Hellmut G. Haasis

Hellmut G. Haasis

Hellmut G. Haasis (* 7. Januar 1942 in Mühlacker) ist ein deutscher Historiker, Schriftsteller und Verleger. Er studierte evangelische Theologie, Geschichte und Politik. Einer größeren Leserschaft bekannt wurde der in Reutlingen lebende Haasis vor allem durch seine Biographie des Hitler-Attentäters Georg Elser.

Inhaltsverzeichnis

Wirken

Als politischer Publizist, Verleger (Freiheitsbaum-Verlag) und Rundfunkautor hat sich Haasis schwerpunktmäßig der Erforschung der Geschichte der herrschaftskritischen und demokratischen Basisbewegungen von der Antike bis zur Gegenwart zugewandt, die er beispielsweise in seinem umfangreichsten Werk „Spuren der Besiegten“ (drei Bände) veröffentlichte. Neben seiner historischen Feldforschung war er zeitweilig auch selbst politisch im Umfeld der Neuen sozialen Bewegungen engagiert. In den 1970er Jahren war er Vorsitzender der Reutlinger Gewerkschaftsjugend, in der kommunalen Legislaturperiode zwischen 1984 und 1989 für kurze Zeit als Nachrücker für die Grünen und Unabhängigen Mitglied des Gemeinderates in Reutlingen.[1]

Bei Studienreisen, unter anderem nach Italien, setzte er sich – etwa im Zusammenhang mit den Fiat-Streiks in Turin – mit dem dortigen Operaismus, einer Bewegung der Arbeiter-Autonomie auseinander, in Süditalien und auf Sardinien mit dem sozialrevolutionären Brigantentum (Brigantaggio) und der sardischen Wandmalbewegung.

Nebenberuflich engagiert sich Haasis kulturell für Kinder: Er tritt als „Märchenclown Druiknui“ auf. Als Mundartdichter versucht er, den schwäbischen Dialekt lebendig zu halten (beispielsweise im Gedichtband „Jetz isch fai gnuag Hai honna. Schwäbische Gedichte“ – eingedeutscht: „Jetzt ist aber genug Heu eingefahren“). In diesen Bereichen zeigt Haasis zusätzlich zu den Ergebnissen seiner politisch-historischen Recherchen auch eine satirisch-kabarettistische Komponente. So trat er beispielsweise nach seinem Engagement in der Friedensbewegung gegen die sogenannte Nachrüstung von Anfang der 1980er Jahre bis in die Gegenwart als „Kommandör“ des „Karl-Valentin-Ährenbadaillon“ auf, als „Landesvorsitzender“ der „Bürgerinitiative Rätthet di alhte Rächtschreipungk“ oder als „schriftführer der antiimperialistischen basisgruppe nieder mit den großbuchstaben“.

Mit seiner Biographie über den Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus Georg Elser aus dem Jahr 1999 stieß Haasis die Würdigung des Hitlerattentäters entschieden an, der im Gegensatz zu den Verschwörern des 20. Juli 1944 in der offiziellen Gedenkkultur der Bundesrepublik bis in die 1990er Jahre kaum eine Rolle gespielt hatte.[2]

Auszeichnungen

1990 wurde Haasis mit dem Thaddäus-Troll-Preis ausgezeichnet. Außerdem erhielt er den Civis-Medienpreis der ARD für das Hörspiel „Jud Süß“ im WDR (1995) und den Schubart-Preis der Stadt Aalen für die Biographie Joseph Süß Oppenheimers (1999).

Werke (Auswahl)

  • Hrsg.: Johann Benjamin Erhard: Über das Recht des Volks zu einer Revolution. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Hellmut G. Haasis, Hanser, München 1970
  • mit Erhard Lucas (Hrsg.): Heinrich Teuber: Für eine Sozialisierung des Ruhrbergbaus, Verlag Roter Stern, Frankfurt, 1972.
  • mit Erhard Lucas (Hrsg.): Adolf Meinberg: Aufstand an der Ruhr, Verlag Roter Stern, Frankfurt am Main, 1973.
  • Hrsg.: Joseph Dietzgen: Das Wesen der menschlichen Kopfarbeit und andere Schriften. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Hellmut G. Haasis, Luchterhand, Neuwied, 1973 (Nachwort, S. 177-223)
  • in: Paul Mattick, Alfred Sohn-Rethel, H. G. H.: Beiträge zur Kritik des Geldes, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1976.
  • Bibliographie zur linksrheinischen deutschen Revolutionsbewegung der Jahre 1792/1793, Scriptor, Königstein/Ts. 1976 (3. Aufl. Mainz 1981)
  • Jetz isch fai gnuag Hai honna. Schwäbische Gedichte, Schwäbische Verlagsgesellschaft, Tübingen 1978
  • Spuren der Besiegten, 3 Bde., Rowohlt, Reinbek 1984
    • Band 1: Freiheitsbewegungen von den Germanenkämpfen bis zu den Bauernaufständen im Dreißigjährigen Krieg ISBN 3-499-16280-6
    • Band 2: Von den Erhebungen gegen den Absolutismus bis zu den republikanischen Freischärlern 1848/49 ISBN 3-499-16281-4
    • Band 3: Freiheitsbewegungen vom demokratischen Untergrund nach 1848 bis zu den Atomkraftgegnern ISBN 3-499-16282-2
  • Morgenröte der Republik: Die linksrheinischen deutschen Demokraten 1789 - 1849; Ullstein-Verlag, Frankfurt/M, Berlin, Wien 1984, ISBN 3-548-35199-9 (online-Einführung zu den Ursprüngen der demokratischen Bewegung im deutschen Sprachraum)
  • Gebt der Freiheit Flügel. Die Zeit der deutschen Jakobiner 1789-1805, 2 Bde., Rowohlt, Reinbek 1988 ISBN 3499183633
  • Joseph Süß Oppenheimers Rache. Erzählung, Biographischer Essay, Dokumente aus der Haft und dem Prozeß. Mit Illustrationen von Jona Mach (Jerusalem) und historischen Stichen. Gollenstein, Blieskastel 1994
  • Edelweisspiraten – Erzählungen über eine wilde Jugendbewegung gegen die Nazis; Trotzdem-Verlag, Grafenau/Württemberg 1996, ISBN 3-922209-61-0
  • Joseph Süß Oppenheimer genannt Jud Süß. Finanzier, Freidenker, Justizopfer, Rowohlt, Reinbek 1998
  • Den Hitler jag' ich in die Luft. Der Attentäter Georg Elser, eine Biografie, Rowohlt, Berlin 1999 (2. "Vollständig vom Autor überarbeitete Ausgabe": Edition Nautilus Hamburg 2009, ISBN 978-3-89401-606-7)
  • Tod in Prag. Das Attentat auf Reinhard Heydrich, Rowohlt, Reinbek 2002
  • vom aufmüpfigen Geist der Schwaben. literarische performance. ulm, Klemm & Oehlschläger, 2002
  • Märchenclown Druiknui. Fotos von Flora Haasis, Zeichnungen von Uli Trostowitsch. Paris-Reutlingen, Freiheitsbaum, 2007
  • Georg Elser schwäbisch bei der Gestapo. Ein Stück mit 20 Szenen. Paris-Reutlingen, Freiheitsbaum, 2007
  • Heisel Rein, der Gscheite Narr, Freiheitsbaum-Verlag 2008 ISBN 978-3-922589-32-7 (ausführliche Hintergrundinformationen und Rezension des Schwäbischen Tagblatts als PDF-Datei)
  • Volksbuch der verspotteten Päpste. Ein befreiendes Lachbuch Freiheitsbaum-Verlag 2011

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Unterseite der Homepage der Grünen und Unabhängigen Reutlingen (Zur Geschichte der Grünen und Unabhängigen in Reutlingen), abgerufen am 3. Januar 2010.
  2. Ernst Piper: Allein gegen Hitler. In: einestages. 6. November 2009.

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