Geschichte der Gemeinde Breitungen (Werra)

Geschichte der Gemeinde Breitungen (Werra)
Wappen Breitungen-Werra.png

Die Thüringische Gemeinde Breitungen/Werra feierte vom 16. bis 25. Mai 2008 ihr 1075-jähriges Bestehen.

Inhaltsverzeichnis

Mittelalter

Um 450 soll von den Alemannen die Siedlung Altenbreitungen, der älteste Teil von Breitungen, links und rechts der Werra gegründet worden sein.

Etwa 300 Jahre später siedeln sich auch die Franken in dem Gebiet an, in dieser Zeit entsteht Burg- und Königsbreitungen. Während am linken Ufer der Werra Königsbreitungen durch eine fränkische Ville gegründet wird, entsteht Burgbreitungen am rechten Werraufer durch eine Königspfalz.

Um 915 wird die königliche Pfalz durch die Ungarn während ihrer Raubzüge im Frankenreich zerstört.

Die Ersterwähnungsurkunde aus dem Jahr 933: Tausch der Orte Breitungen gegen die Dörfer Wiehe und Burgdorf an der Unstrut
Herrenbreitungen

Im Jahr 933 wird Breitungen das erste Mal urkundlich in der so genannten Königsurkunde Heinrich I. als Bretinga erwähnt. Das königliche Schriftstück beschreibt die Grenzen der Mark Bretinga, die an einer wichtigen Werra-Furt liegt und ein Gebiet von etwa 280 Quadratkilometern umfasst. Mit dieser Größe, dem Verwaltungssitz des Gerichts und der Mutterkirche war Bretinga im 10. Jahrhundert politischer und kultureller Mittelpunkt der Region. Nachdem im Jahr 1016 das Breitunger Waldgebiet urkundlich erwähnt wird, verleiht Kaiser Heinrich II. dem Kloster Hersfeld den „Wildbann“ in einem genau umgrenzten Gebiet bei Bretinga. 1049 wird in der Herrenbreitunger Abtei eine Grundstücksschenkung an das Kloster Fulda „in monasterio breitingen“ beurkundet. Damit gilt die Existenz des Klosters Burgbreitungen als sicher.

1112 erbt der Pfalzgraf Siegfried von Orlamünde die Reste der königlichen Pfalz und die Vogtei Burgbreitungen und veranlasst die Weihe der Basilika, dem Hauptgebäude des neu gegründeten Benediktinerklosters. Damit wird Burgbreitungen zu Herrenbreitungen. Breitungen wird mehr und mehr ausgebaut bis Königsbreitungen schließlich 1114 von Kaiser Heinrich V. auf Bitte der Abtei Hersfeld das Marktrecht verleiht bekommt. Somit wird Königsbreitungen Zoll- und Münzstätte der Abtei Hersfeld.

Im Jahr 1137 gründet der Leutpriester Heinrich, ein Pfarrer der Mutterkirche Königsbreitungen, im Auftrag der Abtei Hersfeld das Armenhospital Spittel. Vom gleichen Jahr stammt die erste Erwähnung der Klosterbrücke zwischen Burg- und Königsbreitungen. 1150 gestattet Abt Heinrich von Hersfeld den Brüdern des Hospitals, sich zu einem Prämonstratenserkloster zu konstituieren. Drei Jahre später ziehen auch Nonnen in das Augustinerkloster ein. Nach der Gründung dieses Nonnenklosters wurde der Ort Königsbreitungen wahrscheinlich zu Frauenbreitungen umbenannt. Im Jahr 1187 übernimmt der Thüringer Landgraf Hermann I. die Verwaltung der Vogtei Herrenbreitungen.

1247 wird das Doppelkloster der Prämonstratenser ausschließlich ein Nonnenkloster und nimmt einen raschen wirtschaftlichen Aufstieg. Im Zusammenhang mit diesem Kloster erscheint 1285 erstmals der Ortsname Frauenbreitungen. Im Jahr 1301 schenkt Landgraf Albrecht von Thüringen Graf Berthold VII. von Henneberg die Vogtei Altenbreitungen. Zur selben Zeit werden die Henneberger mit der Vogtei Frauenbreitungen durch den Abt Berthold I. von Hersfeld belehnt. 1326 wird nun auch Burgbreitungen als Herrenbreitungen in einer Urkunde erstmals offiziell erwähnt. 11 Jahre später wird die Vogtei Herrenbreitungen Hennebergisches Lehen. Damit unterstehen nun alle drei Ortsteile, jetzt in ihren endgültigen Namen, der Verwaltung der Henneberger Grafen und bleiben dies auch bis zum Aussterben dieses Geschlechts.

Im Jahr 1460 kommt es zum ersten Nachweis der Gerichtsbarkeit in Herrenbreitungen durch das „Weisthum zu Herrenbreitungen“. 1494 wird das erste Mal Lein zu Speise- und Beleuchtungszwecken sowie als Rohstoff zur Bekleidungsherstellung angebaut.

Neuzeit

Schloss Herrenbreitungen

1525 tobt in der Region der Bauernkrieg. Durch die zunehmende Verelendung der Bauern kommt es vielerorts zum Aufstand (Werrahaufen), der sich in Breitungen auch gegen die Klöster richtet. Drei Jahre später kommt des zur Säkularisation des Prämonstratenserklosters durch den Grafen Wilhelm IV. von Henneberg. Frauen- und Herrenbreitungen, um 1300 zu Lehen des Klosters Hersfeld geworden, wurden nach Aufhebung der Klöster als Vogtei und als Amt von Henneberger Grafen und Meininger Fürsten regiert. So wird im Jahr 1542 in Frauenbreitungen ein Vogteiamt auf dem Gelände des früheren Klosters eingerichtet, dem 4 Dörfer und 11 Höfe unterstehen. Zehn Jahre danach erfolgt im Verlauf der Reformation der Niedergang des Benediktinerklosters. Der Abt Kilian Vogel verlässt mit den letzten drei Mönchen das Kloster in Herrenbreitungen.

1554 schließt Graf Wilhelm IV. von Henneberg am 1. September mit den Herzögen von Sachsen den Kahlaer Erbvertrag. Die Ernestiner erlangen durch die Übernahme der Schulden der Henneberger die Anwartschaft auf deren gesamten Besitz. 1559 setzt Graf Georg Ernst von Henneberg in einer Dorfordnung das Einzugsgeld für nach Herrenbreitungen ziehende fremde Personen fest. In den nächsten Jahren beginnt Graf Poppo XII. von Henneberg aus Teilen des Klosters ein Residenzschloss zu bauen und nimmt dort mit seiner Gemahlin Sophie seinen Wohnsitz. Es werden auch bauliche Veränderungen an der Klosterbasilika vorgenommen, zum Beispiel erhält der Turm zwei weitere Geschosse und einen runden Giebelabschluss. Weiterhin wird die Basilika als evangelische Schlosskirche genutzt. 1574 stirbt Graf Poppo XII. von Henneberg, ohne Nachkommen zu hinterlassen.

Am 31. August 1583 schließen Georg Ernst, letzter Graf von Henneberg, der Landgraf Wilhelm von Hessen und Vertreter des ernestinischen Sachsen den so genannten Salzunger Vertrag. Demnach erhält nach dem Aussterben der Hennebergischen Linie der Landgraf von Hessen das Schloss, mit Wohnrecht für Graf Poppos Witwe Sophie, und die Vogtei Herrenbreitungen samt dem Abtswald. Gerichtsbarkeit und Jagdgerechtigkeit erhält das Haus Sachsen. Frauen- und Altenbreitungen sowie die Wildbahn vom Pleß bis zur Rosa und Werra werden dem sächsischen Hause überlassen. Damit wurde die politische Trennung der Ortsteile herbeigeführt. Noch im gleichen Jahr stirbt Georg Ernst von Henneberg und die Vereinbarungen des Salzunger Vertrags treten in Kraft. Im Jahr 1590 wird die erste Schule neben der Kirche in Frauenbreitungen erwähnt.

Die Frauenbreitunger Marienkirche

1613 beginnen auch in Breitungen die Hexenprozesse. Nach den Aufzeichnungen des Kirchenbuches Frauenbreitungen werden hier insgesamt 14 Frauen und ein Mann wegen „Hexerei“ verbrannt. Die letzte Verbrennung findet am 17. August 1700 statt. 1615 und 1616 wird die Marienkirche in Frauenbreitungen unter Einbeziehung des romanischen Kirchturms der Vorgängerkirche neu gebaut.

Nach dem Ausbruch des 30-jährigen Krieges fügen zwischen 1634 und 1640 sowohl Truppen der katholischen Liga als auch der protestantischen Union dem Ort schwere Schäden zu.

Am 10. Juni 1640 wird Herrenbreitungen ein Opfer der Flammen. Das Renaissanceschloss, das Pfarrhaus, Scheunen und verschiedene Stallungen werden durch das Feuer stark in Mitleidenschaft gezogen. Das Dach, der Dachstuhl und das Querschiff der romanischen Basilika werden zerstört.

In den folgenden Jahren kann sich Breitungen aber erholen und 1654 sind schließlich viele Handwerker in Breitungen tätig. Dazu zählen beispielsweise Schneider, Müller, Leineweber, Büttner, Bäcker, Metzger, Schreiner, Hufschmiede und Wagner. Im Jahr 1659 wird begonnen Tabak anzubauen. Dieser wird Haupteinnahmequelle der Landbesitzer und wichtiges Mittel zur Ernährung der landlosen Bevölkerung.

1661 fallen Alten- und Frauenbreitungen an Herzog Ernst den Frommen von Gotha. 1662 wird die Basilika in Herrenbreitungen zur weiteren Nutzung als evangelische Schlosskirche zu ihrer heutigen Gestalt hergerichtet. 1680 geht das Amt Frauenbreitungen an Herzog Bernhard I. von Sachsen-Meiningen, dem 3. Sohn von Herzog Ernst den Frommen von Gotha, über. 1686 wird auf Anordnung der Landgräfin Hedwig Sophie von Hessen gegenüber der Kirche in Herrenbreitungen ein neues Pfarrhaus errichtet. Im Jahr 1721 wird das Erdgeschoss der „Kapelle“, dem heutigen Wahrzeichen Altenbreitungens, auf den Fundamenten eines früheren Gebäudes aus spätromanischer Zeit errichtet. Ein Jahr später baut Altenbreitungen ein eigenes Schulhaus und stellt einen Schulmeister ein.

Die Herrenbreitunger Michaeliskirche

1731 wird die romanische Michaeliskapelle abgerissen und es erfolgt die Grundsteinlegung zum Neubau der Dorfkirche in Herrenbreitungen unter Wiederverwendung des Kirchturmes der ehemaligen Kapelle. Im Jahr 1753 wird in Herrenbreitungen ein Gemeindebrauhaus errichtet. Fünf Jahre Später werden auch Kartoffeln in Breitungen erstmals angebaut.

Im Siebenjährigen Krieg von 1756 bis 1763 erlebt Herrenbreitungen ständig Einquartierungen, besonders französische Truppen, die mit der Erpressung von Geld und Wegzehrung verbunden sind. Am 25. April 1760 erscheinen kaiserliche Husaren, erpressen Proviant und nehmen den Schulzen Valentin Hoffmann bis zur Ölmühle mit, wo er für 3 Taler und 18 Kreuzer wieder frei kommt. 1780 wird das Pfarrhaus in Frauenbreitungen im fränkischen Fachwerkstil errichtet.

1799 werden in Frauenbreitungen bei der ersten großen Bevölkerungszählung 70 Häuser und 410 Einwohner gezählt. Am 13. Mai 1825 erhält der Apotheker Wilhelm Rhodemann auf sein Ersuchen von Herzog Bernhard von Sachsen-Meiningen das Recht zur Errichtung einer Apotheke im herzoglichen Amte Frauenbreitungen. Von 1842 bis 1846 wird der Werralauf beim Bußhof begradigt. 1846 beginnt der Neubau einer Schule in Altenbreitungen. Am 13. April 1847 findet die Einweihung statt 1848 kämpfen in der Region Bauern für bessere wirtschaftliche Verhältnisse. Um ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen, fällen sie die Pappeln an der Bußhofallee. Auch Heute stehen bei der Straße zwischen Breitungen und Bußhof keine Bäume mehr.

Zwischen 1856 und 1858 wird die Eisenbahnlinie Eisenach-Lichtenfels, Werrabahn genannt, für den Personenverkehr gebaut. Breitungen erhält am 20. Juli 1886 eine Haltestelle auf der Strecke dieser Bahnlinie. Im Jahr 1865 wird eine steinerne Brücke über die Truse für 242 Taler gebaut. 1866 kämpft im preußisch-österreichischen Krieg Hessen an der Seite Österreichs. Da Österreich verliert, geht Herrenbreitungen an Preußen über.

Moderne

Kaiserreich

Nach den Angaben des Herzogs Georg II. von Meiningen entsteht in den Jahren 1886/87 auf dem Pleßberg das herzogliche Jagdschlösschen. 1890 wird die Darlehenskasse gegründet und nimmt im Gebäude in der Schillerstraße ihre Handels- und Banktätigkeit auf. Im Jahr 1894 wird eine neue Schule in der Gartenstraße in Frauenbreitungen gebaut.

In den folgenden Jahren kommt es zu einer Vielzahl von Fabrikneubauen, vorrangig Metallwarenfabriken. 1902 wird die Freiwillige Feuerwehr gegründet. 26 Männer erklären sich durch ihre Unterschrift mit dem Statut einverstanden. 1903 wird eine steinerne Brücke zwischen Alten- und Frauenbreitungen mit staatlicher Unterstützung errichtet. Es erfolgt ebenfalls der Bau der Wasserleitung vom Bußhof nach Frauenbreitungen. 1907 wird auch die Werrabrücke zwischen Frauen- und Herrenbreitungen neu gebaut.

Zur Gewährleistung einer sicheren Elektrizitätsversorgung der nördlich und südlich des Thüringer Waldes gelegenen Städte und Gemeinden wird 1912/13 ein modernes Großkraftwerk mit einer anfänglichen Leistung von 9.000 kW gebaut.

Am 13. Oktober 1913 findet die Grundsteinlegung und am 4. Januar 1915 die Einweihung der neuen Schule in Herrenbreitungen statt, die 2006 geschlossen wird.

Nach dem Ausbruch des 1. Weltkriegs ziehen 333 Männer von den damals 3000 Einwohnern des Ortes in den Krieg. Am Ende des Krieges 1918 sind 89 Männer aus Alten- und Frauenbreitungen sowie 26 Männer aus Herrenbreitungen gefallen.

Weimarer Republik

1921 wird der erste hölzerne Aussichtsturm auf dem Pleß sowie eine gemeinsame Schule für Alten- und Frauenbreitungen (Fertigstellung 1923) gebaut. Inflationsbedingt belaufen sich die Baukosten am Ende auf etwa 6,723 Billiarden Mark.

1925 wird die Gemarkung Grumbach Breitungen eingemeindet. Es erfolgt auch die politische Vereinigung von Alten- und Frauenbreitungen zu Breitungen/Werra. Es wird eine Kommission zur Einteilung und Benennung der Straßen gebildet.

Das Breitunger Rathaus während des Festumzuges anlässlich der 1075-Jahr-Feier im Mai 2008

1926 werden die Wasserleitung, der Hochbehälter und des Pumpwerk in Herrenbreitungen neu gebaut. Außerdem beginnt der Ausbau des Ortsstraßennetzes in Herrenbreitungen und die Errichtung des Rathauses in Frauenbreitungen.

Im Jahr 1928 erhält Breitungen eine 8-stufige Volksschule mit Parallelklassen, die damit neben Meiningen, Bad Salzungen und Wasungen viertgrößte Schule des Kreises wird. Der ständig wachsende Personen- und Güterverkehr macht den Um- und Ausbau des Bahnhofsgebäudes erforderlich.

1929 kommt es durch die außergewöhnliche Kältewelle zu Beginn des Jahres (zeitweise -30 °C) und durch extreme Trockenheit im Sommer zu großen Problemen in der Wasserversorgung.

NS-Zeit

1933 feiert der Ort das 1000-jährige Jubiläum der Gemeinde Breitungen mit einem historischen Festumzug. Im gleichen Jahr wird die Domäne Winne aufgelöst und verkauft. Am 24. April bricht bei einem starken Sturm der hölzerne Pleßturm zusammen.

Ab 1935 wird das Kraftwerk schrittweise umgebaut, mit dem Ziel der weiteren Erhöhung der Leistung (1944: 60.000 kW).

1936 wird der neue Friedhofs mit Friedhofskapelle am Craimar Breitungen übergeben. Entsprechend eines Vertrages mit dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) erfolgt der Um- und Ausbau der Metallwarenfabrik zu einer Munitionsfabrik. Für den Bau von drei neuen Produktionshallen müssen vier Wohnhäuser mit Nebengebäuden weichen.

1938 werden Neuhof und Knollbach eingemeindet. Außerdem wird ein Feuerwehrhaus in Altenbreitungen gebaut. Hitler erlässt das Gesetz über das Feuerlöschwesen, wodurch die von der Freiwilligen Feuerwehr gebildeten Vereine und Verbände aufgelöst und durch eine nach Löscheinheiten gegliederte Hilfspolizeitruppe ersetzt werden. 1939 wird das Kino in der Schillerstraße gebaut. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wird östlich von Breitungen an der geplanten Reichsautobahn Eisenach – Bamberg gebaut, der sogenannten „Strecke 85“. Sie wurde aber nie vollendet. Auf deren Trasse befindet sich heute die Bundesstraße 19 als Umgehungsstraße.

Im Januar 1945 wird die neue Schule in Frauenbreitungen als Lazarett genutzt. Am 2. April erfolgt die Sprengung beider Werrabrücken durch zurückweichende Truppen der Wehrmacht. Jedoch können Heereseinheiten der US-Armee in den folgenden Wochen Breitungen ganz besetzen. Nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht verlassen im Mai etwa 1200 ausländische Arbeiter aus den Baracken in der Farnbacher Straße den Ort.

Während des Zweiten Weltkrieges mussten etwa 1.740 Kriegsgefangene sowie Frauen und Männer aus den von Deutschland besetzten Ländern Zwangsarbeit verrichten. Auf dem Friedhof von Frauenbreitungen wurden zahlreiche Opfer von Zwangsarbeit aus Breitungen sowie aus Allendorf, Kaltenborn und Wernshausen beigesetzt. An sie erinnert dort heute ein Denkmal.

Das Renaissance-Schloss war im Krieg mit Evakuierten aus bombengefährdeten Gebieten und ab 1945 mit Vertriebenen aus den Ostgebieten belegt. Durch den Einbau von Wohnungen wurde das Schloss-Innere erheblich verändert. 1980 zogen vietnamesische Arbeitskräfte in das Gebäude ein, ab Mitte der 80er Jahre war es unbewohnt und stark sanierungsbedürftig -wie auch die großen Wirtschaftsgebäude.

Nachkriegs- und DDR-Zeit

Im Juli 1945 übernimmt die Sowjetarmee die Verwaltung Breitungens, wo am Ende des 2. Weltkrieges etwa 360 Tote und Vermisste betrauert werden. Am 10. Oktober ist Wiederbeginn eines geregelten Schulunterrichts. Einen Monat später ergibt eine Volkszählung 4.373 Einwohner, davon 1.067 Evakuierte.

Am 26. Januar 1946 erfolgt die Vereinigung von KPD und SPD zur SED in Breitungen. Am 15. Mai wird in der Baracke am Sportplatz ein Kindergarten eröffnet. 1947 wird die Metallwarenfabrik enteignet, in Volkseigentum übernommen und firmiert unter TEWA Metallwarenfabrik VEB Breitungen/Werra. Im November 1948 erfolgt der Bau einer Begräbnisstätte und eines Ehrenmals für Bürger ausländischer Nationen auf dem Friedhof am Craimar.

Am 1. Juli 1950 erfolgt der Zusammenschluss aller drei Ortsteile zu der einheitlichen politischen Gemeinde Breitungen (Werra). Nach erfolgter neuer Kreiseinteilung gehört Breitungen ab 1. Oktober 1952 nicht mehr zum Kreis Meiningen, sondern zum Kreis Schmalkalden. 1953 wird im Altenbreitunger Schulgebäude eine Landwirtschaftliche Berufsschule eingerichtet. Dort erhalten Brigadiere und andere Genossenschaftsbauern ihre Ausbildung als „Staatlich geprüfter Landwirt“. 1954 wird die Werrabrücke zwischen Alten- und Frauenbreitungen neu gebaut. Sie erhält den Namen „Brücke der Einheit“. Das Kulturhaus des Kraftwerkes wird gebaut. Die Einweihung findet im Dezember statt.

Am 21. August 1955 unterzeichnen 15 Bundesfreunde im Gasthof „Burgbreitungen“ das Gründungsprotokoll einer Ortsgruppe des Kulturbundes der DDR. Sie stellen sich drei grundlegende Aufgaben. Erstens die Bausicherung und Restaurierung der Basilika, zweitens die Rettung der Breitunger Seen vor Verschüttung und drittens die Weiterführung der Ortschronik

1956 wird die Siedlung Farnbach eingemeindet. 1957 werden die Breitunger Seen zum Tierschutzgebiet erklärt. Im Herbst stellt das Kraftwerk die Ablagerung der Asche im Seengebiet völlig ein. Die schon 1953 begonnenen Rekultivierungsarbeiten auf der Halde werden gezielt zu Ende geführt. Im Zusammenhang mit der Einführung des polytechnischen Unterrichts für die Schüler der Klassen 7-10 und einer damit verbundenen praktischen Tätigkeit in einem Industrie- oder Landwirtschaftsbetrieb erfolgt 1958 die Errichtung eines Polytechnik-Zentrums. Außerdem wird eine staatliche Tierarztpraxis eröffnet und eine Arbeiter-Wohnungsbau-Genossenschaft gegründet. Im Geschwister-Scholl-Ring entstehen 108 neue Wohnungen.

Am 28. März 1960 findet im Kulturhaus des Kraftwerkes die Gründungsversammlung der LPG Typ I „Thomas Müntzer“ Breitungen statt. 39 Bauern besiegeln mit ihrer Unterschrift den Eintritt in die LPG. Am 6. April erfolgt die Gründung der LPG Typ II „Zuchtfreunde Winne“. Am 9. April ist Breitungen als 17. Ort des Kreises Schmalkalden „Vollgenossenschaftliches Dorf“. Es ist die Gemeinde mit der größten LPG im Bezirk Suhl.

1962 wird eine große Tabaktrockenanlage errichtet, in der im Winter zunächst Zwiebeln nachgetrocknet, Kartoffeln vorgekeimt und später Champignons gezüchtet werden. An der Polytechnischen Oberschule I (POS) in Frauenbreitungen wird 1966 mit einem großen Erweiterungsbau mit Pausenhalle begonnen, der 1968 abgeschlossen wird. Damit stehen nun insgesamt 22 Unterrichtsräume und 5 neue Fachräume zur Verfügung. Außerdem entsteht 1966 das Kieswerk Breitungen.

1967 wird die Breitunger Seenlandschaft rechtskräftig als Naturschutzgebiet bestätigt. 1969 wird dem Kraftwerk Breitungen die Aufgabe gestellt, die zentrale Fernwärmeversorgung für die umliegenden Betriebe aufzubauen, mit dem Bau wird 1971 begonnen.

Die Gaststätte "Jagdhaus Seeblick"

1974 wird das ehemalige fürstliche Jagdhaus am Pleß aus dem dortigen militärischen Sperrgebiet auf den Heuberg umgesetzt und als Gaststätte „Seeblick“ wieder errichtet Auf dem Gelände des alten Breitunger Friedhofs wird der dort gestaltete Friedenspark eingeweiht. Am 7. Oktober 1976 öffnet das Sozialgebäude des VEB Vereinigte Metallwarenfabriken (Suppenpalast) seine Pforten.

1981 nimmt die neue Galvanik des VEB Vereinigte Metallwarenfabriken die Produktion auf. 1982 ist Breitungen Austragungsort der DDR-Meisterschaften im Frauenjudo.

1983 feiert Breitungen sein 1050-jähriges Bestehen mit einer Festwoche vom 25. Mai bis 5. Juni. Die Gemeinde zählt zu diesem Zeitpunkt etwa 5.700 Einwohner. Es wird mit der Errichtung eines neuen Heizwerkes in Breitungen begonnen, mit dem Ziel, es 1990 in Betrieb zu nehmen.

1985 wird mit dem Ausbau der Werra-Ufer als wesentlicher Bestandteil der Hochwasserschutzmaßnahmen begonnen. In der Bahnhofstraße im Seengebiet und am Kiessee werden 2.800 Bäume und Sträucher gepflanzt. 1986 wird am Heizkraftwerk ein 200 Meter hoher Schornstein errichtet. Außerdem ist Breitungen Austragungsort der DDR-Meisterschaften im Angeln.

1989 wird Breitungen am 18. März als erster Gemeinde des Bezirkes Suhl der Titel „Wasserwirtschaftlich vorbildlich arbeitendes Territorium“ zuerkannt.

Am 9. September wird das Jubiläum 875 Jahre Marktrecht für Breitungen feierlich begangen.

Im Herbst nimmt die Unzufriedenheit mit den politischen Missständen in der DDR zu. In Breitungen kommt es zu Bürgerforen in der Marienkirche und im Kulturhaus Kraftwerk.

Nach der Wiedervereinigung

Am 6. Mai 1990 finden erstmals seit 1946 wieder freie demokratische Kommunalwahlen statt. Die gewählte Gemeindevertretung von 20 Abgeordneten wählt aus ihrer Mitte einen Bürgermeister (CDU).

Am 1. Juli 1991 wird die LPG in die Agrargenossenschaft „Werragrund“ e.G. mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 1300 Hektar umgewandelt.

Am 25. Juli erfolgt die Übergabe einer neuen Trauerhalle auf dem Friedhof in Herrenbreitungen. Die Gottesackerkirche aus dem Jahre 1728 wird dem Hennebergischen Museum in Kloster Veßra übergeben. Es wird ein neues Schulsystem mit zwei staatlichen Grundschulen (Herren- und Frauenbreitungen) und einer staatliche Regelschule (Frauenbreitungen) eingeführt.

Die im April 1990 an der Herrenbreitunger Werrabrücke begonnenen Sanierungsarbeiten mit Fahrbahnverbreiterung sind am 22. November abgeschlossen. Die Gesamtkosten betragen etwa 2,2 Millionen DM. Am 1. April 1992 wird das Kraftwerkes und am 30 September des Heizwerkes stillgelegt. Es wird die Verwaltungsgemeinschaft „Werratal“ mit den Orten Breitungen, Fambach und Heßles, mit rund 8000 Einwohnern und Sitz in Breitungen, gegründet.

1994 wird das Aktivmuseums zur Pflege ländlichen Brauchtums im Schloss eingerichtet. Das Dorfzentrum an der „Schafwerra“ mit seinen Einkaufs- und Dienstleistungseinrichtungen wird fertig gestellt.

Im Jahr 1995 werden die drei Wehren Alten-, Frauen- und Herrenbreitungen zur Feuerwehr Breitungen vereinigt. Im Juni erhält der Ort ein neues Feuerwehrhaus. Am 13. Dezember erfolgt die Übergabe eines Jugendklubs in der Gartenstraße.

Der neue Aussichtsturm auf dem Pleß

Im März 1996 erwirbt die Gemeinde das Gebiet des Pleßberges. Damit besitzt Breitungen seinen eigenen Hausberg. Am 9. Juli wird mit zwei Thüringer Verordnungen die Neugliederung von kreisangehörigen Gemeinden geregelt. Breitungen übernimmt die Funktion einer Erfüllenden Gemeinde für Heßles, Fambach, Rosa und Roßdorf. Im August geht nach Verhandlungen auf Landesebene die Basilika in den Besitz der Kommune über. Das Schloss verbleibt im Landesbesitz.

1997 wird der traditionelle Sportplatz „Friedenskampfbahn“ am 19. Juli neu eingeweiht. Nach fast 25 Jahren kann dort wieder Fußball gespielt werden. Am 1.12. wird am Riegelsweg eine Kindertagesstätte mit einer Kapazität von 160 Plätzen übergeben. Die vorherigen Einrichtungen waren schrittweise geschlossen worden.

Am 6. April 1999 erfolgt der erste Spatenstich für den Bau des nunmehr dritten Aussichtsturmes auf dem 644 Meter hohen Breitunger Hausberges Pleß. Nach 37 Jahren können die etwa 3000 bis 4000 Besucher ihren neuen Pleßturm am 2. Oktober besteigen und die einmalige Aussicht genießen. Am 19. Februar 2000 wird das komplett rekonstruierte Kultur- und Vereinszentrum Kulturhaus am Kraftwerk wieder eröffnet.

Im April 2001 wird das Wohnheim für geistig Behinderte der Diakonischen Behindertenhilfe Bad Salzungen-Schmalkalden im Frauenbreitunger Weg offiziell eingeweiht.

Im September 2002 findet ein Festakt zum 100-jährigen Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Breitungen im Kulturhaus statt. Nach Bewilligung der Fördermittel wird im November mit der Montage der dritten Werraquerung an der Schafwerra für Fußgänger und Radfahrer begonnen. Am 22. April 2003 wird die Brücke der Bestimmung übergeben. Nach der im Oktober 2002 erfolgten Grundsteinlegung erfolgt im Januar 2003 die offizielle Übergabe des Altenhilfezentrums „Haus Werragarten“. Das Objekt bietet 60 älteren Menschen ein betreutes Zuhause. Weiterhin wird die Industriebrache Kraftwerk abgerissen. Auf dem Gelände entsteht ein Freizeit- und Naherholungszentrum. Vom 9. bis 20. Juni findet eine Festwoche mit zahlreichen Veranstaltungen und einem großen Festumzug aus Anlass „100 Jahre Fußball in Breitungen“ statt. Am 15. Mai verstirbt völlig unerwartet der langjährige Bürgermeister Günter Hirsch (CDU). Als Nachfolger wird am 26. September der bisherige Erste Beigeordnete Peter Heimrich (SPD) gewählt.

Der ehemalige Breitunger Schornstein am 6. August 2005, kurz vor der Sprengung, betrachtet vom Burghügel

Am 6. August 2005 wird das Heizwerk abgerissen und die 200 Meter hohe Esse gesprengt. Im selben Jahr wird die Grundschule in Herrenbreitungen (die nach Fambach verlegt wird) geschlossen und am 18. November die Fußgänger- und Radfahrerbrücke am Naherholungszentrum eingeweiht.

2006 wird das sanierte Steinkreuz in der Herrenbreitunger Kirchenmauer am 20. Mai der Öffentlichkeit übergeben. Im Juni wird der Grundstein für das Empfangs- und Sanitärgebäude am „Tourismus-, Kultur- und Sportzentrum der Gemeinde Breitungen am Kiessee/Kulturhaus“ gelegt. Die Breitunger Burgsänger verabschieden sich nach 40 Jahren mit einem letzten öffentlichen Konzert in der Basilika.

Die Basilika wird Mitte der 1990er Jahre einer Sanierung unterzogen und dient jetzt als Konzert- und Ausstellungsraum.

Die dringend notwendige Sanierung des Schloss-Komplexes beginnt nach der Wende -unter Einsatz von Fördermitteln- mit der Rekonstruktion des verfallenden großen Scheunengebäudes des Guts. Das Renaissance-Schloss selber ist seit Mitte der 1980er Jahre unbewohnt und in beklagenswertem baulichem Zustand. 2007 wird das Schloss an die Familie Koenitz aus Großpösna bei Leipzig verkauft. Diese wohnt im Schloss und bemüht sich in Eigeninitiative -nachdem das Dach rekonstruiert wurde- um die schrittweise Wiederherstellung der Innenräume. So existiert (2009) durch Entfernen der Einbauten aus SBZ- und DDR-Zeit und umfangreiche Restaurierungsarbeiten wieder ein Schloßsaal, welcher für Konzerte, Veranstaltungen sowie als Galerie genutzt wird. Die Außenwände des Baues weisen erhebliche Risse auf. Sanierungsbedürftig ist innerhalb der Vierseiten-Anlage des Schlosses mit früherem Gut auch das große Stallgebäude.

2007 wird ein DRK-Ortsverein gegründet.

Literatur und Quellen


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