IPPNW

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Logo der International Physicians for the Prevention of Nuclear War

Die Organisation IPPNW (Abkürzung für International Physicians for the Prevention of Nuclear War; Name der deutschen Sektion IPPNW Deutschland – Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.) ist ein internationaler Zusammenschluss von Human-, Tier- und Zahnärzten sowie Psychotherapeuten, die sich unter anderem vor allem für die Abrüstung atomarer Waffen einsetzt. 1985 erhielt die Organisation den Friedensnobelpreis für ihre „sachkundige und wichtige Informationsarbeit“, die das Bewusstsein über die „katastrophalen Folgen eines Nuklearkrieges“ in der Bevölkerung erhöhte.

Die deutsche Sektion der IPPNW ist mit circa 8.000 Mitgliedern die größte berufsbezogene Friedensorganisation in Deutschland, international beträgt die Anzahl der Mitglieder fast 150.000 in über 50 Nationen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der IPPNW

Die Geschichte der IPPNW beginnt 1980 mit einem Briefwechsel zwischen dem russischen Kardiologen Jewgeni Tschasow und seinem amerikanischen Kollegen Bernard Lown. Wenige Monate später gründeten sie mit vier weiteren Ärzten aus den USA und der Sowjetunion in Genf die Organisation zur Verhütung eines Atomkrieges in Zeiten des Kalten Krieges. In den darauf folgenden Jahren wurden international Sektionen gegründet, im Frühjahr 1982 in der BRD und der DDR. Eines der Gründungsmitglieder der deutschen Sektion ist der Gießener Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter. 1984 erhielt die IPPNW den UNESCO-Preis für Friedenserziehung, 1985 den Friedensnobelpreis.[1]

Bereits in den 1980er Jahren war die IPPNW aktiver Teil der internationalen Friedensbewegung. Im Frühjahr 2003 warnte IPPNW-Deutschland vor den Folgen und Wirkungen des Irak-Kriegs für die Menschen im Irak und im Rest der Welt sowie für das internationale Völkerrecht. IPPNW-Deutschland klärte über die Hintergründe des von den USA gegen den überwiegenden Willen der internationalen Staatengemeinschaft geführten Krieges auf.

Ziele

Banner des IPPNW beim Ostermarsch 2011 in Berlin

Die IPPNW tritt in ihren Zielen dafür ein, erdumspannend Schaden von der Menschheit abzuwenden, wobei sie dies für die Zukunft aller Menschen und über alle politischen Grenzen und gesellschaftlichen Systeme hinweg tun möchte. Dabei geht sie im Sinne einer präventiven Medizin vor und versucht Risiken für Leben und Gesundheit vorzubeugen. Wo Menschen bereits in Not sind, gebietet es die medizinische Ethik zu helfen, so ihr Anspruch. Im Dreischritt von AnamneseDiagnoseTherapie ergreift die IPPNW Maßnahmen, um Leiden, beispielsweise in akuten Krisengebieten, zu erkennen, zu verhüten oder zu lindern. „Unsere Aufgabe als Arzt und Ärztin ist es, jede Bedrohung für Leben und Gesundheit abzuwenden“, so das Leitmotiv der IPPNW.

Die IPPNW forscht zu den Fakten und Hintergründen der gesundheitlichen, sozialen und politischen Auswirkungen und Ursachen von Kriegen und bewaffneten Konflikten. Sie veröffentlicht Studien, Bücher und Broschüren über die gesundheitlichen Folgen der atomaren Bedrohungen, Kriegsursachen und -folgen und Kriegsverhütung. Zudem berät sie politische Entscheidungsträger und Wissenschaftler. Auf Friedenskonferenzen und in den Medien bringt sie ihr medizinisches Wissen national und international ein. Die IPPNW spricht die Öffentlichkeit auf Veranstaltungen und durch Medienarbeit an. Sie informiert die Bevölkerung über die Gefahren der zivilen und militärischen Nutzung der Kernenergie und über die Folgen, politischen Hintergründe und gesundheitlichen Auswirkungen von Kriegen.

So prangert die IPPNW seit längerem das 50 Jahre alte Abkommen der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an. In diesem Abkommen erhält die IAEO die Hauptverantwortung für alle atomaren Forschungsprojekte. Dadurch behindert sie die WHO an einer uneingeschränkten Berichterstattung über Gesundheitsrisiken von Strahlung. Gesundheitsfolgen von Tschernobyl, Thema zweier größerer UN-Konferenzen 1995 in Genf und 2001 in Kiew, wurden nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima fordert die IPPNW erneut die Kündigung des Abkommens zwischen WHO und IAEO.[2]

Frankfurter Erklärung der IPPNW (1982)

Verfasst am 8. Mai 1982 von Horst-Eberhard Richter und unterzeichnet von 14 Gründungsmitglieder der bundesdeutschen IPPNW ist die Frankfurter Erklärung eine persönliche Willenserklärung, alle kriegsmedizinischen Vorbereitungsmaßnahmen abzulehnen und sich daran nicht zu beteiligen:

„Ich halte alle Maßnahmen und Vorkehrungen für gefährlich, die auf das Verhalten im Kriegsfall vorbereiten sollen. Ich lehne deshalb als Arzt jede Schulung oder Fortbildung in Kriegsmedizin ab und werde mich daran nicht beteiligen. Das ändert nichts an meiner Verpflichtung und Bereitschaft, in allen Notfällen medizinischer Art meine Hilfe zur Verfügung zu stellen und auch weiterhin meine Hilfe zur Verfügung zu stellen und auch weiterhin meine Kenntnisse in der Notfallmedizin zu verbessern.
Da ein Krieg in Europa nach überwiegender Experten-Meinung unter Benutzung der modernen Massenvernichtungswaffen geführt werden würde, muss er absolut unmöglich gemacht werden. Jede Vorbereitungs-Maßnahme indessen, die von seiner Möglichkeit ausgeht, fördert indirekt die Bereitschaft, sich auf etwas einzustellen, was um jeden Preis verhindert werden muss. Deshalb erkenne ich als Arzt nur eine einzige auf den Kriegsfall bezogene Form der Prävention an, nämlich die Verhütung des Krieges selbst mit allen Anstrengungen, zu denen ich mein Teil beizusteuern entschlossen bin.“[3]

Worpsweder Erklärung der IPPNW (1989)

In der Worpsweder Erklärung weist die IPPNW auf die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen wie chemische Kampfstoffe und biologische Waffen hin. Sie wurde beschlossen auf der Mitglieder-Versammlung der deutschen IPPNW in Worpswede am 18. Februar 1989.

„Solange es Atomwaffen gibt, solange ist jederzeit ihr möglicher Einsatz die größte akute Gefahr für die Menschheit.
Die Bedrohung ist aber umfassender: Chemische Kampfstoffe von verheerender Wirkung werden produziert. Die Gefahren biologischer Waffen sind nicht abzusehen. Bei der Anhäufung gewaltiger Gefahrenpotentiale in den Industrieländern wäre dort ein konventioneller Krieg in seiner Wirkung gleich einem Krieg mit Massenvernichtungswaffen.
Deshalb müssen wir allen Entwicklungen entgegentreten, die zu einem Krieg führen können.
Wir müssen die Verschwendung für das Wettrüsten verhindern und dazu beitragen, dass die natürlichen Reichtümer unseres Planeten gerechter verteilt und die Menschenrechte überall in der Welt verwirklicht werden.
Aber nicht nur der Streit der Staaten und Ideologien bedrohen die Menschen. Wir sind in einem globalen Krieg gegen die Natur geraten, geführt im Zeichen eines vermeintlichen Fortschritts und im Interesse unseres Wohlstandes.
Ob militärisch oder zivil, es sind die gleichen wissenschaftlichen Erkenntnisse, Technologien und Produktionsstätten. Es ist das gleiche Streben nach Macht, ohne Rücksicht auf die Mitwelt. Planung und Einsatz der Mittel entspringen dem gleichen Unvermögen, die Folgen des eigenen Tuns zu bedenken und über einen kurzfristigen Gewinn hinaus zu denken.
Die ersten Atomreaktoren und Wiederaufarbeitungsanlagen dienten militärischen Zwecken. Heute liefern Atomkraftwerke das Bombenmaterial. Bei der Plutoniumwirtschaft verschwimmen die Grenzen zwischen zivilen und militärischen Interessen. Zudem ist Plutonium vor unkontrolliertem Zugriff nicht sicher. Nervenkampfstoffe waren Nebenprodukte der Insektizidforschung. Mit Herbiziden wurde der Vietnamkrieg geführt und die Natur irreparabel geschädigt. Der Unterschied zum zivilen Gebrauch ist nur quantitativ; auf lange Sicht werden die Folgen ähnlich sein. Schleichend entzieht der Gebrauch von Massenvernichtungsmitteln den künftigen Generationen die Lebensgrundlagen.
Atomkrieg“ steht als Symbol für die globale Bedrohung des Lebens durch hemmungslosen Missbrauch von Technik und Wissenschaft.
Wie bei der Aufklärung über die Folgen eines Atomkrieges bedarf es unseres ärztlichen Sachverstandes, die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und der schleichenden Verseuchung der Umwelt mit Radioaktivität und chemischen Giften aufzuzeigen und zu warnen. In diesem Sinne verstehen wir Ärztinnen und Ärzte unsere Aufgabe und soziale Verantwortung.“

Mitgliedschaften

IPPNW gehörte 2009 zu den Gründern der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen ICAN.

Die IPPNW Deutschland ist Mitglied des Grüner Strom Label e.V., der das gleichnamige Gütesiegel für Ökostrom-Angebote vergibt. Zudem gehört sie zu einer der teilnehmenden Organisationen der Free Gaza Bewegung.[4]

Quellen

  1. Siehe Rainer Jogschies: Betrifft: Ärzte gegen den Atomkrieg. Mit einem Nachwort von Horst-Eberhard Richter, Beck, München 1986, ISBN 3-406-31490-2 (Beck’sche Schwarze Reihe, Band 311)
  2. Eine verhängnisvolle Verbindung: Die WHO und die IAEO. In: IPPNW Deutschland. 1. Juli 2009, abgerufen am 24. März 2011.
  3. Frankfurter Erklärung Online Fassung
  4. Bündnis-Pressemitteilung vom 9. Juni 2010. Unabhängige Untersuchung der Vorgänge auf der Mavi Marmara gefordert. 9. Juni 2010, abgerufen am 16. Juli 2010.

Weblinks

 Commons: International Physicians for the Prevention of Nuclear War – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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