- Gerhard Jacobi
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Gerhard Justus Eduard Jacobi (* 25. November 1891 in Bremen; † 12. Juli 1971 in Oldenburg) war ein lutherischer Theologe, leitendes Mitglied der Bekennenden Kirche und Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Gerhard Jacobi wurde als Sohn des späteren provinzsächsischen Generalsuperintendenten geboren. Er besuchte das Domgymnasium in Magdeburg und studierte nach dem Abitur 1911 Theologie in Halle, Tübingen, Berlin und wieder in Halle. Seit 1911 war er Mitglied des Hallenser und später des Tübinger Wingolf. Im Ersten Weltkrieg leistete er Wehrdienst und war 1918 bis 1919 in britischer Gefangenschaft. Hier hielt er seine ersten Predigten.
Nach Abschluss des Zweiten Theologischen Examens wurde Jacobi am 8. Januar 1921 im Magdeburger Dom ordiniert. Ein halbes Jahr lang war er danach Hilfsprediger an der Pauluskirche in Halle an der Saale, bevor er im Sommer 1921 geschäftsführender Geistlicher der Gefängnisgesellschaft für die Provinz Sachsen und Anhalt, der dortigen Jugendgerichtshilfe und des Provinzialvereins für psychopathische Kinder wurde.
Von 1923 bis 1927 amtierte Gerhard Jacobi wieder als Pfarrer an der Hallenser Pauluskirche, danach bis 1930 als Domprediger in Magdeburg.
Am 1. April 1930 wurde Jacobi Pfarrer an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin-Charlottenburg und ab 1932 Mitarbeiter der kirchenreformerischen Zeitschrift „Neuwerk“. Zusammen mit Hermann Sasse gründete er die Theologische Arbeitsgemeinschaft für Kirche und Amt. Aus diesem überwiegend aus jüngeren Berliner und Brandenburger Pfarrern bestehenden „Jacobi-Kreis“ gründete sich 1933 die Jungreformatorische Bewegung. Der „Jacobi-Kreis“ selbst wurde zum wichtigsten Berliner Träger des innerkirchlichen Widerstandes gegen die NS-Ideologie. So entstand in der Empörung über den Arierparagraphen aus diesem Kreis am 11. September 1933 der Pfarrernotbund. 1935 war Jacobi maßgeblich daran beteiligt, Dietrich Bonhoeffer mit dem Aufbau eines Predigerseminars für die Bekennende Kirche zu betrauen.
Jacobi, der Mitglied des Reichsbruderrates, Vorsitzender des Brandenburgischen und des Berliner Bruderrates sowie von 1933 bis 1939 Präses der Bekennenden Kirche in Berlin war, erfuhr mehrfach Repressalien und öftere Verhaftungen. Angehörige der Deutschen Christen strengten gegen ihn Disziplinarmaßnahmen und Amtsenthebungsverfahren an, wobei Jacobi wegen jüdischer Vorfahren zusätzlich gefährdet war: der Vater seiner Mutter war im nationalsozialistischen Verständnis Jude gewesen, so daß Jacobi als „nichtarisch“ und im Sprachgebrauch der Nürnberger Gesetze als „jüdischer Mischling zweiten Grades“ galt. Er wurde als Judenpastor bezeichnet und 1934 nachts durch nationalsozialistische Schläger überfallen.
Von 1939 bis 1940 hatte Jacobi am Polenfeldzug teilzunehmen, kehrte aus gesundheitlichen Gründen aber wieder in das Pfarramt zurück. 1945 wurde er Superintendent des Kirchenkreises Berlin-Charlottenburg und ab 1. Januar 1946 Generalsuperintendent von Berlin (West). Hier widmete er sich besonders der Flüchtlingsseelsorge und dem kirchlichen Wiederaufbau.Von 1949 bis 1951 und von 1967 bis 1971 war er Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin.
Am 3. März 1954 wählte ihn die Oldenburger Landessynode zum Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg in der Nachfolge von Wilhelm Stählin. Dieses Amt nahm er bis 1967 wahr. In seine Amtszeit fiel die Ausarbeitung des niedersächsischen Staatsvertrages mit den fünf niedersächsischen Landeskirchen Hannover, Braunschweig, Schaumburg-Lippe, Oldenburg und Nordwestdeutschland, außerdem die Gründung der Evangelischen Akademie Oldenburg und die Initiative für die Gemeindetage in der Oldenburger Weser-Ems-Halle.
Im Oktober 1958 lehnte er die Kandidatur als Nachfolger von Bundespräsident Theodor Heuss ab, um ein „Mann der Kirche bleiben zu wollen“. 1966 war er Mitinitiator der regelmäßigen Ökumenischen Konsultationen zwischen der Oldenburger Landeskirche und dem katholischen Bischöflichen Offizialat Vechta. Im Jahre 1967 schließlich trat Jacobi in den Ruhestand und übergab das Bischofsamt an seinen nachfolger Hans-Heinrich Harms.
Gerhard Jacobi war seit 1920 mit Annemarie Freiin von der Recke von der Horst verheiratet und hatte zwei Kinder.
Er erhielt die Theologische Ehrendoktorwürde der Universität in St. Louis (1936) und der Universität Heidelberg (1951). Außerdem wurde er mit der Wichern-Medaille, dem Großen Bundesverdienstkreuz (1954) und dem Großen Verdienstkreuz mit Stern (1956) ausgezeichnet.
Werke
u.a.:
- Jugendpflege, Jugendbewegung - und was nun?, Halle, 1922
- Was sind Psychopathen und wie ist ihnen zu helfen?, Halle, 1922
- Gerichtshilfe für Erwachsene, Halle, 1925
- Das Reich Gottes im Widerspruch zum Christentum heute, Kassel, 1928
- Tagebuch eines Großstadtpfarrers - Briefe an einen Freund, Berlin, 1929
- Langeweile, Muße und Humor und ihre pastoral-theologische Bedeutung, Berlin, 1952
- Der Christ und sein Vaterland, Stuttgart, 1956
- Vertrauen!, Oldenburg, 1961
- Glaube verpflichtet. Predigten, Oldenburg, 1966
- Vaterunser-Predigten, Stuttgart, 1968
Literatur
- Wilhelm Niesel, Kirche unter dem Wort. Der Kampf der Bekennenden Kirche der altpreußischen Union 1933-1945 (= Arbeiten zur Geschichte des Kirchenkampfes, hg. v. Georg Kretschmar und Klaus Scholder, Ergänzungsreihe, Band 11), Göttingen, 1978
- Carsten Nicolaisen, Gerhard Jacobi, in: RGG, 4 Aufl., Band 4, 2001, Sp. 344
- Heinrich-Wilhelm Wörmann, Widerstand in Charlottenburg. Heft 5 der Schriftenreihe über den Widerstand in Berlin 1933-1945, Berlin 1991 S.141-149
- Hartmut Ludwig, Die Entstehung der Bekennenden Kirche in Berlin, in: Günther Wirth (Hrsg.), Beiträge zur Berliner Kirchengeschichte, 1987 Berlin (Ost) S.305-327
Weblinks
- Literatur von und über Gerhard Jacobi im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Gerhard Jacobi. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
Präsidenten des Oberkirchenrats und Bischöfe der Evangelisch-Lutherischen Kirche in OldenburgMartin Bernhard Schomann (1893–1904) | Eugen von Finckh (1904–1920) | Heinrich Tilemann (1920–1934) | Johannes Volkers (1934–1944) | Wilhelm Stählin (1945–1954) | Gerhard Jacobi (1954–1969) | Hans-Heinrich Harms (1967–1985) | Wilhelm Sievers (1985–1998) | Peter Krug (1998–2008) | Jan Janssen (seit 2008)
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