- Anna-Amalia-Bibliothek
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Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek, kurz HAAB, wurde 1691 von Herzog Wilhelm Ernst in Weimar gegründet. Weltberühmt ist der ovale und über drei Geschosse reichende Rokokosaal, den ein großes Öl-Portrait des Herzogs Carl August ziert, gemalt von Ferdinand Jagemann.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Bibliothek wurde im Jahr 1691 ins Leben gerufen, als Herzog Wilhelm Ernst seine gesammelten 1.400 Bücher der Öffentlichkeit zugänglich machte. In den folgenden dreißig Jahren stieg ihr Bestand auf 11.000 Exemplare an.
Das Gebäude entstand als Wohngebäude von Herzog Johann Wilhelm nach seiner Heirat mit der Pfalzgräfin Dorothea Susanna zwischen 1562 und 1569. Als Baumeister gelten Nikolaus Gromann und später nach dessen Tod Erhard van Mehren. Der Name „Grünes Schlößchen“ (heute „Grünes Schloss“) geht vermutlich auf die Kupferdeckung des Daches zurück. 1706 ernannte Herzog Wilhelm Ernst den Wittenberger Universitätsprofessor Konrad Samuel Schurzfleisch zum ersten Direktor der Fürstlichen Bibliothek, die damals jedoch vermutlich noch nicht in dem Gebäude untergebracht war.
Benannt ist die Bibliothek nach Anna Amalia (1739–1807), der Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach, während deren Regentschaft 1766 der Umzug der höfischen Büchersammlung in das Grüne Schloss erfolgte. Die Federführung hatte der Geheime Rat Johann Poppo von Greiner. Mit der Volljährigkeit 1775 übernahm Anna Amalias Sohn Carl August die Regierung. Als neuer Landesherr unterhielt und förderte er die fürstliche Bibliothek weiter.
Unter Leitung von Clemens Wenzeslaus Coudray wurde zwischen 1821 und 1825 der angrenzende Turmbau zum Bibliotheksturm umgebaut und um einen Stock erhöht. Nach Plänen von Coudray von 1844 wurde das Gebäude bis 1849 um zwei Achsen Richtung Norden erweitert.
1797 beauftragte August Johann Wolfgang von Goethe und dessen Kollegen im Geheimen Consilium Christian Gottlob Voigt (1743–1819) mit der Oberaufsicht über die Bibliothek. Goethe leitete sie 35 Jahre bis zu seinem Tode 1832 als Bibliothekar und führte sie qualitativ zu einer der zwölf bedeutendsten Bibliotheken Deutschlands jener Zeit. Sie prägte die Epoche der Weimarer Klassik mit und ist bis heute eines der wichtigsten Archive der Epoche. Trägerin ist heute die Klassik Stiftung Weimar. In Goethes Amtsperiode verdoppelte sich der Buchbestand auf 120.000 Exemplare.
Die Forschungsbibliothek verfügte vor dem Brand im Jahr 2004 über einen Bestand von etwa 1.000.000 Bänden mit Sammlungsschwerpunkt auf der deutschen Kultur- und Literaturgeschichte der Klassik zwischen 1750 und 1850 unter besonderer Berücksichtigung von Germanistik, Geschichte, Philosophie, Kunst, Musik und Thüringen. Unter ihren Sondersammlungen befindet sich die mit 13.000 Bänden größte Faust-Sammlung der Welt sowie eine bedeutende Shakespeare-Sammlung von ca. 10.000 Bänden. Zur Sammlung gehören auch mittelalterliche Buchhandschriften, Flugschriften der Reformationszeit, Stammbücher, Almanache, Bibeln und Globen.
Seit 1998 gehört die Herzogin Anna Amalia Bibliothek als Teil des Ensembles „Klassisches Weimar“ zum Weltkulturerbe der UNESCO. Die Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes begründete die UNESCO mit der „großen kunsthistorischen Bedeutung öffentlicher und privater Gebäude und Parklandschaften aus der Blütezeit des klassischen Weimar“ und mit der „herausragenden Rolle Weimars als Geisteszentrum im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert“. Zum Welterbe zählen insgesamt elf Gedenkstätten in Weimar, „deren Wert sich aus der Verbindung von historischem Geschehen, baulicher Hülle und authentischer Ausstattung bildet“ (Deutsche UNESCO-Kommission e.V.).
2003 wurde die Fördergesellschaft "Gesellschaft Anna Amalia Bibliothek" (GAAB) in Weimar gegründet.
Ausbau der Bibliothek ab 2002
Im Mai 2002 wurde mit einem Ausbau zu einem Bibliothekszentrum für Weimar mit zwei unterirdischen Magazinen für 1,4 Millionen Bücher begonnen. Das 23 Millionen Euro teure Projekt sollte bis Februar 2005 abgeschlossen sein. Während der Umbaumaßnahmen wurde Anfang August 2004 mit einem Umzug der ersten Bücher begonnen.
Brand am 2. September 2004
Am Abend des 2. September 2004 brach ein Brand im Dachstuhl des Hauptgebäudes aus, der im zweiten Geschoss des Rokoko-Saales von der Feuerwehr gestoppt werden konnte. Die Brandursache konnte auch nach einem Abschlussgutachten des Bundeskriminalamtes nicht eindeutig geklärt werden. Die der Erfurter Staatsanwaltschaft vorliegenden Ergebnisse legen einen technischen Defekt als wahrscheinliche Ursache nahe. Danach soll ein Schwelbrand, ausgelöst durch ein angeschmortes Elektrokabel, ursächlich für das Feuer gewesen sein.
Während des Brandes wurden aus dem Gebäude ca. 50.000 Bücher gerettet, darunter eine Lutherbibel von 1534. 50.000 Bände sind als Totalverlust zu verbuchen, darunter neben tausenden Büchern aus dem 16. bis 18. Jahrhundert auch die Musiksammlung der Herzogin Anna Amalia aus dem 18. Jahrhundert und Teile der Sammlung des ersten Weimarer Bibliothekars Konrad Samuel Schurzfleisch, rund 62.000 Bände sind durch Löschwasser und Brand zum Teil stark beschädigt worden. Betroffen sind somit zwei Fünftel der Drucke bis 1850. Um die beschädigten Bücher retten zu können, wurden sie tiefgefroren. Die Einfrierung bei −20 °C erfolgt in erster Linie, um einer gefährlichen Schimmelbildung vorzubeugen, die die Bücher endgültig zerstören würde. Sie sollen nach und nach von Fachleuten des Zentrums für Bucherhaltung in Leipzig restauriert werden. Die Restaurierung dieser großen Zahl an Büchern soll im Jahr 2015 abgeschlossen werden.
Bereits in der Brandnacht wurden die ersten wassergeschädigten Bücher zur Gefriertrocknung in das Zentrum für Bucherhaltung Leipzig gebracht, in den folgenden Tagen auch die aus dem Brandschutt geborgenen, zum Teil stark verkohlten und feuchten Codices.
Bestandsaufnahme zwei Jahre danach: rund 36.000 Bücher mit Wasserschäden sind sämtlich gerettet (kompliziert wegen chemischen Schäden durch den Löschschaum); für rund zehn Millionen Euro. Auf der Brandebene geborgene rund 28.000 Bücher bleiben tiefgekühlt (werden in den nächsten Jahren nach und nach kategorisiert).
Die Wiederherstellung und Sanierung der Bibliothek wurde im Sommer 2007 abgeschlossen. Am 24. Oktober 2007, dem 268. Geburtstag der namensgebenden Herzogin Anna Amalia und dem Tag der Bibliotheken, wurde die Bibliothek durch den Bundespräsidenten Horst Köhler wiedereröffnet. Die Kosten für die Sanierung des Gebäudes betrugen 12,8 Millionen Euro.
Der Bücher-Kubus
Nach dem Umzug in das neue Magazin wurden am 5. Februar 2005 die Freihandbereiche des neuen Studienzentrums für die Bibliotheksbenutzer geöffnet. Zentrum ist der sogenannte Bücher-Kubus. In den Freihandbereichen im und um den Bücher-Kubus werden mehr als 100.000 Medien frei zugänglich und systematisch geordnet angeboten.
Im Jahr 2006 wurde der von den Weimarer Architekten Prof. Hilde Barz-Malfatti und Prof. Karl-Heinz Schmitz realisierte Erweiterungsbau der Herzogin Anna Amalia Bibliothek mit dem Thüringer Staatspreis für Architektur und Städtebau ausgezeichnet.Literatur
- Elise von Keudell: Goethe als Benutzer der Weimarer Bibliothek: ein Verzeichnis der von ihm entliehenen Werke, H. Böhlau, 1931 (Reprint Leipzig, 1982)
- Aus der Geschichte der Landesbibliothek zu Weimar und ihrer Sammlungen: Festschrift zur Feier ihres 250jährigen Bestehens und zur 175jährigen Wiederkehr ihres Einzuges ins Grüne Schloss, hrsg. von Hermann Blumenthal, Jena: G. Fischer, 1941.
- Erdmann von Wilamowitz-Moellendorff: Dreihundert Jahre Weimarer Bibliothek: eine Bibliographie zur Geschichte der Bibliothek der Deutschen Klassik und ihrer Bestände, Weimar, 1991, ISBN 3-7443-0103-6
- Konrad Kratzsch, Siegfried Seifert: Historische Bestände der Herzogin Anna Amalia Bibliothek zu Weimar. Beiträge zu ihrer Geschichte und Erschließung, K. G. Saur, München 1992, ISBN 3-598-22085-5 (mit Bibliographie).
- Michael Knoche (Hrsg.): Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Kulturgeschichte einer Sammlung, Carl Hanser 1999, ISBN 3-446-19724-9
- … auf daß von Dir die Nach-Welt nimmer schweigt: die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar nach dem Brand, hrsg. von der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen und der Thüringischen Landeszeitung in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft Anna Amalia Bibliothek e.V. [Red.: Iris Kolomaznik ...], Weimar 2004, ISBN 3-7443-0127-3
- Konrad Kratzsch: Kostbarkeiten der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar, 3. durchges. Aufl. – Leipzig: Ed. Leipzig, 2004, ISBN 3-361-00412-8
- Michael Knoche: Die Bibliothek brennt. Ein Bericht aus Weimar 2006, Göttingen: Wallstein Verlag.
- Michael Knoche: Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar. Das Studienzentrum. Nicolai'sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 2006, ISBN 978-3-89479-347-0
- Bibliotheca Anna Amalia: 12 ausgewählte Bände der Anna Amalia Bibliothek, Süddeutsche Zeitung GmbH, ISBN 978-3-86615-417-9
- Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Nach dem Brand in neuem Glanz. Im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar hrsg. von Walther Grunwald, Michael Knoche und Hellmut Seemann. Mit Fotogr. von Manfred Hamm, Berlin: Meissner, 2007, ISBN: 3-87527-114-9
- Claudia Kleinbub, Katja Lorenz und Johannes Mangei (Hrsg.): Es nimmt der Augenblick, was Jahre geben. Vom Wiederaufbau der Büchersammlung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar / Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2007, ISBN 978-3-525-20851-9
- Annette Seemann: Die Geschichte der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Frankfurt/Main und Leipzig, Insel Verlag 2007 (Insel-Bücherei 1293), ISBN 978-3-458-19293-0
Weblinks
- Seite der Herzogin Anna Amalia Bibliothek
- „Hilfe für Anna Amalia“ - Seite der Klassik Stiftung Weimar
- Virtueller Rundgang vor und nach dem Brand - Seite der Klassik Stiftung Weimar
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50.97861111111111.332222222222Koordinaten: 50° 58′ 43″ N, 11° 19′ 56″ O
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