Geo-Dynamo

Geo-Dynamo

Das Erdmagnetfeld ist das Magnetfeld, das die Erde umgibt. Es wird von dem so genannten Geodynamo erzeugt.

Die Magnetosphäre schirmt die Erdoberfläche von den geladenen Partikeln des Sonnenwindes ab.

Nahe der Erdoberfläche ähnelt das Feld dem eines magnetischen Dipols; siehe Abbildung unten. Die magnetischen Feldlinien treten im Wesentlichen auf der Südhalbkugel aus der Erde aus und durch die Nordhalbkugel wieder in die Erde ein. Im Erdmantel verändert sich die Form des Magnetfeldes (Quadrupolfeld, Multipolfeld). Oberhalb der Erdatmosphäre wird das Dipolfeld durch den Sonnenwind verformt.

Inhaltsverzeichnis

Forschungsgeschichte

Inklinationskarte für 1860

Die Chinesen und Mongolen erkannten die Nordweisung magnetisierter Körper schon vor mehr als tausend Jahren.

Im Jahre 1600 veröffentlichte der englische Arzt und Naturphilosoph William Gilbert sein Werk De Magnete, in dem er erstmals erkannte, dass die Erde die Ursache für die Ausrichtung der Kompassnadel ist. Messungen durch Henry Gellibrand in London ergaben zudem, dass das Magnetfeld nicht statisch ist, sondern sich langsam ändert.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfuhr die Erforschung des Erdmagnetfeldes starke Impulse, so wurde z. B. in Göttingen der Magnetische Verein gegründet. Carl Friedrich Gauß gelang es, eine umfassende Theorie des Erdmagnetismus aufzustellen. Aufbauend auf dem Potentialfeld konnte er 1839 nachweisen, dass der Hauptteil des Erdmagnetfeldes tatsächlich aus dem Erdinneren stammt.

In diese Zeit fällt auch der Beginn systematischer Beobachtungen kleinerer, kurzzeitiger Variationen des Erdmagnetfeldes im Bereich von einigen Minuten bis hin zu Tagen. Gauß konnte zeigen, dass die Quellen hierfür außerhalb der Erde zu suchen sind.

Seit den Vermessungen aus dem Jahre 1830 hat sich die Stärke des Erdmagnetfeldes um fast 10 Prozent verringert, in den letzten hundert Jahren allein um etwa 6 Prozent. Diese gewaltig schnelle Änderung ist noch nicht zu erklären, da selbst dann, wenn der Geodynamo sofort ausfallen würde, das Erdmagnetfeld sich viel langsamer in einem Zeitraum von 10.000 Jahren abbauen würde. Man vermutet daher, dass sich das Erdmagnetfeld momentan umpolt und daher zur Zeit ein Gegenfeld aufgebaut wird, welches das Erdmagnetfeld weit schneller als bisher angenommen vorübergehend zum Erliegen bringen wird, bevor die Umpolung einsetzen kann.

Die magnetischen Pole sind nicht ortsfest. Der arktische Magnetpol in Kanada wandert derzeit etwa 90 Meter pro Tag Richtung Asien, entsprechend 30 Kilometer pro Jahr.


Form und Stärke des Erdmagnetfeldes

Das Erdmagnetfeld ist gegenüber der Erdachse verschoben und geneigt

Der Hauptanteil des Erdmagnetfeldes verändert sich nur sehr langsam (Säkularvariation) im Zeitraum von tausenden von Jahren. Heute (und in historischen Zeiträumen) ist seine horizontale Komponente auf weiten Teilen der Erdoberfläche grob in geographische Nord-Süd-Richtung gerichtet. Abweichungen von dieser Ausrichtung bezeichnet man als Missweisung oder Geographische Deklination. In mittleren und hohen Breiten kommt zu der nordweisenden Horizontalkomponente eine (deutlich stärkere) Vertikalkomponente hinzu, die auf der Nordhalbkugel nach unten, auf der Südhalbkugel nach oben weist. Den Inklinationswinkel der Feldlinien kann man mit einer horizontal aufgehängten Kompassnadel messen. Er beträgt in Deutschland etwa 60° gegen die Horizontale. Am Nordpol und Südpol ist er etwa 90°, am Äquator 0°.

In guten Magnet-Kompassen ist die Nadel so austariert, dass sie vor allem auf die Horizontalkomponente anspricht und daher in den meisten Gebieten etwa nach Norden weist. Am Geomagnetischen Nordpol befindet sich aus physikalischer Sicht ein magnetischer Südpol. Daher wird dieser Pol besser als der nordanziehende Pol des Erdmagnetfeldes bezeichnet oder als der im Norden liegende Pol des Erdmagnetfeldes. Der Magnet-Kompass wird bis heute zur Navigation eingesetzt.

Die geomagnetischen Pole der Erde fallen nicht genau mit den geographischen Polen der Erde zusammen. Zur Zeit (Stand 2007) ist die Achse des geomagnetischen Dipolfeldes um etwa 11,5° gegenüber der Erdachse geneigt.

In erster Näherung entspricht das Dipolfeld dem eines gekippten Stabmagneten mit einem Dipolmoment von M = 7,812·1024 nT·m³ (Stand 1995), der um ca. 450 km aus dem Erdmittelpunkt in Richtung 140° östlicher Länge verschoben ist (siehe auch Südatlantische Anomalie). Die jährliche Abnahme des Dipolanteiles liegt zur Zeit bei ca. 0,006·1024 nT·m³.

Zur näherungsweisen Berechnung des Dipolfelds in Abhängigkeit vom Abstand R dient die Dipolformel:

(\text{Dipolformel})\quad B(R, \lambda) = \frac{M}{R^3} \sqrt{1 + 3 \cdot \sin^2(\lambda)} \quad \text{mit } \lambda: \text{magnetische Breite}

Am Äquator hat das Magnetfeld eine Stärke von ca. 30 µT = 30.000 nT.[1] An den Polen ist der Betrag doppelt so groß.[2] In Mitteleuropa sind es ca. 48 µT, wobei ca. 20 µT in der horizontalen und ca. 44 µT in der vertikalen Richtung auftreten.

Im Erdmantel nimmt die magnetische Flussdichte mit wachsender Tiefe stark zu. Dabei verändert sich jedoch auch die Feldform, da nicht dipolförmige Anteile überproportional anwachsen. Bessere Näherungen als das Dipolmodell liefert daher ein Multipolfeld, das aktuelle International Geomagnetic Reference Field (IGRF). Dazu wird das Erdfeld auf ein Potentialfeld zurückgeführt, das nach Kugelflächenfunktionen entwickelt wird. Die aktuellen Entwicklungskoeffizienten (Gauss-Koeffizienten gml und hml) sind im IGRF[3] zu finden.

Alle Modelle sollen vor allem die Form des gemessenen Feldes nahe der Erdoberfläche beschreiben. Tatsächlich wird das erdmagnetische Hauptfeld nicht durch Stabmagneten im Erdinneren erzeugt, sondern durch Ströme (s.u.).

Bei geeigneter Wahl des Koordinatenursprungs und seiner Ausrichtung lässt sich das Erdfeld an der Oberfläche zur Zeit zu 90 Prozent durch ein Dipolfeld beschreiben.

Das erdmagnetische Hauptfeld aus dem Erdkern trägt zu mehr als 95 Prozent zur Feldstärke bei. Die äußeren Anteile der Ionosphäre und Magnetosphäre (oberhalb 100 km Höhe) liefern einen Anteil von bis zu 2 Prozent. In der gleichen Größenordnung liegen die Magnetfelder oberflächennaher (bis max. 20 km Tiefe) Störkörper in der Erdkruste. Ihre Ursache ist das gehäufte Auftreten von selbst magnetisierten Mineralien (remanente Magnetisierung) oder Mineralien mit hoher magnetischer Suszeptibilität (induzierte Magnetisierung). Unterhalb von 20 km wird die Curietemperatur der Mineralien überschritten und es kann keine statischen ferromagnetischen Stoffe mehr geben. An der Erdoberfläche erzeugen die Störkörper lokale geomagnetische Anomalien von einigen 100 bis 1000 nT Stärke. Die mathematische Analyse der gemessenen Anomalien führt über Modellannahmen zu einem Störpotential, mit dessen Hilfe sich Lage und Größe der realen, verborgenen Störkörper abschätzen lassen. Die größte Anomalie des Magnetfeldes der Erde ist die Kursker Magnetanomalie im Umfeld einer Eisenlagerstätte. Eine kleinere, bereits von Alexander von Humboldt festgestellte Anomalie in Deutschland ist die durch Blitzschläge herbeigeführte oberflächliche Magnetisierung von Serpentiniten der Münchberger Gneismasse.[4]

Zeitliche Schwankungen im Erdmagnetfeld durch einen magnetischen Sturm am 31. März 2001, gemessen in Ile-Ife, Nigeria. Auf der Abszisse ist die Zeit in Minuten (Greenwichzeit) aufgetragen, auf den Ordinaten die Magnetfeldstärke in Nanotesla [nT] (Minutenmittel). Die grüne Kurve zeigt den sq-Gang (Ohne magnetischen Sturm) in Ile-Ife an.

Das Magnetfeld der Erde lenkt die geladenen Teilchen des Sonnenwindes ab und wird dadurch in großen Höhen stark verformt. Satellitenmessungen zeigen, dass sich auf der sonnenabgewandten Seite ein Plasmaschweif ausbildet. Durch magnetische Stürme, die durch Sonneneruptionen und den Sonnenwind verursacht werden, wird die Stärke des Feldes kurzzeitig in der Größenordnung von einigen 100 bis 1000 nT verändert. Zusätzlich führt die Sonneneinstrahlung auf der Tagseite zu einer stärkeren Ionisation in den oberen Atmosphärenschichten. Die hiermit verbundenen elektrischen Stromsysteme beeinflussen das Erdmagnetfeld ebenfalls in der Größenordnung von einigen 10 nT. Dieser Effekt wird als Sq-Variation bezeichnet.

Geostationäre Satelliten in einer Flughöhe von 36.000 km sehen ein Erdmagnetfeld in der Größenordnung von 100 nT.[5] Die Störungen durch die Sonne liegen im selben Bereich und dominieren bei starken magnetischen Stürmen.

Entstehung und Aufrechterhaltung des Erdmagnetfeldes (Geodynamo)

Über die Entstehung des Erdmagnetfeldes gibt es verschiedene Theorien. Es handelt sich um ein bisher unvollständig formuliertes Problem aus der Magnetohydrodynamik. Sicher ist, dass im äußerlichen Erdmagnetfeld eine Energie (der Größenordnung 1018 Joule) gespeichert ist und vermutlich die Energie im inneren Feld (innerhalb des Erdkörpers) um zwei Größenordnungen höher liegt. Das Erdmagnetfeld speichert auch einen Drehimpuls.

Nach der gängigen Theorie geht das Magnetfeld der Erde vom Erdkern aus. Für die Entstehung von planetaren Magnetfeldern müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Es muss eine große Menge einer elektrisch leitenden Flüssigkeit oder eines solchen Gases vorhanden sein. Diese Bedingung erfüllt auf der Erde der flüssige äußere Erdkern, der stark eisenhaltig ist und den inneren festen Kern aus nahezu reinem Eisen umschließt. (Anmerkung: Eisen oder Nickel sind dort – weil weit über den Curie-Temperaturen – nicht (ferro-)magnetisierbar. Damit sind diese Materialien dort selbst nicht magnetisch, sondern können nur durch ihre Bewegung − als bewegte Ladungsträger − ein Magnetfeld bewirken. Dafür müssen sie aber zusätzlich ionisiert sein, was bei den hohen Temperaturen aber wieder eher gegeben ist.)
  • Es muss eine Energiequelle vorhanden sein, damit sich das flüssige leitende Material im Erdkern durch Konvektion bewegt. Man vermutet einheitlich, dass der Erdkern sehr heiß ist (einige Schätzungen liegen bei 5.000 °C, also in etwa so heiß wie die Sonnenoberfläche). Energiequellen sind die thermische Energie aus der heißen Vergangenheit der Erde, Wärme aus dem radioaktiven Zerfall von Uran und Thorium und freiwerdende Kristallisationswärme durch das langsam fortschreitende Erstarren des äußeren Kerns. Wie in einer Lavalampe steigt heißes, flüssiges, weniger dichtes Eisen im Erdkern zum Mantel auf, wo es einen Teil seiner Wärme abgibt und wieder absinkt (Bénard-Zellen).
  • Der Planet muss rotieren. Wie die Luftmassen der Erdatmosphäre werden auch die Konvektionsströme im Erdinneren durch die Corioliskraft, also durch ihre eigene Trägheit abgelenkt und auf eine Schraubenbahn gezwungen. Durch diese Verwirbelungen der Konvektionsströme und damit auch der Feldlinien erhöht sich die magnetische Feldstärke.
Simulation des Magnetfelds in der Erde. Die vereinfachte Dipolnäherung ist nur im Außenbereich gültig.
Chaotische Störung des Erdmagnetfeldes. Das Außenfeld lässt sich nicht mehr als Dipolfeld beschreiben.

Als Ursache des Erdmagnetfeldes gelten Konvektionsströme im äußeren flüssigen Erdkern, die durch den Temperaturunterschied zwischen dem festen inneren Erdkern und dem Erdmantel aufrechterhalten werden. Dabei handelt es sich um flüssiges Eisen mit insgesamt dem sechsfachen Mondvolumen. Gemäß dem dynamoelektrischen Prinzip wird durch die Bewegung der elektrisch leitfähigen Schmelze in einem schwachen Ausgangsmagnetfeld ein elektrischer Strom induziert, der seinerseits ein Magnetfeld aufbaut. Es führt zu einer verstärkten Induktion und erzeugt das Magnetfeld der Erde. Man spricht daher auch vom Geodynamo. Eine Fließbewegung im 3000 km mächtigen Erdkern von wenigen Metern pro Jahr genügen, um das beobachtete Dipolmoment aufzubauen. Die Polarität des Magnetfelds hängt von der Orientierung des elektrischen Feldes ab. Simulationsrechnungen zeigen, dass es periodisch zu chaotischen Störungen kommt, die zu einer Umpolung des Magnetfeldes führen.

Das Erdmagnetfeld wird also aus der kinetischen Energie des Erdkerns erzeugt. Die Konvektion der Schmelze kann auch als Rotationsbewegung angesehen werden, die das Bestreben hat, die ursprüngliche Richtung der Rotationsachse, ähnlich einem Foucaultschen Pendel, beizubehalten. Dieses ist eine alternative Beschreibung für die Ablenkung durch die Corioliskraft (siehe weiter oben). Daher liegen die magnetischen Pole etwa in der Nähe der geographischen Pole.

Möglicherweise tragen auch die von Mond und Sonne ausgehenden Gezeitenkräfte zur Entstehung des Erdmagnetfeldes bei. Durch sie wird die Erde in ihrer Rotation allmählich abgebremst (siehe Gezeiten: Rückwirkungen auf Erde und Mond). Die Gezeitenkräfte wirken dabei auf den Erdmantel stärker als auf den Erdkern, denn der größere Radius des Erdmantels führt zu einem größeren Unterschied der Anziehung durch den Mond, da die dem Mond zu- und abgewandten Bereiche des Erdmantels weiter voneinander entfernt sind als die entsprechenden Bereiche des Erdkerns. In der Konsequenz bedeutet die stärkere Abbremsung des Erdmantels, dass der innere Erdkern ein wenig schneller rotiert als der Erdmantel, was nicht zuletzt durch die Wirkung des äußeren flüssigen Erdkerns als reibungsarmes Medium ermöglicht wird. Durch die schnellere Rotation des festen Erdkerns gegenüber dem Erdmantel wird ein elektrischer Strom induziert, der das Erdmagnetfeld hervorruft.

Mittlerweile kann man diese als Superrotation bezeichnete schnellere Drehung des Erdkerns tatsächlich nachweisen. Erdbebenwellen zeitlich verschiedener Erdbeben vom selben Entstehungsort, die durch den Erdkern laufen, werden mit wachsendem Zeitabstand immer unterschiedlicher im Erdkern abgelenkt. Der unterschiedliche Ankunftspunkt auf der gegenüberliegenden Erdseite kann dabei gemessen werden. Die Ablenkungsunterschiede rühren sehr wahrscheinlich von Inhomogenitäten des inneren festen Kerns her, die durch eine leicht schnellere Drehung des Kerns ihren Ort ändern. Aus diesen Analysen ergibt sich, dass der innere Erdkern 0,3° bis 0,5° pro Jahr schneller als der Erdmantel und die Erdkruste rotiert. Damit macht er etwa alle 900 Jahre eine zusätzliche Drehung. Man geht jedoch aktuell davon aus, dass diese Superrotation durch den Geodynamo selbst und nicht durch die Gezeiten angetrieben wird, das heißt, dass die Superrotation eine Folge, aber nicht die Ursache des Geodynamos ist.

Die Driftgeschwindigkeit stimmt mit derjenigen überein, die auch bei der Verschiebung der Südatlantischen Anomalie beobachtet wird.

Paläomagnetismus und die Umpolung des Erdmagnetfeldes

Wanderung des arktischen Magnetpols

Eisenhaltiges Gestein, das oberhalb des Curiepunktes erhitzt wird und sich dann abkühlt, wird in Richtung des äußeren Magnetfeldes, normalerweise des Erdmagnetfeldes, magnetisiert. Dieses trifft für Vulkangestein zu, tritt aber auch bei Ziegeln oder Tongefäßen auf. Dadurch wird die damalige Magnetfeldrichtung gleichsam eingefroren und kann bis heute bestimmt werden. Das entsprechende wissenschaftliche Fach heißt Paläomagnetismus.

Polsprung

Aufgrund der Rekonstruktion des Paläomagnetfeldes anhand erstarrter Magma der ozeanischen Kruste, die sich im Rahmen der Plattentektonik am mittelozeanischen Rücken ständig nachbildet, weiß man, dass sich das Erdmagnetfeld im Mittel etwa alle 250.000 Jahre umkehrt. Zuletzt hat sich dieses allerdings vor etwa 780.000 Jahren ereignet, die nächste Umpolung ist also gleichsam "überfällig". Der Polsprung, also die magnetische Feldumkehr, dauert etwa 4.000 bis 10.000 Jahre (Computersimulationen gehen von etwa 9.000 Jahren aus). Offenbar verursachen Störungen im Geodynamo die Aufhebung der ursprünglichen Polarität. Umpolungen sind bis vor etwa 100 Millionen Jahren gut dokumentiert. Da das Magnetfeld derzeit abnimmt, könnte in nicht allzu ferner Zukunft eine Umpolung bevorstehen (Schätzung: Jahr 3000 – 4000), diese Vermutung ist wissenschaftlich jedoch noch nicht gesichert. Allgemein ist zu beobachten, dass die Häufigkeit der Polsprünge in den letzten 120 Millionen Jahren zugenommen hat.

Während der Phase der Umpolung wäre die Erde dem Sonnenwind etwas stärker ausgesetzt. Das korrespondiert mit der Beobachtung, dass in den entsprechenden Sedimentschichten gehäuft ein Artenwechsel von Kleinorganismen festgestellt werden konnte. Möglicherweise war daher die Oszillation des Erdmagnetfeldes und die damit einhergehenden DNA-Mutationen durch hochenergetische Strahlung ein Schrittmacher und zugleich bedeutender Antrieb der Evolution. Allerdings entstehen wohl durch die Wechselwirkung der Ionen des Sonnenwindes in der Ionosphäre magnetische „Schläuche“ (Filamente), die von der sonnenzugewandten Seite zur Schattenseite der Erde führen.[6] Diese Selbstmagnetisierung führt zu einer magnetischen Abschirmung von ähnlicher Wirkung wie das heutige Magnetfeld.

Es gibt einige Anzeichen für eine bevorstehende Polumkehr. So gibt es Stellen in der Kern-Mantel-Zone, wo die Richtung des Magnetflusses umgekehrt ist als für die jeweilige Hemisphäre üblich (siehe weiter oben). Die größte dieser Regionen erstreckt sich südlich unter der Südspitze Afrikas nach Westen bis unter die Südspitze Südamerikas (Südatlantische Anomalie). Weitere Flussrichtungswechsel zeichnen sich unter der Ostküste Nordamerikas und unter der Arktis ab. Diese Bereiche vergrößern sich messbar und bewegen sich immer weiter polwärts. Mit diesem Phänomen lässt sich die Schwächung und anschließende Umkehrung des Dipolfeldes erklären. Die Flussumkehr entsteht, wenn sich auf der Kern-Mantel-Grenze durch Turbulenzen die Konvektionsströme und damit auch die magnetischen Feldlinien, die im Kern normalerweise horizontal verlaufen, zu vertikalen Schlaufen verbiegen. Tritt eine solche Schlaufe in einem Punkt aus dem Kern aus und in einem anderen wieder in ihn ein, so erhält man zwei räumlich nah beieinander liegende Orte mit unterschiedlicher Richtung des magnetischen Flusses. Diese Anomalien können das Gesamtfeld schwächen, wenn die Region mit dem umgekehrten Fluss näher am geographischen Pol liegt als die Region mit normalem Fluss, weil das Dipolfeld besonders empfindlich auf Veränderungen im Polbereich reagiert. Bis zur vollständigen Polumkehr werden also diese Anomalien immer weiter wachsen.

Magnetfeld und Klima

In der Kontroverse um die globale Erwärmung wird ein Zusammenhang zwischen kosmischer Strahlung, Erdmagnetfeld und Klima – kontrovers – diskutiert, ein bekannter Vertreter der These ist Henrik Svensmark. Es gibt im zeitlichen Verlauf von Luftdruck, atmosphärischer Mitteltemperatur und Erdmagnetfeld statistische Zusammenhänge. Während für die Veränderungen in Zeiträumen bis zu 35 Jahren Rhythmen in der solaren Strahlung deutlich herauszufiltern sind, können die Frequenzen ab 35 Jahren und länger bisher nur durch die elektromagnetische Kern-Mantel-Kopplung erklärt werden. Ein erhärteter physikalischer Zusammenhang liegt bisher jedoch nicht vor.[7]

Messung des Feldes

Erste qualitative Messungen von Komponenten des Erdmagnetfelds, so der Deklinantion und Inklination sind seit der Erfindung des trockenen Kompass ab dem 12. Jahrhundert möglich und bekannt. Alexander von Humboldt führte systematische Messungen im preußischen Bergbau und auf seinen Forschungsreisen durch. Carl Friedrich Gauß baute das erste geophysikalische Observatorium auf und trug mit der Gründung des Magnetischen Vereins und einer Zusammenarbeit mit der britischen Royal Society zum globalen Austausch von Messwerten bei. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts wird das Erdmagnetfeld kontinuierlich in magnetischen Observatorien beobachtet, verstärkte internationale Messkampagnen inklusive der zur Geomagnetik fanden während der Polarjahre 1882, 1932 und im Internationalen Geophysikalischen Jahr 1957–1958 statt. Derzeit sind über 200 Laboratorien weltweit aktiv. Wichtigstes Ziel ist dabei die zeitliche Entwicklung des Magnetfeldes in hoher Genauigkeit zu erfassen. Zunehmend gewinnt auch die Überwachung von kurzzeitigen Variationen des Erdmagnetfeldes an Bedeutung, da Einwirkungen auf elektronische Systeme auftreten können.

Gemessen wird mit Magnetometern. Diese registrieren aus physikalischer Sicht die magnetische Flussdichte in Tesla. Der Zusammenhang mit der magnetischen Feldstärke, welche in Ampere pro Meter gemessen wird, ergibt sich über die magnetische Leitfähigkeit. Die magnetische Feldstärke ist im leeren Raum (Vakuum) und einigen speziellen Materialien direkt proportional der magnetischen Flussdichte, der Zusammenhang kann aber in Materie wie im Erdinneren mit magnetisch nichtlinearen und nichtisotropen Verhalten auch komplexere Verknüpfungen aufweisen. Historisch und umgangssprachlich hat sich für die magnetische Flussdichte meist der etwas unpräzise Begriff des Magnetfeldes etabliert.

Frühere mechanische Magnetometer (Magnetische Feldwaagen, Torsionsmagnetometer) wurden zunehmende von Systemen abgelöst, die elektronisch oder atomar arbeiten (Saturationskern-, Fluxgate-M.; Förster-Sonden; Protonen- und Cäsium-Magnetometer). Industriegeschichtlich war in Deutschland die Entwicklung von entsprechenden Präzisionsmessgeräten in Kooperation mit der Forschung eng mit den Askania Werken in Potsdam verbunden, so bei der weltweit verbreiteten Schmidtschen Feldwaage, die neben der Messung von regionalen Daten des Erdmagnetfelds auch die Abschätzung der Magnetisierung von Gesteinsproben erlaubte.

Die induzierte Magnetisierung oberflächennaher magnetischer Störkörper wird durch die magnetische Suszeptibilität beschrieben. Remanente Magnetisierungen spielen nur kleinräumig eine Rolle und werden durch das magnetische Moment und die Richtung der Magnetisierung beschrieben. Wichtige Rollen spielen auch Form und Lage der magnetisierten Körper.

Die globale räumliche Verteilung des Erdmagnetfeldes wurde zunächst aus lokalen Beobachtungen der Schifffahrt und zugeordneter Observatorien abgeleitet. Zunehmend übernehmen diese Aufgabe spezialisierte Satelliten. Den Anfang markierte der NASA-Satellit Magsat im Jahre 1980, der dänische Satellit Oerstedt folgte 1999. Die momentan genauesten Daten liefert seit 2000 CHAMP, ein vom GeoForschungsZentrum Potsdam mit der Industrie entwickelter Minisatellit. Seine Messungen des Erdmagnetfeldes erreichen in Stärke und Richtung eine überaus große Auflösung von 0,000.2 Prozent (2 ppm), darüber hinaus kann man mit ihm Echtzeitbeobachtungen machen. Für 2010 ist der Start des Satelliten Swarm geplant.

Magnetische Spezialmessungen erfolgen untertage, auf See, im Flugzeug sowie in Bohrlochsonden, so etwa während der Kontinentalen Tiefbohrung und der Prospektion auf Erdöl und Erze. Unterhalb der globalen Satelitenmessungen und überhalb der lokalen und zeitlichen Erfassung vor Ort, stationär in Observatorien wie raumlich flexibel vor Ort ermöglicht die Aeromagnetik im regionalen Maßstab geologische Fragen aufzuklären. Daten von Überfliegungen (Höhe einige 100m bis einige km) sind oft bei den geologischen Landesämtern zu erhalten. Die geomagnetische Prospektion als Fachgebiet der Angewandten Geophysik befasst sich mit der Erkundung von Rohstofflagerstätten. Dabei werden in Gebieten von einigen 100 m bis einigen 10 km Ausdehnung Traversen festgelegt, auf denen Messpunkte im Abstand von einigen Metern vermessen werden.

Eine noch höhere räumliche Auflösung liefern archäomagnetische Untersuchungen und Altlastenerkundungen. Nicht zuletzt sind Richtungsmessungen mit Magnetsonden und Kompassen für Zwecke der Navigation und Geodäsie zu erwähnen.

Die unterschiedlichen Magnetfeldbeobachtungen ergänzen sich. So können etwa Satellitenmessungen nicht die Zeitreihen der Observatorien ersetzen oder lokale kleinräumige Anomalien auffinden. Umgekehrt erlauben lokale Untersuchungen oder die Daten aus Observatorien keinen detaillierten Rückschluss auf die globale Form des Erdmagnetfeldes.

Labor- und Computermodelle

Schon seit den 1960er Jahren ist bekannt, wie man kleine Geodynamos im Labor erzeugen könnte. Schwierigkeiten bei der Umsetzung macht jedoch vor allem die extreme Verkleinerung der Wirklichkeit im Labor. Es mussten also eine entsprechende Reynolds-Zahl (sie gibt die maßstabsgerecht zulässigen Veränderungen an) und entsprechende Versuchsbedingungen gefunden werden. So gelang es erst im Jahre 2000 ein solches Magnetfeld mit flüssigem Natrium als Strömungsmedium im Labor zu erzeugen.

Seit 1995 werden auch numerische Computersimulationen eingesetzt, um herauszufinden, wie sich das Erdmagnetfeld in Zukunft verändern könnte, beziehungsweise was die Ursachen für historische Veränderungen waren. Die Rechenzeiten sind meistens sehr lange, so benötigte die Aufstellung eines 3D-Modells der Veränderung des Erdmagnetfeldes über einen Zeitraum von 300.000 Jahren eine Rechenzeit von über einem Jahr (bei einer Arbeitszeit von 12 Stunden pro Tag). Die so entstandenen Vorhersagemodelle entsprechen recht genau der tatsächlichen momentanen oder historischen Entwicklung des Magnetfeldes und stützen so die oben dargelegten Theorien, jedoch ist nicht gesichert, inwieweit sie die Verhältnisse im Erdinneren realistisch wiedergeben. So können die Simulationen noch keine dreidimensionalen Turbulenzen im Erdinneren wiedergeben, außerdem ist ihre räumliche Auflösung noch sehr gering. Man hofft, die Computer bis 2015 entsprechend verbessern zu können.

Orientierung von Lebewesen am Erdmagnetfeld

Einige Tiere, so zum Beispiel Blindmäuse, Haustauben, Zugvögel, Meeresschildkröten, Haie und wahrscheinlich auch Wale nutzen das Erdmagnetfeld zur Orientierung. Dieses geschieht durch eingelagerte ferromagnetische Substanzen in ihren Organen.

Einige in Gewässern vorkommende, mikroaerophile Bakterienarten werden durch das Erdmagnetfeld parallel zu den Feldlinien ausgerichtet. Im Inneren dieser magnetotaktischen Einzeller befinden sich Reihen von Magnetosomen, die die ferromagnetischen Minerale Magnetit oder Greigit enthalten. Die Magnetosomen wirken wie Kompassnadeln und drehen so die Bakterien parallel zu den Feldlinien des Erdmagnetfelds. Die Bakterien schwimmen in nördlichen Breiten zum magnetischen Südpol, in südlichen Breiten zum magnetischen Nordpol. Dadurch und wegen der Inklination des Magnetfelds schwimmen die Bakterien stets schräg nach unten, wo sie dicht über dem Sediment ein von ihnen bevorzugtes Milieu mit niedrigen O2-Konzentrationen vorfinden.

Siehe auch: Magnetotaxis, Magnetostratigraphie.

Bedeutung des Magnetfeldes für die Lebewesen

Hochenergetische Teilchen von der Sonne oder aus dem Weltall würden ein Leben auf der Erde möglicherweise verhindern, wenn diese nicht in einigen Tausend Kilometern Höhe im Van-Allen-Gürtel abgefangen und zu den Polen geleitet würden. Dort erzeugen sie dann das Polarlicht.

Wenn sich das Erdmagnetfeld in größeren Zeitabständen umpolt, verschwindet dieser magnetische Schutzschirm möglicherweise für einige tausend Jahre. Dann würde die Intensität der Partikelstrahlung aus der Sonne und dem Weltall deutlich ansteigen und zusätzliche Mutationen hervorrufen.

Literatur

  • Volker Haak, Stefan Maus, Monika Korte, Hermann Lühr: Das Erdmagnetfeld – Beobachtung und Überwachung. Physik in unserer Zeit 34(5), S. 218–224 (2003), ISSN 0031-9252
  • Rolf Emmermann und Volker Haak: Die Erde. Physik Journal 1 (2002) Nr. 10, Seiten 29–31
  • U. R. Christensen, A. Tilgner: Der Geodynamo. Physik Journal 1 (2002) Nr. 10, Seiten 41–47
  • U. R. Christensen, A. Tilgner: Power Requirement of the geodynamo …. Nature 429 (13 May 2004)
  • Gary A. Glatzmaier, Peter Olson: Geheimnisvoller Geodynamo. In: Spektrum der Wissenschaft 09/05, S. 54ff
  • Kertz, W., 1999: Geschichte der Geophysik. Zur Geschichte der Wissenschaften, Band 3, TU Braunschweig
  • Roberto Lanza, Antonio Meloni: The Earth`s Magnetism. Springer Berlin 2006, ISBN 3-540-27979-2
  • Angewandte Geophysik / hrsg. von H. Militzer u. F. Weber. – Wien ; New York : Springer ; Berlin : Akademie-Verlag. – 25 cm. – Bd. I–III. Band I. Gravimetrie und Magnetik: 1983–1987. ISBN 3211817409

Weblinks

Videos

Einzelnachweise

  1. Näherung gemäß der Dipolformel
  2. Näherung gemäß der Dipolformel
  3. IGRF
  4. Bader, K. (1964): Das magnetische Störfeld der Serpentinite am Südost-Rand der Münchberger Gneismasse und seine Interpretation. Dt. Geodät. Komm., Reihe C, Nr. 72.
  5. Näherung gemäß der Dipolformel
  6. Flash Video: Was passiert, wenn das Erdmagnetfeld verschwindet?
  7. http://www.gfz-potsdam.de/news/erdrot.html


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