- Gewährleistungsbürgschaft
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Eine Gewährleistungsbürgschaft oder Gewährleistungsgarantie (engl. warranty bond) stellt sicher, dass ein Bürge/Garant für die Kosten der Beseitigung von innerhalb der Gewährleistungsfrist auftretenden Mängeln einsteht, falls der leistungserbringende Unternehmer während der Gewährleistungsfrist insolvent werden sollte.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Werkverträge wie etwa ein Bauvertrag und alle Kaufverträge unterliegen der Sachmängelhaftung des Herstellers/Verkäufers. Dieser ist verpflichtet, das Bauwerk/die Sache bei Abnahme frei von Sachmängeln zu übergeben. Allgemein ist eine Sache nach § 434 Abs. 1 BGB frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Entspricht die gelieferte Sache nicht diesen Voraussetzungen, ist der Verkäufer/Hersteller nach § 439 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 437 Abs. 1 BGB zur Beseitigung des Mangels verpflichtet. Dabei kann es jedoch vorkommen, dass der Verkäufer/Hersteller den Mangel nicht beseitigen will oder bei Mängelrüge bereits insolvent geworden ist und ihn deshalb nicht mehr beseitigen kann. Falls Werkvertragsrecht gilt, besteht eine deckungsgleiche Definition des Sachmangels in § 633 Abs. 2 BGB.
Dieses Insolvenzrisiko bei der Mängelhaftung kann dem Auftraggeber/Käufer dadurch abgenommen werden, dass ein Kreditinstitut im Wege des Avalkredits oder eine Versicherung im Rahmen der Kautionsversicherung für die Verbindlichkeiten des Verkäufers/Herstellers aus Sachmängelhaftung durch Bürgschaft/Garantie einsteht.
Grundlage der Gewährleistung
Während bei Sachen allgemein die Sachmängelhaftung der §§ 434 ff. BGB gilt, können bei Bauverträgen mit öffentlichen Auftraggebern in Deutschland die Regelungen des gesetzlichen Werkvertragsrechts durch die „Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B)“ ergänzt und teilweise modifiziert werden. Diese dient insbesondere dazu, das Fehlen von spezifischen Regelungen für das Bauvertragsrecht im deutschen Zivilrecht auszugleichen und wird bei Gewährleistungsbürgschaften (heißen hier „Sicherstellung der Mängelansprüche“) häufig zugrunde gelegt. Danach regelt § 13 Nr. 1 VOB/B in Übereinstimmung mit § 633 Abs. 1 und 2 BGB, wann die Leistung des Auftragnehmers frei von Sachmängeln ist. Ergänzend wird hier bestimmt, dass die Leistung den anerkannten Regeln der Technik entsprechen und dass die Mangelfreiheit im Zeitpunkt der Abnahme gegeben sein muss.
Basiert der Bauvertrag auf den VOB/B, so werden lediglich die Rechte des Auftraggebers aus § 13 VOB/B gesichert, nicht jedoch solche aus § 4 Nr. 7 VOB/B. Hierunter werden die schon während der Ausführung als mangelhaft oder vertragswidrig erkannten Mängel behandelt, die der Auftragnehmer vor der Abnahme zu beseitigen hat. Bei einem lediglich auf BGB beruhendem Werkvertrag sichert die Gewährleistungsbürgschaft hingegen auch Mängelansprüche für Mängel, die in zulässiger Weise vor Abnahme gerügt worden sind.[1] Unwirksam ist eine Klausel, wonach ein Sicherheitseinbehalt von 5 % der Schlussabrechnungssumme nur gegen Stellung einer Bürgschaft „auf erstes Anfordern“ abgelöst werden kann.[2] Wirksam dagegen ist eine Klausel, nach der der Sicherheitseinbehalt durch eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft abgelöst werden kann. Auch der formularmäßig in einem VOB-Vertrag vereinbarte Einredeverzicht des Bürgen ist unwirksam.[3]
Die Höhe der Gewährleistungsbürgschaft richtet sich nach dem Sicherheitseinbehalt, der meist 5 % der Auftragssumme beträgt. Ein solcher Einbehalt darf nur vereinbart werden, wenn dem Hersteller die Möglichkeit eingeräumt wird, den Einbehalt durch Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft abzulösen.[4] Die Möglichkeit einer Gewährleistungsbürgschaft ist in § 17 Nr. 2 VOB/B vorgesehen, hiernach muss in der Bürgschaft auf die Einrede der Vorausklage verzichtet werden, die Bürgschaft muss unbefristet sein und darf nicht „auf erstes Anfordern“ ausgestellt sein.
Zweck
Es gibt zwei Möglichkeiten für den Auftraggeber, sich gegen das Kostenrisiko - das vom Auftragnehmer zu tragen ist - auftretender Sachmängel abzusichern. Entweder wird ein sog. Bareinbehalt (meistens in Höhe von 5 % der Rechnungssumme) vereinbart oder es wird eine Gewährleistungsbürgschaft/-Garantie durch ein Kreditinstitut oder eine Versicherung als Bürge/Garant gestellt, die im Falle der Insolvenz des Auftragnehmers zahlen müssen. Im letzteren Fall hat der Auftraggeber ein Interesse daran, dass seine Ansprüche auf Gewährleistung für den Fall der Insolvenz des Auftragnehmers von einem Dritten durch Eventualhaftung getragen werden. Als Bürge oder Garant kann theoretisch jeder in Frage kommen, doch bestimmten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Auftraggeber regelmäßig, dass Kreditinstitute im Rahmen eines Avalkredits oder Versicherungen im Rahmen der Kautionsversicherung als Haftende einstehen müssen.
Laufzeit
Gewährleistungsbürgschaften können zwar unbefristet ausgestellt werden, doch richtet sich ihre tatsächliche Laufzeit wegen ihrer Akzessorietät grundsätzlich nach der Verjährungsfrist für auftretende Sachmängel. Die Frist beginnt nach Übernahme/Abnahme der Leistung (§ 13 VOB/B). Ist für Mängelansprüche keine Verjährungsfrist im Vertrag vereinbart, so beträgt sie für Bauwerke 4 Jahre, für andere Werke, deren Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache besteht, und für die vom Feuer berührten Teile von Feuerungsanlagen 2 Jahre (§ 13 Nr. 4 Abs. 1 Satz 1 VOB/B). Diese Fristen weichen von § 634a BGB ab, allerdings ist die Verjährungsfrist bei Bauwerken gegenüber dem BGB (dort 5 Jahre) nicht mehr so stark verkürzt wie in früheren Fassungen der VOB/B (2 Jahre).
Während dieser Verjährungsfrist muss ein Mangel entdeckt und dem Auftragnehmer schriftlich angezeigt werden. Dann ist nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 VOB/B der Auftragnehmer verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervortretenden Mängel, die auf vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen. Die rechtzeitige schriftliche Rüge verhindert den Eintritt der Verjährung und setzt eine neue Verjährungsfrist von 2 Jahren in Gang (§ 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 VOB/B).
Bürgschaftsfall
Der Bürgschaftsfall einer Gewährleistungsbürgschaft tritt - mangels anderer Vereinbarungen - dann ein, wenn unstreitig Mängel auftreten, aber der Auftragnehmer insoweit seiner Nachbesserungspflicht nicht nachkommt. Der Bürge muss dann dafür einstehen, dass die finanziellen Mittel für die Deckung der Nachbesserungspflicht vorhanden sind. Diese Situation kann sich erst ergeben, wenn sich Mängel gezeigt haben, wenn ferner der Auftragnehmer seiner Nachbesserungspflicht nicht nachgekommen ist und der Auftraggeber einen Anspruch auf Zahlung der Mängelbeseitigungskosten hat. Der Auftraggeber darf den Bürgschaftsbetrag grundsätzlich nur anfordern, wenn die gesicherte Hauptverbindlichkeit besteht und der von den Vertragsparteien vereinbarte oder vorausgesetzte Sicherungsfall eingetreten ist.[5] Dann muss der Auftraggeber lediglich das behaupten, was Zahlungsbedingung der Bürgschaft war (sog. "formeller Bürgschaftsfall"[6]). Ferner muss der Auftragnehmer - außer bei einer Bürgschaft/Garantie auf "erstes Anfordern" - die Schlüssigkeit der Hauptforderung beweisen (sog. "materieller Bürgschaftsfall"). Dabei hat er nachzuweisen, dass die durch Bürgschaft gesicherte Gewährleistungsforderung fällig ist. Liegen die Voraussetzungen vor, darf der Auftraggeber das Kreditinstitut oder die Versicherung aus der gegebenen Gewährleistungsbürgschaft/-Garantie auf Geldzahlung in Anspruch nehmen.
Verjährung
Bei der Verjährung gilt auch hier, dass der Auftraggeber Sorge dafür tragen muss, dass seine Mängelansprüche nicht verjähren. Die Inanspruchnahme des Bürgen aus der Bürgschaft hemmt die Verjährung der Mängelansprüche nicht. Werden dem Auftragnehmer nicht gleichzeitig die Mängel konkret angezeigt und dieser dafür nicht in Anspruch genommen, so tritt Verjährung der Hauptschuld ein, worauf sich der Bürge berufen kann. Die Akzessorietät der Bürgschaft bewirkt hierbei nämlich, dass die bei der Hauptforderung eintretende Verjährung sich auch auf die Bürgschaft erstreckt und insoweit dem Bürgen die Einrede der Verjährung der Hauptschuld zusteht (§ 768 Abs. 1 BGB), selbst wenn der Auftragnehmer auf diese Einrede gegenüber dem Auftraggeber verzichtet hat (§ 768 Abs. 2 BGB).
Beendigung
Die Bürgschafts-/Garantieurkunde ist nach mängelfreiem Ablauf der Gewährleistungsfrist oder während der (neuen) Mängelfrist an den Auftragnehmer herauszugeben. Auch ein Zusatz auf der Bürgschaftsurkunde wie z. B. "Die Bürgschaft ist unbefristet" ändert hieran nichts. Eine Herausgabepflicht besteht auch dann, wenn der Auftraggeber die Bank oder Versicherung erfolgreich auf Zahlung in Anspruch genommen hat.
Einzelnachweise
- ↑ BGH - Baurecht 1998, 332, 334
- ↑ BGH, Urteil vom 16. Juni 2009, Az: XI ZR 145/08
- ↑ BGHZ 181, 278, Rn. 13 f.
- ↑ BGH NJW 1997, 2598
- ↑ BGH NJW 1984, 2456, 2457
- ↑ BGH NJW 1997, 1435
Literatur
- Wolfgang Heiermann, Lutz Mansfeld, Richard Riedl, Andrea Maria Kullack, Johann Kuffer, Martin Rusam: Handkommentar zur VOB. Teile A und B. Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen mit Rechtsschutz im Vergabeverfahren. 11. vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-528-21715-0, S. 1391 ff. (virtuell zu finden bei „Google-Buchsuche“).
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