Gau-Köngernheim

Gau-Köngernheim
Gau-Köngernheim
Ortsgemeinde Gau-Odernheim
Koordinaten: 49° 46′ N, 8° 11′ O49.7736111111118.1877777777778Koordinaten: 49° 46′ 25″ N, 8° 11′ 16″ O
Einwohner: 400 (17. Juni 2005)
Eingemeindung: 7. Juni 1969
Postleitzahl: 55239
Vorwahl: 06733
Gau-Köngernheim (Rheinland-Pfalz)
Gau-Köngernheim

Lage von Gau-Köngernheim in Rheinland-Pfalz

Graf Ludwig von Bayern bzw. von Löwenstein, für den die Herrschaft Scharfeneck 1476 neu gegründet wurde
Das Löwensteiner Amtsschloss, in Albersweiler-St. Johann, bis 1794 die Verwaltungszentrale für Gau-Köngernheim

Gau-Köngernheim ist ein Dorf in Rheinhessen und gehört seit dem 7. Juni 1969 als Ortsteil zu Gau-Odernheim; Rheinland-Pfalz.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Frühzeit

Die erste urkundliche Erwähnung von Gau-Köngernheim erfolgte im 9. Jahrhundert durch eine Schenkung von Ackerland in Cuningeroheim 804 an das Kloster Lorsch. Später waren die Herren von Bolanden Eigentümer des Dorfes; aus ihrem Besitz fiel es an die Kurpfalz.

Teil der Herrschaft Scharfeneck

Kurfürst Friedrich I., der Siegreiche (1425–1476) regierte die Kurpfalz an Stelle seines Neffen, des späteren Kurfürsten Philipp des Aufrichtigen. Mit seiner aus niedrigem Adel stammenden Frau Clara Dett hatte Friedrich I. zwei Söhne. Beide waren in der Kurpfalz nicht erbberechtigt. Der ältere Sohn, Friedrich von Bayern (1460–1474), starb früh als Kleriker. Zur Versorgung des jüngeren Sohnes Ludwig von Bayern (1463–1523) bestimmte Kurfürst Friedrich u.a. das nunmehr pfälzische Klein-Territorium der Herrschaft Scharfeneck, mit Burg Neuscharfeneck als Zentrum. Es blieb jedoch Teil des Fideikommisses aller Wittelsbacher Besitztümer. Gau-Köngernheim schlug man dabei als Exklavedorf zu dieser südpfälzischen Herrschaft Scharfeneck. Die Übertragung wurde von Kurfürst Philipp dem Aufrichtigen bestätigt und mit Beginn des Jahres 1477 vollzogen. 1488 erhielt Ludwig von Bayern auch die kurpfälzische Grafschaft Löwenstein und die Familie nannte sich von dieser Zeit an Löwenstein oder Löwenstein-Scharfeneck, woraus sich die heutigen Fürsten zu Löwenstein-Wertheim, mit unterschiedlichen Familienzweigen entwickelten. Graf Georg Ludwig von Löwenstein-Scharfeneck (1587–1633),[2] letzter männlicher Sproß seines Familienzweiges und Anhänger der Reformation, verfiel 1622 als Parteigänger des rebellierenden Winterkönigs Friedrich V. von der Pfalz der Reichsacht und ging der Herrschaft Scharfeneck verlustig. 1633 starb mit ihm die Familienlinie im Mannesstamm aus.[3]

Kaiser Ferdinand II. übertrug 1634 die Herrschaft Scharfeneck dem Grafen Johann Dietrich aus dem verwandten, katholischen, schließlich gefürsteten Familienzweig Löwenstein-Wertheim-Rochefort (später umbenannt in Löwenstein-Wertheim-Rosenberg), in dessen Besitz das Gebiet, einschließlich Gau-Köngernheim bis zur französischen Okkupation 1794 blieb.[4] Haupt-Regierungssitz war zunächst Wertheim am Main, dann Schloss Löwenstein in Kleinheubach. Als direkter Verwaltungssitz der Herrschaft Scharfeneck fungierte erst Burg Neuscharfeneck, die im Dreißigjährigen Krieg, 1629 oder 1633, gesprengt wurde. Danach verlegte man die Verwaltung in die Konventsgebäude des aufgelösten Reuerinnenklosters St. Johann zu Albersweiler. 1764 ließ Fürst Karl Thomas (1714–1789) den Konvent (außer der Kirche) abtragen und dort als Regierungssitz der Herrschaft Scharfeneck das bis heute erhaltene Amtsschloss im Rokokostil erbauen (jetzt BASF-Studienhaus).[5]

Neuzeit

Am 28. Dezember 1793 verließ die fürstlich löwensteinische Verwaltung die Herrschaft Scharfeneck und kehrte nie mehr zurück.[6] Das Territorium wurde von Frankreich besetzt und beim Friedensschluss von Campo Formio (1797), als Teil der linksrheinischen deutschen Gebiete an das Nachbarland abgetreten, zu dem es bis 1815 gehörte. In dieser Zeit zählte das Dorf zum französischen Département du Mont-Tonnerre mit Regierungssitz in Mainz.

1815/1816 bestand eine gemeinsame österreichisch-bayerische Regierung in Bad Kreuznach, 1816 fiel Gau-Köngernheim an das Großherzogtum Hessen, seit 1946 gehört es zum damals neu gebildeten Land Rheinland-Pfalz.

Varia

Historische Namensnennungen der Ortschaft lauten: Cuningeroheim (804), Chuningernheim (1190), Kungernheim (1268), Kongernheim (1323) und Konigernheim (1464). Um es von dem knapp 11 Kilometern entfernten gleichnamigen Köngernheim zu unterscheiden, wurde es auch Bös-Köngernheim genannt. 1896 erfolgte die letzte Umbenennung in den heutigen Namen Gau-Köngernheim[7]. Grund hierfür war, dass beide Gemeinden an der gleichen Bahnstrecke lagen, welche im selben Jahr eingeweiht worden ist.

Bei den Scharfenecker Archivalien im Landesarchiv Baden-Württemberg hat sich u.a. eine Akte aus dem Jahre 1755, hinsichtlich einer vom evangelischen Pfarrer Nötling für Gau-Köngernheim beantragten Kollekte erhalten. Daraus geht hervor, dass die örtliche Kirche zu dieser Zeit "ruinös" gewesen sei.[8]

Bauwerke

In das Nachrichtliche Verzeichnis der Kulturdenkmäler Rheinland-Pfalz für den Landkreis Alzey-Worms der Generaldirektion Kulturelles Erbe wurden folgende Bauwerke und Denkmäler aus Gau-Köngernheim aufgenommen, siehe auch Liste der Kulturdenkmäler in Gau-Odernheim[9]:

  • Evangelische Kirche, barocker Bruchsteinsaal, wohl 18. Jahrhundert, im Kern älter[10]
  • Kirchturm von 1828
  • auf dem Kirchhof gründerzeitliche Grabsteine aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
  • ehemaliges evangelisches Pfarrhaus, eingeschossiger abgewalmter Mansarddachbau von 1770

Verkehr

Durch den Ort führt die Deutsche Alleenstraße, welche hier als Landstraße 406 Gau-Odernheim mit der Kreisstadt Alzey verbindet. Die Gemeinde hatte bis Mitte der 1980er Jahre eine Haltestelle an der Bahnstrecke Alzey–Bodenheim. Der öffentliche Personennahverkehr wird heutzutage durch die beiden Busgesellschaften BRN (Alzey–Worms) und ORN (Alzey–Mainz) sichergestellt.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Gemeinde

Literatur

  • Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen, Band 2, Rheinhessen, 1830, Seite 51; Scan aus der Quelle

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Amtliches Gemeindeverzeichnis 2006, Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Seite 176 (PDF)
  2. Webseite über Georg Ludwig von Löwenstein-Scharfeneck
  3. Dieter Merzbacher: Briefe der Fruchtbringenden Gesellschaft und Beilagen, 1630-1636, 2003, Seite 441, ISBN 3484176075; Scan aus der Quelle
  4. Emil Friedrich Heinrich Medicus: „Geschichte der evangelischen Kirche im Königreiche Bayern“, Supplementband Rheinpfalz, Erlangen 1865; Scan aus der Quelle
  5. Webseite der Gemeinde Albersweiler mit eigenem Abschnitt zum Schloss Löwenstein im Ortsteil St. Johann und vergrösserbarem Foto
  6. Quelle zum Abzug der Löwensteiner Verwaltung aus der Herrschaft Scharfeneck
  7. Zur Geschichte von Gau-Köngernheim auf regionalgeschichte.net
  8. Link zur Archivalie über die beantragte Kollekte für die Kirche in Gau-Köngernheim
  9. Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler Rheinland-Pfalz für den Landkreis Alzey-Worms als PDF-Datei, S. 24
  10. Evangelische Kirche auf regionalgesichte.net

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