Hugo Reichenberger

Hugo Reichenberger

Hugo Reichenberger (* 28. Juli 1873 in München; † 11. Oktober 1938 ebenda) war ein deutscher Dirigent und Komponist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend

Als Sohn von Louis Reichenberger besuchte er das Humanistische Gymnasium in München. Von 1882 bis 1884 bekam er Klavier- und Theorieunterricht bei Heinrich Schwartz, und trat bereits im Alter von 11 Jahren als Pianist und Komponist im Museumssaal auf. Wenig später bestätigte Hermann Levi sein außergewöhnliches Talent. Reichenberger wurde außerdem durch Hofkapellmeister Meyer und Eugenie Menter, ab 1889 auch durch Ludwig Thuille unterrichtet und gefördert. Nach einem Jahr beim Militär begann Reichenberger 1893 ein Universitätsstudium in München, im Rahmen dessen er die Fächer (Geschichte der Oper, Literatur, Anthropologie, Akustik und Philosophie belegte.

Stationen seiner musikalischen Arbeit

Im Sommer 1894 erhielt Reichenberger ein erstes Engagement als zweiter Kapellmeister und Chordirigent in Bad Kissingen. Es folgten Anstellungen in Breslau, Aachen und als erster Kapellmeister nach Bremen, bevor er 1898 zum Hofkapellmeister des königlichen Hoftheaters in Stuttgart berufen wurde. Dort hatte er 1902 mit der Opernsängerin Anna Sutter einen unehelichen Sohn. Nach dem Tod Zumpes 1903 übernahm er für zwei Jahre den Posten des Hofkapellmeisters des königlichen Hoftheaters in München. Dort leitete er mehrere Ur- und Erstaufführungen (u.a. Wolf-Ferraris Neugierige Frauen, Schillings Der Pfeifertag, Weis‘ Der polnische Jude, Weingartners Orestes). Nach seinem Übertritt zum Katholizismus und der Heirat mit der Münchnerin Frieda Kapfer (beides 1905), wurde er von 1905 bis 1907 erster Kapellmeister am Opernhaus in Frankfurt am Main und leitete die dortige Erstaufführung von Richard StraussSalome.

Wiener Oper

Ab dem 1. September 1908 trat Reichenberger sein Engagement an der von Felix Weingartner geleiteten Wiener Hofoper an, wo er bis 1935 tätig war. Hier dirigierte er am 24. März 1909 die Erstaufführung von Richard StraussElektra und im Jahr 1911 seinen ersten Der Ring des Nibelungen. In der Ariadne auf Naxos-Angelegenheit zum Ende des Jahres 1912 spielte Reichenberger eine wichtige Vermittlerrolle zwischen Musikdirektor Gregor und Richard Strauss, zu dem eine freundschaftliche Beziehung bestand. Am 15. März 1913 leitete Reichenberger die Uraufführung von Franz Schrekers Das Spielwerk und die Prinzessin. Reichenberger wurde aufgrund der großen Erfolge mehrerer Gastdirigate in Madrid im März 1914 vom spanischen König mit dem Komturkreuz des spanischen Ordens Isabella der Katholischen ausgezeichnet. Seinen zweijährigen Kriegsdienst von Sommer 1914 bis 1916 leistete er im 1. Bayrischen Feldartillerieregiment Prinzregent Luitpold. Am 27. April 1917 fand unter seiner Leitung die Wiener Erstaufführung von Alexander von Zemlinskys Eine florentinische Tragödie statt. Am 16. Februar 1918 - kurz vor Kriegsende - brachte Reichenberger Leoš Janáčeks Oper Jenůfa erstmals in Wien heraus. Reichenberger war zuvor extra nach Prag gereist, um sich ein Urteil über den völlig unbekannten mährischen Komponisten zu bilden. Er hat sich nicht nur vehement für "Její pastorkyňa" eingesetzt, sondern die Übersetzung ins Deutsche von Max Brod bearbeitet und den Titel "Jenůfa" durchgesetzt. Es gab ebenfalls einen Briefwechsel zwischen ihm und Janácek in Brünn. Im Jahr 1919 zeichneten Reichenberger und der Sänger Wiedemann als führende Männer des Personalausschusses der Oper für die „Revolte“ des Opernpersonals gegen die Berufung von Richard Strauss in die Operndirektion verantwortlich. Dem Ereignis folgte das Zerwürfnis Reichenbergers mit Strauss. Am Nationaltheater in München hatte er von Dezember 1919 bis April 1920 ein fünfmonatiges Gastspiel und zwei Gastdirigate an der Berliner Philharmonie. Im September 1920 leitete er Pfitzners "Palestrina" bei den Münchner Festspielen und im Oktober kommt es unter anderem zur Aufführung von Franz Schmidts 4. Symphonie an der Berliner Philharmonie. Im Januar 1921 führten Gastdirigate Reichenberger nach Warschau Warschau (Philharmonie) und im Herbst an die Opera Națională București. Von 1923 bis 1925 leitete er die Kapellmeisterschule der Akademie für Musik und darst. Kunst in Wien . Im Jahr 1924 wurde ihm der Titel Professor verliehen. Am 14. Februar 1925 kam es zur Uraufführung von Wilhelm Kienzls Sanktissimum. Noch im selben Jahr erwarb Reichenberger die österreichische Staatsbürgerschaft. Organisiert von Gutheil-Schoder unternahm Reichenberger 1933 eine Operntournee nach Ägypten, wo unter anderem die Oper Aida von Giuseppe Verdi in Kairo aufgeführt wurde. Ende 1934 ist er als Gastdirigent mit Richard Strauss‘ Arabella in Antwerpen. Nach jahrelanger Zugehörigkeit erhielt Reichenberger am 12. Februar 1935 ein Kündigungsschreiben der Wiener Staatsopern-Direktion. Am 28. Juni 1935 fand sein 27-jähriges Wirken an der Wiener Hof- und Staatsoper unter fünf verschiedenen Direktionen mit Lohengrin als Abschiedsvorstellung ein Ende.

München

Reichenberger übersiedelte anschließend in seine Heimatstadt München. Nachdem er 1935/36 noch einige Male als Gast an der Wiener Staatsoper war, gab es die endgültig letzte Vorstellung mit Tosca am 15. März 1936. Am 23. April 1936 leitete er eine Festvorstellung von Fidelio im Théatre de la Monnaie in Brüssel. Aufgrund eines plötzlichen Herztodes starb Reichenberger am 11. Oktober 1938 in seiner Wohnung in München und wurde auf dem Waldfriedhof in München beigesetzt, und 1968 auf den Hietzinger Friedhof in Wien überführt.

Werke

  • ca. 50 Lieder
  • 5 Chorwerke
  • 2 Romanzen für Klavier und Violine
  • Stücke für Klavier
  • 1 Sinfonie
  • 1 Ouvertüre
  • Frühling Fantasie für großes Orchester
  • 16 Variationen über das Veilchen von Mozart

Literatur

  • Richard Specht Die Revolte gegen Richard Strauss, Wien 1919
  • Gustav Mahler Briefe 1879-1911, hg. von Alma Maria Mahler, Berlin 1924
  • Riemann 1929, 1959
  • Deutsches Theaterlexikon 1992
  • Teresa Hrdlicka Sie werden Freude erleben. Zur Korrespondenz Janácek - Reichenberger., in: Programmheft der Wiener Staatsoper, Saison 2001/2002, Leos Janácek: Jenufa S. 52-71.
  • Teresa Hrdlicka, ....das Möglichste an Sangbarkeit und Sprachgewandtheit. Neue Erkenntnisse zur Entstehung der deutschen Übersetzung von Leos Janáceks Oper “Jenufa” von 1918, in: Österreichische Musikzeitschrift, 58. Jg., 2/2003
  • Richard Strauss Hugo Reichenberger, Briefwechsel, hg. von Teresa Hrdlicka, in: Richard Strauss-Blätter, Heft 52, Tutzing 2004

Weblinks


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