Geschichte Assyriens

Geschichte Assyriens
Der alte Orient um 1220 v. Chr.

Das assyrische Reich existierte etwa 1.000 Jahre, vom 18. Jahrhundert v. Chr. bis zu seiner Vernichtung um 609 v. Chr. Es ist von der Forschung in drei Perioden eingeteilt worden: das alt-, mittel- und neuassyrische Reich.

Die Sprache der Assyrer war Assyrisch, ein akkadischer Dialekt, ab dem Assyrischen Großreich Aramäisch. Die Assyrer zeichneten sich einerseits durch ihre Eroberungen aus, vollbrachten aber auch hohe kulturelle Leistungen. Die Kultur Assyriens war wie die der Akkader sumerisch beeinflusst, jedoch lassen sich auch Einflüsse der Hurriter, Hethiter sowie der Iranier feststellen. Ihr Hauptgott war Aššur, der Schutzgott der gleichnamigen Hauptstadt.

Das neuassyrische Reich (ca. 750–620 v. Chr.) gilt als das erste Großreich der Weltgeschichte.

Inhaltsverzeichnis

Aufstieg zur Regionalmacht – das altassyrische Reich

Die Assyrer sind seit dem 2. Jahrtausend v. Chr. am mittleren Tigris nachgewiesen. In der Nachfolge der sumerischen Reiche gewann Aššur an Bedeutung, als es die nördlichen Gebiete Babyloniens eroberte, und wurde unter Šamši-Adad I. (König der Gesamtheit, 1744 bis 1712 v. Chr.) zu einer Regionalmacht im nördlichen Mesopotamien; jedoch ging das Reich nach seinem Tod unter. Besonders bekannt ist die altassyrische Kultur durch die Auswertung der umfangreichen Keilschriftfunde von Kaneš. Assyrische Händler hatten in Anatolien ein Netz von Handelskolonien angelegt, um v.a. Metalle gegen Stoffe einzuhandeln.

In Nordmesopotamien folgte ein dunkles Zeitalter (~1700-1500 v. Chr.), aus dem nur wenige Inschriften bekannt sind. Danach folgte eine Zeit hurritischer Herrschaft (~1500-1300 v. Chr.). Die Levante war zwischen Hethitern, Mittani und Ägyptern umkämpft. In der Endphase der altassyrischen Zeit wurde Assyrien ein Vasallenstaat Mittanis (ab 1450 v. Chr.). In dieser Zeit war Assyrien auf die Stadt Aššur und Umgebung beschränkt. Das durch das aufstrebende Ägypten im Süden und die Hethiter im Norden geschwächte Mittani unterlag Assyrien unter Šulmanu-ašared I. (etwa 1250 v. Chr.).

Das Mittelassyrische Reich (1380 v. Chr. bis 912 v. Chr)

Eriba-Adad I. (1380 v. Chr.–1354 v. Chr.) konnte Assyrien von der Herrschaft Mittanis befreien, gegen den von den Hethitern eingerichteten Nachfolgestaat trugen die Assyrer aber auch weiterhin schwere Kämpfe aus, um sich in Obermesopotamien als Macht etablieren zu können.

Aššur-uballit I. – der Wegbereiter

Unter König Aššur-uballit I. (1353 v. Chr.–1318 v. Chr.) übernahm Assyrien die Vormacht in Mesopotamien. Um seine Position auch im südlichen Mesopotamien zu festigen, vermählte Assur-uballit seine Tochter mit dem babylonischen König Burna-buriaš II.; als deren Sohn bei einem Aufstand in Babylonien getötet wurde, schritt Aššur-uballit ein und installierte einen neuen Herrscher.

Šulmanu-ašared I. – der Eroberer des Westens

Šulmanu-ašared I. (1263–1234 v. Chr.) eroberte weite Teile des von den Hethitern gestützten (Rest-)Mittani und setzte über diese Provinzen den Großwesir Qibi-Aššur als König von Hanigalbat ein. Die Könige von Hanigalbat waren in der Folge die zweitmächtigsten Personen des Mittelassyrischen Reichs.

Tukulti-Ninurta I. – erster Höhepunkt der Macht

Tukulti-Ninurta I. (1233–1197 v. Chr.) nahm nach Siegen über die Hethiter und die Babylonier den Titel „König der Gesamtheit“ an. Unter ihm werden erstmals Deportationen der Bevölkerung aus den unterworfenen Gebieten erwähnt – eine Praxis, die im späteren neuassyrischen Großreich riesige Ausmaße annahm.

Etwa 3 km nördlich von Aššur ließ der König eine neue Residenz Kar-Tukulti-Ninurta errichten; diese wurde aber bereits kurze Zeit später wieder aufgegeben, nachdem Tukulti-ninurta bei einer Palastrevolution von seinen Söhnen getötet worden war.

Durch diese inneren Unruhen geschwächt, verlor das mittelassyrische Reich Babylon an Elam. König Aššur-reš-iši I. (1132–1115 v. Chr.) begann eine erneute Expansionspolitik und ebnete damit seinem Nachfolger den Weg.

Tukulti-apil-Ešarra I. – Ausdehnung bis zum Mittelmeer und erster Niedergang

Unter Tukulti-apil-Ešarra I. (1114–1076 v. Chr.) wurden erstmals Waffen aus Eisen angefertigt. Der neue König konnte den assyrischen Machtbereich enorm erweitern. Im Süden waren die Babylonischen Kassiten-Herrscher sehr schwach, so dass die erneute Einnahme der altehrwürdigen Stadt möglich wurde.

Im Norden war das Reich der Hethiter untergegangen; dadurch konnte Tukulti-apil-Ešarra in neue Gebiete vordringen und das assyrische Reich bis zum Taurus und der Küste des Mittelmeeres erweitern. In seinen Inschriften stellt der König die Fahrt mit einem Boot, bei der er ein Seepferd (vermutlich einen Delfin) erlegte, als Höhepunkt seiner Herrschaft dar.

Seine Nachfahren konnten dieses große Reich nicht zusammenhalten. Die einwandernden Aramäer eroberten weite Teile Nordsyriens. Die Assyrer wurden auf ihr Kerngebiet im nördlichen Mesopotamien zurückgedrängt.

Das Neuassyrische Großreich (911 v. Chr. bis 610 v. Chr.)

Assyrien zwischen dem 9. und 7. Jahrhundert v.Chr.

Aššur-nasir-apli II. – ein erster Höhepunkt neuassyrischer Macht

Die unmittelbaren Vorgänger von Aššur-nasir-apli II. (883–859 v. Chr.) machten Assyrien durch zahlreiche Feldzüge zur Vormacht im mesopotamischen Tiefland. In mehreren Schlachten brachte Aššur-nasir-apli II. die Routen zum Mittelmeer, die bereits unter Tiglat-pileser I. kurzfristig kontrolliert worden waren, unter assyrische Herrschaft. Aššur-nasir-apli II. legte in diesen Gebieten Garnisonen an und ging gegen Aufstände vor. Sein Sohn Šulmanu-ašared III. (859–824 v.Chr.) schob die Grenze des assyrischen Reiches weiter in Richtung auf das südliche Syrien und Israel vor.

Angesichts der drohenden Gefahr schlossen sich mehrere Fürstentümer zu einer Allianz zusammen, der unter anderm Israel und der König von Damaskus angehörten. In der Schlacht von Qarqar 853 v. Chr. konnte diese Koalition ansonsten rivalisierender Herrschern den assyrischen Vormarsch stoppen. Auch im Norden leistete ein Reich namens Urartu Šulmanu-ašared III. erfolgreich Widerstand.

Innere Krisen

In den nächsten 80 Jahren konnten die neu eroberten Gebiete nicht gehalten werden; durch innere Krisen, die bereits zu Lebzeiten Salmanassars entstanden, mussten sich die folgenden Herrscher wieder mehr auf die Schlichtung innerer Konflikte konzentrieren. Vor allem das Königreich Urartu machte den Königen enorm zu schaffen; in seiner bergigen Landschaft war es kaum zu erobern und stellte eine enorme Bedrohung für das assyrische Kernreich dar. So war das neuassyrische Reich beim Regierungsantritt von Tukulti-apil-Ešarra III. an einem neuen Tiefpunkt angelangt.

Tukulti-apil-Ešarra III. – Begründer des neuassyrischen Großreiches

„Auf meinem zweiten Feldzuge lenkte ich den Weg nach Ägypten […] und zog bis nach Theben, der Stadt seiner Stärke. Er sah das Heranrücken meiner gewaltigen Schlacht, verließ Theben und floh […] Diese Stadt ganz und gar eroberten im Vertrauen auf Aššur und Ištar meine Hände. Schwere Beute ohne Zahl erbeutete ich aus Theben. Über Ägypten […] ließ ich meine Waffen funkeln und […] kehrte wohlbehalten nach Ninive, meiner Residenz, zurück.“

So überliefern es die Annalen Aššur-bani-aplis, des Großkönigs von Assyrien, (667 v. Chr.).

Reform der Provinzeinteilung

Als Tukulti-apil-Ešarra III. den Thron bestieg, war das Land durch Seuchen, innere Unruhen und den Machtanstieg des Königreichs Urartu geschwächt. Bis heute ist nicht genau geklärt, wie Tukulti-apil-Ešarra an die Macht kam. Da seiner Krönung eine Militärrevolte vorausging, gehörte er wahrscheinlich nicht zur bis dahin herrschenden Dynastie. Emil Forrer vermutet, Tukulti-apil-Ešarra sei Statthalter gewesen. Diese Verwalter hatten im Lauf der Zeit ihre Macht sehr erweitert, schließlich wurde das Amt erblich. Sofort nach seiner Machtübernahme verdoppelte Tukulti-apil-Ešarra die Zahl der Provinzen. Vielleicht wollte er verhindern, dass noch einmal ein Statthalter mächtig genug werden konnte, um die herrschende Dynastie vom Thron zu stoßen.

Auf dem Weg zum Großreich

Das Hauptinteresse Tukulti-apil-Ešarras III. galt dem Zugang zum Mittelmeer und den dortigen Handelszentren. In mehreren Schlachten gelang es ihm, die Fürstentümer des heutigen Syrien und Libanon zu erobern und im Jahr 733 v. Chr. bis Aram (Damaskus) vorzudringen, das er belagerte. Damaskus war noch nie zuvor von einem assyrischen König erobert worden, und Tukulti-apil-Ešarra III. berichtet in seinen Annalen: „Jener (der König von Damaskus) floh allein, um sein Leben zu retten, und ging durch das Tor seiner Stadt wie eine Gans. […] 45 Tage lang lagerte ich um seine Stadt und hielt ihn gefangen wie einen Vogel im Käfig.“ Der Fall der Stadt wird nicht berichtet, die Forschung stimmt darin überein, dass dieser im Jahr darauf erfolgt sein muss.

Damaskus spielt seit dieser Zeit als Gegner Assyriens keine Rolle mehr und Tukulti-apil-Ešarra III. kann sein Herrschaftsgebiet bis nach Palästina und Gaza an die ägyptische Grenze ausweiten: „Hanno von Gaza […] floh zum Lande Ägypten. Gaza … eroberte ich.“ Damit erstreckte sich das assyrische Reich vom heutigen Israel bis zum persischen Golf. Nun ging Tukulti-apil-Ešarra III. daran, das eroberte Gebiet fester in sein Reich einzubinden.

Deportationen

Bereits 100 Jahre zuvor hatten die Könige Aššur-nasir-apli II. und Šulmanu-ašared III. das assyrische Gebiet ähnlich ausgeweitet, jedoch nicht verstanden, es längerfristig zu behaupten. Dies wollte Tukulti-apil-Ešarra III. nicht wiederholen, und er teilte die eroberten Gebiete ebenso wie das Kernland in kleinere Distrikte auf, die er ihm genehmen Statthaltern übertrug.

Außerdem griff Tukulti-apil-Ešarra III. zum Mittel der Massendeportation. Während Tausende von Landsleuten in den Grenzgebieten angesiedelt wurden, mussten die meisten der dort lebenden Stämme den Weg ins assyrische Kernland antreten: „Tausende in die Provinz der Turtanu, 10.000 in die Provinz des Palastboten, […] tausend in die Provinz des obersten Mundschenks, Tausende in die Provinz Barhalzi, 5.000 in die Provinz Mazamua, die ich aufteilte und wo ich siedeln ließ. Ich vereinte sie; ich behandelte sie als Bewohner Assyriens.“

Alleine für die Regierungszeit Tukulti-apil-Ešarras wird mit der Deportation von mehreren 100.000 Personen gerechnet. Damit wurden rebellische Staaten nicht nur besiegt, sondern vernichtet. Die deportierten Personen befanden sich in einer fremden Umwelt, waren von assyrischen Rationen abhängig, ohne Kontakt mit ihren ehemaligen Landsleuten und hatten keine Wahl, als die assyrische Herrschaft zu akzeptieren und sich in das Reich einzugliedern. Diese Politik führte zu einer Vermischung der Bevölkerung und auch einer sprachlichen Vereinheitlichung. Die immer wieder auftretenden Aufstände schlug Tukulti-apil-Ešarra III. mit Gewalt nieder. Das Schicksal der Rebellen wird in allen Einzelheiten geschildert, um Nachahmer einzuschüchtern.

Pulu, König von Babylonien

In Babylonien regierte seit 747 v. Chr. König Nabu-nasir von Gnaden Tukulti-apil-Ešarras. Nach dem Tod Nabu-nasirs brachen in Babylonien Thronwirren aus, die die Südgrenze Assyriens gefährdeten. Die Forschung ist sich über die Machtübernahme Tiglat-pilesers nicht einig, doch liefert die babylonische Chronik einen relativ detaillierten Bericht: „Nadinu […] setzte sich in Babylon auf den Thron.

Im Jahre 2 wurde Nadinu in einem Aufstand getötet. […] Schumu-ukin, […] am Aufstand beteiligt, setzte sich auf den Thron. Ukin-zir […] bemächtigte sich des Thrones. Im dritten Jahre Ukin-zirs zog Tukulti-apil-Ešarra III. nach Akkad […] und nahm Ukin-Zir gefangen. Tukulti-apil-Ešarra III. bestieg in Babylon den Thron.“ Er ließ sich unter dem Namen Pulu als babylonischer König krönen, damit kam es erstmals zu einer Vereinigung der Throne Assyriens und Babyloniens. Als Tukulti-apil-Ešarra III. 727 v. Chr. starb, hinterließ er seinem Sohn Šulmanu-ašared V. ein Reich ungeheuren Ausmaßes, das sich sowohl im Inneren als auch nach außen hin relativ stabil und gefestigt präsentierte.

Urartu – Gefahr aus dem Norden

Im Bergland nördlich der Euphratebene hatte sich bereits unter den Vorgängern Tiglat-pilesers – wahrscheinlich ironischerweise durch die Bedrohung Assyriens – aus mehreren Kleinfürstentümern das Königreich Urartu entwickelt, das dem aufstrebenden neuassyrischen Reich zunehmend Widerstand leisten sollte. So war Tiglat-pileser auf seinem Weg zum Mittelmeer auf eine urartäische Armee getroffen, die er aber nach heftigem Kampf zurückschlagen konnte: „Sarduri II. vom Lande Urartu fiel von mir ab und (…) im Lande Kista und dem Lande Halpi schlug ich ihn bis zur Vernichtung.“ Auf Dauer konnte das den urartäischen Widerstand aber nicht brechen und zwei Jahrzehnte später sollte es erneut zu einer – diesmal entscheidenden – Schlacht kommen.

Sargon II. – Das Reich im Zenit seiner Macht

Geflügelter Stier aus Khorsabad (Louvre)
Geflügelter Stier aus Khorsabad (Louvre)

Šulmanu-ašared V., der Sohn Tiglat-pilesers, konnte sich nicht lange auf dem Thron halten. Nach den Annalen seines Nachfolgers hatte er es gewagt, die Sonderstellung der heiligen Stadt Aššur anzutasten. In der darauf folgenden Revolte 722 v. Chr. fiel Šulmanu-ašared V. einem Mordanschlag zum Opfer; es heißt, der Gott Aššur habe ihn für seinen Frevel gestürzt. Über die Herkunft seines Nachfolgers Sargon II. ist so gut wie nichts bekannt. Sein Name, der übersetzt „rechter Herrscher“ bedeutet und somit eine Überbetonung der Legitimität darstellt, lässt die Forschung darauf schließen, dass er wohl nicht der herrschenden Dynastie angehörte. Ein weiteres Indiz dafür könnte sein, dass sich Sargon als von Gott eingesetzt bezeichnet, aber nie seine Vorgänger nennt: „Sargon, (…) der Günstling der großen Götter, (…) welchem Assur und Marduk ein Königtum ohnegleichen verliehen und dessen Namens Ruf sie an die Spitze berufen haben.“

Nachdem Sargon die Ruhe im Reich wieder hergestellt hatte, wandte er sich zuerst gegen Babylon, wo ein Fürst namens Marduk-apla-iddina II. die Wirren genutzt hatte, um sich auf den Thron zu setzen. Sargon berichtet in seiner großen Prunkinschrift von einem Sieg gegen die Allianz aus Babyloniern und dem König von Elam: „[…] brachte ich Humbanigas von Elam in der Vorstadt von Duril eine Niederlage bei.“ Einen gänzlich anderen Bericht über diese Schlacht liefert die babylonische Chronik: „Im zweiten Jahre Merodoch-Baladans lieferte Umbanigas, König von Elam, in dem Bezirke Dur-ilu Sargon, dem König von Assyrien, eine Schlacht. Er überzog Assyrien mit Verwüstung und erschlug ihrer viele. Merodach-Baladan und seine Leute, welche zur Hilfe des Königs von Elam gekommen waren, kamen nicht mehr zur rechten Zeit zur Schlacht und zogen hinterher.“ Sargon hatte also eine Niederlage erlitten, deren Auswirkungen er aber durch ein geschicktes Stillhalteabkommen mit Marduk-apla-iddina beschränken konnte.

Entscheidungsschlacht gegen Urartu

Nach der Niederlage im Süden wandte sich Sargon II. dem Mittelmeer zu. Es gelang ihm, sein Reich bis nach Zypern und Kleinasien auszuweiten und mit den dort ansässigen Phrygern einen Waffenstillstand zu schließen. Unausweichlich jedoch war, dass es früher oder später zum Krieg gegen Urartu kommen würde. Wie gespannt das Verhältnis zum Königreich im Norden war, zeigt der unentwegte Briefwechsel Sargons mit seinen Statthaltern im Norden; so waren die Assyrer durch ein ganzes Heer an Spionen genau über Truppenbewegungen informiert, bis im Jahr 714 v. Chr. Sin-ahhe-eriba, Kronprinz und Chef des Geheimdienstes, die entscheidende Information sandte: „An den König […] Der Ukkaen hat mir [diese Botschaft] geschickt: Die Truppen des Königs von Urartu wurden auf seinem Feldzug gegen die Kimmerer vernichtend geschlagen.“ Nun sah Sargon II. seine Chance zum entscheidenden Schlag gekommen. „Rusa I. von Urartu schlug ich auf dem unzugänglichen Berge Uaus und 250 seiner königlichen Sippe nahm ich gefangen. 55 starke mit Mauern versehene Städte seiner acht Gebiete nebst elf seiner Burgen eroberte und verbrannte ich. […] Musasir, das auf Rusa von Urartu sich verlassen […] hatte […] bedecke ich mit Truppenmassen heuschreckengleich. […] Rusa […] hörte, dass Musasir zerstört, sein Gott fortgeschleppt sei, und nahm sich […] mit dem eisernen Dolche seines Gürtels das Leben.“ Urartu konnte sich von dieser gewaltigen Niederlage zwar erholen, stellte aber für Assyrien keine Bedrohung mehr dar.

Babylon kommt erneut unter assyrische Herrschaft

Mit dem Sieg über Urartu 714 v. Chr. hatte Sargon die größte Bedrohung für das mesopotamische Kernland ausgeschaltet. Es galt nun, die Niederlage gegen Marduk-Apla-Iddina II. zu rächen und Babylonien zurückzuerobern. 710 v. Chr. zog Sargon gegen Marduk-Apla-Iddina II., der nach Süden in die Sümpfe floh. Die ländlichen Gebiete südlich von Babylon verwüstete Sargon, während er die alten Residenzstädte im Norden verschonte. Sargon zog in Babylon ein und ließ sich zum König krönen. Allerdings führte er diesen Titel in Zukunft – wahrscheinlich wegen der damit verbundenen Verpflichtungen – wohl nicht, wie aus einer seiner Inschriften hervorgeht: „Palast Sargons, des großen Königs, des mächtigen Königs, des Königs der Gesamtheit, des Königs von Assur, des Machthabers von Babylon.“ Gegenteilige Meinungen in der Forschung sind wahrscheinlich nicht korrekt.

Bau einer neuen Residenzstadt Dur Šarrukin entsteht

Bereits 717 v. Chr. befahl Sargon den Bau seiner neuen Residenzstadt Dur Šarrukin in der Nähe des heutigen Khorsabad. Vor allem in den letzten, ruhigen Jahren seiner Herrschaft forcierte er diesen Plan mit allen Mitteln: „Baute ich […] oberhalb Ninives eine Stadt und nannte Dur Šarrukin ihren Namen. […] Jene Stadt bewohnt zu machen […] plante ich bei Tag und bei Nacht.“ Die Anlage, die 706 v. Chr. fertig gestellt wurde, ist jedoch nie zu einer funktionsfähigen Hauptstadt geworden, da Sargon bereits ein Jahr später bei einem Feldzug ums Leben kam und sein Sohn Sin-ahhe-eriba den Regierungssitz nach Ninive verlagerte.

Die Sprache

Das in Nordmesopotamien gesprochene Assyrisch gehörte, wie das Babylonische Südmesopotamiens, zur akkadischen Sprache. Das Akkadische wurde jedoch schon zur sargonischen und neubabylonischen Zeit vom Aramäischen verdrängt. Aramäer hatten sich in Mesopotamien angesiedelt oder waren hierher deportiert worden. Assyrisch blieb die offizielle Sprache, in der die amtlichen Schriftstücke abgefasst wurden, die als Tontafeln erhalten blieben. Das in Keilschrift geschriebene Assyrisch nimmt schon unter den Sargoniden die Stellung ein, die Latein im mittelalterlichen Europa hatte.

Aššur-bani-apli – Blütezeit und Niedergang

Innerhalb von 40 Jahren hatten Tukulti-apil-Ešarra III. und Sargon Assyrien zum größten Reich Vorderasiens gemacht. Die Nachfolger Sargons, Sin-ahhe-eriba und Aššur-ahhe-iddina, konnten ihr Herrschaftsgebiet durch zahlreiche Feldzüge und die Niederschlagung von Aufständen halten und sogar noch ausbauen. Als Aššur-ahhe-iddina 669 v. Chr. auf einem Feldzug gegen Ägypten starb, übernahm sein Sohn und Kronprinz Aššur-bani-apli die Regierung. Dieser sollte zwei Jahre später mit der Einnahme Thebens, der Hauptstadt Oberägyptens dem neuassyrischen Reich die größte Ausdehnung geben. Die 40-jährigen Herrschaft Aššur-bani-aplis (668–627 v. Chr.) war eine Blütezeit:

„[…] ließ Ramman seinen Regen los, öffnete Ea seine Wasserhöhlen, ward das Getreide fünf Ellen hoch in seinen Ähren, ward die Ähre 5/6 Ellen lang, ließen die Baumpflanzungen die Frucht üppig werden, hatte das Vieh beim Werfen Gelingen. Während meiner Regierungszeit kam der Überfluss massenhaft herab, während meiner Jahre stürzte reichlich Segen hernieder.“

Doch es kam unter Aššur-bani-apli auch zu blutigen Kämpfen, darunter ein Bruderkrieg mit Šamaš-šuma-ukin, dem König von Babylonien, durch den das Reich nachhaltig geschwächt wurde.

Aufstand des Šamaš-šuma-ukin, König von Babylonien

Aššur-ahhe-iddina hatte bereits während seiner Regierungszeit seine Nachfolge geregelt. Er selbst war als jüngerer Sohn Sin-ahhe-eribas nur dank der Fürsprache seiner energischen Mutter Zakutu auf den Thron gelangt. Diese beeinflusste ihn nun auch bei seiner Thronfolge. Nach dem Tod seines ältesten Sohnes ernannte er den jüngeren Aššur-bani-apli zum Thronprinzen von Assyrien, während dessen älterer Bruder Šamaš-šuma-ukin den Thron in Babylon besteigen sollte. Diese Regelung sollte sich jedoch im Jahr 652 v. Chr. als verhängnisvoll erweisen.

Während er in den ersten Jahren noch loyal gewesen war, verbündete sich Šamaš-šuma-ukin nun mit dem König von Elam und wandte sich gegen Aššur-bani-apli. Nach zweijähriger Belagerung eroberte Aššur-bani-apli das ausgehungerte Babylonien, das er mit aller Härte bestrafte:

„Zu dieser Zeit geschah es, dass die Leute von Akkadu [= Babylon], welche auf Seiten des Šamaš-šuma-ukin standen und Böses planten, der Hunger erfasste, und sie gegen ihren Hunger das Fleisch ihrer Söhne und Töchter aßen; und Aššur, Sin […], die vor mir hergingen und meine Widersacher unterjochten, warfen Sammuges, den feindlichen Bruder […] in eine brennende Feuerstelle und vernichteten sein Leben. […] Kein Einziger entrann. […] Ihr zermetzeltes Fleisch ließ ich Hunde, Schweine und Geier […] essen.“

Nach der Einnahme Babylons zog Aššur-bani-apli gegen Elam und eroberte die Hauptstadt Susa.

Letzte Jahre des Aššur-bani-apli und Niedergang

Wann genau Aššur-bani-apli starb, ist nicht bekannt. 616 v. Chr. zog ein babylonisches Heer unter König Nabopolassar nach Assyrien, 614 v. Chr. fiel die Stadt Aššur und 612 v. Chr. nach langem Kampf auch Ninive. Damit war das assyrische Reich faktisch am Ende.

Der letzte Assyrerkönig fand 609 v. Chr. den Tod. Das Ende Assyriens bedeutete den Aufstieg Babyloniens zur Vormacht in Mesopotamien. Nabopolassar und vor allem sein Sohn Nabu-kudurri-usur II. konnten ein neubabylonisches Großreich errichten, bis es durch den Perserkönig Kyros II. 539 v. Chr. unterworfen wurde.

Gründe für den Niedergang

Vermutlich waren bereits zum Zeitpunkt der Einnahme von Theben im Jahr 667 v. Chr., zum Zeitpunkt der größten Ausdehnung, die Vorzeichen gegeben für den späteren Niedergang: Das neuassyrische Reich war nach neuerem Forschungsstand einzig und allein auf Expansion ausgerichtet. Die eroberten Gebiete wurden durch Deportationen der Bewohner und Steuern so lange ausgeblutet, bis nur eine weitere Expansion in Frage kam, um den Lebensstandard der Führungsschicht zu halten. Um die immer weiter entfernten Gebiete unter Kontrolle zu halten, mussten immer mehr Assyrer aus dem Kernland als Soldaten eingesetzt, umgesiedelt bzw. zu Verwaltungsaufgaben abgezogen werden. Die so immer weiter abnehmende Produktivität des Kernlandes zwang wiederum zur Ausbeutung der eroberten Gebiete und damit zu weiteren Expansionen. So waren wohl bereits bei der Eroberung Thebens die Ressourcen an Verwaltungspersonal erschöpft. Dies führte nicht zu einem sofortigen Zusammenbruch, wie sich an der 40-jährigen Herrschaft Assurbanipals zeigt. Das instabil gewordene Reich konnte durch einen starken König, reiche Ernten und relativ wenig Unruhen an den Außengrenzen noch standhalten.

Siehe auch

Literatur

Allgemeine Literatur

Spezielle Literatur

  • Rykle Borger: Die Inschriften Asarhaddons, König von Assyrien. Weidner, Graz 1956 (Neudr. Biblio, Osnabrück 1967 =Archiv für Orientforschung. Bh. 9).
  • Emil Forrer: Die Provinzeineinteilung des assyrischen Reiches. Leipzig 1920.
  • Jaume Llop Raduà: Aportació a l'estudi de les relacions polítiques i militars entre Assíria i Babilònia durant la segona meitat del segon mil.leni a.C.. Barcelona 2001 (online).
  • David G. Lyon: Keilschrifttexte Sargons, Königs von Assyrien. 722-705 v. Chr. Leipzig 1883 (Neudr. Zentralantiquariat Leipzig 1977).
  • Simon Parpola: The Correspondence of Sargon II. Part I and II. Helsinki Univ. Press, Helsinki 1987, ISBN 951-570-003-5.
  • Wolfgang Schramm: Einleitung in die assyrischen Königsinschriften II. In: Handbuch der Orientalistik (HdO). Hrsg. v. Berthold Spuler. Brill, Köln 1973. ISBN 90-04-03783-7 (Brill, Leiden 1953ff.) ISSN 0921-5239.
  • Maximilian Streck: Assurbanipal und die letzten assyrischen Könige bis zum Untergang Ninivehs. II. Teil – Die Inschriften Assurbanipals. Hinrichs, Leipzig 1916 (Neudruck Zentralantiquariat Leipzig 1975).
  • Hayim Tadmor: The Inscriptions of Tiglath-Pileser III., King of Assyria. Israel Academy of Sciences & Humanities, Jerusalem 1994. ISBN 965-208-111-6.
  • Kazuko Watanabe: Die adê-Vereidigung anlässlich der Thronfolgeregelung Asarhaddons. Hrsg. v. Deutschen Archäologischen Institut. Gbr. Mann, Berlin 1987, ISBN 3-7861-1446-3 (Baghdader Mitteilungen. Bh. 3).

Weblinks


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