- Kaufvertrag (Deutschland)
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Der Kaufvertrag besteht nach deutschem Schuldrecht aus zwei auf einander bezogenen, inhaltlich korrespondierenden Willenserklärungen (Angebot und Annahme), durch welche sich der Verkäufer zur Übereignung (vgl. § 929 BGB) der Kaufsache durch Einigung über den Eigentumsübergang und Übergabe der Kaufsache (auch „Lieferung“ genannt) und der Käufer zur Bezahlung des Kaufpreises („Kaufsumme“) und zur Abnahme der Kaufsache verpflichtet (vgl. § 433 BGB). Kaufverträge können Rücktrittsklauseln enthalten. Es ist möglich und in der Rechtspraxis häufig, einen Kaufvertrag über einen Gegenstand abzuschließen, den der Verkäufer erst noch beschaffen muss oder der noch hergestellt und damit (umgangssprachlich) noch „bestellt“ werden muss. (Beispiel: Der Kauf eines PKW, der erst in einigen Wochen oder Monaten geliefert wird.)
Allgemein
Der Kaufvertrag ist im Rechtsleben das häufigste Umsatzgeschäft. Es besteht im Austausch von Gegenständen gegen Geld. Die Grundform eines solchen Geschäfts war der Tausch. Die Weiterentwicklung zum Kauf setzt Geld als Zahlungsmittel voraus, das als jederzeit eintauschbare Verrechnungseinheit von feststehendem Wert einen Güterumsatz in nennenswertem Umfang überhaupt erst ermöglicht. Die enge Verwandtschaft zum Tausch zeigt § 480 BGB, wonach auf den Tausch die Vorschriften über den Kauf entsprechend anzuwenden sind.
Internationales Kaufvertragsrecht: Gilt im Außenhandel, wenn beide Parteien (Importeur/ Exporteur) sich nicht über Kaufvertragsrecht einig geworden sind bzw. keins vereinbart haben. Es regelt: Angebot und Annahme; Ort und Zeit der Lieferung; fehlerhafte Lieferung; Zahlungsverkehr; Gefahrenübergang; Schadensersatz
Kaufgegenstand
Gegenstand des Kaufvertrags kann gem. §§ 433ff. BGB:
- eine bewegliche Sache, eine unbewegliche Sache (Immobilie) oder ein Tier (§ 90a BGB),
- ein Recht, zum Beispiel: Forderung, Anteil an einer Sache, Wohnungseigentum, Gesellschaftsanteil, Patent, Erbschaft, Miterbenanteil (§ 453 Satz 1 BGB),
- eine Sach- oder Rechtsgesamtheit (beispielsweise ein ganzes Unternehmen).
Die Kaufsache kann individuell (sogenannter Stückkauf) oder nach allgemeinen Merkmalen (eine bestimmte Menge, Ware einer bestimmten Qualität, so genannter Gattungskauf, siehe auch Gattungsschuld gem. § 243 BGB) bestimmt sein.
Umgangssprachlich sowie in der Wirtschaftsliteratur hat sich der Verkaufsbegriff auch für den Vertrieb von Dienstleistungen nach Dienstvertragsrecht § 611 BGB oder Werkvertragsrecht § 631 BGB etabliert, obwohl dort kein Verkauf im juristischen Sinn stattfindet.
Form
Der Kaufvertrag ist in der Regel formfrei. Er kann also sowohl mündlich und schriftlich als auch durch konkludentes Handeln abgeschlossen werden. Nur bei bestimmten Kaufverträgen schreibt der Gesetzgeber eine besondere Form vor. Notarielle Beurkundung ist nach § 311b Abs. 1 BGB erforderlich beim Kauf von Immobilien (Grundstücke, Wohnungseigentum), nach § 15 Abs. 4 GmbHG beim Kauf eines GmbH-Anteils oder nach § 2371 BGB beim Erbschaftskauf.
Große und teure Sachen werden in der Praxis jedoch fast immer mit einem schriftlichen Vertrag verkauft (z. B. Autos).
Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft. Rechtsvergleich
Eine Besonderheit des deutschen Rechts ist es, dass Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft streng unterschieden werden (Trennungsprinzip) und sogar in ihrer Wirksamkeit voneinander unabhängig sind (Abstraktionsprinzip). Das Eigentum an der Kaufsache geht nicht bereits durch den Kaufvertrag (Verpflichtungsgeschäft) über, sondern muss durch einen gesonderten Vertrag, das dingliche Verfügungsgeschäft, übertragen werden. Entsprechendes gilt für den Kaufpreis. Nach deutschem Recht kommt es daher bei der Abwicklung eines normalen Barkaufs zu drei Verträgen: (schuldrechtlichem) Kaufvertrag, (dinglicher) Übereignung der Kaufsache und (dinglicher) Übereignung des Geldes. Dabei ist denkbar, dass allein das Verpflichtungsgeschäft (Kauf) unwirksam ist, das Verfügungsgeschäft (Übereignung) aber wirksam. Der Käufer kann dann wirksam Eigentümer geworden sein, wegen Fehlens eines Rechtsgrundes (wirksamer Kaufvertrag) kann aber ein Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen ihn bestehen.
In anderen Ländern gilt das Einheitsprinzip: Kauf und Eigentumsübergang bilden eine Einheit. Dabei sind zwei Varianten möglich:
- Allein der Kaufvertrag lässt das Eigentum übergehen (reines Vertragsprinzip). Diese Variante verwirklicht das französische Recht in Art. 1583 des Code civil, wo es heißt: Der Käufer erwirbt das Eigentum vom Verkäufer, sobald beide über die Sache und den Preis einig sind, auch wenn die Sache noch nicht geliefert und der Kaufpreis noch nicht gezahlt ist.[1]
- Zum Kaufvertrag muss die Übergabe hinzutreten (Einheitsprinzip mit Übergabegrundsatz). Diese Lösung gilt in Österreich nach § 1053 ABGB, wo es heißt: „Durch den Kaufvertrag wird eine Sache um eine bestimmte Summe Geldes einem andern überlassen. Er gehört, wie der Tausch, zu den Titeln ein Eigentum zu erwerben. Die Erwerbung erfolgt erst durch die Übergabe des Kaufgegenstandes. Bis zur Übergabe behält der Verkäufer das Eigentumsrecht.“
Wesentliche gesetzliche Regelungen
- Pflichten des Verkäufers
Der Verkäufer ist verpflichtet, die Ware ohne Mängel zu liefern. Er ist verpflichtet, die Ware an dem Lieferungsdatum zu liefern. Er ist verpflichtet, das Eigentum zu übertragen.
- Pflichten des Käufers
Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufpreis fristgemäß zu zahlen. Er ist wiederum verpflichtet, den von ihm gekauften Gegenstand entgegenzunehmen.
Mängel
Die Verschaffung der Kaufsache frei von Sachmängeln und von Rechtsmängeln stellt eine Hauptpflicht des Verkäufers dar (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Sachmangel
Seit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts stellt der Begriff des Sachmangels nicht mehr auf Fehler und das Fehlen zugesicherter Eigenschaften ab. Vielmehr gilt nach der Neuregelung:
Die Kaufsache ist frei von Sachmängeln (§ 434 BGB):
- wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat;
- (bei Fehlen einer solchen Vereinbarung:) wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet;
- (sonst:) wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Eine solche Erwartung kann auch durch Äußerungen in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache begründet sein.
Beispiel: Lieferung von defekter Ware
Weitere Fälle von Sach- und Qualitätsmängeln:
- unsachgemäße Montage;
- mangelhafte Montageanleitung, die zu fehlerhafter Montage geführt hat; (siehe IKEA-Klausel)
- Lieferung einer anderen Sache
- Lieferung einer zu geringen Menge
- Mangel in der Qualität
- Mangel in der Beschaffenheit (fehlerhafte, verdorbene oder beschädigte Ware)
- nach der Erkennbarkeit, offene oder versteckte Mängel – hier unterschiedliche Rügepflichten in Abhängigkeit des Handelsgeschäftes
Umstritten ist die Reichweite des kaufrechtlichen Beschaffenheitsbegriffs im Hinblick auf Beziehungen des Kaufgegenstandes zur Umwelt.
Rechtsmangel
Ein Rechtsmangel § 435 BGB liegt vor, wenn Dritte in Bezug auf die Sache Rechte gegen den Käufer geltend machen können (z. B. die Belastung eines Grundstückes mit einer Grundschuld).
Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Mangelfreiheit
Maßgebender Zeitpunkt, in dem die Mangelfreiheit gegeben sein muss, ist beim Sachmangel der Zeitpunkt des Gefahrübergangs (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Gefahrübergang tritt grundsätzlich ein bei der Übergabe der Sache (§ 446 BGB). Beim Versendungskauf (§ 447 BGB) geht die Gefahr, sofern es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf handelt (§ 474 Abs. 2 BGB), bei Übergabe an die zur Versendung bestimmte Person (etwa den Spediteur) über.
Beim Rechtsmangel ist für die Mangelfreiheit der Zeitpunkt entscheidend, in dem der verkaufte Gegenstand erworben wird. Bei beweglichen Sachen kommt es daher auf die Eigentumsübertragung gem. §§ 929 ff. BGB an (beim Eigentumsvorbehaltskauf auf den Bedingungseintritt). Bei unbeweglichen Sachen auf Auflassung und Eintragung § 925, § 873 BGB.[2]
Gewährleistung
Gewährleistung ist das Einstehenmüssen für Mängel der Kaufsache. Die dem Käufer bei Sach- und Rechtsmängeln zustehenden Mängelansprüche entsprechen teilweise den im allgemeinen Schuldrecht für alle Vertragstypen vorgesehenen Ansprüchen bei Leistungsstörungen (Schadensersatz, Rücktritt), ergänzt durch besondere Regelungen im Kaufrecht.
Bei Vorliegen eines Mangels hat der Käufer folgende Rechte (§ 437 BGB):
Nacherfüllung
- Er kann gemäß § 437 Nr. 1, § 439 BGB Nacherfüllung, das heißt nach seiner Wahl Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache, verlangen.
Das Wahlrecht des Käufers kann eingeschränkt werden, wenn das gewählte Recht (Reparatur oder Ersatzlieferung) für den Verkäufer mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Z. B. Ein Rucksack hat 40,00 EUR gekostet. Der Reißverschluss ist defekt. Das Einnähen eines neuen Reißverschlusses würde 35,00 EUR kosten.
Rücktritt, Minderung
- Er kann nach § 437 Nr. 2, §§ 440, 323 und 326 Absatz 5 BGB unter bestimmten Voraussetzungen, in der Regel nach fruchtlosem Ablauf einer dem Verkäufer zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist,
- vom Vertrag zurücktreten oder
- gemäß § 441 BGB die Vergütung mindern.
Schadensersatz, Ersatz vergeblicher Aufwendungen
- Er kann nach § 437 Nr. 3, §§ 440, 280, 281, 283, 311a BGB unter bestimmten Voraussetzungen
- Schadensersatz oder
- Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§ 284 BGB) verlangen.
Für die Verjährung der Mängelansprüche gilt § 438 BGB (Verjährungsfrist meist 2 Jahre ab Ablieferung, in Sonderfällen länger).
Kennt der Käufer einen Mangel bei Vertragsschluss, sind Mängelansprüche ausgeschlossen, unter Umständen auch bei grobfahrlässiger Unkenntnis (§ 442 BGB).
Besonderheiten gelten beim Verbrauchsgüterkauf (Verkäufer = Unternehmer, Käufer = Verbraucher), siehe gesonderten Abschnitt unten. Die gesetzlichen Gewährleistungsrechte sind beim Verbrauchsgüterkauf nicht einschränkbar (nur Schadensersatz kann abbedungen werden). Bei gebrauchten Sachen kann die Verjährungsfrist auf ein Jahr verkürzt werden, bei neuen Sachen hingegen nicht auf weniger als zwei Jahre.
Unmöglichkeit
Ist es dem Verkäufer aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich, die Übertragung vorzunehmen, so erlischt die Leistungspflicht. Ein Verkäufer braucht seine Verpflichtung (z. B. Übergabe und Eigentumsverschaffung eines bestimmten – aber nach Vertragsschluss gestohlenen oder zerstörten – Kraftfahrzeugs) nicht mehr zu erfüllen. Der Käufer hätte jedoch als Ausgleich einen Anspruch auf das stellvertretende Commodum.
Garantie
Über die Haftung für Sachmängel hinaus können der Verkäufer oder ein Dritter (zum Beispiel der Hersteller) im Kaufvertrag eine Garantie übernehmen (§ 443 BGB). Diese kann sich je nach ihrem Inhalt darauf erstrecken,
- dass die Sache eine bestimmte Beschaffenheit aufweist oder
- dass die Sache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte Beschaffenheit behält (Haltbarkeitsgarantie).
Dem Käufer werden für diesen Fall in der Garantie bestimmte Rechte eingeräumt, die er neben den im Gesetz geregelten Mängelansprüchen geltend machen kann. Anders als bei der Gewährleistung kommt es nicht darauf an, ob die Sache bei Gefahrübergang (Übergabe) einen Mangel aufweist. Durch die Garantie werden auch Rechte begründet, wenn der Mangel danach in der Garantiezeit eintritt. Bei der Haltbarkeitsgarantie wird vermutet, dass ein während der Garantiezeit auftretender Sachmangel die Rechte aus der Garantie begründet (§ 443 Abs. 2 BGB). Der Aussteller der Garantie muss daher, wenn er Ansprüchen aus der Garantie entgehen will, beweisen, dass der Mangel nicht auf dem Zustand der Sache, sondern auf unsachgemäßem Gebrauch durch den Käufer oder einem zufällig von außen einwirkenden Ereignis beruht.
Der Verkäufer darf die Garantie an bestimmte Bedingungen knüpfen, z. B. regelmäßige Inspektion nach Herstellervorschrift in einer Vertragswerkstatt.
Gefahrübergang
Nach § 446 BGB geht mit der Übergabe der verkauften Sache an den Käufer die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung der Sache auf den Käufer über. Ab diesem Zeitpunkt trägt der Käufer die Sachgefahr (das heißt er trägt das Risiko von Verlust oder Verschlechterung, der Verkäufer muss nicht nochmals leisten) und die Vergütungsgefahr (das heißt er muss den noch nicht entrichteten Kaufpreis zahlen, auch wenn die Sache zerstört oder beschädigt ist).
Versendungskauf
Beim Versendungskauf von Privatpersonen geht die Gefahr nach § 447 BGB schon mit der Übergabe an die zur Versendung bestimmten Personen über. Das gilt allerdings nicht beim Verbrauchsgüterkauf (gewerblicher Verkauf) (§ 474 Abs. 2 BGB).
Eigentumsvorbehalt
Der Verkäufer kann sich das Eigentum an der Sache bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten. Dann ist im Zweifel anzunehmen, dass das Eigentum unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen wird (§ 449 BGB). Der Käufer erwirbt mit der aufschiebend bedingten Übereignung zunächst nur ein Anwartschaftsrecht. Das volle Eigentum geht erst mit vollständiger Zahlung über. Zahlt der Käufer nicht, ist der Verkäufer durch sein fortbestehendes Eigentum gesichert. Er kann allerdings die Sache auf Grund des Eigentumsvorbehalts nur herausverlangen, wenn er vom Vertrag zurückgetreten ist (§ 449 Abs. 2 BGB).
Abweichende vertragliche Regelungen
Die meisten der oben dargestellten gesetzlichen Regelungen über den Kaufvertrag sind abdingbar, das heißt die Vertragsparteien können abweichende Vereinbarungen im einzelnen Kaufvertrag treffen. Denn im Schuldrecht herrscht grundsätzlich Vertragsfreiheit. Einige Vorschriften im Kaufrecht begrenzen allerdings ausdrücklich die Möglichkeit abweichender Vereinbarungen, so § 444 BGB für den Ausschluss von Mängelansprüchen und § 475 BGB für bestimmte abweichende Vereinbarungen beim Verbrauchsgüterkauf.
Gewährleistungsausschluss
Liegt kein Verbrauchsgüterkauf vor, so können die Parteien grundsätzlich die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte wirksam durch Individualabreden ausschließen, solange nicht eine Haftung für Vorsatz ausgeschlossen wird. In Österreich ist ein Gewährleistungsausschluss – bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit – wirksam, erstreckt sich aber nicht auf arglistig verschwiegene Mängel.[3]
Allgemeine Geschäftsbedingungen, Verbraucherschutz
Vom gesetzlichen Kaufrecht abweichende Vereinbarungen können nicht nur für den Einzelfall getroffen werden. Viel häufiger ist im Wirtschaftsleben, dass solche abweichenden Vereinbarungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthalten sind, die von einer Vertragspartei gestellt werden und in den Vertrag einbezogen werden. Dabei besteht die Gefahr, dass Regelungen in AGB allzu einseitig die Interessen einer Partei bevorzugen. Die gesetzlichen Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen, die sich jetzt in §§ 305 bis 310 BGB finden, sehen deshalb für bestimmte Fallgruppen die Unwirksamkeit von AGB-Klauseln vor.
Ferner gibt es weitere Regelungen unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes, etwa für besondere Vertriebsformen wie Haustürgeschäfte (in §§ 312 und 312a BGB) und Fernabsatzverträge (in §§ 312b bis 312d BGB), die ein Widerrufsrecht (§ 355 BGB) oder Rückgaberecht (§ 356 BGB) vorsehen.
Verbrauchsgüterkauf
Die Regelungen über den Verbrauchsgüterkauf im BGB gehen darauf zurück, dass die europäische Verbrauchsgüterkaufrichtlinie den deutschen Gesetzgeber verpflichtete, die in der Richtlinie vorgesehenen Grundsätze ins deutsche Recht zu übernehmen. Dabei wurden auch über die Erfordernisse der Richtlinie hinaus mit Wirkung vom 1. Januar 2002 durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts Änderungen im allgemeinen Teil des BGB (Verjährungsrecht), im Leistungsstörungsrecht des allgemeinen Schuldrechts und im Kaufrecht vorgenommen. Nachdem die Umsetzung der Richtlinie zum erheblichen Teil bereits durch diese Vorschriften erfolgt ist, bedurfte es nur noch einiger ergänzender Regelungen über den Verbrauchsgüterkauf im Kaufvertragsrecht, die sich in den §§ 474 - 479 BGB finden und die Möglichkeiten begrenzen, im einzelnen Kaufvertrag vom gesetzlichen Kaufvertragsrecht abzuweichen (z. B. beim Unternehmerregress).
Begriff
Ein Verbrauchsgüterkauf liegt vor, wenn ein Verbraucher (§ 13 BGB) von einem Unternehmer (§ 14 Abs. 1 BGB) eine bewegliche Sache (nicht gebrauchte Sachen, welche in einer Versteigerung verkauft werden) oder ein Tier (§§ 90 und 90a BGB) erwirbt. Verkauft dagegen ein Verbraucher eine Sache an einen Unternehmer, so finden die Regeln über den Verbrauchsgüterkauf keine Anwendung.
Regelung
Die Bedeutung der Sonderregelungen über den Verbrauchsgüterkauf besteht darin, dass sie vor allem ausschließen, dass bestimmte vom gesetzlichen Kaufvertragsrecht abweichende Vereinbarungen im Vertrag oder in Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen werden. So schließt § 475 Abs. 1 BGB Vereinbarungen aus, die zum Nachteil des Verbrauchers von den Regelungen über
- die vertraglichen Hauptpflichten, Sachmängel und Rechtsmängel (§§ 433 bis 435 BGB),
- die Rechte des Käufers bei Mängeln (§§ 437 und 439 bis 443 BGB) oder
- den Verbrauchsgüterkauf (§§ 475 bis 479 BGB)
abweichen.
Vereinbarungen über eine Erleichterung der Verjährung (Verkürzung der Verjährungsfristen) werden dahingehend beschränkt, dass die Verjährungsfrist nicht auf weniger als 2 Jahre, bei gebrauchten Sachen nicht auf weniger als 1 Jahr verkürzt werden darf (§ 475 Abs. 2 BGB).
Nicht ausgeschlossen wird eine Beschränkung von Schadensersatzansprüchen, soweit nicht die Regelungen über allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 307 bis 309 BGB) eingreifen (§ 475 Abs. 3 BGB).
Bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen Sachmängeln, die voraussetzen, dass der Mangel bei Gefahrübergang (Übergabe) vorhanden war, gilt beim Verbrauchsgüterkauf eine Vermutung, dass dies der Fall war, wenn sich der Mangel innerhalb von 6 Monaten nach Gefahrübergang zeigt (§ 476 BGB). Dann muss der Verkäufer beweisen, dass die Sache bei Übergabe mangelfrei war, wenn er Mängelansprüchen entgehen will.
- § 477 BGB enthält eine Sondervorschrift für Garantien beim Verbrauchsgüterkauf.
- § 447 BGB (Gefahrübergang beim Versendungskauf) ist gemäß § 474 Abs. 2 BGB beim Verbrauchsgüterkauf nicht anwendbar.
Barkauf
Beim Barkauf zahlt der Käufer den Kaufpreis unmittelbar nach Erhalt der Ware „Zug um Zug“ (Beispiel: Kauf an der Supermarktkasse).
Kreditkauf
Kreditkauf ist ein Kauf, bei dem der Kaufpreis erst nach Lieferung zu zahlen ist, insbesondere durch Einräumen eines Zahlungszieles oder durch Gewährung einer Ratenzahlung. Auf diesem Gebiet bedarf es eines Schutzes des Verbrauchers. Dieser wurde früher durch das Abzahlungsgesetz, später durch das Verbraucherkreditgesetz gewährt. Seit dem 1. Januar 2002 wurden dessen Regelungen durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts direkt in das BGB übernommen.
Für Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher finden sich als Schutzvorschriften für den Verbraucher nunmehr im BGB Regelungen über einen Zahlungsaufschub von mehr als drei Monaten oder sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen (§ 499 Abs. 1 BGB), Finanzierungsleasingverträge (§ 500 BGB) und Teilzahlungsgeschäfte (§§ 501 bis 504 BGB). Dabei wird insbesondere durch entsprechende Anwendung des für den Verbraucherdarlehensvertrag geltenden § 495 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 355 BGB dem Verbraucher ein Widerrufsrecht in der dort genannten Frist gewährt, das durch entsprechende Anwendung des § 358 BGB auch auf einen mit dem Kaufvertrag verbundenen Verbraucherdarlehensvertrag erstreckt wird. Bei Teilzahlungsgeschäften kann anstelle des Widerrufsrechts ein Rückgaberecht nach § 356 BGB eingeräumt werden, das in der Regel nur durch Rücksendung innerhalb der Widerrufsfrist ausgeübt werden kann
Verkauf mit Auslandsberührung
Besteht bei einem Kauf eine mögliche Verbindung zum Recht eines ausländischen Staates, so entscheidet das Internationale Privatrecht, welches Recht auf den Vertrag anzuwenden ist. Dabei gilt im Schuldrecht die allgemeine Regel, dass die Vertragsparteien das anzuwendende Recht frei wählen können (Art. 27 EGBGB). Wird eine solche Rechtswahl nicht getroffen, bestimmt sich das anzuwendende Recht nach Art. 28 EGBGB. Danach gilt das Recht des Staates, mit dem der Vertrag die engsten Verbindungen aufweist. Dabei wird vermutet, dass die engsten Verbindungen mit dem Staat bestehen, in dem der Verkäufer – je nach den Umständen – seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Hauptverwaltung oder eine Haupt- oder Zweigniederlassung hat.
Eine Besonderheit besteht beim internationalen Warenkauf. Hierfür gilt das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980, das für Deutschland am 1. Januar 1991 (in den Neuen Ländern bereits am 1. März 1990) in Kraft getreten ist und in einer Vielzahl von weiteren Ländern gilt, unter anderem in den meisten Mitgliedsländern der Europäischen Union, in den USA und in der Schweiz. Das Übereinkommen wird teilweise mit UN-Kaufrecht abgekürzt, gebräuchlicher ist wohl, wenn einzelne Bestimmungen des Übereinkommens zitiert werden, die Abkürzung „CISG“ die auf die englische Bezeichnung „Convention on Contracts for the International Sale of Goods“ zurückgeht. Das UN-Kaufrecht ist auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien anzuwenden, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, wenn diese Staaten Vertragsstaaten sind oder wenn die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaats führen (Art. 1 Abs. 1 CISG). Wenn also die Vertragsparteien die Anwendung deutschen Rechts vereinbaren oder sich dessen Geltung aus Art. 28 EGBGB ergibt, führt dies zur Anwendung des UN-Kaufrechts. Einzelheiten des Anwendungsbereichs ergeben sich aus Art. 1-6 CISG.
Besonderheiten gelten für Verbraucherverträge mit Auslandsberührung gemäß Art. 29 und 29a EGBGB.
Besondere Fallgestaltungen
Kauf vom Bauträger
Beim Kauf eines Grundstücks vom Bauträger und gleichzeitiger Verpflichtung des Bauträgers zur Errichtung eines Gebäudes auf dem Grundstück liegt ein Vertrag eigener Art vor, der kaufrechtliche und werkvertragliche Elemente enthält. Hier richtet sich die Mängelhaftung für die Bauleistungen nach Werkvertragsrecht des BGB. Zusätzlich ist die MaBV (Makler- und Bauträgerverordnung) zu beachten.
Vertrag über die Lieferung herzustellender beweglicher Sachen
Auf einen solchen Vertrag, der hinsichtlich der Herstellungspflicht dem Werkvertrag nahe steht, finden nach § 651 BGB die Vorschriften über den Kaufvertrag Anwendung. Ist eine nicht vertretbare Sache herzustellen, gelten zusätzlich nach § 651 BGB einige werkvertragliche Vorschriften entsprechend.
Handelskauf
Handelskauf ist ein Kauf, bei dem mindestens eine der Vertragsparteien Kaufmann ist. Für den Handelskauf gelten neben den kaufrechtlichen Regelungen im BGB einige Sondervorschriften im Handelsgesetzbuch (§§ 373 bis 381 HGB). Von besonderer Bedeutung ist § 377 HGB, der nur für beiderseitige Handelsgeschäfte gilt. Danach ist die Ware unverzüglich nach der Ablieferung zu untersuchen. Zeigt sich dabei ein Mangel, ist dieser dem Verkäufer unverzüglich anzuzeigen (siehe Mängelrügeobliegenheit beim Handelskauf), anderenfalls verliert der Käufer seine Gewährleistungsansprüche.
Der Käufer muss allerdings nur in dem Maße untersuchen, wie ihm dies „tunlich“ ist; bei Lieferung einer größeren Warenmenge genügt eine Stichprobe, bei einer gelieferten Maschine etwa ein Probelauf. Konnte der Fehler bei der Untersuchung nicht gefunden werden, zeigt sich dieser jedoch später, so muss gemäß § 377 Abs.3 HGB der Käufer daraufhin unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) dem Verkäufer den Mangel anzeigen.
Hat der Verkäufer allerdings den Mangel arglistig verschwiegen, so kann er sich gemäß § 377 Abs. 5 HGB nicht auf die Versäumung der Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten durch den Käufer berufen.
Kauf auf Probe
Den Kauf auf Probe regeln die §§ 454 und 455 BGB. Der Kauf kommt nur unter der aufschiebenden Bedingung zustande, dass der Käufer den gekauften Gegenstand billigt, was in seinem Belieben steht. Die Billigung kann nur innerhalb bestimmter Frist erfolgen. Ist die Sache dem Käufer zum Zwecke der Probe oder Besichtigung übergeben, gilt sein Schweigen als Billigung.
Kauf nach Probe („nach Muster“)
Hier wird der Kaufgegenstand durch die Qualität und die Eigenschaften eines Musters bestimmt. (Das Muster muss immer kostenlos sein, sonst ist es ein Kauf zur Probe.) Die dann gelieferte größere Kaufmenge muss dem Muster entsprechen. Diese Art des Kaufes ist nicht gesondert geregelt; die Möglichkeit dazu ergibt sich daraus, dass es den Vertragsparteien freisteht, wie sie die vereinbarte Beschaffenheit der Kaufsache bestimmen. (Diese Art des Kaufs war bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ausdrücklich im Gesetz geregelt.)
Kauf zur Probe
Ein normaler Kauf einer kleinen Menge. Sagt die Ware zu, wird eine größere Bestellung in Aussicht gestellt.
Wiederkauf
Den Wiederkauf regeln die §§ 456 bis 462 BGB. Ist im Kaufvertrag ein Wiederkaufsrecht vereinbart, kann der Verkäufer durch Erklärung gegenüber dem Käufer das Wiederkaufsrecht ausüben. Der ursprüngliche Käufer (= Wiederverkäufer) ist also aufschiebend bedingt zur Rückübereignung gegen Zahlung des Wiederkaufpreises verpflichtet. Damit dient die Wiederkaufsvereinbarung dem Verkäufer in der Regel als Sicherung (wie Sicherungsübereignung und Besitzpfandrecht).
Vorkauf
Ein Vorkaufsrecht ist das Recht, einen Gegenstand durch Kauf zu erwerben, wenn der aus dem Vorkaufsrecht verpflichtete Verkäufer mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand schließt. Durch Ausübung des Vorkaufsrechts gegenüber dem Verkäufer kommt zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Verkäufer ein Kaufvertrag mit gleichem Inhalt wie mit dem Dritten zustande.
Das Vorkaufsrecht kann schuldrechtlich vereinbart sein. Hierfür gelten die §§ 463 bis 473 BGB. Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht bindet nur den, der das Vorkaufsrecht bestellt hat.
Ferner gibt es ein dingliches Vorkaufsrecht gemäß §§ 1094 bis 1104 BGB. Es wird als Belastung des Grundstücks ins Grundbuch eingetragen und kann auch für mehrere Verkaufsfälle bestellt werden. Verpflichtet ist dann der jeweilige Eigentümer des Grundstücks.
Ramschkauf (Kauf „en bloc“)
Eine größere Menge an Waren wird zu einem Pauschalpreis verkauft, der Verkäufer nimmt dabei keine Qualitätssicherung vor. (Rechtlich betrachtet muss allerdings zur Erfüllung des Kaufvertrags jeder Gegenstand gesondert übereignet werden.)
Bestimmungskauf (Spezifikationskauf)
Es handelt sich um eine in § 375 HGB geregelte Form des Handelskaufs. Beim Vertragsabschluss werden nur Art und Menge der Ware vereinbart. Eine Frist wird vereinbart, nach der der Käufer die Ware näher bestimmen muss. Wenn er dies nicht tut, kann der Verkäufer die Bestimmung vornehmen oder die anderen in § 375 HGB genannten Rechte ausüben.
Fair average quality
fair average quality (faq), zu Deutsch etwa „gute Durchschnittsqualität“ ist ein Begriff aus dem Handelsrecht und entspricht in etwa der in § 360 HGB geforderten Qualität eines Handelsguts mittlerer Art und Güte. Der Begriff findet hauptsächlich im Außenhandel Verwendung.
Kaufverträge unter dem Aspekt der Lieferzeit
Neben den oben genannten Kaufvertragsarten, bei denen nach Art, Beschaffenheit und Güte unterschieden wird, können Kaufverträge ebenso unter dem Aspekt der Lieferzeit gestaltet werden. Unter diesem Gesichtspunkt können vier Arten von Kaufverträgen abgeschlossen werden:
Terminkauf
Die Lieferung der Ware zu einem bezeichneten Termin.
Fixkauf (Fixhandelskauf)
Der Lieferzeitpunkt ist genau festgelegt. Die Einhaltung des Lieferzeitpunktes ist entscheidend für die Wirksamkeit des Kaufvertrages. Dies kann nur aus der inhaltlichen Notwendigkeit des Geschäftes heraus begründet werden. Beispielsweise kann eine normale Rohstofflieferung in einem Industriebetrieb nicht als Fixkauf vereinbart werden, da die Rohstoffe nach dem vereinbarten Liefertermin auch noch verwendet werden können. (Gilt auch für Just-In-Time-Lieferungen).
- Lieferungsverzug tritt ohne Verschulden des Verkäufers ein (grobe Fahrlässigkeit, Vorsatz). Der Lieferzeitpunkt muss eingehalten werden (Fälligkeit).
- Rücktritt sofort möglich (Mahnung entbehrlich), bei Schadensersatz als Alternative muss der Vertragspartner informiert werden.
Sofortkauf (Tageskauf)
Beim Sofortkauf erfolgt die Lieferung unmittelbar nach dem Abschluss des Kaufvertrages oder wird vom Käufer gleich persönlich mitgenommen.
Kauf auf Abruf
Eine Lieferung erfolgt erst nach Abruf durch den Kunden. Meistens wird dieser Kauf bei immer wiederkehrenden Bestellungen benutzt. Der Verkäufer kann die Lieferung komplett oder in Teilen vornehmen. Beispiel: Ein Unternehmen mit einem großen Fuhrpark holt die Benzinpreise von verschiedenen Mineralölfirmen ein und bestellt gleich die Lieferung, mit dem Tanklastzug für die betriebseigene Tankstelle, am Telefon.
Weblinks
Wiktionary: Kaufvertrag – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen- §§ 433 bis 453 BGB (Allgemeine Vorschriften zum Kaufvertrag)
- §§ 454 bis 473 BGB (Besondere Arten des Kaufs)
- §§ 474 bis 479 BGB (Verbrauchsgüterkauf)
- §§ 499 bis 504 BGB (Finanzierungshilfen, Teilzahlungsgeschäfte)
- Kaufrecht (Fragen und Antworten), Stiftung Warentest test.de
- Kaufvertragsrecht Die Rechte des Käufers bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache
Einzelnachweise
- ↑ Art. 1583 Originaltext
- ↑ Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl. (2007), § 435, Rn. 7; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, § 435, 2004, Rn. 5.
- ↑ Walter Brugger: Ende des Gewährleistungsausschlusses (PDF) in ecolex 2008, 803 auf dbj.at (Stand 28. April 2009).
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