Fürstbischöfliches Schloss Münster

Fürstbischöfliches Schloss Münster
Das Schloss von Münster
Frontalansicht des Schlosses

Das Fürstbischöfliche Schloss im westfälischen Münster ist ein in den Jahren von 1767 bis 1787 im Stil des Barock erbautes Residenzschloss für Münsters vorletzten Fürstbischof Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels. Der Architekt war Johann Conrad Schlaun. Seit 1954 ist es Sitz und Wahrzeichen der Westfälischen Wilhelms-Universität. Das Schloss ist aus dem für Münster typischen Baumberger Sandstein gebaut.

Inhaltsverzeichnis

Baubeschreibung

Schlaun entwarf das Schloss in der Grundform einer hochbarocken Residenz. Als Baumaterial wählte er die für ihn typische reizvolle Kombination von hellem Baumberger Sandstein für Simse, Pilaster und Dekoration und rotem Backstein für die Flächen. Über dem Erdgeschoss, das vorwiegend Wirtschaftszwecken diente, liegt das repräsentative Hauptgeschoss (Beletage), darüber ein niedrigeres Wohngeschoss und die Dachkammern. Der Baukörper zeigt vollkommene Symmetrie. Der in Nord-Süd-Richtung gestreckte Hauptbau hat an den Flanken zwei gleich hohe, rechtwinklig nach Osten führende, relativ kurze Arme, so dass ein weiter Ehrenhof entsteht. Alle Aufmerksamkeit des von der Stadtseite Kommenden wird auf den breiten, im Dachbereich erhöhten und mit einer Laterne gekrönten Mittelrisalit mit dem Hauptportal gelenkt. Dessen Fassade ist mit einem antikisierenden Giebel und einer Apotheose des fürstbischöflichen Wappens mit musizierenden Engeln geschmückt. Besonders charakteristisch für Schlaun ist die doppelte, konkav-konvexe Schwingung dieses Fassadenbereichs.

Geschichte

Ehemaliges Oberpräsidium der Provinz Westfalen an der Stelle des ehemaligen nördlichen Marstalls.
Das nördliche Wachhaus, die beiden Gebäude werden auch Cavaliershäuschen genannt

Baugeschichte

Das Schloss wurde im Ostbereich der noch heute gut im Luftbild an ihren Bastionen erkennbaren Reste einer frühbarocken Zitadelle, der Paulsburg, dem heutigen Botanischen Garten, errichtet. Diese Anlage wurde auf einem mutmaßlich mittelalterlichen Vorgänger 1661-ca. 1700 errichtet. Angesichts der schweren Zerstörungen der Stadt während des Siebenjährigen Krieges ordnete Franz Freiherr von Fürstenberg, Minister für das Fürstbistum Münster unter Fürstbischof Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels, nach dem Kriegsende im Jahr 1764 die Niederlegung der Befestigungsanlagen an.

Johann Conrad Schlaun machte bereits 1732 erste Pläne zum Bau einer Residenz am Ort. Mit dem Bau einer Klosterkirche wurde zwar begonnen, diese wurde jedoch nie vollendet. Erst nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges und der Schleifung der Befestigungsanlagen der Stadt Münster erließ der Fürstbischof vor allem auf Wunsch des münsteraner Adels den Auftrag zum Bau eines Residenzschlosses am Ort der ehemaligen Zitadelle, der von 1767 bis 1787 dauerte. Die Grundsteinlegung fand am 26. August 1767 statt.

Für den Bau dieses Residenzschlosses stellte Johann Conrad Schlaun einen Generalplan auf, an dem sich die Arbeiten orientieren sollten. Er sah vor, dass zu beiden Seiten vor dem Schloss Marställe errichtet werden sollten. Jeweils hinter diesen beiden sollten weitere Wirtschaftsgebäude entstehen. An vorderster Front sollten zwei Wachhäuser, auch unter dem Namen „Kavaliershäuser“ bekannt, den Ehrenhof vor dem Schloss begrenzen, während der Hindenburgplatz (zu jener Zeit noch Neuplatz genannt) als eine große Grünfläche zwischen Schloss und Stadt angelegt werden sollte. Auf der Rückseite des Schlosses plante Schlaun einen großen Garten nach französischen Idealvorstellungen.

Bis zu Schlauns Tod 1773 waren der Außenausbau des Schlosses, der nördliche Marstall, das nördliche Wachhaus sowie der Innenausbau des Südflügels fertiggestellt. Nachfolger wurde Wilhelm Ferdinand Lipper, eine Anhänger des Klassizismus. Dieser konnte sich beim Auftraggeber nicht mit den Vorschlägen zur Änderungen der Pläne der Fassaden durchsetzen, dafür durfte er die heute nicht mehr existierende Innenausstattung im klassizistischen Stil verwirklichen.

Von Schlauns Generalplan errichtete Lipper noch das südliche Wachhaus, während der südliche Marstall sowie die Wirtschaftsgebäude nicht mehr erbaut wurden. Der Schlossgarten hinter dem Schloss, von Schlaun nach französischem Vorbild geplant, wurde von Lipper durch das englische Gestaltungsideal ersetzt.

Nutzung als Residenz

Der Haupteingang im Detail

Der Auftraggeber des Baus, Fürstbischof Maximilian Friedrich, verstarb bereits 1784, drei Jahre vor der Fertigstellung. Sein Nachfolger Maximilian Franz von Österreich, ebenso wie Maximilian Friedrich gleichzeitig Fürsterzbischof von Köln, hielt sich mehr in seiner kurfürstlichen Residenz Bonn als in Münster auf. Mit dem Ende des Fürstbistums Münster durch den Reichsdeputationshauptschluss verlor das Residenzschloss die Funktion, für die es gebaut war.

Im Jahr 1803 bezogen der preußische Zivilgouverneur Freiherr vom Stein und der Generalfeldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher das Schloss. Ab 1815 war das Schloss dann Sitz des jeweiligen Oberpräsidenten und des kommandierenden Generals der Provinz Westfalen.

Das Schloss zur Zeit des Nationalsozialismus

Im Jahre 1897 wurde unmittelbar vor dem Haupteingang ein Denkmal zu Ehren Kaiser Wilhelms errichtet. Es wurde am 22. August 1942 entfernt, wahrscheinlich, um das Material im Rahmen der Rüstungsproduktion zu verwenden.

Während der Zeit des Nationalsozialismus war das Erdgeschoss des Schlosses Sitz des Staatshochbauamtes, der Gauleiter Westfalen-Nord, Alfred Meyer wohnte im zweiten Stock. Im Keller des Schlosses wurden mehrere Luftschutzräume eingerichtet, Vorbereitungen zum Brandschutz wurden getroffen, unter anderem wurden Türen in Brandschutzwänden mit Blech verkleidet, und es wurden Sand- und Wasserkästen aufgestellt. Von Januar bis April 1943 fand im Schloss zum Propagandazwecken eine Kunstausstellung mit Gemälden und Holzarbeit statt.

Der Schloßplatz war mehrfach Ort für Aufmärsche des Gaus Westfalen Nord.

Zerstörung im Zweiten Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss schwer beschädigt. Der erste Bombentreffer im Jahre 1941 setzte den Dachstuhl in Brand, jedoch konnte der Brand gelöscht werden. Auf dem Schloßplatz explodierende Bomben zerstörten außerdem sämtliche Fensterscheiben an der Vorderfront. Diese Beschädigungen wurden relativ schnell wieder behoben.

Am 25. März 1945 wurde das Schloss erneut von mehreren Brandbomben getroffen und brannte in der Folge mehrere Tage lang, da die Feuerwehr keine Feuerspritzen über die zerstörten Straßen zum Schloss bringen konnte. Trotz des Brandes konnten Teile der Einrichtung (Türen, Möbel, Textilien und Wandvertäfelungen) gerettet werden. Vom Schloss selbst blieben lediglich die Außenmauern weitgehend intakt, Teile des Nordflügels konnten ab November 1945 bereits an Handwerker vermietet werden. Von der historischen Bausubstanz erhalten blieb nur die ehemalige Schlosskapelle im Südflügel des Schlosses. Sie ist heute durch eine eingezogene Zwischendecke in die Hörsäle S1 und S2 aufgeteilt. Stuckputten an den Wänden und Decken verraten die frühere Bestimmung.

Wiederaufbau

Eingang auf der Rückseite mit der Siegesgöttin Nike auf der Spitze der Laterne

Nach dem Ausbrennen waren die Überreste der Witterung schutzlos ausgeliefert. Planungen die Mauerkronen zu imprägnieren, konnten nicht in die Tat umgesetzt werden, da kein Holz für Gerüste zur Verfügung stand. Deshalb war auch eine Überdachung nicht möglich.

Die britische Besatzungsmacht plante, die Reste des Schlosses abzureißen, um Platz für die Versorgungseinheiten ihrer Truppen zu schaffen. Dieser Plan wurde jedoch nach heftigen Protesten deutscher Stellen wieder aufgegeben. Ab 1946 begann der Wiederaufbau. Der Entscheidung hierfür lag zugrunde, dass sämtliche Universitätsgebäude zerstört waren und das Schloss als „weniger zerstörtes Gebäude“ klassifiziert wurde. So legte der Provinzialkonservator Wilhelm Rave im November 1946 Pläne vor, die das Gebäude als „Verwaltungs- und Vorlesungsgebäude der Landesuniversität“ darstellten. Diese Pläne sahen vor, die Außenmauern wiederzuverwenden, um kein neues Fundament legen zu müssen.

Dieser Plan wurde vom Wiederaufbauministerium und vom Regierungspräsidium angenommen. So begannen noch 1946 Aufräumarbeiten, unter anderem wurden noch stehende Innenwände eingerissen. In April 1947 wurde die förmliche Baugenehmigung erteilt, mit der Hilfe des nun verfügbaren schweren Gerätes konnte die Entkernung vollendet werden. Raves Pläne wurden vom Architekten Hans Malwitz aufgegriffen und seinen Arbeiten zu Grunde gelegt, als diese im August 1947 begannen. Bereits im Januar 1949 konnten die ersten Vorlesungen im Südflügel gehalten werden. Das Richtfest für das Schloss (mit Ausnahme des Mittelpavillons) fand im Mai 1949 statt, im Juli 1950 konnte auch für den Mittelbau Richtfest gefeiert werden. Schon im Sommersemester 1950 fanden, noch während der Bauarbeiten und obwohl teilweise noch Zwischendecken fehlten, im Schloss bereits wieder Vorlesungen statt.

Im Jahre 1954 wurde das Schloss schließlich auch offizieller Sitz der Westfälischen Wilhelms-Universität. Beim Wiederaufbau wurde zunächst geplant, den früher im dritten Stock befindlichen Hörsaal „S10“ zum größten Hörsaal der Universität auszubauen, was gleichzeitig den Verzicht auf den Turm bedeutet hätte und Malwitz’ favorisierte Lösung war. Aufgrund des Einspruchs des Landeskonservators wurde dieser Umbau jedoch nicht realisiert, so dass der Turm wieder auf das Dach des Schlosses kam, mitsamt einem Glockenspiel, das ebenfalls seit 1954 zu hören ist.

Die Kosten für den Wiederaufbau lagen bei circa 2,5 Mio. Reichsmark. Es wurden 1,9 Mio. Mauerziegel, 50.000 Dachziegel, 800 Tonnen Zement, 150 Tonnen Kalk und 1000 m² Glas verbaut.

Das Schloss als Teil der Universität

Das Schloss bei Dunkelheit

Das Schloss ist heute das repräsentative Wahrzeichen der Westfälische Wilhelms-Universität und wird auch stilisiert im Logo abgebildet.

Nahezu alle von Schlaun fertiggestellten Gebäude werden durch die Universität genutzt. Im Hauptgebäude des Schlosses befinden sich neben dem Rektorat und der Verwaltung noch die Hörsäle S1, S2, S6, S8 und S9 sowie die Aula im Schloss.

Im Schlossgarten hat das Ende des 19. Jahrhunderts errichtete Institut für Botanik des Fachbereichs Biologie seinen Sitz. Gleichzeitig befinden sich dort der Botanische Garten des Instituts, zu dem das Institut für Allgemeine Zoologie und Genetik im nördlichen Marstall gehört. Der AStA der Universität hat ebenfalls seinen Sitz beim Schloss im südlichen Wachhaus. Im anderen, nördlichen Wachhaus ist die Musikwissenschaft der Universität untergebracht. Südlich des Schlosses, wo Schlaun den südlichen Marstall plante, gibt es einen Parkplatz für Universitätsmitarbeiter. Dem schließen sich allerdings bereits die Hüfferstraße und das Gerichtszentrum an, so dass das Schloss den südlichen Abschluss des Komplexes bildet.

Besonderheiten

Historischer Stahlstich
alljährliches Open-Air-Kino auf dem Schloßplatz

Dreimal täglich erklingt von den Glocken auf dem Dach des Schlosses ein Glockenspiel. Insgesamt sind zehn verschiedene Lieder einprogrammiert, die nacheinander abgespielt werden, darunter „Üb’ immer Treu und Redlichkeit“, „Wir treten zum Beten“ und „Die Gedanken sind frei“. Neben diesem Glockenspiel künden die Glocken auch jede Viertelstunde rund um die Uhr die Zeit an: 15 Minuten nach einer vollen Stunde werden sie einmal angeschlagen, 30 Minuten danach zweimal, nach 45 Minuten dreimal und zu jeder vollen Stunde viermal. Anschließend wird zu jeder vollen Stunde die Stundenanzahl angeschlagen. Obwohl es wirkt wie ein Teil des ursprünglichen Schlosses aus dem Ende des 18. Jahrhunderts, wurde das Glockenspiel jedoch erst 1954 installiert.

Im Schlossfoyer ist das großformatige Gemälde „Aufruf zur Verteidigung der persönlichen Freiheit“ des österreichischen Künstlers Rudolf Hausner zu finden.

Eine weitere Besonderheit ist das alljährlich in den Sommermonaten stattfindende Turnier der Sieger. Dabei handelt es sich um ein hochkarätiges Reitturnier, das vom Westfälischen Reiterverein ausgetragen wird. Vor der historischen Kulisse des Schlosses auf dem Schloßplatz finden die Springreitwettbewerbe des Turnieres statt.

Auf dem Schloßplatz wird außerdem beim dreimal jährlich stattfindenden Volksfest Send jeweils am Freitagabend ein Feuerwerk abgebrannt.

Literatur

  • Bernd Fischer: Münster und das Münsterland. DuMont Buchverlag Köln, 5. Auflage 1989, ISBN 3-7701-1278-4, S. 78-82.
  • Jürg Meyer zur Capellen (Hrsg.): Kunstraum Schloss Rhema-Verlag, 1. Auflage 2005, ISBN 3-930454-49-1.
  • Birgitta Ringbeck: Das Schloß zu Münster. Westfälische Kunststätten Bd. 65, Münster 1993, ISSN 0930-3952.
  • Martin Klöffler: Festungs-Inventar. 9. erweiterte und korrigierte Auflage, Düsseldorf 2010, http://www.ingenieurgeograph.de/Publikationen_/Inventar/NW.pdf, S. 44.

Weblinks

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