Hofbieber (Dorf)

Hofbieber (Dorf)
Blick auf Hofbieber

Hofbieber ist der Hauptort der Großgemeinde Hofbieber, die seit 1972 existiert, und anerkannter Luftkurort im Naturpark Rhön.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ursprünge des Dorfes Hofbieber und die Herleitung des Dorfnamens

Die Herleitung des Namens des Ortes ist umstritten. Zwei Varianten erweisen sich dabei als am wahrscheinlichsten:

  • hoffe under bibersteyn nach der Burg Bieberstein oberhalb des Ortes
  • Hof an der Biberder nach dem etwa in 2 km Entfernung vorbeifließenden Flüsschen Bieber.

Sicher ist jedoch, dass der Name 'Hofbieber' seit dem frühen 14. Jahrhundert, 1300 oder 1303 – je nach Lesart -, Verwendung findet.

Die erste urkundliche Nachricht über eine villa Bibarahu stammt aus dem 9. Jahrhundert, laut derer ein gewisser Egilmar († 850) und ein gewisser Meginolt († 864) dem Kloster Fulda, das zu dieser Zeit unter Leitung des bekannten Abtes und späteren Mainzer Erzbischofs Rabanus Maurus stand, am 10. September 825 ein Rodungsgebiet schenkten. Allerdings befindet sich das angegebene Gebiet heute eigentlich nicht exakt an der Stelle des Ortes Hofbieber, sondern eher an der des Ortes Niederbieber oder Langenbieber, sodass einer der beiden letzteren Orte als der älteste Ort der Gemeinde Hofbieber angesehen werden kann, Hofbieber selbst aber als jünger gelten muss. Lange galt übrigens in Forschung der Ort Niederbieber unumstritten als der 'Urort', doch spätestens seit dem Jahr 2003 ringen auch Hofbieber und Langenbieber um die Krone mit – allerdings scheint sie für Hofbieber am wenigsten erringbar zu sein, wofür folgende Gründe sprechen:

  • Wahrscheinlich ist, dass die in dem Zehntregister der Kirchengemeinde Margretenhaun zu findende Bezeichnung "Obirenbiberaha" den Ort Hofbieber charakterisiert. obiren ist etymologisch als 'oben' bzw. 'oberhalb' zu verstehen, was darauf hindeutet, dass der gemeinte Ort 'Obirenbiberaha' oberhalb des Hauptortes, nämlich 'Biberaha' gelegen ist. Da Hofbieber oberhalb des Flüsschens Bieber liegt, etwa 2 km davon entfernt, kann davon ausgegangen werden, dass man den Hauptort nach dem Fluss nannte, an dem er, wie damals üblich, direkt gelegen haben muss.
  • Da der Name 'Niederbieber' ebenfalls bereits in dem Zehnregister als Niderenbiberaha zu finden ist, bleibt für den Hauptort Biberaha eigentlich nur noch der Ort Langenbieber übrig.

Wann dann eine Umbenennung der Orte Obirenbiberaha in Hofbieber und Biberaha in Langenbieber erfolgte und warum dies geschah, muss derzeit noch offen bleiben.

Einen tatsächlichen Nachweis für den Ort unter der Bezeichnung Hofbieber liefern die Urkunden der Familie von Eberstein, die wohl lange im Besitz dieses Gebietes war. Dabei scheint die erste urkundliche Erwähnung vom 11. November 1300 zu stammen, wo der Name Hovebibera genannt wird. Ein weiterer Hinweis stammt vom Ende des 14. Jahrhunderts (1388), Apel von Eberstein soll den hoff tzu Bibra under Bibersteyn gelegen besessen haben. Eine weitere urkundliche Erwähnung fällt in das Jahr 1404, wo von gute die gelegen sin zu hoffbybra die Rede ist.

Geschichte der Gerichtsbarkeit Hofbiebers

Das Dorfgericht

Das Dorfgericht, die so genannte niedere Gerichtsbarkeit, wurde in Hofbieber unter der Dorflinde abgehalten. Noch heute befindet sich hier eine imposante Linde im Zentrum des Ortes, dem Lindenplatz, in der Nähe der Kirche, des Pfarrhauses und eines alten Wirtshauses. Allerdings stammt diese aus dem Jahre 1913 und wurde von Schülern der Dorfschule unter Leitung des Lehrers Franz Xaver Beck anlässlich des 100jährigen Gedenkens an die Völkerschlacht bei Leipzig gepflanzt. Der Baum sollte zum Frieden mahnen: ein Jahr darauf begann der erste Weltkrieg.

Das Zentgericht

"Galgenküppel", heute Georgshöhe

Hofbieber hatte Jahrhunderte lang als Sitz des Zentgerichtes des zu Fulda gehörenden Amtes Bieberstein eine wichtige Stellung für die gesamte Region inne. Dem Zentgericht oblag die so genannte hohe Gerichtsbarkeit, also die Rechtsprechung im Falle von schwereren Vergehen. Damit wurde hier der so genannte Blutbann ausgesprochen.

Das Gericht wurde unter freiem Himmel "uff dem berge byneben dem dorff" abgehalten. Noch heute erinnert der Flurname Die Zehnt (abgeleitet von Cent oder Zent) an die Stelle dieses Ortes. Hier soll ein steinerner Tisch umgeben von Steinbänken gestanden haben. Zwölf Schöffen, die anfänglich gewählt, später vom Abt von Fulda eingesetzt wurden, saßen hier unter Vorsitz des Zentgrafen zu Gericht über die Angeklagten aus der dörflichen Bevölkerung. Den Schöffen alleine war es vorbehalten die Urteile zu fällen, allerdings mussten sie vor der Vollstreckung noch durch das Oberamt Bieberstein bestätigt werden.

Erstaunlich ist, dass es für das Zentgericht zu Hofbieber mindestens zwei, vielleicht sogar drei Galgenberge mit dazugehörigem Galgenacker gab. Der eine befindet sich ganz in der Nähe des Gerichtsortes auf einer gegenüberliegenden Anhöhe (heute Georgshöhe). Der zweite befand sich auf der anderen Seite des Ortes, ebenfalls auf einer Anhöhe (heute Hofberg). Ein dritter Ort für einen Galgen wird in der Nähe der Ortschaft Rödergrund in einem Wald angesiedelt (heute Schwarzes Kreuz).

Der Zentgraf, oder auch Oberamtmann, war der Vertreter des Fuldaer Abtes, der als Inhaber des Amtes Bieberstein und als Fürstabt auch die weltliche Gerichtsbarkeit innehatte. Ursprünglich hatte der Zentgraf seinen Wohnsitz direkt im Ort Hofbieber (Es wird vermutet, dass das entsprechende Anwesen sich ungefähr an der Stelle des heutigen TeGut-Einkaufsmarktes, also im Zentrum des Ortes, befunden hat.), seit 1665 wohnte er dann auf Schloss Bieberstein.

Ein bekannter Zentgraf aus Hofbieber

Einen schaurigen Bekanntheitsgrad erlangte der Hofbieberer Zentgraf Balthasar Nuss, der ab 1592 Zentgraf von Hofbieber war. Als gleichsam rechte Hand des Fuldaer Abtes Balthasar von Dernbach folgte er jenem 1603 nach Fulda, um hier die Stelle des Zentgrafen einzunehmen. Balthasar von Dernbach übertrug ihm darüber hinaus die Durchführung der Hexenprozesse im gesamten Hochstift. 3 Jahre lang wütete er nun auf grauenvollste Art und Weise und schaffte es in diesem kurzen Zeitraum ungefähr 300 angebliche Hexen und Hexenmeister foltern und anschließend hinrichten zu lassen. Dass er auch während dieser Zeit noch Verbindung zu Hofbieber gehalten hat, kann daran erkannt werden, dass er hier 2 Hintersiedlergüter und einige Äcker und Wiesen besessen hat. Dies ist anhand von Prozessakten erkennbar, die aus dem Prozess gegen ihn wegen Bereicherung im Zusammenhang mit den Hexenprozessen stammen.

Weinanbau und Ausschank in Hofbieber

In der Frühen Neuzeit hatte der Wirt zu Hofbieber als Hauptort des Zentgerichtes auch die Konzession des alleinigen Weinschankes im ganzen Amtsbezirk inne. Dieses Vorrecht war ihm vom Landesherrn, also dem Abt von Fulda, erteilt worden. Es beinhaltete das ausschließliche Recht bei bestimmten Festlichkeiten, z. B. Kirmes, Hochzeiten, "Tauf-,Wein- und Kauf-Zechen", Wein auszuschenken.

Obwohl dies natürlich den Unmut der Wirte der umliegenden Dörfer hervorrief und es immer wieder zu Brüchen und Streitereien kam, wurde dieses Vorrecht immer wieder bestätigt, so z. B. im Jahre 1703.

Die Wirtschaft des Ortes Hofbieber lag direkt neben dem Pfarrhaus am Platz des Dorfgerichtes (heute Lindenplatz). Mit der heutigen Gaststätte Sondergeld befindet sich noch immer ein Wirtshaus an dieser Stelle. Die ursprünglichen, noch z.T. erhaltenen Fundamente des Gebäudes reichen möglicherweise sogar bis ins Mittelalter zurück.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Nachricht aus dem Jahr 1842 aus einer Chronik zu Hofbieber. Hierin berichtet der damalige Pfarrer Schmitt folgendes: "Der Sommer war sehr trocken, doch einzelne Gewitter bewirkten in der hiesigen Gegend, dass die Fruchternte sehr gut in Körner und Qualität wurden, Heu und Stroh fehlten. Die Ernte kam sehr früh heim. Der Weinstock liefert gleichfalls nur sehr gute Qualität, aber geringe Quantität." (zitiert nach: Kronik aus Hofbieber anfangend mit 1788, aufgezeichnet von Pfarrer Joseph Anton Schmitt, übersetzt und bebildert von A. Spors, in: Hofbieber 1093–2003, S. 89.) – Es ist heute kaum vorstellbar, aber in Hofbieber konnte man einst Weintrauben ernten.

Die Kirche zu Hofbieber – von den Anfängen bis heute

Hofbieber ist ein sehr katholischer Ort, was wenige verwundern mag, wenn man bedenkt, dass Hofbieber im Einwirkungsbereich des Bischofssitzes Fulda liegt. Man geht davon aus, dass die erste Kirche in Hofbieber etwa im 11. oder 12. Jahrhundert errichtet wurde. Sehr wahrscheinlich wurde als Lokalität dafür ein alter germanischer Opferplatz oder eine Thingstätte ausgewählt. Erst aus dem 13. Jahrhundert gibt es allerdings gesicherte Nachweise für die Existenz einer christlichen Kirche (eine lückenhafte Liste der Pfarrer von Hofbieber).

Detail des Taufbeckens

Das älteste, noch erhaltene Zeugnis aus einer alten Kirche zu Hofbieber – wohl aus einem Bau, der um 1500 errichtet worden ist – ist der Taufstein aus dem Jahre 1520, der auch heute noch einen zentralen Platz im Nachfolgebau einnimmt. Abgesehen davon, ist für die Zeit des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit nur noch eine Vergrößerung der Kirche für das Jahr 1604 belegt. Damals wurde das Querschiff in Nord-Südrichtung ergänzt und ein Altarraum nach Osten angebaut, sodass eine Kreuzkirche entstanden war.

Mit diesem Bau musste sich Hofbieber bis ins späte 19. Jahrhundert begnügen – und je älter der Bau wurde, desto mehr litt der Ort unter der Baufälligkeit und Enge seiner Kirche. Es kam sogar soweit, dass aufgrund akuter Einsturzgefahr in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts die Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen in der Kirche des benachbarten Niederbiebers abgehalten wurden, während die Werktagsgottesdienste im Pfarrhaus stattfanden. Der damalige Pfarrer Gnau bastelte derweil sicher nicht nur eifrig an Bauplänen für einen Neubau der Kirche, sondern betete wohl auch mit besonderer Imbrunst für den Einsturz der alten Kirche – aber sie stürzte nicht ein! Zur großen Enttäuschung des Gottesmannes wurde sie notdürftig repariert und danach wieder ihrer Bestimmung übergeben.

Der Geldmangel war Schuld, dass die alte, dem Heiligen Georg geweihte Kreuzkirche zu Hofbieber erst kurz vor der Jahrhundertwende abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wurde. Auch zu diesem Zeitpunkt konnte der Abriss der alten Kirche nur durch Spenden finanziert werden und der Neubau war nur deshalb möglich, weil viele Hofbieberer persönlich mithalfen. Es wird berichtet, dass Ziegelsteine selbst gebrannt wurden, dass Pferdegeschirrbesitzer nicht nur ihre Gespanne zur Verfügung stellten, sondern diese auch selbst führten, Sandgrubenbesitzer stifteten unentgeltlich den notwendigen Sand, Waldbesitzer stellten Bauholz zur Verfügung …

"Der Rhöner Dom" zu Hofbieber
Treppenhaus zu den Kirchtürmen
rechter Seitenaltar der Kirche von Hofbieber

Aufgrund dieser tatkräftigen Mithilfe der Hofbieberer konnte die neue Kirche, deren Grundsteinlegung am 12. August 1898 erfolgt war, bereits am 30. Juni 1901 eingeweiht werden. Seither symbolisiert die imposante Kirche mit ihren 2 Türmen, die eine Höhe von stattlichen 37 m erreichen, den Stolz und Zusammenhalt der Hofbieberer. Am Rande sei nur notiert, dass man in Hofbieber gerne vom Dom der Rhön spricht und dabei auf die eigene Dorfkirche zeigt – allerdings gibt es noch andere Kirchen in der Rhön, die diesen Titel für sich beanspruchen.

Sehenswürdigkeiten

  • Schloss Bieberstein
  • die Kirche, der so genannte Dom der Rhön, mit ihrem fast 500 Jahre alten Taufstein
  • das (im fast barocken Stil) erbaute Pfarrhaus neben der Kirche
  • das alte Kriegerdenkmal unterhalb der Kirche mit dem so genannten Vietborn
  • der Lindenplatz mit einer imposanten Linde
  • Gasthof Sondergeld mit möglicherweise mittelalterlichen Ursprüngen

Literaturhinweise

  • Heinrich Peter Noll, Aus der Vergangenheit der Pfarrei Hofbieber, in: Quellen und Abhandlungen zur Geschichte der Abtei und Diözese Fulda, hrsg. v. Gregor Richter, Fulda 1907.
  • Eberstein, Urkundliche Geschichte des reichsritterlichen Geschlechts Eberstein, 2 Bände, Berlin 1889.
  • Ferdinand Stein, Hofbieber, Langenbieber oder Niederbieber? Überlegungen zur Ersterwähnung der Siedlung „Bibarahu“, in: Buchenblätter (= Beiblatt zur Fuldaer Zeitung), 21. November 2003, Nr. 26, 76. Jahrgang.
  • Erwin Sturm, Fachwerk-Landschaft Langenbieber, in: Buchenblätter (= Beiblatt zur Fuldaer Zeitung), 7. Juli 2003, Nr. 17, 76. Jahrgang.
  • Arbeitskreis 'Chronik' Hofbieber (Hsg.), Hofbieber 1093–2003. Aus der Geschichte eines Dorfes, Nüsttal-Hofaschenbach 2003.

Weblinks

50.5872222222229.83777777777787Koordinaten: 50° 35′ N, 9° 50′ O


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