 die gewachsene Kommune ein repräsentatives, parkartig gestaltetes Zentrum. In dem Gebäude hat heute der „Frei-Zeit-Haus e.V.“ seine Heimat gefunden. Das Gemeindeforum und die Wohnhäuser Woelckpromenade 2–7, sind eine auch heute noch eine anerkannte städtebauliche und architektonische Meisterleistung des Architekten Carl James Bühring.

Taut-Siedlung Buschallee

Mit der Eingemeindung 1920 stieg der Bedarf an Wohnraum abermals. Ab 1925 entstand in der Buschallee ein Wohnhausensemble, das von Bruno Taut nach den Gesichtspunkten des „Neuen Bauens“ entworfen wurde.

Nachkriegsbauten

In den 1950er Jahren mussten in Berlin die Kriegsverluste an Wohnungen ersetzt werden. Bald erreichte dieser Bauboom auch den Außenstadtbezirk Weißensee. 1959 entstanden Wohngebiete am Hamburger Platz, 1967 an der Else-Jahn-Straße und 1975 das Gebiet Falkenberger Straße Süd. In den 1990er Jahren wurde im Ortsteil Karow das neue Wohngebiet Karow Nord mit Wohnraum für etwa 20.000 Menschen gebaut.

Kultur und Gemeinwesen

Kirchen

Der Ortsteil verfügte über vier Kirchen: die Dorfkirche Weißensee (offiziell inzwischen evangelische Pfarrkirche) östlich des Weißen Sees an der Berliner Allee, die evangelisch-freikirchliche Gemeinde (Baptisten) in der Friesickestraße 15,[5] die katholische St.-Joseph-Kirche (Behaimstraße 33–39). Als Ruine existiert noch die Bethanienkirche auf dem Mirbachplatz.

Die alte Dorfkirche ist von einem alten Friedhof umgeben, auf dem unter anderem der Leibarzt des letzten Kaisers begraben liegt und ein Mausoleum für Christian Leberecht Pistorius steht. Die ältesten Steine der Kirche stammen aus dem 13. Jahrhundert. Wie diese Kirche der ersten Siedler am Weißen See aussah, ist nicht genau zu rekonstruieren. Offenbar war es ein kleines kurzes Kirchenschiff. Das älteste Weißenseer Kirchenbuch berichtet von einem Altar, auf dem die Heiligen Johannes, Maria und Katharina abgebildet waren. Ihnen war dieser erste Kirchenbau wohl geweiht. Als Mitte des 19. Jahrhunderts immer mehr Menschen in Weißensee siedelten, wurde die Kirche 1863 nach Osten erweitert. Damit gab es immer noch nicht genug Platz. Daher wurde die Kirche 1899 mit einem Querschiff versehen. Der damalige Baumeister Theodor Prüfer ließ den Kirchenbau im Osten in einer polygonalen Apsis enden. Von der alten Ausstattung der Kirche ist nichts erhalten. Im Dreißigjährigen Krieg wurden die Kirche und die Gräber der Patronatsherren geplündert, im Zweiten Weltkrieg brannte die Kirche 1943 völlig aus. Doch bereits kurz nach dem Krieg konnte sie 1948/1949 durch den Baumeister Herbert Erbs wieder errichtet werden. In den Jahren 2005/2006 wurde die Kirche aufwändig restauriert.

Die Bethanienkirche auf dem Mirbachplatz wurde 1902 von Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Viktoria eingeweiht. Seit ihrer fast vollständigen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg steht die Ruine der Kirche im Zentrum des Mirbachplatzes.

Park am Weißen See

Anstelle des Gutshauses am Südufer des Sees entstand 1859 ein schlossähnliches Gebäude mit einem Park, dem heutigen Park am Weißen See.

1874 wurde das Schloss zu einer Vergnügungsstätte umgebaut, deren Betreiber zunächst häufig wechselten. Erst Rudolf Sternecker entwickelte das Unternehmen zu dem viel besuchten Welt-Etablissement Schloss Weißensee mit zwei Tanzsälen, einer Rutschbahn, Ballonfahrten, Karussells, Würfelbuden und verschiedenen Bierlokalen.

Die Gemeinde erwarb zur Wende zum 20. Jahrhundert das Schloss Weißensee und die Parkanlage mit dem See und machte sie der Öffentlichkeit zugänglich. Hier entstand vor dem Ersten Weltkrieg ein Vergnügungspark. Das Schloss brannte 1919 ab, als die seit 1915 bestehende Nutzung als Kaserne für die Kriegsgarnison beendet wurde und die Soldaten die von ihnen genutzten Strohsäcke verbrannten. Verblieben ist das Freibad am Weißen See und das Milchhäuschen.

Die Planschwiese, die sich gegenüber der Seebrücke befindet, wurde 1920 angelegt, um eine Bademöglichkeit für Kinder zu schaffen. 1928 fiel der älteste Gasthof Zum grünen Baum einer Straßenverbreiterung der Berliner Allee zum Opfer.

Kinderkrankenhaus

Eine inzwischen fast in Vergessenheit geratene Einrichtung war das 1911 eröffnete und 1997 geschlossene erste kommunale Säuglings- und Kinderkrankenhaus Preußens, das sich in der verlängerten Kniprodeallee (heute Hansastraße) befand. Es besaß damals einen eigenen Kuhstall.

Rennbahn Weißensee

1877 errichtete der Berliner Traber-Club auf einem an Heinersdorf grenzenden Gelände die erste Berliner Trabrennbahn. Erste Rennen fanden am 16. und 17. Juni 1878 statt und lockten mehr als 12.000 Besucher nach Weißensee. Später wurde sogar eine Sonderlinie der Straßenbahn bis vor die Tore der Rennbahn geführt. Nach mehreren Umbauten und zeitweiligen Schließungen wurden die Rennen 1912 auf andere Rennbahnen verlegt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auf der Rennbahn mit Trümmerschutt neue Zuschauertribünen errichtet. 1955 erwachte das Gelände der Trabrennbahn für kurze Zeit als Radrennbahn zu neuem Leben. In den 1980er Jahren wurde die Rennbahn für Musikgroßveranstaltungen genutzt.

Blumenfest

Das erste Weißenseer Blumenfest wurde 1963 am Ende des Sommers gefeiert und vom Bezirksbürgermeister eröffnet. Seitdem ist es fester Bestandteil der Kultur in Weißensee, wurde dann auf das dritte Juni-Wochenende vorgezogen. Seit der Umwandlung Weißensees in ein Stadtteil von Pankow ist es als drittes Straßenfest Bestandteil des Pankower Kulturplanes und wird nun vom Pankower Bürgermeister eröffnet. War das Blumenfest anfangs bevorzugt eine Blumenschau, hat es sich mittlerweile zu einem Kulturevent entwickelt und ist mit seinen Festzelten und Karussells eine Weißenseer Tradition geworden.

Milchhäuschen

Das Milchhäuschen

Eines der bekanntesten Cafés in Weißensee, das Milchhäuschen am Weißen See, öffnete 1913 als kommunaler Betrieb und als Ergänzung zu der bereits seit 1911 bestehenden Milchhalle direkt an der Berliner Allee. Angeboten wurde den Parkbesuchern das Sortiment aus dem gemeindeeigenen Kuhstall im Säuglings- und Kinderkrankenhaus an der heutigen Hansastraße (Milch, Joghurt, Quark). Um die Kühlanlage des 1906 gebauten Elektrizitätswerks zu verdecken, wurde 1912 die Seebrücke erbaut. Hans Schellhorn schuf die beiden Tritonen-Skulpturen, die die Seebrücke bewachen. Unterhalb der Seebrücke liegt der Regenwasserüberlauf, über den Regenwasser einläuft, sobald die Regenwasserkanalisation überlastet ist.

1967 wurde das Milchhäuschen wegen Baufälligkeit abgerissen und in seiner jetzigen Form wieder neu aufgebaut.

Die Brotfabrik an der Weißenseer Spitze im April 2009

Kulturelle und Bildungseinrichtungen

  • Kunsthochschule Berlin-Weißensee
  • Kulturhaus Peter Edel, das mit Förderung des Senats zur Schauspielschule werden soll
  • Brotfabrik (Kunst- und Kulturzentrum) mit Bühne und Kino am Caligariplatz
  • Kino Toni am Antonplatz
  • Freilichtbühne am Weißen See
  • Milchhäuschen am Weißen See
  • Frei-Zeit-Haus e.V. Berlin-Weißensee
  • Umweltbüro Am Weißen See,[6] das zur Hansastraße vergelegt wurde
  • Stadtbezirksbibliothek nahe dem Antonplatz in der Bizetstraße Wolfdietrich Schnurre,[7] die Weißenseer Bibliothek
  • Haus der Jugend Bunte Kuh e.V.

Sport

Der Weißenseer FC ist ein traditionsreicher Fußballverein, gegründet 1900. Am Stadion Buschallee gleich neben dem Faulen See befindet sich der Tennisclub Berlin-Weißensee e.V. Hier ist auch die Heimspielstätte des Rugby Klub 03 Berlin[8], eines von zwei Berliner Rugby-Vereinen in der 1. Rugby-Bundesliga. In der Saison 2009/2010 konnte sich der Aufsteigerverein zum dritten Mal in Folge in der Bundesliga behaupten und stellt insgesamt zwölf Nationalspieler für die Kader des Deutschen Rugby-Verbandes.[9]

Friedhöfe

1893 wurde ein Gemeindefriedhof an der Roelckestraße eingerichtet und diente auch als Begräbnisplatz für die Verstorbenen Berlins. Das Ensemble aus Verwalterhaus, Feierhalle und Portal wurde von Bühring entworfen. Zur gleichen Zeit entstanden die evangelischen Friedhöfe der Berliner Parochial-, St.Georgen- und Segensgemeinde westlich der Roelckestraße.

Durch den Zuzug vieler osteuropäischer Juden nach Berlin reichten die jüdischen Friedhöfe in Berlin nicht mehr aus. Daher erwarb die Jüdische Gemeinde Berlins 1875 östlich von Weißensee ein 42 ha großes Terrain. 1880 wurde der heute größte europäische Jüdische Friedhof eingeweiht. Nach jüdischer Tradition bleibt der Bestattungsplatz bis zum Jüngsten Tag reserviert, und Neubelegungen sind nicht möglich.

Söhne und Töchter von Weißensee

Literatur

  • Rainer Kolitsch: Berlin-Weißensee wie es früher war. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 1996, ISBN 3-86134-340-1.
  • Walter Püschel: Spaziergänge in Weißensee. Haude und Spener, Berlin 1993, ISBN 3-7759-0381-X.
  • Stadtgeschichtliches Museum Weißensee (Hrsg.): Gummi, Goldleisten, Großdrehmaschinen. AG-Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-933210-02-X.
  • Peter Glaß: Es ist daselbst ein sehr schöner Garten. AG-Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-933210-03-8.
  • Hans-Jürgen Rach: Die Dörfer in Berlin. Verlag für Bauwesen, Berlin 1990, ISBN 3-345-00243-4.
  • Joachim Bennewitz: Berlin-Weissensee. Sutton-Verlag, Erfurt 2003, ISBN 3-89702-553-1.
  • Amélie Losier, Britta Wauer: Der jüdische Friedhof Weißensee. be.bra-Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-8148-0172-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Adressbuch für Berlin, 1921, V. Teil (Weißensee), S. 450; abgerufen am 29. Dezember 2010
  2. Kurzgeschichte und Fotos zum Kino Toni. auf Kinokomdendium.de. Abgerufen am 25. Februar 2010.
  3. Barbara Kollmann: Berlinale auf Tournee durch die Bezirke. In: Berliner Morgenpost. vom 15. Februar 2010. Abgerufen am 24. Februar 2010.
  4. Bezirksamt Pankow von Berlin, Stadtentwicklungsamt: Sanierungsgebiet Komponistenviertel, bewahren und erneuern. Berlin 2010.
  5. Homepage Baptisten Weißensee
  6. Umweltbüro Am Weißen See
  7. Bezirksbibliothek
  8. Rugbyklub03-berlin.de/
  9. Homepage Rugby-Verband

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