Hermann Pünder (Politiker)

Hermann Pünder (Politiker)
Hermann Pünder, 1932

Hermann Josef Pünder (* 1. April 1888 in Trier; † 3. Oktober 1976 in Fulda) war ein deutscher Politiker (Zentrum, nach 1945 CDU). Er war der jüngere Bruder des Rechtsanwalts Werner Pünder.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Arbeit

Nach dem Schulbesuch in Bad Münstereifel studierte Pünder Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau, Berlin und London. Das Studium schloss er 1911 mit der Promotion zum Dr. jur. 1919 wurde er Regierungsrat im Reichsfinanzministerium und war anschließend von 1926 bis 1932 Staatssekretär der Reichskanzlei unter den Reichskanzlern Luther[1] (Zentrum), Marx (Zentrum), Müller (SPD) und Brüning (Zentrum). Ab 1939 arbeitete er im Wehrkreiskommando VI in Münster.[2]

Nebenberuflich lehrte er an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin teils zeitgleich mit dem ebenfalls dort lehrenden Theodor Heuss. Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde er von der Gestapo verhaftet und wegen Beteiligung an der Verschwörung gegen Hitler in die Konzentrationslager in Buchenwald und Dachau deportiert. Er gehörte zu einer Gruppe mehr oder weniger prominenter Häftlinge der Sicherheitsorgane des Dritten Reiches, die unter abenteuerlichen Umständen quer durch Deutschland transportiert wurde und am Ende des Zweiten Weltkriegs in Südtirol von dem Wehrmachtsoffizier Wichard von Alvensleben befreit wurde.[3].

Von 1947 bis 1973 amtierte Pünder als Vorsitzender des Zentral-Dombau-Vereins zu Köln von 1842. Pünder war mit Magda, geb. Statz, verheiratet. Der spätere Oberstadtdirektor von Münster (Westfalen), Tilman Pünder, ist sein jüngster Sohn. Beigesetzt wurde er auf dem Melaten-Friedhof in Köln.

Partei

In der Weimarer Republik war Pünder Mitglied der Zentrumspartei. Pünder gehörte 1945 zu den Mitgründern der CDU in Westfalen. Vom 15. Oktober bis zum 30. November 1945 war Pünder Erster Vorsitzender der CDP (später CDU) in Münster.

Abgeordneter

1947 wurde Pünder als Abgeordneter in den Landtag von Nordrhein-Westfalen gewählt, nachdem er zuvor dem ernannten Landtag angehört hatte. 1949 und 1953 errang er im Wahlkreis Köln II ein Direktmandat für den Deutschen Bundestag, dem er bis 1957 angehörte.

Von 1949 bis 1953 war er Vorsitzender des Bundestagsausschusses für ERP-Fragen und vom 20. März 1952 bis zum Ende der ersten Legislaturperiode des Ausschusses für Kommunalpolitik.

Vom 16. Juli 1952 bis zum 1. Juli 1956 war er auch Mitglied des Europaparlaments. Zeitweise gehört er auch der Parlamentarischen Versammlung des Europarates an, wo er 1957 den Ausschuss für Haushaltsfragen und intergouvernementale Arbeitsprogramme leitete.

Öffentliche Ämter

Am 1. April 1932 wurde Pünder nach dem Preußenschlag als Nachfolger des entlassenen Rudolf Amelunxen zum Regierungspräsidenten von Münster ernannt, jedoch schon zum 1. Juli 1933 von den Nationalsozialisten in den einstweiligen Ruhestand versetzt. 1933 war er für kurze Zeit auch gleichzeitig kommissarischer Oberpräsident der Provinz Westfalen. 1934 wurde Pünder endgültig aus dem Staatsdienst entlassen.

Am 28. November 1945 wurde Pünder von der britischen Militärregierung zum Oberbürgermeister von Köln ernannt. Er übte dieses Amt bis 1948 aus. 1947 wurde er zum Oberdirektor (= Vorsitzender des Verwaltungsrates) des Wirtschaftsrates der Bizone ernannt.

Ehrungen

Pünder wurde 1953 das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Im selben Jahr erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität zu Köln. 1967 ernannte diese ihn zu ihrem Ehrensenator. In Bad Münstereifel, Köln, München und Hamm sind Straßen nach Pünder benannt. Er war Ehrenmitglied der A. V. Rheinstein Köln im CV und der Studentenverbindungen K.St.V. Askania Berlin sowie Urach Freiburg im KV.

Veröffentlichungen

  • Politik in der Reichskanzlei. Aufzeichnungen aus den Jahren 1929-1932, Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1961.
  • Von Preußen nach Europa. Lebenserinnerungen, Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1968.

Literatur

  • Munzinger Internationales Biographisches Archiv 49/1976 vom 22. November 1976
  • Tilman Pünder, Hermann Pünder und seine Kölner Zeit, in: Jahrbuch des Kölner Geschichtsvereins, Köln 1988.

Einzelnachweise

  1. Biografie auf den Seiten von Pünders Heimatstadt
  2. "M.d.B. Die Volksvertretung 1946–1972: Pünder, Hermann, Dr. Dr. h.c." Martin Schumacher, Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, 2006, abgerufen am 28. April 2010.
  3. Die Befreiung der Sonder- und Sippenhäftlinge in Südtirol

Weblinks

 Commons: Hermann Pünder – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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