Erste Flandernschlacht

Erste Flandernschlacht
Flandernschlacht (1914)
Teil von: Erster Weltkrieg
Karte der Schlacht
Karte der Schlacht
Datum 20. Oktober–18. November 1914
Ort Nieuwpoort bis Ypern, Belgien
Ausgang alliierter Sieg
Konfliktparteien
FrankreichFrankreich Vereinigtes Konigreich 1801Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland BelgienBelgien
Entente
Deutsches ReichDeutsches Reich
Deutsches Reich
Befehlshaber
John French
Ferdinand Foch
Albrecht Herzog von Württemberg
Truppenstärke
GB: 7 InfDiv., 3 KavDiv.
F: rund 10 InfDiv., 3 KavDiv., BE: 6 InfDiv., 2 KavDiv.
rund 20 Div.
Verluste
GB: ca. 58.000
F: ca. 50.000

100.000[1]

Die Erste Flandernschlacht oder auch Ypernschlacht fand gegen Ende der ersten Phase des Ersten Weltkrieges vom 20. Oktober bis zum 18. November 1914 zwischen deutschen und alliierten Truppen im Raum der belgischen Kanalküste in Westflandern statt. Trotz schwerster Verluste an Menschenleben auf beiden Seiten konnte die Absicht der deutschen Führung, durch einen Angriff der 4. Armee entlang der Kanalküste das britische Expeditionskorps (British Expeditionary Forces) von seinen Versorgungslinien abzuschneiden, nicht verwirklicht werden.

Zuvor war der Schlieffenplan mit dem Ziel, in einem raschen Stoß Paris zu nehmen und damit den Krieg zu beenden, in der Marneschlacht gescheitert. Der Wettlauf zum Meer, bei dem sich die Gegner gegenseitig die Nordflanke abzugewinnen suchten, war unentschieden ausgegangen. Im Zuge dieses „Wettlaufs“ hatte das deutsche III. Reserve-Korps Antwerpen genommen. Bei Ypern befand sich nach dem Abschluss dieser Operationen noch eine schmale Frontlücke.

In dieser Lage erhielt die deutsche 4. Armee unter Generaloberst Albrecht Herzog von Württemberg den Auftrag, mit dem neu unterstellten III. Reserve-Korps und seinen vier eigenen Korps (insgesamt elf Divisionen) am rechten Flügel des deutschen Heeres über Nieuwpoort auf Dünkirchen und Calais, die Nachschubhäfen der britischen Truppen, vorzustoßen, diese Städte zu nehmen, um danach, weiter der Kanalküste folgend, nach Süden in Richtung Somme einzudrehen. Der Angriff sollte zu Beginn durch den linken Nachbarn der 4. Armee unterstützt werden. Dazu sollte die 6. Armee (Kronprinz von Bayern) aus dem Raum Lille nach Norden, in den Rücken der alliierten Truppen vorstoßen.

Der Armeekommandeur entschloss sich dazu, zwischen Nieuwpoort im Norden und Ypern im Süden mit allen fünf Korps nebeneinander anzugreifen und die etwa 30 km breite Lücke zur 6. Armee zunächst nur überwachen zu lassen. Genau gegen diese Lücke und Ypern richteten sich jedoch die Hauptanstrengungen der Alliierten, die diesen Frontbogen halten konnten. Der Angriff der 4. Armee litt von Anfang an unter erheblichen, zum Teil selbst hervorgerufenen Schwierigkeiten. Die 4. Armee bestand nur aus Reservetruppen, die nicht die volle Ausbildungshöhe und den Ausrüstungsstand aktiver Einheiten hatten. Durch den Plan der Armee waren alle Kräfte festgelegt, sie hatte also keine Tiefengliederung und trat auch ohne nennenswerte Artillerieunterstützung zum Angriff an. Als Verteidigungsmaßnahme öffneten die belgischen Truppen die Seeschleusen von Nieuwpoort bei Flut und schlossen sie bei Ebbe, so das Schlachtfeld allmählich unter Wasser setzend.[2] Die deutschen Verbände mussten sich nach der Beendigung der Operation wieder hinter die Yser zurückziehen.

Inhaltsverzeichnis

Eingesetzte Kräfte (Deutsches Reich)

4. Armee unter Generaloberst Albrecht Herzog von Württemberg
XXII. Reserve-Korps – Kommandeur: General der Kavallerie Eugen von Falkenhayn (Bruder von Erich von Falkenhayn) XXIII. Reserve-Korps – Kommandeur: General der Kavallerie Georg von Kleist XXVI. Reserve-Korps – Kommandeur: Kgl. Württ. General der Infanterie
Otto Freiherr von Hügel
XXVII. Reserve-Korps (II. Königlich Sächsisches) – Kommandeur: Kgl. Sächs. Generalleutnant Adolph von Carlowitz
Divisionen
43. Reserve-Division
Kdr.: Genlt. von Hoffmann
45. Reserve-Division
Kdr.:Genlt. Schöpflin
51. Reserve-Division
Kdr.: Genlt. Waenker von Dankenschweil
53. Reserve-Division (3. Königlich Sächsische)
Kdr.: Kgl. Sächs. Genlt. Hans von Watzdorf
Regimenter und Bataillone
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 201 (Berlin und Potsdam) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 209 (Frankfurt (Oder)) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 233 (Stettin) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 241 (Dresden)
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 202 (Berlin) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 210 (Brandenburg) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 234 (Kassel-Göttingen) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 242
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 203 (Spandau) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 211 (Stargard i.P.) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 235 (Koblenz) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 243 (Zwickau-Plauen)
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 204 (Berlin und Potsdam) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 212 (Altona) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 236 (Köln) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 244 (Chemnitz-Döbeln)
Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 15 (Potsdam) Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 17 (Lübben) Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 23 (Goslar) Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 25 (Dresden)
Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 43 (Jüterbog) Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 45 (Belgard-Kolberg) Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 51 (Kassel) Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 53
Divisionen
44. Reserve-Division
Kdr.:Kgl.Württ. Genlt. von Dorrer
46. Reserve-Division
Kdr.: Genlt. Hahn
52. Reserve-Division
Kdr.: Genlt. Waldorf
54. Reserve-Division
Kdr.: Kgl. Württ. Gen d. Inf. Paul von Schaefer
Regimenter und Bataillone
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 205 (Frankfurt (Oder)) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 213 (Rendsburg) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 237 (Trier) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 245 (Leipzig)
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 206 (Brandenburg) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 214 (Rostock) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 238 (Neustadt) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 246 (Stuttgart-Ulm)
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 207 (Prenzlau) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 215 (Lübeck) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 239 (Mannheim) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 247 (Ulm)
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 208 (Hannover) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 216 (Osnabrück) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 240 (Rastatt) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 248 (Ludwigsburg-Heilbronn-Zuffenhausen)
Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 16 (Berlin-Lichterfelde) Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 18 (Ratzeburg) Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 24 (Marburg) Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 26 (Freiberg)
Reserve Feldartillerie-Regiment Nr. 44 (Brandenburg) Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 46 (Güstrow) Reserve Feldartillerie-Regiment Nr. 52 (Karlsruhe) Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 54
Der 4. Armee zugewiesen:
III. Reserve-Korps – Kommandeur: General d. Inf. Hans von Beseler 6. Bayerische Reserve-Division – Kommandeur: Kgl. Bay. Gen. d. Kav. Maximilian von Speidel (ab Ende Oktober unterstellt der 6. Armee, Gruppe Fabeck)
Divisionen
5. Reserve-Division Kdr.: Genlt. Voigt 6. Reserve-Division – Kdr.: Genlt. Schickfuß zu Neudorf
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 8 (Landsberg a.W./Frankfurt (Oder)) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 20 (Potsdam-Spandau-Berlin) Bay. Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 16 (München)
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 48 (Küstrin-Woldenberg-Angermünde) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 24 (Neuruppin/Prenzlau) Bay. Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 17 (Augsburg)
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 12 (Calau-Perleberg-Berlin) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 26 (Magdeburg-Stendal-Burg) Bay. Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 20 (Nürnberg)
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 52 (Cottbus-Crossen-Guben) Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 35 (Brandenburg-Jüterbog) Bay. Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 21 (Fürth)
Reserve-Dragoner-Regiment Nr. 2 Reserve-Ulanen-Regiment Nr. 3 Bay. Reserve-Kavallerie-Regiment Nr. 6
Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 5 Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 6 Bay. Reserve-Fußartillerie Bataillon Nr. 6
Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 3 (Lübben)

Aufmarsch und Beginn der Kampfhandlungen

Am 10. und 11. Oktober 1914 begann der Transport der vier Korps nach Belgien.

  • Zugewiesene Stoßrichtungen waren:
das XXII. Reserve-Korps auf Dixmuiden
das XXIII. Reserve-Korps auf Bixschote
das XXVI. Reserve-Korps auf Langemark-Poelkapelle
das XXVII. Reserve-Korps auf Becelaere [3]

Dazu kam das III. Reserve-Korps, das nach der Einnahme von Antwerpen am 9. Oktober freigeworden war und auf Nieuwpoort angesetzt wurde.

Bis zum 20. Oktober 1914 hatten die jeweiligen Streitkräfte ihre Positionen eingenommen. Engländer, Franzosen und Belgier hielten die Linie Nieuwpoort–Dixmuiden–Houthoulster Wald–Langemarck–Beselare, die deutschen Linien lagen ihnen gegenüber.

Erste Phase

XXII. Reserve-Korps

Langemarck im Oktober 1914

Das XXII. Reserve-Korps hatte mit seiner 43. und 44. Reserve-Division den Auftrag erhalten, am 21. Oktober südlich des III. Reserve-Korps und in Zusammenarbeit mit diesem bei Dixmuide den Übergang über die Yser zu erzwingen. Der Hauptstoß war auf Dixmuide gerichtet und sollte von der 43. Reserve-Division durchgeführt werden. Dazu rückte die Division mit den Reserve-Infanterie-Regimentern 201, 202, 203 und dem Reserve-Jäger-Bataillon 15 am Abend des 20. Oktober bis in das Dorf Eessen, das an der Bahnlinie Ypern-Dixmiude-Cortemark, etwa zwei Kilometer ostwärts von Dixmuide liegt. Hier kam es zu einem bis heute ungeklärten Zwischenfall, indem nach Einbruch der Dunkelheit plötzlich ein lebhaftes Feuergefecht ausbrach, von dem niemand wusste, wer es ausgelöst hatte und wer eigentlich auf wen schoss. Als Resultat brannte die Kirche von Eessen nieder und die belgischen Truppen unternahmen aus Dixmuide einen Angriff, der jedoch abgewehrt werden konnte.

Durch mangelhafte Aufklärung wurde erst am Morgen des 21. Oktober erkannt, dass die Belgische Armee die Stadt Dixmuide stark befestigt und als Stützpunkt ausgebaut hatte. Trotzdem wurde die 43. Reserve-Division von Osten und Süden auf die Stadt selbst, sowie die 44. Reserve-Division nördlich Dixmuide über die Straße nach Berst und Keynem auf die große Yserschleife angesetzt.

Um 10:00 Uhr begann der Angriff von zwei Regimentern der 43. Reserve-Division über eine etwa zwei Kilometer tiefe, deckungsarme Fläche, der durch Hecken und Wasserläufe ungewöhnlich erschwert wurde. Die Verbindung der Truppenteile untereinander riss ab, Angriffskolonnen gerieten in starkes Maschinengewehrfeuer und mussten umkehren. Dies führte zu weiterer Verwirrung bei denjenigen, die nur das Gewehrfeuer vernahmen, ohne selbst etwas sehen zu können. Trotz dieser Schwierigkeiten gelang es Teilen der Division, bis zum südlichen Stadtrand von Dixmuide beim Dorf Woumen vorzudringen und den dort verlaufenden Bahndamm besetzt zu halten.

Gefechtsfeld vor Ypern

Um 14:00 Uhr griffen Infanterie und Jäger der 43. Reserve-Division Dixmuide erneut von Osten an, konnten aber kaum in die stark verschanzte Stadt eindringen und mussten am Abend zurückgenommen werden. Ein gegen 19:00 Uhr angesetzter Nachtangriff kam nur bis zum Bahndamm am südöstlichen Stadtrand und endete gegen 22:00 Uhr in einer regelrechten Flucht, die erst nach drei Kilometern bei Hoogmolen zum Stehen gebracht werden konnte.

Im Norden von Dixmuide war indessen die 44. Reserve-Division über den Bahndamm hinaus bis kurz vor den Yserkanal vorgestoßen.

Der Angriffsplan für den 23. Oktober sah ein Vorgehen der 44. Reserve-Division über die Yser und eine Unterstützung der 6. Reserve-Division vom III. Reserve-Korps vor, danach sollte die Division in einer Linksschwenkung Dixmuide vom Rücken her angreifen. Die 43. Reserve-Division sollte wiederum die Stadt von Osten und von Süden angreifen.

Die 44. Reserve-Division überschritt mit ihrem rechten Flügel den Yser-Kanal und kämpfte sich mit der 6. Reserve-Division weiter vor, während der linke Flügel der Division von Norden her Angriffe auf die Stadt unternahm.

Am Abend waren alle Angriffe der 43. Reserve-Division gescheitert und die Regimenter fanden sich in ihren Ausgangsstellungen wieder.

Das Generalkommando befahl für den 25. Oktober erneut die Einnahme der Stadt Dixmuide durch die 43. Reserve-Division.

Der Angriff erfolgte ab 13:00 Uhr und wurde durch die inzwischen verstärkte Artillerie eingeleitet, musste jedoch um 18:00 Uhr unter großen Verlusten erfolglos abgebrochen werden. Um 19:00 Uhr erfolgte ein erneuter Angriff, der die vordersten deutschen Truppenteile (3. und 4. Kompanie Reserve-Infanterie-Regiment 201) im ersten Anlauf bis auf den Marktplatz der Stadt vordringen ließ, wo sie jedoch aufgerieben wurden. Eine zweite Welle (III. Bataillon des Reserve-Infanterie-Regiment 202) konnte sich bis zur Kanalbrücke des Handzaeme-Kanals vorkämpfen, musste aber am Morgen unter großen Verlusten den Rückzug antreten. Belgische Gegenangriffe gegen den Weiler Eessen-Kappel wurden abgewiesen.

Erneute Angriffe am 28. Oktober blieben erfolglos, weshalb das Oberkommando der 4. Armee am 29. Oktober die Einstellung der Angriffe befahl. Da die Verbände des Korps sich aus dem inzwischen unter Wasser gesetzten Gebiet zurückziehen mussten, standen sie am 1. November wieder in ihren Ausgangsstellungen vom 20. Oktober.

XXIII. Reserve-Korps

Ypern nach den Kämpfen

Das XXIII. Korps hatte sich mit der 46. Reserve-Infanterie-Division bei Hooglede und der 45. Reserve-Infanterie-Division bei Cortemark gesammelt, um von dort gegen die Linie Bixschote–Nieucapelle vorzugehen.

Die 45. Reserve-Division griff am 21. Oktober in zwei Kolonnen nördlich des Houthulster Waldes in Richtung auf die Weiler St. Pieters und Nieuwe Stede an. Nach heftigem Widerstand gelang es den beiden Kolonnen, bis zum Nachmittag zur Straße Ypern–Dixmuide vorzudringen, konnten diese jedoch an keiner Stelle überschreiten. Teile der Division bogen nach rechts ab, um die Verbände der 43. Reserve-Division vor Dixmuide zu unterstützen, der Rest verfolgte die weichenden Engländer und wurde vor Merckem in schwere Kämpfe verwickelt.

Die 46. Reserve-Division versuchte den ganzen Morgen hindurch vergeblich, das Dorf Bixschote einzunehmen, wurde dabei aber unter erheblichen Verlusten immer wieder zurückgeworfen. Erst mit Unterstützung der Korpsreserve, dem Reserve-Infanterie-Regiment 211, gelang es um 17:30 Uhr, in Bixschote einzudringen und sogar noch ein Stück darüber hinaus in Richtung Steenstraate vorzugehen. Durch Missverständnisse und unklare Befehlsführung zogen sich die deutschen Truppen bei Anbruch der Dunkelheit aus Bixschote wieder zurück. Noch in der Nacht wurde das Dorf von den Engländern wieder besetzt.

Am gleichen Abend teilt das Korpskommando mit, dass am nächsten Tag schwere Kämpfe zu erwarten seien und dass das Korps die Linie Noordschoote–Bixschoote unter allen Umständen zu durchbrechen habe. Nach tagelangen, erfolglosen Angriffen wurde am Abend des 24. Oktober befohlen, die erreichten Stellungen zu sichern und unter allen Umständen zu halten.

XXVI. Reserve-Korps

Das Korps sollte mit seinen beiden Divisionen am 21. Oktober ab 9:00 Uhr mit insgesamt sieben Kolonnen von Poelkapelle über das drei Kilometer entfernte Langemark hinaus in Richtung Steenstraat, Het Sas, Pilkem und Boezinge angreifen. An der Stadt Ypern sollte dabei rechts vorbeigestoßen und diese dem XXVII. Korps überlassen werden. Die 51. Reserve-Division erreichte gegen starkes Infanteriefeuer mit dem linken Flügel Langemarck und mit ihrem rechten Flügel den Weiler Mangelaare, musste jedoch wegen unzureichender Artillerieunterstützung mit schweren Verlusten wieder in ihre Ausgangsstellungen zurückkehren.[4] Die 52. Reserve-Division hatte mit zwei Kolonnen von Moorslede aus als Angriffsziel die Straße von Langemarck nach Zonnebeke zu nehmen. Der Angriff der Nordkolonne blieb nach einem Geländegewinn von etwa zwei Kilometern an der Straße Mosselmark–Fortuin stecken. Die Südkolonne konnte so gut wie keine Geländegewinne erzielen; die Verbände blieben etwa 800 Meter vor Broodseinde im starken Schrapnellfeuer liegen. Am 21. Oktober erhielten die Verbände des Korps den Befehl, sich auf den erreichten Linien einzugraben. (Da Klappspaten noch nicht zur normalen Ausrüstung gehörten und großes Schanzzeug nicht am Ort verfügbar war, bereitete die Ausführung dieses Befehls grosse Schwierigkeiten.)

Am 22. Oktober entschied das Korpskommando, dass ein wiederholter Frontalangriff auf Langemark mit den zur Verfügung stehenden Kräften nicht durchzuführen sei. Das Armeeoberkommando stimmte dem zu, glaubte aber, auf die Einnahme von Langemark unter keinen Umständen verzichten zu können und schob den Schwarzen Peter einem anderen Verband (XXIII. Reserve-Korps) zu. Nach tagelangen, erfolglosen Angriffen wurde am Abend des 24. Oktober befohlen, die erreichten Stellungen zu sichern und unter allen Umständen zu halten.

Das gegen Ende des Krieges völlig zerstörte Becelaere war ein Brennpunkt der Kämpfe und deswegen Namensgeber der Becelaere-Kaserne bei Esslingen.

XXVII. Reserve-Korps

Morgens um 9:00 Uhr sollte die 54. Reserve-Division, die sich im Raum westlich von Courtrai gesammelt hatte, in zwei Kolonnen südwestlich über Moorseele gegen Gheluwe und Wevelghem nach Menin vorstoßen. Nach dem Erreichen und Durchschreiten des Weilers Terhand blieben die Verbände der Division gegen 16:00 Uhr im starken Abwehrfeuer aus dem 10 Kilometer vor Ypern gelegenen Becelaere liegen. Nachdem Becaelere und die englischen Postierungen von deutscher Artillerie beschossen wurden, konnte der Ort durch die Reserve-Infanterie-Regimenter 245 und 246 eingenommen werden. Ein Vordringen über den westlichen Ortsrand hinaus war jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht möglich.

Die 53. Reserve-Division schob sich auf den Weiler Terhand zu und sollte mit Teilen zunächst die links davon bei Koelberg kämpfenden Truppen des 1. Bayerischen Reserve-Infanterie-Regiments unterstützen. Durch Unregelmäßigkeiten in der Befehlsübermittlung fand sich das Regiment 248 plötzlich mitten in die Kämpfe um Becelaere verstrickt. Insgesamt gelang es der Division jedoch, die erreichten Positionen zu halten und sich am Abend zwischen Bercelaere und Broodseinde einzugraben.

Die 54. Reserve-Division war nördlich der 53. Division bis an das Wäldchen Hollebusch vorgedrungen und im feindlichen Abwehrfeuer zunächst liegengeblieben. Nach unterstützendem Artilleriefeuer gingen Teile der Division um 16:00 Uhr im Sturmangriff gegen den Weiler Reutel vor, wurden jedoch augenblicklich von britischen Maschinengewehren zum Stehen gebracht und zur Umkehr gezwungen.

Insgesamt erging am Nachmittag des 21. Oktober in völliger Unkenntnis der Lage vom Generalkommando des XXVII. Reserve-Korps der Befehl, noch am gleichen Tag Ypern einzunehmen und bis Dickebusch voranzukommen.

Trotz mehrfacher Versuche, über die erreichte Linie hinweg vorzustoßen, mussten die Angriffe nach schweren Verlusten eingestellt werden. Abermals befahl am 22. Oktober das Generalkommando des XXVII. Reserve-Korps den Angriff. Dazu musste die 53. Division von Terhand aus über den Reutelbeek (Reutelbach) gegen Vieux-Chien südlich von Becelaere angreifen. Dieser Angriff begann erst um 15:00 Uhr bei strömendem Regen und wurde bereits vor dem Erreichen des vorgegebenen Ziels abgeschlagen. Die demoralisierten Verbände zogen sich auf ihre Ausgangsstellungen zurück.

Am 24. Oktober erhielten die Verbände der Division den Befehl, den Weiler Reutel und den dahinter liegenden Polygon-Wald einzunehmen, um so dem insgesamt stockenden Angriff neuen Schwung zu verleihen. Um 7:00 Uhr begann der schulmäßige Angriff (jeweils zwei Bataillone eines Regiments in Kolonne, das dritte Bataillon als Reserve dahinter), der wiederum nur unter großen Verlusten vorgetragen werden konnte. Nach dem Überwinden der ersten englischen Linie blieb der Angriff schließlich im Polygon-Wald stecken, die Angreifer zogen sich auf die zuvor eingenommenen englischen Gräben zurück. Das Reserve-Infanterie-Regiment 244 hatte Verluste in Höhe von 51 (von 57) Offizieren und von 1881 (von 2629) Unteroffizieren und Mannschaften zu verzeichnen. Nach tagelangen, erfolglosen Angriffen wurde am Abend des 24. Oktober befohlen, die erreichten Stellungen zu sichern und unter allen Umständen zu halten.

Als Ersatz wurden dem Korps einige Landwehr-Verbände zugewiesen.

III. Reserve-Korps

Stellungen am Strand bei Nieuwpoort

Bis zum 19. Oktober hatte das von der eroberten Festung Antwerpen freigestellte Korps die Aufgabe, den weichenden Belgiern zu folgen und den Aufmarsch der 4. Armee zu verschleiern. Danach wurde das Korps der 4. Armee unterstellt und schob sich in die Lücke zwischen dem XXII. Reserve-Korps und dem Meer.

Am 20. Oktober war die Bereitstellung abgeschlossen und am 21. Oktober erfolgte der Angriff mit der 5. und 6. Reserve-Infanterie-Division, sowie der 4. Ersatz-Division. Es gelang den Verbänden, an verschiedenen Stellen den Yser-Kanal zu erreichen, er konnte jedoch nirgends überschritten werden.

Für den 22. Oktober war geplant, die Frontschleife parallel zum Yser-Kanal zwischen Tervaete und Schoorbakke einzudrücken, den Yser-Kanal zu überschreiten und den Durchbruch dann nach links und rechts zu erweitern. Im Laufe des Tages gelang es der 6. Reserve-Division, den Kanal an einer Stelle zu überqueren und einen Brückenkopf zu bilden, der auch gehalten werden konnte. Da die 4. Ersatz-Division in den Dünen ununterbrochen dem Feuer englischer Schiffsartillerie ausgesetzt und hier stark exponiert war, wurde die Division um eine Brigade vermindert und diese (9. Ersatz-Brigade) hinter der 5. Reserve-Division aufgestellt.

Am 23. Oktober sollte die 5. Reserve-Division ebenfalls den Übergang über den Yser-Kanal erzwingen, drang auch an verschiedenen Stellen bis an das Kanalufer vor, musste das Vorhaben dann jedoch erfolglos aufgeben. Der Brückenkopf der 6. Reserve-Division lief Gefahr, eingedrückt zu werden.

In der Nacht zum 24. Oktober gelang es dann Pionieren, etwa 800 Meter nordöstlich Tervaete eine Pontonbrücke über den Kanal zu schlagen, über die der Brückenkopf verstärkt werden konnte. Auch der 5. Reserve-Division war es inzwischen gelungen, an drei Stellen den Kanal zu überschreiten. Bei der 6. Reserve-Division gelang es, den Brückenkopf auszuweiten und gegen Mittag den Weiler Schoorbakke einzunehmen. Der Yser-Kanal war auf einer Länge von acht Kilometern überschritten worden.

Die Armeeführung hatte inzwischen erkannt, dass im Bereich der vier Korps (XXII., XXIII., XXVI. und XXVII.) vorerst keine Erfolge zu erzielen waren und konzentrierte sich ganz auf den Bereich des III. Reserve-Korps. Bis zum Abend des 25. Oktober konnten die 5. und 6. Reserve-Division gegen erbitterten Widerstand einige Geländegewinne in Richtung Pervyse und Ramscapelle erzielen. Um das Schlüsselgelände um Pervyse einzunehmen, wurde für den 26. Oktober um 10:00 Uhr ein erneuter Angriff befohlen.

Die 6. Reserve-Division sollte am 26. Oktober nach Pervyse eindringen und dadurch den links davon stehenden Gegner der 44. Reserve-Division in der Flanke fassen, um den Druck von der 44. Reserve-Division zu nehmen. Die 5. Reserve-Division, verstärkt durch die 9. Ersatz-Brigade, schwenkte nach rechts in Richtung Nieuwpoort. Dieser Angriff sollte durch die beiden Brigaden der 4. Ersatz-Division unterstützt werden, indem die Division feindliche Kräfte vor Nieuwpoort band.

Um 15:00 Uhr erreichten die Spitzen der 5. Reserve-Division den Bahndamm bei Ramscapelle. Die 6. Reserve-Division hatte immer noch keinen Erfolg vor Persvyse, woraufhin das Korpskommando einen erneuten Angriff befahl. Die 4. Ersatz-Division ging inzwischen an der Küste entlang gegen Nieuwpoort vor, konnte jedoch über die Seeschleusenanlage hinaus nicht weiter vordringen.

Wiederholte Angriffe der Verbände des III. Reservekorps blieben am 27., 28. und 29. Oktober ohne messbares Ergebnis. Das Generalkommando des III. Reservekorps befahl am 29. Oktober, dass das Angriffsziel unter allen Umständen bis zum nächsten Tag zu erreichen sei, was in der Nacht vom 29. zum 30. Oktober wieder schwere Kämpfe der beiden Divisionen und der links angeschlossenen 44. Reserve-Division zur Folge hatte. Inzwischen hatten die Belgier begonnen, mit Hilfe der Seeschleusen von Nieuwpoort den Grundwasserspiegel in dem umkämpften Gebiet zu heben. (Sie öffneten dazu die Schleusentore bei Flut und schlossen sie bei Ebbe, um das Wasser im Land zu halten. Die vielbeschworene Sprengung der Schleusentore ist technisch gesehen Unsinn und muss in das Reich der Legenden verwiesen werden.)

Trotz des immer höher steigenden Wasserspiegels gelang es der 5. und 6. Reserve-Division noch, bis nach Pervyse und Ramscapelle vorzudringen. Danach machte das Wasser ein weiteres Vorgehen unmöglich.

Um 1:00 Uhr am 31. Oktober erging der Befehl des Korpskommandos zum Rückzug. Der Kampf in diesem Abschnitt war zu Ende. Das III. Reserve-Korps erhielt den Befehl, sich als Reserve bei Langemark und Bixschoote im Rücken des XXIII. Reserve-Korps und des XXVI. Reserve-Korps aufzustellen. Die Verbände des III. Armee-Korps fanden sich im Großen und Ganzen in ihren Ausgangsstellungen vom 21. Oktober wieder.

Frontlücke zwischen der 4. und der 6. Armee

In der etwa 30 Kilometer breiten Lücke zwischen dem linken Flügel der 4. Armee und dem rechten Flügel der um Arras, La Bassée und Armentieres stehenden 6. Armee befand sich bis zum 30. Oktober nur ein Schleier aus Kavallerie und einigen Jäger-Bataillonen unter dem Kommando des Generals der Kavallerie von der Marwitz. Aufgabe dieser Verbände war nicht der Angriff, sondern lediglich die Deckung der Frontlücke und Aufrechterhaltung der Verbindung zwischen der 4. und 6. Armee. Nach den immer stärker werdenden englisch-französischen Angriffen in diesem Bereich sah sich das Oberkommando gezwungen zu reagieren und setzte am 25. Oktober die bayerische sowie die 3. und 7. Kavallerie-Division, verstärkt durch die Jägerbataillone 4, 9 und 10, zum Angriff auf die Linie Kruiseik–Zandvoorde an. Am 26. Oktober konnte der Weiler Kruiseik genommen werden und bis zum 29. Oktober war es gelungen, bis vor Gheluvelt vorzudringen.

Das Ende der ersten Phase der Schlacht brachte damit ein für die deutsche Seite unbefriedigendes Ergebnis.

Zweite Phase

Gefechtsfeld vor Dixmuide

Im Hauptquartier der 4. Armee war man inzwischen zu der Überzeugung gekommen, dass die gesteckten Ziele mit den vorhandenen Kräften nicht erreicht werden konnten. Die vom XXIII. Reservekorps erreichten Erfolge (Vordringen bis nach Bixschote) sollten durch eine Zangenbewegung von Süden nach Nordwesten abgerundet und Ypern so eingekesselt werden. In die vom Kavallerie-Korps von der Marwitz gedeckte Frontlücke wurde eine neue Armeegruppe eingeschoben, die diesen Auftrag durchführen sollte. Die Hauptkräfte dazu wurden von der 6. Armee bereitgestellt. Es handelte sich hierbei um das II. bayerische Armee-Korps und das XV. Armee-Korps sowie die 6. bayerische Reserve-Division und die 26. Division (1. Königlich Württembergische). Oberbefehlshaber der Armeegruppe war General der Infanterie Max von Fabeck.

30. Oktober

Der Angriff der Gruppe Fabeck (zur Zersplitterung der feindlichen Kräfte hatten alle Verbände der 4. Armee nochmals zum Angriff anzutreten) begann im Bereich von Messines bis Gheluvelt. (Dazu sollte noch der linke Flügel des XXVII. Reservekorps eingebunden werden).

Der 39. Infanterie-Division gelang es, das Dorf Zandvoorde einzunehmen, Teile der 26. Infanterie-Division drangen in Wambeke ein und die 51. Infanterie-Brigade der Division konnte bis kurz vor Messines vordringen. Das im Bereich des XXVII. Reservekorps liegende Dorf Gheluvelt konnte zunächst nicht eingenommen werden.

31. Oktober

Es erfolgte ein Angriff der 54. Reserve-Division und der 30. Infanterie-Division auf Gheluvelt, der gegen 15:00 Uhr erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Während dieser Zeit kämpften das II. (bayerische) Armee-Korps und die 6. (bayerische) Reserve-Division um den Höhenzug Wytschaete–Messines. Der Kampf setzte sich die ganze Nacht über fort; nach einem stundenlangen Häuserkampf konnte Wytschaete morgens gegen 5:00 Uhr eingenommen werden. Nach einem Gegenangriff des französischen XVI. Armee-Korps musste der Ort und der Höhenrücken jedoch wieder aufgegeben werden.

Am gleichen Morgen um 10:30 Uhr griff die 26. Infanterie-Division Messines an und konnten das Dorf bis zum Ende des Tages zur Hälfte erobern. Die Front verlief mitten durch den Ort.

1. November

Am Nachmittag gelang es bayerischen Truppen erneut, in Wytschaete einzudringen. Wieder wurden sie durch einen Gegenangriff zurückgedrängt. Der Häuserkampf in Messines dauerte an.

2. November

Am Morgen griff die (bayerische) 6. Reserve-Division erneut Wytschaete an und konnte in den Ort eindringen, mit Hilfe der herbeigeführten 3. Infanterie-Division konnte das Dorf um 17:00 Uhr als eingenommen gemeldet werden.

Dritte Phase

3. November

Nachdem die 4. Armee ihre Verbände umgruppiert hatte, (die überflutete Fläche zwischen Dixmuide und dem Meer brauchte nicht mehr berücksichtigt zu werden und wurde zur Beobachtung und Sicherung der 38. Landwehr-Brigade, der 4. Ersatz-Division und Teilen der 43. Reserve-Division zugewiesen) erfolgten neue Angriffe des XXIII. Reserve-Korps im Bereich Noordschote–Bixschote, des durch die 44. Reserve-Division verstärkten III. Reserve-Korps im Abschnitt beiderseits von Langemark sowie des XXVI. und XXVII. Reserve-Korps im Bereich Poelkapelle–Gheluvelt. Bis zum 10. November hatten sich die deutschen Truppen bis vor die Ortsränder von Langemark und Bixschote herangearbeitet, ein weiterer Erfolg war nicht zu verzeichnen.

10. November

Um Mitternacht begann der erneute Angriff der 43. Reserve-Division mit den Reserve-Infanterie-Regimenten 201, 202 und dem Reserve-Jäger-Bataillon 15 auf Dixmuide. Um nicht überflügelt und abgeschnitten zu werden, räumten die letzten französischen Marinefüsiliere und Infanteristen nach neunzehnstündigem erbittertem Häuserkampf bei Einbruch der Dunkelheit den Ort. 1417 englische und französische Soldaten konnten an diesem Tag in und um Dixmuide gefangengenommen werden. Auf deutscher Seite verloren das Reserve-Infanterie-Regiment 201 und 202 sowie das Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 15 insgesamt 206 Gefallene, 241 Verwundete und 102 Vermisste. An diesem Tag fand auch der sogenannte Angriff „junger Regimenter westlich Langemarck“ statt, der, vom Heeresbericht am 11. November aufgegriffen und groß herausgestellt, den Ursprung des Langemarck-Mythos bilden sollte: Die 45. und 46. Reserve-Division des XXIII. Reserve-Korps sowie die dem III. Reserve-Korps unterstellte 44. Reserve-Division konnten auf fast vier Kilometern Breite gut einen Kilometer weit vordringen, mit Teilen den Yser-Kanal erreichen und französische Gefangene einbringen. Allerdings war dem links anschließenden III. Reservekorps die Einnahme von Langemark nicht gelungen. Besonders die dem III. Reservekorps unterstellte 9. Reserve-Division hatte schwere Verluste erlitten und über 2000 Mann verloren.

11. November

Die bisherige Armeegruppe Fabeck wurde geteilt und im nördlichen Bereich die Gruppe Linsingen gebildet. Sie bestand aus dem XV. Armee-Korps und dem neu herangeführten Korps Plettenberg mit der 4. Infanterie-Division und der 1. Garde-Division. Dem Rest der Armeegruppe Fabeck wurde der Streifen westlich des von Comines auf Ypern zuführenden Kanals zugewiesen. In diesem Bereich lagen die Ortschaften Hollebeke, St. Eloi, Wytschaete und Messines.

Die Gruppe Linsingen hatte nunmehr mit Masse zwischen dem Kanal und Gheluvelt die um Schloss Hooge liegenden ausgedehnten Waldungen anzugreifen. Bis zum 17. November konnte auch hier gegen den erbitterten Widerstand der alliierten Kräfte kein Durchbruch erzwungen werden. Alle Bemühungen führten lediglich zur Frontausbuchtung des sogenannten Wytschaete-Bogens.

Hintergründe

Bei der Aufstellung der Truppenteile kam es bereits zu eklatanten materiellen Engpässen. Es fehlte vor allem an Schuhzeug, Uniformen, Gewehren, Sätteln und Pferdegeschirren für die Artillerie. Sogar Verpflegung und Futter für die Pferde war knapp. Dazu kam die überhastete Ausbildung von maximal acht Wochen für die Infanteristen. Eine angemessene artilleristische Ausbildung war noch weniger gewährleistet. Das Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 46 erhielt eine Ausrüstung, deren Richtmittel den Reservisten nicht bekannt war. Dazu wurde erst am 28. September zu einer Übung ausgerückt, bei der man die Munitionskolonnen zurücklassen musste, da nicht genügend Pferdegeschirre vorhanden waren. Am 8. Oktober 1914 wurde ein einziges Mal scharf geschossen, bevor das Regiment am 10. Oktober an die Front verladen wurde. Im Ergebnis waren die Artilleristen zum Schuss aus verdeckter Stellung nicht fähig und mussten grob über das Rohr zielen.

Schwächen zeigten sich auch beim Offizierkorps. Der aktive Dienst der eingesetzten Landwehroffiziere lag bereits viele Jahre zurück; diese Truppenführer waren meistens den modernen Erfordernissen zum großen Teil nicht mehr gewachsen. Es gab sogar Offiziere, die noch im Krieg von 1870/71 gedient hatten und nur die alte Kolonnentaktik kannten. Viele der überalterten Landwehroffiziere waren dazu den Strapazen nicht mehr gewachsen. Einer ganzen Reihe wurde auch wegen psychischer Überanstrengung der Krankenstand, der Abschied oder aber eine anderweitige Verwendung gewährt, ein Ausweg, der für Mannschaften üblicherweise nicht in Frage kam.

Beispielsweise wurden aus diesen Gründen innerhalb eines Regiments abgelöst:

am 22. Oktober der Regimentskommandeur Reserve-Infanterie-Regiment 208,
am 23. Oktober der Bataillonskommandeur I. Reserve-Infanterie-Regiment 208,
am 25. Oktober der Bataillonskommandeur III. Reserve-Infanterie-Regiment 208,
am 26. Oktober der Bataillonskommandeur II. Reserve-Infanterie-Regiment 208.

Diese Umstände führten mit zu dem am Ende bekannten Ergebnis.

Ergebnis

Der „Wettlauf zum Meer“ war beendet und beide Seiten hatten rechtzeitig ausreichend Truppen verlagern können. Dementsprechend hoch waren die Verluste auf beiden Seiten. Nun war es keiner Seite mehr möglich, die feindlichen Linien zu durchbrechen. Der Krieg verlief bis fast zum Ende in einem äußerst zermürbenden Grabenkrieg. Dem Weltkriegswerk des Reichsarchivs ist zu entnehmen, dass für die etwa einen Monat dauernde Erste Flandernschlacht nur unvollständige Verlustangaben vorliegen. Danach haben die beiden beteiligten deutschen Armeen, die 4. und 6. Armee, in diesem Zeitraum mindestens 100.000 Mann verloren.[5]

Mythos von Langemark

Hauptartikel: Mythos von Langemarck

Bekannt wurde diese erste große Flandernschlacht vor allem dadurch, dass die vier Reservekorps der deutschen 4. Armee angeblich zu großen Teilen aus kriegsfreiwilligen Notabiturienten, Schülern, Lehrlingen etc. bestanden hätten. Dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Die in aller Eile, ohne genügende Ausbildung und mit mangelhafter Ausrüstung und Führung aufgestellten und an die Front geworfenen Korps erlitten bei Ypern verheerende Verluste. Tausende Soldaten fielen, die als kurz ausgebildete Rekruten erst Ende Oktober an die Front gekommen waren. Um ihr Versagen an diesem Frontabschnitt zu verdecken, erfand die deutsche Führung später den angeblichen Opfergang der deutschen Jugend, wohl wissend, dass dies nicht der Wahrheit entsprach.

Die vier Armeekorps bestanden keinesfalls, wie häufig angegeben, bis zu 75 Prozent aus Schülern, Lehrern und Studenten, da dies rein zahlenmäßig nicht möglich gewesen wäre. Das statistische Jahrbuch für das Deutsche Reich gibt für das Sommersemester 1914 und das Wintersemester 1914/1915 insgesamt 40.761 Studenten als sich im Militärdienst befindlich an. Bei einer Ist-Stärke der vier Armeekorps von 120.000 Mann müssten sich alle deutschen Studenten hier konzentriert haben, um schließlich auf einen Anteil von 30 Prozent zu kommen. Die Regimenter setzten sich tatsächlich zum größten Teil aus Ersatzreservisten, Landwehrleuten, Freiwilligen, Reservisten und einigen wenigen aktiven Soldaten zusammen.

Als Beispiel gibt das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 211 als Personalbestand an:

166 aktive Soldaten
299 Reservisten
970 Freiwillige (von denen sicher nicht alle Studenten oder Schüler waren)
1499 Landwehrleute
1 Ersatzreservist

Das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 244 gibt an, dass von 2883 Mann sieben Prozent das Einjährig-Freiwilligen-Zeugnis vorweisen konnten und dass davon ein Drittel Schüler gewesen seien, womit man auf eine Gesamtzahl von 66 Schülern kommt.

Als weiteres Beispiel sei das 1000 Mann starke Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 16 aus Freiberg aufgeführt, das in der Hauptsache aus den Studenten der Freiberger Bergakademie gebildet worden sei – hier gab es aber laut Statistischem Jahrbuch 1914/1915 nur insgesamt 160 Kriegsdienst leistende Studenten![6]

Spätere Berichte, die jungen Regimenter seien bei Langemark unter dem Gesang des Deutschlandliedes gegen den Feind vorgegangen, werden bis in die heutige Zeit stellenweise vehement verteidigt, konnten aber niemals nachgewiesen und müssen als realitätsfremd angezweifelt werden. Die Verfechter der Theorie vertreten den Standpunkt, dass eventuell einige Gruppen versucht hätten, im dichtem Nebel durch Gesang ihren Zusammenhalt zu gewährleisten oder eigenen Beschuss zu vermeiden, wobei diese Aktion sowohl in Anbetracht der weiter oben geschilderten äußerst widrigen Umstände als auch praxisbezogen im Grunde genommen nicht nachvollziehbar ist.[7][8] Der „Mythos von Langemarck“ gründete nahezu einzig und allein auf der Mitteilung des deutschen Heeresberichts über einen Angriff „junger Regimenter [des XXIII. Reservekorps] westlich Langemarck“ am 10. November 1914. Zu diesem Zeitpunkt war das Scheitern des deutschen Durchbruchversuchs bei Ypern bereits offensichtlich geworden. Deshalb sah man sich wohl veranlasst, den Misserfolg vor der Öffentlichkeit mit einem Heldenepos zu bemänteln. Die Erzählung wurde vor allem während der Weimarer Republik und des Dritten Reiches politisch instrumentalisiert, hochstilisiert und so oft wiederholt, bis man es letztendlich allgemein als Tatsache akzeptierte. Der deutschnationale Mythos von Langemarck als auch die erfundene Geschichte von den „singenden Regimentern“ findet bis heute seine Anhänger.

Literatur

  • Reichsarchiv: Der Weltkrieg 1914 bis 1918. Band 5: Der Herbst-Feldzug 1914: im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug; Band 6: Der Herbst-Feldzug 1914: der Abschluß der Operationen im Westen und Osten. Berlin 1929.
  • Rudolf G. Binding: Aus dem Kriege. o.J.
  • Dr. Grill: Kriegserinnerungen eines Truppenarztes. Dresden 1922
  • Reichsarchiv: Schlachten des Weltkrieges Band 10 -YPERN 1914-. Oldenburg 1925
  • Karl Unruh: Langemarck – Legende und Wirklichkeit. Bernard&Graefe, 1986, ISBN 3-7637-5469-5
  • Martin Gilbert: The Routledge Atlas of the First World War. 2. Auflage, Routledge, 2002, ISBN 0-415-28508-9
  • Anthony H. Farrar-Hockley: Death of an Army. Barker, London 1967.

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Der Weltkrieg von 1914 bis 1918. Band 5, S. 401; Band 6, S. 25, Berlin 1929.
  2. Die oftmals erwähnte Sprengung der Schleusentore ist eine Fabel, da sie technisch gesehen zwecklos gewesen wäre. Das eingedrungene Wasser wäre nach dem Prinzip Ebbe und Flut immer wieder abgelaufen
  3. Die flämische (und heute angewandte) Schreibweise lautet: Beselare.
  4. Reichsarchiv Band 10 S. 111
  5. Gefallene, Verwundete und Vermisste resp. in Gefangenschaft geratene
  6. Da diese sicherlich nicht alle aus der Freiberger Gegend waren, wird sich ein nicht geringer Teil zu heimatnahen Truppenteilen gemeldet haben - wodurch die Anzahl der Studenten in diesem Bataillon als erheblich geringer anzusetzen ist.
  7. Ein kolonnenweises Singen ohne Tritt ist schon auf der Straße ein Ding der Unmöglichkeit. In einem lehmigen Acker, unter Beschuss, bei dauerndem hinwerfen aber völlig ausgeschlossen.
  8. Das Reichsarchiv Band 10 „Ypern“ von 1923, auf dem dieser Artikel zum größten Teil fußt, erwähnt nirgendwo einen Gesang, weswegen hier dieser These widersprochen wird

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