Herkules (IT-Projekt)

Herkules (IT-Projekt)
Sitz der BWI in Meckenheim - Merl

Herkules ist ein Projekt der Bundeswehr zur Standardisierung und Modernisierung ihrer nichtmilitärischen Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) und Einführung von SASPF.

Alle Bundeswehrstandorte sollen bis 2015 mit neuer IKT ausgestattet werden. Im Laufe von zehn Jahren sollen insgesamt 140.000 Computerarbeitsplätze, 7000 Server, 300.000 Festnetz-Telefone und 15.000 Mobiltelefone an 1500 Standorten in Deutschland auf einer gemeinsamen Systembasis eingerichtet werden.

Inhaltsverzeichnis

Ausschreibung und Projektvergabe

Die Ausschreibung für das Projekt sah vor, alle Bundeswehrstandorte für die Summe von 6,65 Milliarden Euro mit neuer Informations- und Telekommunikationstechnik auszustatten und die Infrastruktur zu betreiben. Dazu sollen das Bundesverteidigungsministerium und das privatwirtschaftliche Konsortium eine eigene Gemeinschaftsfirma gründen, an der das Konsortium mit 50,1 und das Ministerium mit 49,9 Prozent beteiligt sein sollen.

Das Verteidigungsministerium hat im Juli 2004 die seit 2002 andauernden Verhandlungen mit dem Firmenkonsortium Isic 21 (bestehend aus den Firmen CSC, Mobilcom und EADS) um das IT-Projekt Herkules ergebnislos abgebrochen, da das Konsortium die ausgeschriebenen Leistungen nicht zur Kostenobergrenze von 665 Millionen Euro/Jahr erbringen konnte.

In der Folge wurden Verhandlungen mit der Bietergemeinschaft TIS aufgenommen. Dieses Konsortium bestand anfangs aus T-Systems (einer der drei Hauptgesellschaften der Deutschen Telekom AG), IBM, und Siemens Business Services (SBS). Die Telekom zog ihre Beteiligung jedoch mit der Begründung zurück, dass bei einem so großen Projekt ein Konsortialführer vorhanden sein müsse und verwies zudem auf ihre Erfahrungen aus dem Mautdebakel.

Nachdem das vom verbliebenen Konsortium SI (SBS und IBM) am 23. März 2005 abgegebene Angebot durch das Bundesamt für Informationsmanagement und Informationstechnik der Bundeswehr als verhandlungsfähig eingestuft wurde, begannen die Vertragsverhandlungen am 24. Mai 2005. Diese sollten bis zum Herbst 2005 zu Paraphierung eines Vertrags führen, der dann dem Bundestag zur Genehmigung vorgelegt werden konnte.

Im September 2006 betrugen die Plankosten bereits 7,1 Mrd. Euro. Die Bezahlung soll gleichmäßig auf die 10 Jahre Projektdauer verteilt werden.

Am 13. Dezember 2006 wurde das Projekt Herkules vom Haushaltsausschuss des Bundestags gebilligt. Damit war der Weg frei für das Projekt. [1].

Am 28. Dezember 2006 gab das Auftragnehmerkonsortium SI, bestehend aus Siemens Business Service GmbH & Co. OHG (SBS) und IBM Deutschland GmbH (IBM) bekannt, vom Bundesamt für Informationsmanagement und Informationstechnik der Bundeswehr offiziell den Zuschlag für das Herkules-Projekt erhalten zu haben.[2]. An dem am gleichen Tag gegründeten Gemeinschaftsunternehmen BWI Informationstechnik GmbH sind SBS (ab 15. Januar 2007: "Siemens IT Solutions und Services", SIS) und IBM als gleichberechtigte Partner mit insgesamt 50,1% beteiligt, dabei hält Siemens 50,05% und IBM 0,05% der Anteile. Die restlichen Anteile (49,9 %) werden von der Bundesrepublik Deutschland gehalten. Für Siemens ist es nach eigenen Angaben der größte Auftrag seiner Firmengeschichte. Nach Angaben der Zeitung Financial Times Deutschland erhalten Siemens 60% und IBM 40% des Auftragswertes. Das Herkules-Projekt gilt als derzeit größtes PPP-Projekt in Europa. [3].

Am 22. November 2007 weihte Verteidigungsminister Franz Josef Jung den Neubau der Herkules-Zentrale in der nordrhein-westfälischen Stadt Meckenheim ein.

2009 wurde bekannt, dass die Projektkosten sich um weitere rund 700 Mill. auf 7,8 Mrd. erhöhen, vor allem weil die teils unzureichende LAN-Verkabelung in vielen Standorten in der Erstplanung nicht erkannt und berücksichtigt worden war.[4]

Gegenüber der Presse kritisierte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg im Mai 2010 die weiteren Kosten des Projektes: "Die Kostensprünge bei Herkules, rund 700 Millionen Euro, sind inakzeptabel. [...] Eine Kostendeckelung ist unvermeidbar, und es muss geklärt werden, welche Einheiten das System wirklich braucht."

Nach Angaben des Handelsblatt im Jahr 2010 bemängeln Nutzer und Projektleiter in einem internen Bericht des Verteidigungsministeriums zum Praxistest häufige Störungen und Systemausfälle.[5]

Nach 10 Jahren soll der Leistungsverbund in den Besitz des Bundes übergehen, wobei eine Option auf neue wirtschaftliche Partner möglich ist.

Nach Angaben des Behördenspiegels setzt Herkules aktuelle Empfehlungen der Bundeswehr-Strukturkommission bereits heute um. So seien durch das Projekt bereits jetzt über 2.000 Bundeswehrangehörige frei für neue Verwendungen (Kernaufgaben). Zusätzlich werden mit Abschluss der Modernisierung schätzungsweise rund 6.000 Bundeswehrangehörige von IT-Tätigkeiten entlastet.[6]

Projektablauf

Die zehn Jahre Laufzeit untergliedern sich laut Planung in drei Phasen:

  • 1 Jahr Migrationsphase (Organisationsaufbau) = Istbetrieb
  • 3 Jahre Modernisierung der Kommunikations- und Informationstechnik = Mischbetrieb
  • 6 Jahre Betreuung und Wartung des Systems = Zielbetrieb

Die Modernisierung der IT- und Kommunikationslandschaft beinhaltet unter anderem:

  • Erneuerung fast der gesamten IT- und Telefonie-Infrastruktur und -Hardware
  • Implementierung einer SAP-Software
  • Erneuerung web-basierter Applikationen des Intranets
  • Aktualisierung der Software, darunter das Kommunikationsprogramm Lotus Notes
  • Aufbau einer Public Key Infrastruktur, um elektronische Dokumente zu unterzeichnen und zu verschlüsseln
  • Einrichtung eines zentralen Kontrollzentrums auf der Bonner Hardthöhe, das bundesweit die IT-Infrastruktur der Bundeswehr überwacht. Die Inbetriebnahme geschah im April 2008.
  • Zentrale Steuerungsaufgaben durch 2 BKZ (Betriebskompetenzzentren) in Meckenheim und München mit Redundanz beider Standorte.
  • Aufbau eines User-Helpdesk-Verbundes an vier Standorten (Hannover, München, Meckenheim, Berlin) im August 2008. Dieser ist über eine zentrale Telefonnummer erreichbar.
  • Organisation eines zentralen Auskunft+Vermittlungsdienstes, der Gespräche innerhalb der Bundeswehr sowie von außen eingehende Anrufe vermittelt.

Trivia

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,454339,00.html
  2. Pressemitteilung Siemens IT Solutions and Services zum Projekt
  3. Financial Times Deutschland, 28. Dezember 2006
  4. http://www.reservistenverband.de/php/evewa2.php?d=1275385676&menu=03&newsid=1294
  5. http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bundeswehr-milliarden-it-projekt-herkules-wird-zum-debakel;2568993
  6. http://www.daten.behoerdenspiegel.eu/nl/nl_defence_4.pdf

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