Herrengosserstedt

Herrengosserstedt
Herrengosserstedt
Wappen von Herrengosserstedt
Koordinaten: 51° 9′ N, 11° 29′ O51.14972222222211.483055555556234Koordinaten: 51° 8′ 59″ N, 11° 28′ 59″ O
Höhe: 234 m ü. NN
Fläche: 11,59 km²
Einwohner: 586 (31. Dez. 2007)
Eingemeindung: 1. Juli 2009
Postleitzahl: 06648
Vorwahl: 034467

Herrengosserstedt ist ein Ortsteil der Gemeinde An der Poststraße im Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Herrengosserstedt liegt zwischen Weimar und Halle (Saale).

Kirche

Geschichte

In der Flur um Herrengosserstedt finden sich Relikte frühgeschichtlicher Besiedlungen. Es finden sich so vier neolithische Siedlungen, von denen zwei auch noch zur Bronzezeit existierten. Für zwei weitere Siedlungen sprechen Funde, die mittlerweile im Heimatmuseum in Kölleda ausgestellt werden. Das heutige Herrengosserstädt liegt an zwei alten Heerwegen. Durch diesen Umstand siedelten im 3. Jahrhundert die Angeln und Warnen an der Stelle. Aus dem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Heerweg wurde im Mittelalter eine Kupferstraße, die zum Transport des abgebauten Kupfer aus dem Mansfeld nach Italien genutzt wurde. Der in Ost-West-Richtung verlaufende wurde zur Poststraße, die von Kassel her über Eßleben und Klosterhäseler nach Leipzig führte.

Im Jahre 874 findet sich die erste urkundliche Erwähnung des Ortes unter der Bezeichnung Gozherestet als Zinsort Fuldas. In der besagten Urkunde werden die Ansprüche des fuldaischen Abtes Sigehard um die Erhebung des Zehnten in Thüringen wider die Ansprüche des Erzbischofs Liutbert von Mainz nach einem erbitterten Streit in zahlreichen Orten Thüringens vom König Ludwig in der Pfalz zu Ingelheim am 18. März 874 bestätigt.

Bereits im 10. Jahrhundert wurde das damalige Dorf zweigeteilt. Dies ist vermutlich auf eine Erbteilung unter den damaligen Ortsherren zurückzuführen. Das Unterdorf bis zur Bachgasse war zu drei Seiten von Wasser umgeben und auf der Nordseite durch einen hohen Erdwall geschützt, der erst im 19. Jahrhundert abgetragen wurde. Das Unterdorf unterstand dem Kloster Oldisleben, das im Bereich des Hofbesitzes des Bauern Erich Mäder ein Klostergut betrieb. Auf diesem befand sich die Kreuzkirche, nach dieser wurde das Dorf Gosserstedt-Crucis genannt.

Im Oberdorf mit Wasserburg, dem ehemaligen Schloss und späterem Rittergut befand sich im, Besitz des Ministerialgeschlechtes von Gosserstedt. In diesem Dorfteil stand die Marienkirche. Nach ihr wurde der Ort Gosserstedt-Mariae genannt. Es stand lange Zeit unter der Lehnshoheit der Grafen von Weimar-Orlamünde. Diese besaßen im Ort auch lange Zeit ein Landgericht. Im 13. Jahrhundert wurde in diesem Dorfteil das Geschlecht der Marschalle ansässig, die umfangreiche Besitzungen in Thüringen und auch in Sachsen ihr eigen nannten, und deren Senior später den Titel des Erbmarschalls von Thüringen führte.

Immer wieder gab es zwischen den als Marschalle von Gosserstedt bezeichnenden Herren und dem Kloster Oldisleben Auseinandersetzungen um den Besitz des Oldislebener Klostergutes und Gosserstedt-Crucis. Zur Reformation kamen die Marschalle dann aber in den Besitz des Unterdorfes samt Kloster und Kirche. Damit waren die Marschalle von Gosserstedt alleinige Herren des Dorfes. 1539 findet sich in einer Visitationsurkunde erstmals die Bezeichnung Herrengosserstedt für das Dorf.

Im 30jährigen Krieg wurde der Ort stark zerstört. Im Jahr 1637 starben durch die den Kriegshandlungen folgenden Seuchen und der Pest insgesamt 231 Einwohner des Ortes. Dies führte zur vollständigen Auslastung der Friedhöfe an beiden Kirchen. Daraufhin wurde ein dritter Friedhof im Ort angelegt. Nach dem Krieg lagen beide Kirchen wüst. Friedrich Wilhelm Marschall, Erbmarschall zu Thüringen, ließ daraufhin die Marienkirche auf den alten Fundamenten wieder aufbauen und dabei um den Altarraum nach Osten zu erweitern, unter dem für die Marschalle eine Gruft als neue Begräbnisstätte angelegt wurde. So kam es auch zur Besonderheit, dass der Kirchturm der ehemaligen Marienkirche in der Mitte der Kirche steht. Die älteste Turmknopfurkunde stammt vom 22. Juni 1675. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Marienkirche auch in Trinitatiskirche umbenannt. Die Kreuzkirche wurde nicht wieder aufgebaut.

Während Mitglieder des Geschlechts der Marschalle, deren Hausherr in Altengottern bei Mühlhausen/Thüringen noch heute den Titel Erbmarschall zu Thüringen führt, bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts in Burgholzhausen und Tromsdorf saßen, verkauften die Herrengosserstedter Marschalle bereits 1715 ihren gesamten Besitz an den Oberamtmann Conrad Werner Wedemeyer, von dem es am 31. Juli 1730 der Großherzogliche Oberhofmeister Ernst Friedemann von Münchhausen käuflich erwarb.

Nachdem dieser 1737 seinen Dienst in Weimar niedergelegt hatte, zog dieser nach Herrengosserstedt. Zuvor hatte er das neue Schloss bauen lassen. Über dem Haupteingang dieses Schlosses sind das Wappen derer von Münchhausen und das seiner Frau, geb. Quadt von Landscron, angebracht. Auch der Sohn des ersten Besitzers, ebenfalls ein Ernst Friedemann, war immer nur kurzzeitig in seinem Schoß, da er erst als königlich preußischer Regierungspräsident in Küsterin war, dann Regierungspräsident in Breslau, ehe er als königlich preußischer Staats- und Justizminister bei Friedrich II. wesentlichen Anteil an der Ausarbeitung des Allgemeinen Preußischen Landrechts hatte, nach dem er in Herrengosserstedt bereits 1784 verfuhr. In Preußen selbst wurde es aber erst 1794 Gesetz. Er stiftete 1774 die noch heute existierende große Kirchenglocke, die als einzige in beiden Weltkriegen durch Eingaben des Kirchenrates dem Einschmelzen entging.

Johann Wolfgang von Goethe und die Familie Johann Gottfried Herder hatten später vor allem durch von Steinburg stammende Wilhelmine von Münchhausen, die ihren Herrengosserstedter Cousin Ernst von Münchhausen heiratete, enge Verbindungen zu Herrengosserstedt. Herders Sohn Adolf war sogar mit der 14jahrigen Helene von Münchhausen verlobt. Nachdem er aber mit einem seiner Güter pleite gegangen war, löste er die Verlobung und verkam in München.

Nach der Schlacht bei Auerstedt wurde Herrengosserstedt durch die bei Niederholzhausen biwakierenden Franzosen geplündert. Die Belagerungen durch verschiedene europäische Truppen hielten bis nach der Völkerschlacht bei Leipzig an.

Nach Kriegsende fiel Herrengosserstedt als Dorf der Provinz Sachsen an Preußen. Am 1. Oktober 1816 nahmen die Kreisbehörden ihre Tätigkeit auf. Damals entstand der Kreis Eckartsberga mit der Kreisstadt Kölleda. Herrengosserstedt wurde Sitz eines Amtsvorstehers.

Die Pfefferminzbahn (Eisenbahnstrecke Großheringen-Straußfurt) wurde 1874 in Betrieb genommen und sollte ursprünglich von Buttstädt aus über Herrengosserstedt und die Finne nach Naumburg verlaufen. Sie scheiterte aber am Widerstand der Gegner dieser Linienführung. Somit blieb Herrengosserstedt ohne Bahnanschluss.

Am 1. Juli 2009 wurde Herrengosserstedt in die neue Gemeinde An der Poststraße eingegliedert.[1]

Politik

Der letzte Bürgermeister war Siegbert Fröhlich.

Wappen

Wappen von Herrengosserstedt

Blasonierung: „Geviert von Rot und Silber, Feld 1 und 4 eine silberne Rose, Feld 2 zwei rote Schafscheren und Feld 3 eine rote schrägrechte Pflugschar.“

Flagge

Die Flagge der Gemeinde Herrengosserstedt zeigte die Farben Rot und Silber und in der Mitte befindet sich das Wappen.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Religion

Vorrangig evangelisch. In Herrengosserstedt existiert ein Pfarrhaus, welches aber nicht mehr genutzt wird. Der Ort gehört heute zur Pfarrei Braunsroda.

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Östlich des Ortes verläuft die Bundesstraße 87, die von Apolda nach Naumburg (Saale) führt.

Persönlichkeiten

  • Friedemann Freiherr von Münchhausen (* 1865), preußischer Landrat
  • Friedemann Freiherr von Münchhausen (1906-2002), Gutsbesitzer in Herrengosserstedt, Staatssekretär im Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen

Sonstiges

Von den Einheimischen wird der Ortsname Josserscht ausgesprochen.

Einzelnachweise

  1. StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2009, 2. Liste

Weblinks


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