- Hermann Heinrich Becker
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Hermann Heinrich Becker (* 15. September 1820 in Elberfeld (jetzt Wuppertal); † 9. Dezember 1885 in Köln; genannt der rote Becker) war ein deutscher Politiker.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Seinen Spitznamen „der rote Becker“ bekam er während seiner Gymnasialzeit wegen seiner roten Haare und behielt ihn wegen seiner demokratischen und republikanischen Gesinnung sein Leben lang.
Sein Vater Dr. Hermann Becker war praktischer Arzt, seine Mutter Theodora Helene Caroline Wilhelmine Friedrike Becker eine geborene Krackrügge. Becker studierte in Heidelberg, Bonn und Berlin Rechts- und Staatswissenschaften, nach seinem Studium promovierte er am 10. Mai 1847 an der juristischen Fakultät, während er als Kammergerichtsreferendar beim Landgericht in Köln tätig war.[1] Er wurde 1840 Mitglied der Burschenschaft Lumpia Heidelberg[2] und 1843 Mitglied der Burschenschaft Fridericia Bonn.[3]
Während seiner Referendarzeit in Köln lernte er u.a. Karl Marx, Friedrich Engels, Ferdinand Freiligrath und Ferdinand Lassalle kennen. Er nahm später als Publizist und Volksredner an den Bewegungen der Jahre 1848 und 1849 lebhaften Anteil. 1849/50 war er Chefredakteur der Westdeutschen Zeitung, die republikanisch, demokratisch und anti-preußisch orientiert war, sich aber gegenüber den Vorstellungen von Karl Marx klar abgrenzte. Seit Dezember 1850 stand er mit Karl Marx in Verhandlungen über die Herausgabe der „Gesammelten Aufsätze“ von Marx, deren erstes Heft Ende April 1851 in Köln erschien; weitere Hefte konnten wegen der Verhaftung Beckers nicht erscheinen.[4] Im Mai 1851 wurde er als „Kommunist“ verhaftet und war im November 1852 einer der Hauptangeklagten im Kölner Kommunistenprozess, durfte Köln nicht mehr betreten, verlor die bürgerlichen Ehrenrechte und wurde deshalb aus der Liste der Referendare gestrichen. Auf Grund eines offensichtlich von der Polizei gefälschten Protokollbuches wurde Becker zu fünf Jahren Festungshaft (November 1852 bis November 1857) verurteilt, die er in Stettin und Danzig-Festung Weichselmünde (heute polnisch: Wisłoujście) verbüßte. Seine Selbstverteidigungsrede während des Prozesses wurde in vollem Wortlaut von der Kölnischen Zeitung (Ausgaben 286, 287 und 288 vom 7., 8. und 9. November 1852) abgedruckt.
Nach Verbüßung seiner Festungshaft ließ er sich in Dortmund nieder, arbeitete eine Zeit lang in einem kaufmännischen Geschäft, beteiligte sich dann als Mitarbeiter an verschiedenen politischen und volkswirtschaftlichen Zeitschriften und widmete zugleich seine Kräfte dem städtischen Gemeinwesen. Er war von 1864 bis 1871 Stadtverordneter der Stadt Dortmund, war Gründer und Vorsitzender der Dortmunder Volksbank, des Gewerbevereins und wurde 1870 Oberbürgermeister Dortmunds.[5] Obwohl Becker nicht mehr in Köln wohnte, bestimmte er weiterhin die politische Linie der Fortschrittspartei in Köln.[6]
Er vertrat den Wahlkreis Dortmund 1862 bis 1872 im preußischen Abgeordnetenhaus, 1867 bis 1870 im norddeutschen und 1871 bis 1874 deutschen Reichstag. In allen Parlamenten, in die er gewählt wurde, gehörte er jeweils der Fraktion der Fortschrittspartei an [7]. 1867 wurde Becker in den erweiterten Vorstand der Fortschrittspartei gewählt[8] 1872 wurde er als Vertreter der Stadt Dortmund in das Herrenhaus berufen, dem er bis 1885 angehörte.[9] Als Abgeordneter stimmte Becker 1867 gegen die Verfassung des Norddeutschen Bundes, sprach sich jedoch nach 1870/71 für die Vollendung der nationalen Einheit in Form des neu gegründeten Kaiserreiches aus. [10]
1875 verließ er Dortmund und wurde zum Oberbürgermeister in Köln gewählt und für diese Stadt Mitglied des Herrenhauses sowie des Staatsrats, was er bis zu seinem Tod 1885 blieb. 1876 erregte sein Antrag im Herrenhaus Aufsehen, als er die Einführung der Fahrtkostenerstattung für Mitglieder des Herrenhauses für Fahrten zwischen Heimatort und Berlin forderte. Nach heftiger Diskussion wurde sein Antrag in der Plenarsitzung am 24. Juni 1876 von den Konservativen niedergestimmt.[11] Als Oberbürgermeister von Köln brachte er die Gas- und Wasserversorgung unter städtische Hoheit, reformierte das Schulwesen der Stadt und weitete das Stadtgebiet Kölns durch Eingemeindungen aus.
Erst in späten Jahren als Oberbürgermeister von Köln heiratete er am 15. November 1878 Henriette Metzmacher, die am 3. Oktober 1847 in Dortmund geboren wurde und die Tochter seines alten Freundes Karl Metzmacher, eines Dampfmühlenbesitzers, war. Jedoch war diese Ehe nur von kurzer Dauer, da Becker am 9. Dezember 1885 an den Folgen einer Lungentuberkulose, an der er 1884 erkrankte, starb. [12]
Einzelnachweise
- ↑ Göttingische gelehrte Anzeigen. Hg. von der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften. Bd. III (1847), S. 114
- ↑ Helge Dvorak: Biografisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I Politiker, Teilband 1: A-E. Heidelberg 1996, S. 70.
- ↑ http://www.alemannia-bonn.de/home0/infothek/geschichte/beruehmte-alemannen/
- ↑ Marx, Karl / Engels, Friedrich: Gesamtausgabe (MEGA. Hg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der KPdSU. Abteilung III, Bd. 6. Berlin: Dietz Verlag, 1987, S. 701
- ↑ Schambach, Karin: Stadtbürgertum und industrieller Umbruch. Dortmund 1780-1870. München: Oldenbourg, 1996 (Stadt und Bürgertum. Bd. 5), S. 416
- ↑ Thomas Parent: "Passiver Widerstand" im preußischen Verfassungskonflikt. Die Kölner Abgeordnetenfeste. dme Verlag: Köln 1982 (Kölner Schriftenreihe zu Geschichte und Kultur, Bd. 1), S. 38
- ↑ Hirth, Georg (Hg.): Deutscher Parlaments-Almanach. 9. Ausgabe vom 9. Mai 1871. Berlin: Verlag Franz Duncker 1871, S. 157f
- ↑ Klaus Erich Pollmann: Parlamentarismus im Norddeutschen Bund 1867 - 1870. Düsseldorf: Droste, 1985 (Handbuch der Geschichte des deutschen Parlamentarismus), S. 259
- ↑ Dort gehörte er der Fraktion der Fortschrittspartei an; vgl. Hartwin Spenkuch:Das Preußische Herrenhaus. Adel und Bürgertum in der Ersten Kammer des Landtages 1854 - 1918. Droste, Düsseldorf 1998 (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien d. 110), S. 356
- ↑ Heffter, Heinrich: „Becker, Hermann Heinrich“. In: Neue Deutsche Biographie. Bd. I, Aachen - Behaim. Berlin: Duncker & Humblot, 1953, S. 716
- ↑ Hartwin Spenkuch:Das Preußische Herrenhaus. Adel und Bürgertum in der Ersten Kammer des Landtages 1854 - 1918. Droste, Düsseldorf 1998 (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Band 110), S. 381
- ↑ vgl. Hermann Keussen: Becker, Hermann (Politiker). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 46, Duncker & Humblot, Leipzig 1902, S. 315–317.
Literatur
- Karl E. Hackenberg: Der rote Becker. Ein deutsches Lebensbild aus dem 19. Jahrhundert. Bedecker, Leipzig 1899.
- Karl E. Hackenberg: Der rote Becker weiland Oberbürgermeister der Stadt Köln am Rhein. Lothar Joachim, Leipzig 1924.
- Walter Kühn: Der junge Hermann Becker. Ein Quellenbeitrag zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Rheinpreußen. Bd. 1. Vereinigung von Freunden der Stadt- und Landesbibliothek, Dortmund 1934.
- Hermann Keussen: Becker: Hermann Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 46, Duncker & Humblot, Leipzig 1902, S. 315–317.
- Herwig Förder: Becker, Hermann Heinrich. In: Geschichte der Arbeiterbewegung. Biographisches Lexikon. Dietz Verlag, Berlin 1970, S. 34 f.
- Bernhard Dohm; Inge Taubert: Engels über den „roten“ Becker. Ein unbekannter Brief von Friedrich Engels. In: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung. 1973, Heft 5, S. 807-814
- Eisfeld, Gerhard: Die Entstehung der liberalen Parteien in Deutschland 1858 - 1870. Studie zu den Organisationen und Programmen der Liberalen und Demokraten. Hannover: Verlag für Literatur und Zeitgeschehen, 1969 (Schriftenreihe des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung. Reihe B: Historisch-politische Schriften)
- Helge Dvorak: Biografisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I Politiker, Teilband 1: A-E. Heidelberg 1996, S. 70-71.
Weblinks
- Hermann Heinrich Becker in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
- Kurzbiographie im Portal „Westfälische Geschichte“ des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe
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