Giovanni P. Palaestrina

Giovanni P. Palaestrina
Giovanni Pierluigi da Palestrina

Giovanni Pietro Aloisio Sante da Palestrina, mit dem Familiennamen Sante, nach seinem Geburtsort, der italienischen Stadt Palestrina (bei Rom; lateinisch Praenestinus) genannt, war ein italienischer Komponist und Erneuerer der Kirchenmusik und wurde wahrscheinlich am 2. oder 3. Februar 1514 oder 1515 (nach anderen Quellen erst 1524, 1525 oder 1529) geboren. Er starb am 2. Februar 1594 in Rom.

Inhaltsverzeichnis

Name

Der zweite Vorname Pierluigi ist die heute geläufige (Kurz-) Form von Pietro Aloisio (lateinisch: Petrus Aloisius); Sante (lateinisch: Sanctis) ist der Familienname, da Palestrina bezeichnet die Herkunft. Heute ist es in der deutschen Musikwissenschaft üblich, kurz von Palestrina zu sprechen, obwohl das nicht korrekt ist; eigentlich müsste man (wie im Fall von Leonardo da Vinci) von Giovanni Pierluigi sprechen. Der komplette lateinische Name lautet: Johannes Petrus Aloisius Sanctis.

Biographie

Palestrina kam 1540 nach Rom, wo er in der Schule von Claude Goudimel seine Ausbildung erhielt, er war von 1544 bis 1551 Organist an der Hauptkirche seiner Vaterstadt und wurde dann zum Magister puerorum (Lehrer der Singknaben) an der Peterskirche in Rom ernannt und noch in demselben Jahr zum Kapellmeister befördert.

In dieser Stellung erfreute er sich sowohl der besonderen Gunst des Papstes Julius III., der ihn in das Sängerkollegium der Sixtinischen Kapelle berief, als auch der des Papstes Marcellus II.. Da aber dessen Nachfolger Paul IV. Anstoß daran nahm, dass Palestrina nicht dem geistlichen Stand angehörte und sogar verheiratet war, musste er seinen Posten verlassen; doch er erhielt im Monat darauf die Kapellmeisterstelle an San Giovanni im Lateran und 1561 die besser besoldete an Santa Maria Maggiore.

In diese Zeit fallen seine achtstimmig für zwei Chöre geschriebenen Improperien, die 1560 am Karfreitag zum ersten Mal aufgeführt wurden und einen so tiefen Eindruck machten, dass der Papst Pius IV. eine Abschrift davon für die päpstliche Kapelle verlangte.

Mit diesem Werk beginnt Palestrina, der sich bis dahin streng an die älteren Meister angeschlossen hatte, seinen eigenen Weg zu gehen, und sein Beruf zum Reformator auf dem Gebiet der Kirchenmusik kündigte sich jetzt so deutlich an, dass die beim Konzil von Trient versammelte Behörde zur Verbesserung der Kirchenmusik ihn von allen lebenden Tonkünstlern für den fähigsten hielt, die Frage zu lösen, ob die polyphone Musik der kirchlichen Erbauung förderlich oder nachteilig und in letzterem Fall aus der Kirche zu verbannen sei.

In ihrem Auftrag schrieb Palestrina drei Messen, in denen (besonders in der dritten, welche er in dankbarer Erinnerung an seinen Gönner, den Papst Marcellus II., Missa Papae Marcelli benannte) neben kunstvollster Stimmenverflechtung die Hauptbedingungen einer wirkungsvollen Vokalmusik, Deutlichkeit der Melodie und Verständlichkeit der Textworte, so vollständig erfüllt waren, dass die Beibehaltung der Kunstmusik in der Kirche von seiten des Konzils einstimmig beschlossen wurde.

Durch diese Messen, deren erste Aufführung am 19. Juni 1565 stattfand, war den Italienern ein ihnen eigentümlicher Kirchenstil geschaffen, der später unter dem Namen „Palestrina-Stil“ – als hohe Stufe kontrapunktischer Satzkunst – für alle weiteren Arbeiten dieser Gattung mustergültig wurde.

Welches Ansehen Palestrina genoss, zeigt seine Zusammenarbeit mit dem mantovanischen Herzog Guglielmo Gonzaga. Dieser wollte einen gegenreformatorischen Mittelpunkt in Italien bilden und baute deshalb seine Schlosskirche Basilica Palatina di S. Barbara; dafür bestellte er bei Palestrina 10 Choral-Messen nach der Gonzaga-Liturgie. Am Ende des 1. Bauabschnittes 1568 komponierte Palestrina seine Missa Mantovana 1, nach Abschluss des Erweiterungsbaues 1578 seine weiteren Missae Mantovanae.

1571 wurde Palestrina zum Komponisten der päpstlichen Kapelle, (nach dem Tod Giovanni Animuccias) auch zum Kapellmeister der Peterskirche ernannt. Im selben Jahr übernahm er an dessen Stelle die Leitung des Gesanges bei den Andachtsübungen im Oratorium des heiligen Philipp Neri und eröffnete mit Panini eine Musikschule, die im Gegensatz zur älteren des Goudimel die "neuere römische Schule" genannt wurde und bald zu großer Berühmtheit gelangte.

So als ausübender wie als schaffender Musiker rastlos sich betätigend, wurde er am 2. Februar 1594 vom Tod ereilt. Sein Leichnam wurde in der Peterskirche beigesetzt und sein Grab durch die Inschrift Musicae princeps (Fürst der Musik) gekennzeichnet.

Werk

Palestrinas zahlreiche Werke, mit Ausschluss zweier Bücher Madrigale sämtlich für die Kirche geschrieben, erschienen zu seinen Lebzeiten nur teilweise im Druck und dem damaligen Gebrauch gemäß nur in Stimmenausgaben.

  • 1581: Il primo libro de madrigali a cinque voci;
  • 1594: Delli Madrigali Spirituali a cinque.

In neuerer Zeit, nachdem sie zuerst durch Luigi Cherubini in weitere Kreise eingeführt worden, erschienen sie auch in Partitur (von Alfieri, einzelne Werke in Proskes Musica divina). Eine auf 30 Bände angelegte kritische Gesamtausgabe der Werke erscheint seit 1862 in Leipzig (Bd. 1-6 von Espagne redigiert, Fortsetzung 1879 von Haberl übernommen). Vgl. Baini, Memorie storico critiche della vita e delle opere di Giovanni Pierluigi da Palestrina (Rom 1828, 2 Bde.; deutsch von Kandler und Kiesewetter, Leipzig 1834); Bäumker,P., eine biographische Skizze (Freiburg i. Br. 1877).

Geistliche Werke

Weltliche Werke

Zur Wirkungsgeschichte

Der Komponist Hans Pfitzner (1869-1949) fand durch musikgeschichtliche Studien, "dass das Leben dieses Mannes (Palestrina) ein Künstlerdrama ersten Ranges in sich schloss". Palestrina erschien ihm "in besonders geheimnisvollem, eigentümlichem Lichte". Das lange Ringen auf dem Konzil von Trient und danach um den der Messe angemessenen Musikstil verdichtete Pfitzner zu seiner Oper "Palestrina", die er als "Musikalische Legende" in den Jahren 1910 bis 1915 dichtete und komponierte. - Bruno Walter, der die Uraufführung der Oper 1917 in München musikalisch geleitet hatte, schrieb 1962 an Pfitzners Witwe: "Trotz aller düsteren Zeitereignisse lebt die Zuversicht in mir, daß 'Palestrina' bleiben wird. Das Werk hat alle Elemente des Unvergänglichen."

Palestrinastil

Der Begriff Palestrinastil bezeichnet nicht nur den Personalstil des Komponisten, sondern steht seit dem frühen 17. Jahrhundert auch für ein didaktisch vermitteltes, kontrapunktisches Satzmodell, das unter anderem im Gradus ad Parnassum des österreichischen Komponisten Johann Joseph Fux vertreten wird. Wichtigstes Merkmal ist die melodische, rhythmische und harmonische Ausgewogenheit der Komposition. Große Intervallsprünge werden vermieden oder mit Gegenbewegung in Sekundschritten beantwortet. Die Harmonik beruht größtenteils auf grundstelligen Dreiklängen, die Verwendung von Sextakkorden unterliegt strenger Reglementierung. Die Rhythmik steigert sich von langen Notenwerten zu Beginn des Stücks hin zu schnellerer Bewegung, wobei das Nebeneinander von stark kontrastierenden Notenwerten vermieden wird.

Heute wird der Palestrinastil im Rahmen der Musikwissenschaft als exemplarisch für die Musik des 16. Jahrhunderts gelehrt.

Literatur

  • Reinhold Schlötterer: Der Komponist Palestrina. Grundlagen, Erscheinungsweisen und Bedeutung seiner Musik. Wißner-Verlag, ISBN 3-89639-343-X.
  • Johanna Japs: Die Madrigale von Giovanni Pierluigi da Palestrina. Genese – Analyse – Rezeption. Wißner-Verlag, ISBN 978-3-89639-524-5.
  • MGG 2: Artikel "Palestrina".
  • Christoph Hohlfeld, Reinhard Bahr: Schule musikalischen Denkens. Der Cantus-firmus-Satz bei Palestrina. Florian Noetzel Verlag, ISBN 3-7959-0649-0.

Siehe auch

Weblinks


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