- Hans von Beseler
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Hans Hartwig Beseler, seit 1904 von Beseler (* 27. April 1850 in Greifswald; † 20. Dezember 1921 in Neu-Babelsberg) war ein preußischer Generaloberst und Politiker der Wilhelminischen Zeit.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft und Familie
Beseler entstammte einer Familie aus dem Herzogtum Schleswig und war der Sohn des berühmten Rechtsgelehrten Georg Beseler (1809–88). Sein Bruder war der preußische Justizminister Max von Beseler. Er war mit Clara (geborene Cornelius) verheiratet. Das Ehepaar hatte drei Töchter. Zu Kaisers Geburtstag wurde er am 27. Januar 1904 geadelt.
Leben
Er trat 1868 in den preußischen Militärdienst ein, nahm am deutsch-französischen Krieg teil und besuchte anschließend die Kriegsakademie. Seit 1893 war er Abteilungschef im Kriegsministerium und stieg im Generalstab 1899 zum Oberquartiermeister auf. Seit langem als Nachfolger des Generalstabschef Alfred Graf von Schlieffens vorgesehen, wurde Beseler als Generalleutnant und Kommandeur der 6. Division jedoch nur zum Generalinspekteur der Festungen ernannt. Im Jahre 1910 nahm er seinen Abschied, trat der Freikonservativen Partei bei und war für sie seit 1912 Abgeordneter im Preußischen Herrenhaus.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Beseler, ähnlich wie Paul von Hindenburg, wieder zum aktiven Dienst herangezogen, zunächst als Kommandierender General des III. Reservekorps. Der Verband kam in der Anfangsphase des Krieges an die Westfront und nahm an der Belagerung der Festung Antwerpen teil. Beseler gab man schließlich am 27. September 1914 das Kommando über alle Angriffstruppen in Form einer der OHL unmittelbar unterstehenden Armeegruppe Beseler. Bis zum 10. Oktober eroberten Beselers Soldaten die Stadt und Festung, was im Deutschen Reich als großer Erfolg gefeiert wurde. Im Herbst hatte das III. Reservekorps schwere Kämpfe an der Front in Flandern zu bestehen. 1915 wurde Beseler an die Ostfront verlegt. Erneut bekam er eine Armeegruppe Beseler, welche die Festung Nowogeorgiewsk belagerte und vom 4. bis 20. August 1915 eroberte. Wenige Tage später wurde die Armeegruppe wieder aufgelöst.
Ende August 1915 erhielt Beseler seine Beförderung zum Generaloberst und die Ernennung zum Generalgouverneur des "Generalgouvernement Warschau" - einem Teilgebiet des bisherigen Russisch-Polen, das deutscher Zivilverwaltung unterstellt wurde. Als deutscher Generalgouverneur proklamierte er 1916 die von den Besatzungsmächten Deutsches Reich und Österreich-Ungarn vereinbarte Errichtung eines selbständigen Königreiches Polen (sogenanntes Regentschaftskönigreich). Mit tätiger Hilfe seines nahen Mitarbeiters, des polnisch-preußischen Aristokraten Bogdan Graf von Hutten-Czapski schuf er die neue polnischsprachige Universität Warschau und die Technische Hochschule Warschau. Es gelang ihm indessen nicht, eine „Polnische Wehrmacht“ aufzustellen, was einer der Hauptzwecke der Mittelmächte bei der Errichtung eines „unabhängigen“ Polens war: Die Legionäre des Józef Piłsudski, die das Offizierskorps der neuen Wehrmacht stellen sollten, verweigerten den Eid auf die beiden Kaiser Wilhelm II. und Karl I. und wurden danach interniert, Piłsudski selbst in der Festung Magdeburg.
Beseler scheiterte schließlich mit seiner Politik; er betrieb eifrig den Aufbau des Königreiches Polen und widersetzte sich energisch den Bestrebungen Erich Ludendorffs, eine vierte Teilung Polens durchzuführen und einen „Schutzstreifen“ aus Grenzgebieten Kongresspolens dem Deutschen Reich anzugliedern. Er verlor gleichzeitig Anhänger unter den Polen, als die kommende Niederlage der Mittelmächte sichtbar wurde.
Aus Angst vor den deutschen Soldatenräten floh Beseler (als Arbeiter verkleidet, am 12. November gegen 17 Uhr) mit seinen zwei Adjutanten und zwei von Piłsudski zu Verfügung gestellten polnischen Offizieren auf einem Schiff der Weichselschifffahrt aus Warschau nach Thorn und von dort nach Berlin. Als gebrochener Mann starb er 1921 bei Potsdam.
Seine Zeitgenossen Hutten-Czapski, Hermann Fürst von Hatzfeldt und Maria Fürstin Lubomirska – Ehefrau von Zdzisław Lubomirski – äußerten sich lobend über ihn: Hutten-Czapski: „Als Generalinspekteur des Ingenieur- und Pionierkorps und der Festungen hatte er sich auch Verwaltungserfahrungen angeeignet. Diese Anlagen und Fähigkeiten verbanden sich mit einem vornehmen und ideal gerichteten Charakter. Durchdrungen von dem Gefühl seiner großen Aufgabe und Stellung verleugnete er doch nicht die schlichte Menschlichkeit seines Wesens. Für die Lage der ihm anvertrauten Bevölkerung, für ihre nationale und kulturelle Eigenart hatte er wirkliches Verständnis.“ Hatzfeldt: „Er ist ein kristallklarer Kopf, und man hätte keinen besseren als ihn nach Warschau schicken können. Ein Anderer wäre, als er gefragt wurde, wie er sich die Zukunft Polens denke, sofort mit seinem Plane fertig gewesen. Beseler sagte nur: Lassen Sie mir Zeit, wenn ich heute schon meine Ansicht äußern sollte, wäre es nur die Ansicht der anderen.“ Fürstin Lubomirska: „Unser Generalgouverneur Beseler ist ein guter Mensch, voll von guten Absichten, regieren kann er aber nicht, seine Spezialität sind Festungen: er wird im Geschichtsgedächtnis als Eroberer von Antwerpen und Modlin bleiben, als ein Mensch mit gründlichen Kenntnissen, voll von Wissen und mit hoher künstlerischer Kultur“.
Literatur
- Bogdan Graf von Hutten-Czapski: Sechzig Jahre Politik und Gesellschaft. Band 1–2, Berlin 1936.
- Maria Fürstin Lubomirska: Pamiętnik 1914–1918. Posen 2002, ISBN 83-86138-92-0.
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band I. Band 53 der Gesamtreihe, C. A. Starke, Limburg (Lahn) 1972, ISSN 0435-2408.
- Acta Borussica Band 10 (1909–1918) (PDF-Datei; 2,74 MB)
Weblinks
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