Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch
Basisdaten
Titel: Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch
Langtitel: Patent vom 1ten Junius 1811.
Abkürzung: ABGB
Typ: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Republik Österreich
Rechtsmaterie: Zivilrecht
Fundstelle: JGS Nr. 946/1811 in ALEX
Datum des Gesetzes: 1. Juni 1811
Inkrafttretensdatum: 1. Jänner 1812
Letzte Änderung: 1. August 2010
(Art. 26 IRÄ-BG,
BGBl. I Nr. 58/2010
Gesetzestext: ABGB i.d.g.F. im RIS
Bitte beachten Sie den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung!
Titelblatt der ABGB-Ausgabe von 1811, ausgestellt im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien

Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) ist die 1812 in Kraft getretene und auch heute noch geltende wichtigste Kodifikation des Zivilrechts in Österreich und ist damit auch das älteste gültige Gesetzbuch des deutschen Rechtskreises.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die Vorarbeiten zu einer Kodifizierung des österreichischen Zivilrechts begannen bereits Mitte des 18. Jahrhunderts mit dem Codex Theresianus und dem Josephinischen Gesetzbuch. Eigentlicher Vorläufer des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches war das von Karl Anton von Martini geschaffene Westgalizische Gesetzbuch, welches 1797 in dem kurz zuvor von der Habsburgermonarchie besetzten Westgalizien testweise in Geltung gesetzt wurde.

Franz von Zeiller, ein Schüler Martinis, gilt als Schöpfer dieses Gesetzeswerks. Das ABGB wurde als kaiserliches Patent (Gesetz) am 1. Juni 1811 kundgemacht und trat mit 1. Jänner 1812 in den Deutschen Erbländern der Österreichischen Monarchie in Kraft. Die Ausdehnung des Geltungsbereiches auf die gesamte Habsburgermonarchie, also insbesondere auch auf Ungarn, blieb Episode (1852–1861).

Der Zerfall der Monarchie hatte keine sofortigen Auswirkungen auf den Geltungsbereich des ABGB, es bestand in den Nachfolgestaaten zunächst unverändert fort, teilweise wurde das räumliche Geltungsgebiet sogar ausgedehnt: so insbesondere 1922 auf das bis dahin ungarische Burgenland, das in jenem Jahr an die Republik Österreich kam (nicht jedoch auf die Slowakei, wo das ungarische Zivilrecht in Kraft blieb). Erst die sozialistischen Gesetzbücher der Tschechoslowakei (1951) und von Polen (1965) beendeten die dortige Geltung des ABGB, sodass es heute nur mehr in der Republik Österreich (sowie im Fürstentum Liechtenstein) gilt; in Kroatien ist es noch heute subsidiäre Rechtsquelle.

In den Text des ABGB wurde in den ersten hundert Jahren kaum eingegriffen, erst die drei Teilnovellen zum ABGB von 1914, 1915 und 1916 brachten starke Veränderungen, insbesondere eine Anpassung an das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch von 1896. Weitgehende Reformen erfolgten dann erst wieder in den siebziger Jahren (besonders im Familienrecht, so wurde dort 1984 die Entmündigung durch das Recht der Sachwalterschaft ersetzt.). Zurzeit wird an einer Novellierung des Schadenersatzrechtes gearbeitet.

Große Teile des österreichischen Privatrechts sind mittlerweile allerdings außerhalb des ABGB in eigenen Gesetzen geregelt, so etwa das Ehegesetz, das Mietrechtsgesetz oder das Konsumentenschutzgesetz. Dennoch ist es nach wie vor die Grundlage des österreichischen Zivilrechtssystems und damit neben dem französischen Code Civil die älteste noch in Kraft stehende, von vernunftrechtlichen Gedanken geprägte Zivilrechtskodifikation.

Einteilung des ABGB

Die Einteilung folgt dem Institutionensystem:

Das ABGB begreift unter „Sachenrecht“ das Sachenrecht im heutigen Sinn, das Erbrecht und das Schuldrecht. Die österreichische Rechtswissenschaft sieht diese Einteilung als historisch an und lehrt das Zivilrecht ungeachtet dessen nach dem Pandektensystem.

Gesetzestext

Den aktuellen Gesetzestext des ABGB (und das gesamte geltende österreichische Bundesrecht) findet man im Rechtsinformationssystem der Republik Österreich (siehe Weblinks) des Bundeskanzleramtes. Soweit der Text aus der ursprünglichen Fassung stammt, ist er auch nach der damaligen Schreibweise wiedergegeben.

Soweit die Bestimmungen noch in der Urfassung aus dem Jahre 1811 bestehen (etwa drei Viertel), gilt es, den historischen Sprachgebrauch bei der Interpretation zu beachten (z. B. „Genugtuung“ = Schadensersatz).

Durch den Umstand, dass viele Bestimmungen des ABGB noch aus der Urfassung stammen, kommt und kam Kommentaren zum ABGB eine große Bedeutung zu. Den ersten Kommentar zum ABGB schrieb Franz von Zeiller selbst. Des Weiteren sind die Kommentare von Stubenrauch, Klang, Schwimann, Rummel zu nennen, die zu jeder Zeit großen Einfluss auf die österreichische zivilrechtliche Rechtsprechung hatten.

Ausstrahlung

Das ABGB wurde vielfach rezipiert, so z. B. in Sachsen (bis 1900) in Liechtenstein (FL-ABGB), der Türkei (die allerdings unter Atatürk das schweizerische Zivilgesetzbuch und Obligationenrecht übernahm), der Tschechoslowakei, in Serbien, Bosnien, Slowenien, Kroatien und Rumänien.

Literaturhinweise zur Vertiefung

  • Klein-Bruckschwaiger, 150 Jahre österreichisches ABGB, in: Juristenzeitung (JZ) 23-24/1963, S. 739-742;
  • Fijal/Ellerbrock, Das Österreichische ABGB vom 1. Juni 1811 - ein Jubiläum besonderer Art, in: Juristische Schulung (JuS) 7/1988, S. 519-523;
  • Brauneder, Das österreichische ABGB als neuständische Zivilrechtskodifikation, in: G. Klingenberg/J.M. Rainer/H. Stiegler (Hrsg.), Vestigia Iuris Romani. Festschrift für Gunter Wesener, Graz 1992, S. 67-80
  • Brauneder, Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, in: Cordes/Lück/Werkmüller/Schmidt-Wiegand (Hrsg.), Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG), 2. Auflage, Bd. 1, Berlin 2008, Sp. 146-155, ISBN 978-3-503-07912-4

Weblinks

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